23.08.2018, 00:35 | #1 |
Gast
Beiträge: n/a
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Im Garten
I
Die Luft zieht wie ein Schweigen durch den Garten, und willenlos wird jeder Ast und Stein, als flösse tief in ihm ein langes Warten, als stünde alles nur für sich allein. Doch horche, was er uns verkünden will: Nun drängen sich die Dinge in uns drin! Und auf den seidnen Ästen wird es still und alles blüht uns zu den Sternen hin. II Was bringst du mir, du Kleinod, du Gedicht? Als wäre deine Schönheit ein Versprechen... In meinen Blick, da fällt mir Dein Gewicht, doch dich zu lieben wäre ein Verbrechen. So stehn wir hier, wie zwei die einsam sind, in uns verschlossen, und nur fast berührt und doch ganz wund und weinend wie ein Kind, das sich mit schwacher Hand zur Mutter führt. III Es ist, als ob die Dinge in sich ruhn - nicht angeschuldigt sind und nicht beschwert, fast wie vom Gold getroffen und so tun, als wären sie im Sonnengang was wert. Auf einmal kniet der Abend vor uns nieder, im Schwarz getränkt verweilt dein Glanz im Sein, wann kehrst du endlich wieder, wieder, wieder zurück zu mir, so stolz und stur, und mein. Geändert von Eisenvorhang (23.08.2018 um 18:11 Uhr) |
23.08.2018, 11:24 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 17.11.2015
Ort: Oberpfalz
Beiträge: 539
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Hi EV,
sehr, sehr schön. Im Garten I und III spielen sich beide zu späteren Stunden ab. Hier ist es ruhig und die Dinge ruhen in sich selbst und wirken im lyrischen Wir, als dem LI und dem Garten, wie ich vermute. Der Protagonist und der Garten sind beinahe eins im Betrachten der Dinge und im Fühlen der Natur. Im Garten II fällt hier etwas heraus. Es scheint, als hätten sich die beiden verloren. Sie sind sich zwar nah (fast berührt), aber dennoch nur verschlossen und einsam nebeneinander. Die erste Strophe zeigt das LI zudem im Zweifel seinen Gefühlen zu dem Garten gegenüber. Auch weil er ein Gewicht auszuüben scheint (dieses verliert er bzw die Dinge in ihm im dritten Gedicht wieder). Und sowohl für den Garten als auch dem LI geht die Entzweiung so weit, dass sie sich nach Sicherheit, nach einem Zuhause, eben nach der Mutter sehnen. Ich muss zugeben, dass "Im Garten II" für mich etwas unerschlossen bleibt. Mir ist nicht klar, auf was das Bild hinauswill. Vielleicht erträgt das LI die Schönheit nicht, die doch allzu gekünstelt wirkt in einem aufpolierten Garten und die im krassen Kontrast zu der Einöde steht, die das LI in diesem Moment in sich trägt. Was für mich nicht ganz stimmig ist, ist die Formulierung in "Im Garten II" S2V3/4: "... ein Kind, das sich mit schwacher Hand zu Mutter führt." Das Kind müsste sich selbst mit seiner schwachen Hand an der anderen Hand nehmen und sich zu Mutter bringen. Einen Vorschlag habe ich leider spontan nicht parat. Insgesamt finde ich deinen Garten-Dreiklang sehr gelungen und sprachlich wunderbar. Ich habe ihn mit Genuss gelesen und mich mal an einem ausführlicherem Kommentar versucht Beste Grüße, Laie
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Schreiben, wie Monet malte. |
23.08.2018, 13:42 | #3 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Laie,
vielen Dank für das Lob und es freut mich, dass es Dich etwas bewegen kann. Im Moment muss ich den Garten einer Villa fotografieren - der Kunde braucht Bilder und will ein Buch von seinem Haus machen, weil dieses Jahr der zwanzigste Jahrestag ist. (Besitzt halt das Haus seit 20 Jahren) Nun war ich gestern das erste mal vor Ort zur Sichtung und... Ich habe noch nie einen schöneren Garten gesehen. Dort wachsen große saftige Tomaten, Wein wächst wie perlendes Gold, dahinter fein gepflegte Chili und zwischen allen Ästen drang ganz dezent die Note von Vanilletabak und Thymian... Ich weiß nicht wie ich den Garten beschreiben soll, aber er atmet leben und der Garten ist eben nicht mein eigener Ich hab abekotzt. Strophe zwei kotzt ab. Das mündet etwas in Trotz, weil ich genau wusste, dass ich wieder gehen muss. Am Ende verweilt nur der tiefe Wunsch... zu bleiben, den Garten zu besitzen. Ich kann mich nicht fallen lassen, mich nicht wohl fühlen... pp. Ich darf den Garten nicht lieben und nicht länger in ihm verweilen - die Stille und die tiefe Ordnung der Dinge in dem Kleinod sind nur ein Geschenk von kurzer Dauer. Und keiner führt mich aus dem Garten. Nur ich kann das machen und das fiel mir schwer. Fühlte mich wie ein kraftloses Kind, das selbst die Kräfte zum Gehen aufbringen muss. Vielleicht erklärt das die zweite Strophe etwas besser! Danke für deinen Kommentar Laie! (Danke fürs Zeit nehmen) vlg EV |
23.08.2018, 14:36 | #4 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Hi EV!
Die Peanuts: Die Luft zieht wie ein Schweigen durch den Garten, und willenlos wird jeder Ast und Stein, als flösse tief in ihm ein langes Warten, als stünde alles nur für sich allein. Doch horche, was er uns verkünden will: Nun drängt sich in uns jedes Ding zuhauf! Und auf den seidnen Ästen wird es still, und alles blüht uns zu den Sternen auf. S1Z1 - Komma. S1Z3 - "flösse" mit kurzem Umlaut, denn "flößen" mit langem "ö" bezeichnet das stromab Verfrachten zusammengebundener Holzstämme oder das Ein"flößen" einer Flüssigkeit. S2Z2 - "in uns drin" ist recht gemeinsprachlich simpel formuliert, das keine lyrische Würde. S2Z3 - Komma. S2Z4 - Im Falle der Korrekturübernahme von Z2 Reim angleichen. II Was bringst du mir, du Kleinod, du Gedicht? Als wäre deine Schönheit ein Versprechen... In meinem Blick verklärt sich Dein Gesicht, doch dich zu lieben wäre ein Verbrechen. So stehen wir wie zwei, die einsam sind, in uns verschlossen und nur fast berührt, und doch ganz wund und weinend wie ein Kind, das sich mit schwacher Hand zur Mutter führt. S1Z3 - So ein "da" nach dem Komma wirkt sprachlich unelegant. S2Z1 - Kommata falsch positioniert, und ohne Verkürzung ("stehn") wirkt es immer gediegener. S2Z2 - Kommata. III Es ist, als ob die Dinge in sich ruhn, nicht angeschuldigt und ganz unbeschwert, fast wie in Gold gekleidet, und so tun, als wären sie ein Sonnenglitzern wert. Auf einmal kniet der Abend vor uns nieder, in Schwarz getränkt verweilt dein Glanz im Sein, wann kehrst du endlich wieder, immer wieder zurück zu mir, so stolz und stur - und mein. S1Z1 - Komma. S1Z2 - So smarter formuliert. S1Z3 - Schöner formuliert. S1Z4 - "was wert" klingt sehr gemeinsprachlich. S2Z2 - Falscher Fall. S2Z3 - Dreimal "wieder" ist zuviel, das klingt nur wie hilfloses Silbenschinden. S2Z4 - Für Sprachfluss, -klang und -melodie erscheint mir das "ganz" im Schlussakkord hier ungeeignet. Ein sehr schöner Text, harmonisch fließend gewoben, mit schönen Wendungen und Bildern. Am Detail musst du noch feilen, wie meine Vorschläge avisieren. Sehr gern gelesen und bearbeitet! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
23.08.2018, 18:10 | #5 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo Erich,
es ist schön Dich mal wieder in einen meiner Fäden zu wissen. Durchaus gefallen mir ein paar Vorschläge und das Komma und der Fallfehler sind sofort ausgekorrigiert! Danke! vlg EV |
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