26.03.2014, 16:38 | #1 |
TENEBRAE
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Stufen
Wo Weltenduft und Atem sich durchdringen
am Knotenpunkt des innersten Erbebens, dem Ende und dem Anbeginn des Lebens - nur dort kann ein Erleuchtetsein gelingen. Wo feinste Nerven ihr Crescendo singen am tiefsten Widerlager deines Strebens zum Akt des allumfassenden Vergebens - nur dort wirst du die Illusion bezwingen, die dich gefangen hält in deiner Schwere, der Last von Dünkel, Stolz und Prüderie, gewinnst du auf dem Pfad die nächste Kehre, den du begannst mit deinem ersten Rufen. Das Ende deines Weges siehst du nie - nur immer ungezählte neue Stufen.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (26.03.2014 um 23:02 Uhr) |
01.04.2014, 21:00 | #2 |
Slawische Seele
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Lieber eKy,
ein kluges und gutes Sonett, das sprachlich und lyrisch ausgefeilt ist und bewegt - denn es fühlt sich an wie eine Homage an das Hier und Jetzt, an das Leben. Sie fordert auf zu erfassen. Das "Einzigartige", das uns gegeben ist, nicht zu "vermasseln" in Schwere und Gefangenheit (z.B. Religion). Das Erleuchtetsein liegt zwischen Geburt und Tod. Es gehört einem selbst. Wunderschön die ungezählten neuen Stufen in einem einzigen Leben. (Wobei ich beim Lesen sofort an mein größtes Lieblingsgedicht von H. Hesse dachte.) Gern gelesen und berührt kommentiert. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
01.04.2014, 21:21 | #3 |
TENEBRAE
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Hi, Dana!
Ich gestehe, der alte Buddhist Hesse hat mich zu diesem Werk inspiriert, daher, soz. als Hommage und Hinweis, auch die Titelgleichheit mit seinem bekanntesten Gedicht. Du hast die Kernaussage gut getroffen! In einem anderen Forum habe ich das Gedicht jemandem so erklärt: Wo Weltenduft und Atem sich durchdringen am Knotenpunkt des innersten Erbebens, dem Ende und dem Anbeginn des Lebens - nur dort kann ein Erleuchtetsein gelingen. Soll heißen: Nur an der Schnittstelle zwischen Welt und Mensch, also am Berührungspunkt der Sinne mit dem Erfahrenen, an jener Stelle, wo du am unmittelbarsten in der Welt, im Leben stehst, quasi "ganz bei dir" bist, kann eine Erleuchtung entstehen. Wo feinste Nerven ihr Crescendo singen am tiefsten Widerlager deines Strebens zum Akt des allumfassenden Vergebens - nur dort wirst du die Illusion bezwingen, In diesem ungehemmten, filterlosen Augenblick im Kern deines Wesens kannst du alles Leben lieben, alles verzeihen, alles umarmen, bist nur Gefühl. In diesem Moment allein stehst du über allen oberflächlichen Motiven und Lebenszielen, kleinlichen Spielen und Aversionen. die dich gefangen hält in deiner Schwere, der Last von Dünkel, Stolz und Prüderie, gewinnst du auf dem Pfad die nächste Kehre, den du begannst mit deinem ersten Rufen. Das Ende deines Weges siehst du nie - nur immer ungezählte neue Stufen. Ich denke, die Terzette bedürfen keiner besonderen Erklärung. Vielen Dank für dein positives Feedback! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
10.05.2014, 08:05 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 431
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Hallo Erich Kykal,
auch ich bin ein Verehrer von Hesses Stufen. Habe daraus soeben noch woanders zitiert. Deshalb rief mich auch der Titel auf den Plan. Man könnte sagen, das ganze Leben sei eine Illusion, denn was meine Sinne wahrnehmen, muss nicht unbedingt der Realität entsprechen; es ist nur meine Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist aber im Grunde ein Schein und nur wenn ich mich von meiner Subjektivität lösen und im Zusammenhang mit allem Geschehen betrachten kann, öffnet sich mir eine erhellende Weltsicht. Auf diesem Wege musst du wahrlich viele Stufen erklimmen, doch ankommen wirst du nie. Das hat mir gut gefallen. Herzliche Inselgrüße Narvik
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Nur der fröhliche Mensch allein ist fähig, Wohlgefallen am Guten zu finden. (Kant) |
10.05.2014, 10:42 | #5 |
TENEBRAE
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Hi, Narvik!
Man hat mich schon des öfteren als verkappten Buddhisten bezeichnet, obwohl ich mich selbst nie so nennen würde, weder verkappt noch sonstwie. Weder lese ich heilige Schriften, noch folge ich ihrem Inhalt. Ich fühlte mich von je bemächtigt, selbst und eigenständig Weg und Meinung im und über das Leben zu finden. Auch ich schätze Hesse's "Stufen" sehr, sowohl vom lyrischen Standpunkt wie von der inhaltlichen Aussage, auch wenn ich keine Götter oder übergeordnete Weltkonzepte brauche. Mich "sendet" nichts und niemand - ich schicke mich selber! Vielen Dank für deinen Beitrag! LG, eKy
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12.05.2014, 22:33 | #6 |
Lyrische Emotion
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Servus Erich,
von allen Religionen, mit denen ich mich näher beschäftigt habe, sagt mir auch am meisten der Buddhismus zu. Seine Basis ist die Mediation, das "Insichgekehrtsein" und nichts anderes beschreibt dein Sonett hier. Ich persönlich denke, dass es richtig ist, nach Erleuchtung zu streben, denn wenn wir das nicht täten, würden wir stagnieren und uns nicht weiter entwickeln. Doch wie findet man diese Erleuchtung? Man muss Fragen stellen und den Weg des eigenen Lebens und Denkens gehen. Wir machen aber meist den Fehler und stellen die falschen Fragen, nämlich die nach außen hin. Was ist dort, wie ist es beschaffen, wie erreiche ich es usw. Du musst dich aber erst in dir selbst finden, du musst herausfinden, wer du bist und was du sein willst und erst dann ist es möglich, auch Antworten zu erhalten. Trotz allem wirst du in dem kurzen Moment deiner Existenz das Ziel nicht erreichen. Das ist erst erreicht, wenn du in den Zustand zurückkehrst, den du inne hattest, bevor deine eigen Existenz begann, sozusagen in den natürlichen Urzustand der Nichtexistenz. Und darin liegt die Antwort verborgen, die sich uns im Leben nicht erschließen wird. Wie du sehen kannst, hat dein Text tiefphilosophische Gedanken bei mir ausgelöst und sicherlich auch neue Erkenntnisse gebracht. Zur Form brauchen wir uns nix mehr zu sagen, wenn sie stimmt. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
13.05.2014, 20:33 | #7 |
TENEBRAE
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Hi, Faldi!
Danke für's Vorbeischauen! Bezüglich Fragen von außen und von innen: Für mich persönlich kommt's auf die richtige Mischung an! Weder ein explizit extrovertiertes Leben noch eine völlige Einkehr und Nabelschau können die Lösung sein! Beides ist nötig - die offene Sebstanalyse und die Herausforderung Welt! In welches prozentuale Verhältnis das ein jeder setzt, um für sich die perfekte Waage des Mit-sich-Wohlfühlens zu finden, muss nämlicher selbst entscheiden. Extreme allerdings sind immer Irrwege, weil sie zuviel exkludieren, was ebenfalls einen wichtigen Beitrag zu Vervollständigung des Seins beitragen könnte! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
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