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Stammtisch Gesellschaft, Politik und Alltag

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Alt 16.10.2011, 12:14   #1
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Ausgepresst


Die Spatzen hört man's von den Dächern pfeifen,
es drehen Neuigkeiten ihre Runden.
Wer nachdenkt, kann die Wirklichkeit begreifen:

Geschrieben wird, um Leser einzuseifen,
doch kaum, um eine Wahrheit zu bekunden.
Die Spatzen hört man's von den Dächern pfeifen.

Um meilenweit vom Thema abzuschweifen,
verbringt ein Profischreiber viele Stunden.
Wer nachdenkt, kann die Wirklichkeit begreifen.

Er schreibt, um Lügen kunstvoll glatt zu schleifen,
lebt gut bezahlt von seinen Pressekunden.
Die Spatzen hört man's von den Dächern pfeifen.

Reporterrudel, die durch Städte streifen,
sie haben das Gemüt von Fleischerhunden.
Wer nachdenkt, kann die Wirklichkeit begreifen.

Ich kann mir meine Meinung nicht verkneifen:
Der Sensationswert lebt von Leichenfunden!
Die Spatzen hört man's von den Dächern pfeifen:
Wer nachdenkt, kann die Wirklichkeit begreifen!

(Villanelle)
__________________
.

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Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


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Alt 16.10.2011, 17:32   #2
Chavali
ADäquat
 
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Zitat:
(Villanelle)
klasse, liebe Stimme

ich finde diese Gedichtform gar nicht so leicht.
Ich habs mal versucht; vor allem muss die Logik gewahrt bleiben.
Da kann man nicht nur die Zeilen blindlings wiederholen.

Du hast das sehr schön gemacht! Und dem genervten Leser der Gazetten aus der Seele gesprochen.
Je mehr und größer die Sensationen, desto höher die Auflage und das Honorar.
Nun ja, das war schon immer so und wird immer so sein.
Da bleibt einem eben nur, seinen Verstand einzuschalten und für sich das heraus zu lesen (und zu hören),
was man für richtig hält und sich nicht einseifen zu lassen


Gern gelesen und trotz Stammtisch - wo es meist hoch hergeht - geschmunzelt


Lieben Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 16.10.2011, 18:19   #3
Dana
Slawische Seele
 
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Liebe Stimme,

mit dieser Villanelle hast du die Quote der denkenden Leser angeregt. Ich wünschte, die Sensationsschreiber und -treiber (aber auch die Leser, die das unterstützen) möchte die kürzlich erlebte Flut in bleibende Ebbe verwandeln.

Ich habe mich noch nie an ein Sonett oder eine Villanelle, weder an ein Haiku noch Kurzgeschichte (1/2-mal) gewagt - darum schon dafür ein Kompliment.
Der Inhalt haut treffsicher in die absurde "Verkaufsphilosophie", die zwar funktioniert aber weder mit Bericht noch Wahrheit zu tun hat.

Sehr schön besungen und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Die "Spatzen" wissen mehr als jene.

Mit Lob und Gruß
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 16.10.2011, 20:11   #4
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 1.836
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Hallo, liebe Chavi,

Zitat:
klasse, liebe Stimme
Vielen, herzlichen Dank!

Zitat:
ich finde diese Gedichtform gar nicht so leicht.
Ich habs mal versucht; vor allem muss die Logik gewahrt bleiben.
Da kann man nicht nur die Zeilen blindlings wiederholen.
Ja, das ist zu beachten. Allerdings, auch wenn es nicht leicht ist (da hast du recht), schätze ich "vorgeschriebene" Formen - ich denke ja selbst sehr struktuiert, ich glaube, daran liegt es, dass ich von Zeit zu Zeit sehr gerne so ein Werk schreibe. Außerdem sind solche Werke ganz hervorragende Übungen, um Inhalte zu "lenken".

Zitat:
Du hast das sehr schön gemacht! Und dem genervten Leser der Gazetten aus der Seele gesprochen.
Je mehr und größer die Sensationen, desto höher die Auflage und das Honorar.
Nun ja, das war schon immer so und wird immer so sein.
Da bleibt einem eben nur, seinen Verstand einzuschalten und für sich das heraus zu lesen (und zu hören),
was man für richtig hält und sich nicht einseifen zu lassen
Im Ernst, man hört und liest "Geschichten", die kaum zu glauben und doch wahr sind. Reporter von "Sensationsblättern", die ihre "Opfer" regelrecht verfolgen und belästigen; Reporter, die sich mit Ellenbogen und Tritten näher an eine Unfallstelle "herankämpfen", um das beste Foto der Leiche zu machen; Kriegsberichterstattung, die nach einer "je mehr Blut, desto besser"-Regel vorgeht; Bestechung; der "Kauf" von interessanten (Privat)geschichten; Widerrufe, nachdem sich Berichte als falsch (erfunden und erlogen!) herausstellten und, und, und ...

Es gibt schon Reporter, die für mehrere Blätter arbeiten - gleichzeitig! Und dann, je nach "politischer Orientierung" der Gazette, ihre Reportagen "passend ausrichten". Da geht einem doch der Hut hoch!

Wenn man überlegt, dass das schlimmste "Revolverblatt" auch das meistverkaufte (und somit auch meistgelesene!) Pressemedium Deutschlands ist - Erbarmen ...

Daraus kann man schließen, wie viele sich "einseifen" lassen. Armes Deutschland.

Zitat:
Gern gelesen und trotz Stammtisch - wo es meist hoch hergeht - geschmunzelt
Es bleibt nur ein zynisches Lachen (oder Schmunzeln), denn die Alternative wäre das Heulen ...

Danke für deinen Besuch bei meiner "Berichterstattung" der "dichterischen Art".

Liebe Grüße

Stimme


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Hallo, liebe Dana,

Zitat:
mit dieser Villanelle hast du die Quote der denkenden Leser angeregt. Ich wünschte, die Sensationsschreiber und -treiber (aber auch die Leser, die das unterstützen) möchte die kürzlich erlebte Flut in bleibende Ebbe verwandeln.
ja, ich wünschte, man könnte die vielen "blauäugigen" Ich-glaube-alles-Leser endlich aufrütteln, damit sie über das, was sie lesen, auch mal nachdenken. In dieser Konsumgesellschaft wird anscheinend auch der gesamte Medienbereich nur noch "konsumiert" - bloß nicht denken ...

Zitat:
Der Inhalt haut treffsicher in die absurde "Verkaufsphilosophie", die zwar funktioniert aber weder mit Bericht noch Wahrheit zu tun hat.

Sehr schön besungen und wahrheitsgetreu wiedergegeben. Die "Spatzen" wissen mehr als jene.
Die meisten Einwohner unseres Landes haben keine Ahnung, dass es weder mit der Wahrheit noch dem "Ideal der Pressefreiheit" sonderlich weit her ist. Hier ein interessanter, ausführlicher Link über diese Thematik:

ht tp://w w w.cras-legam.de/HHZ04.htm (Bitte die Leerzeichen entfernen)

Die "Presse" gehört zu den Medien, und da sieht es einfach wirklich übel aus. Die Hauptproblematik: Unabhängige, freie Presse gibt es gar nicht. Die Politik bzw. die verschiedenen Parteien und auch die Wirtschaft - wobei diese wiederum untereinander "verbandelt" sind - hat überall ihre "Finger" im "Spiel".

Nur zwei "kleine", mir bekannte Beispiele: Ex-Ministerpräsident Stoiber saß im Aufsichtsrat des ZDF, bei seinem Rücktritt schlug er, dreist und ohne jede Bedenken, als Nachfolger den amtierenden Ministerpräsidenten vor.
Die ARD führte einen Drei-Stufen-Test durch. Nach dessen Abschluss wurde das Onlineangebot drastisch reduziert - nur tagesschau.de stellte über 800.000 Dokumente offline. Ergebnis: Der Einfluss der Politik und der "Mediengiganten" sorgt dafür, dass uns nur das geboten wird, was diese für "richtig" oder als "ausreichend" befinden.

Fazit: Trau, schau wem! Im Zweifelsfall - keinem Medium zur Gänze.
Das Problem ist, es gibt Berichte, erstaunlich viele sogar, die diese Zustände anprangern. Aber - wer von den "Revolverblattlesern" liest diese (oder sieht sie sich an)? Die Spatzen können noch so laut die Wahrheit von den Dächern pfeifen - was hilft es, wenn die meisten gar nicht zuhören ...

Zitat:
Ich habe mich noch nie an ein Sonett oder eine Villanelle, weder an ein Haiku noch Kurzgeschichte (1/2-mal) gewagt - darum schon dafür ein Kompliment.
Liebe Dana, dann wage dich doch ruhig einmal heran. Es ist nicht einfach, stimmt, aber es ist immer eine hervorragende Übung, um einen Inhalt ganz bewusst zu "steuern". Ich übe mich (ohne das immer zu posten) von Zeit zu Zeit in "vorgegebenen Formen", denn wenn ich einen Inhalt trotz vieler Wiederholungen gut und stimmig "hinbekomme", dann fällt es mir "ohne Korsett" umso leichter. Jedenfalls ist das die Beobachtung, die ich dabei gemacht habe. Diese Gedichtformen haben mir auf meinem "Weg" als Übungen sehr viel genützt - und werden es auch weiterhin.

Auch dir herzlichen Dank für dein Lob!

Liebe Grüße

Stimme
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Alt 17.10.2011, 17:09   #5
ginTon
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hallo stimme,,

es wurde schon sehr viel zu dem Werk gesagt, deswegen schließe ich mich
den Vorkommentaren an (mache es mir damit natürlich leicht) und sage, dass
dir die Villanelle gelungen ist. Gefällt mir gut. Vom Formalen her könnte man
das Werk auch wie ein Rondell betrachten, bei dem immer ganze Zeilen
wiederholt werden, aber von den Endreimen und dem Aufbau natürlich eine
Villanelle. Wie gesagt gefällt mir...

liebe Grüße gin
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Schtjel Sam Abys Mje Uchiel!

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 18.10.2011, 18:08   #6
Stimme der Zeit
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Hallo, gin,

offen gestanden: Mir geht es auch manchmal so. Wenn es nur 1, 2 Kommentare vor mir sind, dann geht es ja noch. Aber, mal vom "Technischen" abgesehen - wenn es mehr sind, dann bleibt leider meistens "nicht viel übrig". *Hust*, ja, ich sitze im Glashaus, mir wurde schon gesagt, dass ich das auch ganz alleine schaffe ...

Von daher: Es freut mich, wenn du die Villanelle für gelungen hältst und dir der Inhalt gefällt. Ja, sie ähnelt einem Rondell, obwohl dieses keine Reime enthält, was ein ziemlicher Unterschied ist, wie ich bei vergleichendem Lesen festgestellt habe. Es gäbe auch noch das Rondel/Roundel, das Rondeau, das Rondelet, das Triolett und auch die Sestine (mit Letzeren habe ich bereits "geübt", ist schon ein paar Monate her). Ich erwähne das jetzt nur, um bei Lesern vielleicht Interesse für diese französischen Gedichtformen zu erwecken.

Danke für dein Lob! Wer sagt, er liest ein Lob nicht gern, der schwindelt.

Liebe Grüße

Stimme
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