20.12.2015, 12:51 | #1 |
TENEBRAE
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Petry Heil!
Wie einfach war es doch, den ewig Dummen
und Zornigen ein wenig Halt zu geben, die unter uns wie offne Wunden leben und vor dem Bildungsbürgertum verstummen! Ein lautes Sprachrohr ihrer stumpfen Sorgen, so hast du dich dem Pöbel gern versprochen, und keiner hat den braunen Sumpf gerochen, aus dem sich deine Mühlen Wasser borgen! Du schimpftest eifrig auf die Lügenpresse, und schürtest Wut mit platten Argumenten, doch leugnetest die traurigen Exzesse, die deine Oberflächlichkeit beschwor! Du reitest auf der Woge der Enthemmten - doch nur ein Untergang steht dir bevor.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (21.12.2015 um 00:00 Uhr) |
20.12.2015, 18:06 | #2 |
Gesperrt
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Lieber Erich, |
20.12.2015, 19:45 | #3 |
Gast
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Hallo Erich Kykal, Bodo Neumann
Das erste Missverständnis entsteht schon beim Titel: Wenn ich Petry google, kommt rasch Frauke Petry, welche den unsäglichen Höcke kritisiert hat. Heil Petry kann man nun sehr verschieden interpretieren... Zur Sonettform gibt es wohl einige mathematisch-ästhetische Aspekte, die sie einfach faszinierend machen. Dazu gehört sicher auch, dass die "Dichte" erhöht wird dadurch, dass Strophe 3 und 4 komprimiert werden auf nur noch zwei mal drei statt zwei mal vier Zeilen. Entsprechen müsste dort auch eine Verdichtung des Inhalts kommen, was ich jetzt in diesem Sonett nicht unbedingt erkennen kann. Das gewählte Reimschema trägt da auch nicht gerade dazu bei. Es plätschert da sprachlich und inhaltlich ein wenig vor sich hin, bevor es in einer saftig-deftigen "Verfluchung" als Concllusion endet. In Strophen 1 und 2 wird ein edler Teppich ausgelegt, der anschliessend etwas ausfranst. Darum würde ich keineswegs sagen, die Sonettform sei hier fehl am Platz (Ich bin auch kein Anhänger einer strikten These-Antithese-Synthese-Lehre). Aber nach Strophe zweio fällt das Ding einfach zusammen für meinen Geschmack. (Wird sogar auf eine Weise theatralisch, welche schmunzeln macht und eine Frage wie die Bodos provoziert: Wer liest das? Hilft das?) Der Forendichter schreibt für sich, nicht für ein Publikum. Oder allenfalls für jenes Publikum, von dem er weiss, dass es ihn liest und seiner sprachlichen Kunststückchen wegen liebt. Deshalb ist die ganze Überlegung Bodos eigentlich obsolet und für die Katz. Wir können uns einfach an einer weiteren Superleistung von Erich Kykal ergötzen und, von mir aus, darüber reden, was an seinem Sonett formal und stilistisch möglicherweise doch nicht so super ist. Aber Sonett ist schön, kann alles, kann jedem Publikum gesungen werden. Schönen Abend wolo |
20.12.2015, 20:05 | #4 |
/ Bil-ly /
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Lieber Eky, lieber Bodo,
Ich schicke auch gleich voraus, dass ich deine Absicht schätze. Aber: Bodo stellt interessante Fragen. Ich habe es noch vor Bodos Eintrag gelesen und ich spürte sofort einen inneren Widerstand. Mir ist diese Sonettform einfach zu "glatt" für diese Thematik und das Ganze zuwenig konkret. Aber da ich mich da auch selbst an der Nase nehmen muss, kopiere ich hier erst einmal herein, was ich zu einer (versuchten) Satire von mir geschrieben habe: Mich fasziniert an diesem Schreibstil, wie man das Grauen und die menschlichen Abgründe in eine so prätentiöse Form bringen will, als könnte man damit all das außer Kraft setzen, es mit der Schönheit und Perfektion von Verses ad absurdum führen. Hier sehe ich also objektiv, was schief gehen kann, wenn man derartiges in eine bestimmte prätentiöse Form bringen will, ohne entsprechend deutlich zu werden. Diese "glatten jambischen Verse" - und das sind für mein Gefühl die fünfhebigen Jamben nun einmal, mit dem "Gewicht" auf dem (strengem) Reimschema - noch dazu wie hier mit weiblichen Kadenzen - bis aus das letzte Terzett, das aber auch keinen Unterschied mehr macht - lenken für mein Gefühl zu sehr von dem ab, was dieses Gedicht tranportieren will; der Inhalt muss sich dem sozusagen "beugen" oder auch "sich verbiegen" und "stirbt dadurch in Schönheit", selbst bei deiner Wortmacht, lieber Eky. Zumindest müsste die Conclusio hier schon richtig "reinhauen", was sie aber nicht tut, es verebbt einfach flach. Lieben Gruß charis Geändert von charis (20.12.2015 um 20:14 Uhr) |
20.12.2015, 20:34 | #5 |
TENEBRAE
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Hi, Bodo, wolo, charis!
Danke für eure Beiträge! Es ist nur so, dass ich nicht für "irgendjemanden" dichte oder für irgendjemandes gute Meinung, sondern eigentlich nur für mich selbst - weil es MIR Spass macht, zu reimen und mit schöner Sprache zu spielen. Wenn das Ergebnis gefällt, umso besser - aber ich verbiege mich nie dafür. Ob dies nun also für jemand anderen die richtige Form für den Inhalt sein mag oder nicht, geht so ziemlich an mir vorbei! Dein Argument, lieber Bodo, ist kein schlechtes und hat sicher seine Richtigkeit, indes, ich wollte es so machen und daher tat ich es so. Mag sein, ich kann auch irgendwie gar nicht mehr anders - nein, das ist es nicht ... sagen wir, ich war nicht in der Stimmung für "deftig". Vielleicht schwebte mir auch sogar ein eher gehobenes Publikum vor, das die akzelerierte Sprachfindung zu schätzen weiß. Ob die tumben Mitstreiter einer Frauke Petry das nun lesen oder nicht, ist mir herzlich egal, denn selbst wenn, und sie verstünden es sogar, es würde meinungsbildend ohnehin keine Rolle für sie spielen, weil für solche Leute das Grölen, Schimpfen und Pöbeln jederzeit erfüllender ist als Zuhören, Nachdenken und eine objektive, wertfreie Meinungsfindung! Deine Ansicht, wolo, nach den Quartetten fiele die lyrische Qualität ab und würde pathetisch, kann ich nicht nachvollziehen, da haben wir wohl unterschiedliche Vorstellungen bezüglich der Definition der erwähnten Termini. Sollte die "weitere Superleistung" aufrichtig und nicht zynisch gemeint gewesen sein (worin ich mir leider nicht sicher bin, ebensowenig darin, ob genau dies nicht von dir sogar so beabsichtigt war), einen herzlichen Dank dafür. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (11.05.2017 um 22:25 Uhr) |
21.12.2015, 15:31 | #6 |
Gast
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Hallo eKy :)
Die Sonettform stört mich nicht, da der Inhalt überzeugt. Du nimmst die Rechten aufs Korn, die wie Fliegenpilze aus einem Wald emporgesprossen sind. Die Politische Lage in Europa ist nicht mehr gemütlich auf sich selbst bezogen, sondern die Welt kommt zu uns. Wir haben uns ja gegen Krieg, Armut und Hungersnöte abgeschottet. Doch die Grenzen schwinden, im wahrsten Sinne des Wortes. Es gibt keine einfachen politischen Lösungen mehr. Dann wachsen bei den Menschen "das Volk" die Gefühle : Angst und Wut. Und die führen zu Radikalisierungen nach Rechts und nach Links. Wenn ich die Menschen ob nun PEGIDA, AfD, oder Sympatisanten im Fernsehen sehe, wie sie durch die Straßen schreien: "Lügenpresse"! und sich vernümpftigen Sachverhalten verweigern, rutscht es mir eiskalt den Punkel hinunter. Das Jahr 2015 hat Deutschland verändert, nicht nur mit dem Flüchtlingstrom, sondern auch politsch. Ich bin eher unpolitisch, da heißt ich gehe zur Wahl. Aber nicht blind.
Ich wünsche Dir Alles Gute liebe Grüße sy |
21.12.2015, 17:55 | #7 |
TENEBRAE
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Hi, Sy!
Diese Frauke ist ein gutes Beispiel für eine Leitfigur des unempathischen Proletariats: Erst Pegida-Aktivistin, wo sie sich in den Vordergrund spielte und das Sprachrohr mimte, dann trat sie der AfD bei und sägte so lang am Stuhl des damaligen Oberidioten Lucke, bis sie ihn per Palastrevolution aus dem Amt drängen konnte. Ein Machtmensch, wie er im Buche steht! Solche Leute scheinen sich ohne das Gefühl, "Bestimmer" zu sein, ganz klein und leer zu fühlen! Nicht, dass mir der Lucke leid täte - wer sich mit gefühlskalten Leuten und Soziopathen gemein macht, hat genau so etwas zu erwarten und verdient es dann auch nicht anders. Jetzt ätzt und mosert sie wie üblich herum und hofft, so genug Dumme einsammeln zu können, die ihr abnehmen, dass sie für alles, was sie anprangert, eine bessere Lösung hat! Diesbezüglich überzeugend wirkt sie nur, weil sie wahrscheinlich selbst daran glaubt. LG, eKy
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21.12.2015, 18:57 | #8 |
Slawische Seele
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Lieber eKy,
gerade, weil es ein Sonett ist (ich hätte es ohne die Diskussion vorab evtl. gar nicht erwähnt), erkenne ich eine lyrische Kunst darin: Zu mahnen, zum Nachdenken bringen - ohne jeden Gebrauch von "Schimpf und Schande" mit Hauklotz und unkontrollierter Wut. Worin ich mich in meiner Denkweise durch dein Gedicht bestätigt sehe, ist die Tatsache, dass das gesamte Gehabe in Wirtschaft und Politik sich ausschließlich darum dreht, die "Dummen" zu "angeln" - womit wir bei "Petri Heil" wären. Als wären alle Beschwörungen, Aufrufe nur Mittel zum Zweck. Man entdeckt eine "Marktlücke" die entweder zur Macht oder zum Kapital verhilft, meist beides. Durch die unbeständige Nachrichtenflut, zu der alle Zugang haben, entstehen Ängste. Der Streit und die Uneinigkeit innerhalb der EU sind beängstigend. Bildet man sich eine Meinung, stellt man fest, dass man zu dieser nicht stehen kann weil... Bildet man sich keine Meinung, ist man "doof". Bildet man sich eine angepasste Meinung, kann man damit eine Weile bestehen, bis sich daraus etwas ergibt, was man gar nicht wollte. Allein das Tempo der Nachrichtenflut. Was gestern noch vorrangig gewesen ist, steht in keiner Zeile mehr da. Doch ich ufere aus. Es geht um Dein Sonett, das lyrisch gut ausgearbeitet den Kern anbohrt. Wir alle sind keine Mächtigen, die urteilen und verurteilen können. Wir wählen und hoffen, ohne zu wissen, wer es "ehrlich" mit uns meint. Dein Sonett gefällt mir und ich habe mich gern eingebracht. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
21.12.2015, 21:10 | #9 |
TENEBRAE
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Hi, Dana!
Vielen Dank für deine freundlichen Worte und den interessanten kleinen Exkurs zu Nachrichten-Overkill und Meinungsbildung. Von wegen des Titels: ein dreifaches Wortspiel. Die Menschenfischerin Petry, also der Fischergruß "Petri Heil" abgewandelt zu "Petry Heil", zudem ist es eine Anspielung auf ihre rechte Gesinnung: "Sieg Heil" oder "Heil Petry". LG, eKy
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25.12.2015, 22:43 | #10 | ||||
Gesperrt
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Beiträge: 351
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Guten Abend miteinander,
danke, dass ihr den Impuls, darüber zu diskutieren, ob die Sonettform allgemein für alle möglichen Themen (und speziell das hier vorliegende Werk für das gewählte Thema) geeignet ist, aufgenommen habt. Da ich diesen Anstoß gegeben habe, will ich versuchen, die Sache mal (wenigstens für mich) zusammenzufassen, so wie ich euch verstanden habe: Wolo meint, das Sonett ist aufgrund seiner Struktur per se geeignet, alle möglichen Themen zu bearbeiten, vorausgesetzt, der Dichter packt es richtig an. Darüber hinaus schreibe man im Forum ohnehin eher nur für sich oder allenfalls für einen berechenbaren, begrenzten Leserkreis, was eine inhaltliche Absicht überflüssig mache. Zitat:
Kann schon sein, dass ich diese Theatralik oft mit dem Wesen des Sonetts verwechsle, weil sie mir häufig in Sonetten begegnet. Ist es möglich, dass Autoren von Sonetten leichter Gefahr laufen, zu (aufgesetzt) pathetisch werden, weil ihr Anspruch an Qualität ein höherer ist? Wenn das so ist, könnte ich mich Wolos Theorie in diesem Punkt anschließen.Charis sieht die Sonettform an sich eher skeptisch für das gewählte Thema: Zitat:
Zitat:
Ob das funktioniert, müsste man an einem entsprechend gelungenen Beispiel sehen, was man im Rahmen dieser Diskussion natürlich von niemandem erwarten kann. Das ist mir schon klar.Erich erklärt, dass er ausschließlich für sich schreibe, was mit Wolos Annahme absolut konform geht. Ich hatte vor, diese Möglichkeit in meinem ersten Post als vierte Variante zur Diskussion zu stellen. Aber sie erschien mir irgendwie zu narzisstisch, als dass ich sie Erich oder anderen unterstellen wollte. Zitat:
Und dass es mir gleich ist, wie meine Verse auf andere wirken, sowas konnte ich mir bisher nicht vorstellen. Natürlich kann man nie alle erreichen. Mit manchen Stilmitteln nur noch wenige. Aber die sind es doch wert, oder?Syranie ist der Meinung, wenn ich sie richtig verstehe, dass die Form absolut unterrangig sei, wenn nur der Inhalt "der Richtige" ist. Jedenfalls "stört das Sonett nicht". Hieße das aber (zu Ende gedacht) nicht, dass es ausreiche, seine Gedanken zu einem Thema einfach nur "runterzuschreiben", ohne Verdichtung, ohne Stilmittel? Warum dann Lyrik? Nein, das erscheint mir zu einfach. Diesen Weg kann man häufig bei Anfängern beobachten. Sie beschäftigt ein Thema und dann pressen sie es in ein paar halbherzig zusammenflickte Verse, um dann mit Gleichgesinnten in einen Austausch darüber zu geraten, den sie in irgendeinem Plauderfaden, z. B. im Eiland-Treff, viel einfacher hätten haben können.Dana meint, das Gedicht sei schon allein deshalb Kunst, weil es ein Sonett ist, und damit "ohne Gebrauch von Schimpf und Schande und unkontrollierter Wut" mahne und zum Nachdenken anrege. Das finde ich sehr interessant, denn es führt mich zu meiner Eingangsfrage zurück: Wen möchte der Autor denn mahnen bzw. zum Nachdenken anregen? (Ja, ich weiß, Erich schreibt für sich. Angenommen Dana wäre die Autorin) Und erreicht er/sie diejenigen auf diesem Weg wirklich? Musstest z. B. du, Dana, mit Hilfe dieser Verse daran erinnert werden, den braunen Rattenfängern nicht gedankenlos hinterherzulaufen? Wer dann?Insgesamt danke ich euch allen für eure Beiträge zu meinen Fragen. lg Bodo |
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