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Alt 31.12.2011, 00:37   #1
Erich Kykal
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Hi, larin!

Ich gebe dir durchaus Recht. Indes...
Meine Gedichte sind doch nicht sinnentleert, nur weil ich mittendrin woandershin abgebogen bin als zuvor avisiert - im Gegenteil, oft trifft der Instinkt, das "Überlyrich", die bessere Entscheidung als der verkopfte Teil, der "plant".
Wenn mich die Form also zu einem anderen Inhalt lenkt, um den harmonischen Fluss nicht zu verlieren, heißt das ja nicht, dass hier ein Napfkuchen des Napfes wegen gebacken wird. Es heißt nur, dass es ein anderer Kuchen wird, der sich perfekter an die Form schmiegt.
Es heißt nur, dass ich mich nicht von vornherein auf eine Thematik festlege - ich lasse es fließen und schaue, wo es mich hinträgt. Ich backe also nicht nach fixem Rezept, sondern intuitiv und nach Gusto beim regelmäßigen Abschmecken. Sag selbst, was da wohl am Ende besser mundet!

Um im Gleichnis zu bleiben, könnte man auch sagen: Ich backe nicht, um das Volk zu ernähren - ich backe, weil es mir Freude macht, und weil der Kuchen mir schmecken soll und jenen, die gern Kuchen essen. Den inhaltlich Hungernden dieser Erde ist mit dem Brot der Prosa ohnehin besser gedient.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (31.12.2011 um 00:40 Uhr)
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Alt 31.12.2011, 08:47   #2
a.c.larin
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Hi Erich,

Zitat:
Meine Gedichte sind doch nicht sinnentleert, nur weil ich mittendrin woandershin abgebogen bin .
Hab ich auch nicht behauptet.
Im Grunde mach ich es genau wie du: ich schreibe - und warte, wohin es mich führen will.
Schreiben ist in gewisser Weise auch ein reflexiver Prozess.
Insoferne nährt man sich dadurch selbst. Ich glaube kaum, dass irgendjemand schreiben würde, wenn dem nicht so wäre.
(Aber wenn zufällig ein zweiter, dritter auch noch was davon hat und dies zum Ausdruck bringt, dann ist der Handlungsgewinn ein doppelter. Würde man sonst versuchen, seine Gedankenergüsse zu verbreiten? Der Mensch ist ein soziales Wesen - in dem Sinne wird Schreiben dann kommunikativ oder appellativ, es fügt sich in die Situation ein.)

Was als "passend" empfunden wird, ist sehr subjektiv. "Passende" Schuhe sind daher nicht für alle gleich. Manchmal backe ich so einen "Schuh" auch für jemand anderen, aus einem - sagen wir mal "pädagogischen" - Interesse daran, was Menschen weiterbringt.
Der Hunger der menschlichen Seele, da gebe ich dir Recht, ist nicht ( nur)durch Gedichte zu lindern. Was heilt, ist die Qualität von Beziehung.

Und die ist dann gegeben, wenn hinter den verschiedenen (Lebens)Formen das Gemeinte wahr- und angenommen wird.
Die Kunst des Schreibens und die Kunst des Kommunizierens sind für mich daher untrennbar verbunden.

Ich sehe das Schreiben als Aufgabe: Sich selbst und andere weiter zu bringen - in welcher Form auch immer!

Lg, larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 31.12.2011, 09:26   #3
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asphaltwaldwesen
 
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Beiträge: 961
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Zitat:
Zitat von Erich Kykal Beitrag anzeigen
...Es heißt nur, dass es ein anderer Kuchen wird, der sich perfekter an die Form schmiegt.
Es heißt nur, dass ich mich nicht von vornherein auf eine Thematik festlege - ich lasse es fließen und schaue, wo es mich hinträgt. Ich backe also nicht nach fixem Rezept, sondern intuitiv und nach Gusto beim regelmäßigen Abschmecken. Sag selbst, was da wohl am Ende besser mundet!

...Den inhaltlich Hungernden dieser Erde ist mit dem Brot der Prosa ohnehin besser gedient.

mache ich bei meinen form-freien gedichten kein fitzelchen anders, lieber erich.

dennoch habe ich einen inhaltlichen impuls, mich überhaupt erst an den schreib-platz zu setzen und versuche dann auch diese mischung an gefühl und geplanter aussage zu einem sich-selbst-findenden und dennoch in seinem ausdruck bestmöglich "gelenkten" ganzen zu fügen.

ich schreibe nicht um der sprach-"bastelei" und um des "werkelns" mit schönem wortklang willen meine "ernsthaft gemeinten" gedichte. (das gilt nur für meine fingerübungen, wie ich sie nenne. da ist mir dann auch jedes thema willkommen, das mich grade anspringt). ich schreibe, weil ich etwas festhalten und sichtbar machen will - und das auf meine ganz eigene art.

ich schreibe wie ich male oder fotografiere - das heißt: ich drücke der welt in der darstellung durch mich meinen stempel auf, meine handschrift, meinen pinselschwung, meine wahl der perspektive. dabei versuche ich gesetzmäßigkeiten in der handhabung der mittel, die ich dazu wähle, zu beachten, die genau DEN ausdruck erzeugen, der auch mein gefühl zu dem "eingefangenen" wiedergibt. das gefühl macht sich oft an der nuance einer kleinen sprach-wendung fest, an einem um ein paar millimeter aus der symmetrieachse verschobenen bildmittelpunkt, an einem gewählten farbfilter, einer ausgefallenen perspektive, die die welt, wie ich sie erlebe und wahrnehme, bewusst "speziell" zeigt.

das "fixe rezept" ist also nur sehr grob vorhanden. die haupt-zutaten jedoch sind der inhalt, die "botschaft", wenn man so will. die "geschmacks-hauptnote".

die würze dazu und die beilagen bestimmen, wie die hauptzutat ins rechte (geschmacks)licht gerückt wird. darum gehts mir in erster linie. ein zusammenspiel von kontrast-geschmäckern, abrundenden gewürzen, die nicht vorschmecken und dennoch dem gericht eine gewisse "note" geben.
und einen - so hoffe ich im besten falle - nachgeschmack, der noch eine weile positiv andauert nach dem letzten bissen.

die starren fixe-rezept-dichter gibts. bei den festen formen-rezepte-köchen wie auch bei den vers-libre-köchen. auch für mich wirken derart "erkochte" produkte leblos. man erkennt, welches gericht gemeint ist, doch es wird nicht lebendig, berührt keine geschmacksknospen, ihm fehlt das gewisse "etwas".

klar mundet das besser, dem der koch sein eigenes gespür und seine interpretation des gerichts hat angedeihen lassen!
ich glaube aber, das war gar nicht gemeint, wenn larin oder ich sagen, der inhalt hat für uns ein wenig mehr gewicht als die "zubereitung" oder form der präsentation.

aber wie ich eben lese, hat sie es selbst schon treffend erklärt.
mir war in erster linie wichtig, dass hier nicht schon wieder in schwarz oder weiß unterteilt wird beim interpretieren der ausführungen zu "werten", die uns persönlich bei lyrischen werken wichtig sind, um diese überhaupt erst dazu zu machen.

und ich lese prosa, wenn ich "lange am stück lesen möchte - um des lesens willen. da darf dann auch der inhalt ein wenig qualitativ zersetzter sein und manchmal ein bisschen schwächeln - wenns nicht über allzu weite etappen geht. wenn ich aber lyrik lese, erwarte ich mir auch und gerade vom inhalt, dass er der verdichtung und wahl der worte entspricht und mich nicht enttäuscht.


lieber gruß

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