Es gibt Gedichte, die braucht keiner

[Walther]

Es gibt Gedichte, die braucht keiner:
Und dennoch schreibt sie immer einer.
Sie stehen erst auf weißen Blättern,
Bevor sie laut in Foren schmettern,

Was keiner wissen will und sollte:
Zum Beispiel, dass er nicht mehr wollte,
Dass sie sich echauffierend schmollte,
Dass es sich auf dem Boden rollte,

Und das ganz laut und mit viel Dröhnen.
Man würde sich daran gewöhnen,
Wenn wenigstens da Sprache wäre
Und Poesie, das Ungefähre

Der Näherung in jener Richtung,
Wo etwas wäre, das mit Dichtung
Ein wenig nur gemeinsam hätte -
Jetzt brauch ich eine Zigarette -

An Ähnlichkeit mit dieser Gattung!
Es fehlt an Hoffnung: Die Ermattung
Ergreift mich heftigst und zur Gänze.
Entschuldigt, dass ich erstmal schwänze,

Ab heute und die nächsten Wochen.
Bei mir ist Sehnsucht ausgebrochen
Nach Versen voller Formvollendung,
Dem Ende aller Platzverschwendung!

[a.c.larin]

Es kommt noch schlimmer:

Es kommt noch schlimmer, werter Walther,
nicht nur Gedichte gibts zuhauf -
die Welt ist längst im Krempelalter,
mischt Kitsch und Kunst. Hört niemals auf,

nach "immer mehr und mehr" zu plärren!
(Auch ich schreib ohne Unterlass
Wohin werd ich den Krempel sperren?
Dies ist ein bodenloses Fass!

Das viele Zeug erdrückt uns ständig,
es sei denn, jemand fasste Mut
und stopfte alles eigenhändig
ins Ofenloch hinein, zur Glut!

Erfrischend ist doch - sei'n wir ehrlich-
ein jungfräuliches, weißes Blatt!
Und niemals wieder wirds so herrlich,
nachdem man es beschrieben hat.


Warum sollte es denn nicht auch unnötige Gedichte geben?
Es gibt ja sogar Menschen, die erwecken im Betrachter den gleichen Verdacht....

Nimms leicht!
Liebe Grüße, larin

[Carlino]

Lieber Walther!

"Mein Gedicht, das braucht doch keiner!"
lamentierte einst schon Rainer.
Walther tut es ihm jetzt gleich,
sicher ein genialer Streich!

Und nach seiner Zigarette
macht er weiter, gilt die Wette!

Schneeweiße Grüße ausm Westend

Carlino