01.02.2018, 10:39 | #1 |
Gast
Beiträge: n/a
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Zwiegespräch
Der Verstand:
Mein armes Kind, Du fühlst, die Zeit wird langsam licht. Borgt Dir der Mond noch Silberlinge für die Nacht? Suchst Du im kalten Katalog der Himmelspracht den Sternenzug mit Deinem Namen? Freundin, richt doch Dein Verlangen nicht mehr nach der Sehnsuchtssicht! Der Hoffnungsschimmer flirrt und flimmert traumhin, macht Dein fahles Seelchen ziellos schweifend nur, ach, acht der schwachen Andacht nicht, die vagen Trost verspricht! Das Herz: Du willst mein Bestes, glaubst Du, doch Du kennst kein Wollen, in Deiner Welt meint Glücksverlangen nur Kalkül, Tabellenkünste, Pro-und-Contra-Fetisch! Das Gefühl schöpft Lebensmut aus Illusion und aus dem vollen Empfindungsschatz von Bangigkeit und schierer Lust und lebt und liebt, indes Du sinnlos rechnen musst. |
01.02.2018, 11:32 | #2 |
ADäquat
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Hallo sufnus,
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01.02.2018, 14:31 | #3 |
Gast
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Hi Chavali!
schönen Dank fürs Gelesenhaben und die nette Rückmeldung! Ich höre raus, dass Dein Lesegenuss durch die Zeilenlänge etwas gehemmt wird. ;-) Gedacht wars halt als Anspielung auf die barocken Alexandriner, wobei ich, damit es nicht zuuu barockisierend klingt, nur in S1Z1 und S2Z4 wirklich eine Zäsur eingebaut habe (sozusagen als grundsätzlicher Alexandrinerbaubefähigungsnachweis). Was den Tonfall angeht, so sollten die Quartette ein bisschen fürsorglich bis herablassend klingen und die Terzette etwas angriffslustiger. Meinst Du mit der von Dir vermissten "Gefühlvollheit", eher einen Mangel an Vehemenz oder an Romantik oder was ganz anderes? Bzw. wo tritt das Gefühlsdefizit für Dich am deutlichsten zutage? |
01.02.2018, 18:40 | #4 |
ADäquat
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Hi sufnus,
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01.02.2018, 19:20 | #5 | |
Gast
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Zitat:
Hi! Dochdoch.... das ist schon ein Sonett. :-) Der Alexandriner (der ja, bis auf die zwei genannten Zeilen, in diesem Sonett nicht wirklich realisiert wurde) ist ja nur eine metrische Form, i.e. ein 6-hebiger Jambus mit Mittelzäsur. Dieses metrische Schema wurde in Sonetten, aber auch in Zweizeilern oder Langgedichten und sogar abseits der Lyrik im Drama verwendet. Ein sehr bekanntes Beispiel findet sich übrigens bei Asterix & Obelix, als der ägyptische Architekt Numerobis (aus Alexandria!) seinen alten Kumpel Miraculix mit den Worten begrüßt: "Ich bin, mein lieber Freund, sehr glücklich Dich zu sehn!", woraufhin Miraculix, der offenbar im Gallisch-Unterricht ein ordentlicher Streber war, den Umstehenden erklärt: "Das ist ein Alexandriner." ;-) |
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