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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 29.01.2012, 15:12   #1
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard Wir wissen gar nicht...

Wir wissen gar nicht, was uns prägt!
Gleich Kieseln, die der Bach bewegt,
gleich Bäumen, die vom Wind geformt,
hat uns die Zeit umspült, genormt,
der Jugend frühe Jahre.

Wir wissen gar nicht, wer wir sind!
Zu selbstverständlich schien dem Kind,
die Welt, die seine Bühne war.
Ihm zeigte ewig, offenbar
das Leben alle Wunder!

Wir wissen lange nicht, woher
so mancher Glaube kam. Was schwer
sich später tragen ließ. Und wer
schleift dann die Kanten runder?

Wir wissen gar nicht, was uns prägt:
Wie ein Familienband uns trägt,
gleich, welche Seite man aufschlägt:
Zuletzt bleibt nur das Wahre…..
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 29.01.2012, 18:03   #2
wüstenvogel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.08.2011
Ort: Wetzlar/Hessen
Beiträge: 446
Standard Wir wissen gar nicht...

Hallo larin,
ich musste bei Lesen deines wunderschönen Gedichts gleich an den Satz denken: "Ich weiß, dass ich nichts weiß".

Wir verfügen über ein fast unendliches Wissen - können uns blitzschnell über (fast) alles informieren - und "wissen gar nicht, wer wir sind".

Viele "Faktoren" haben Einfluss auf unsere Entwicklung genommen: Zeit, Kindheit, Familie ...

Doch WIE wir "geprägt" wurden, wissen wir nicht.

Das, was wir im Innersten sind - du nennst es "das Wahre" - ist das, was am Ende bleibt, was am Wichtigsten ist - was alles (materielle Wissen) uns nicht geben kann.
Wir können nur versuchen, seinen Spuren ein kleines Stück weit zu folgen.

Wie du siehst, ist dein Gedicht für mich sehr anregungs-reich.

Mehr kann man nicht verlangen.

Vielen Dank dafür!

Liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 29.01.2012, 22:45   #3
Galapapa
Galapapa
 
Registriert seit: 19.04.2009
Ort: Nordschwarzwald
Beiträge: 878
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Standard

Liebe larin,
wahrlich ein schönes, tiefsinniges Gedicht von Dir, das am Ende eine wichtige Antwort auf die Fragen findet: "...am Schluss bleibt nur das Wahre..."
Ich verstehe es so: Es bleibt nach allen formenden Kräften am Ende das wirklich Wichtige, das, was wirklich zählt. Und wir wissen nicht, was damit geschieht.
Ich habe es selbst erlebt; das Leben hat mich mitgerissen, in seinen Bann gezogen und hat mir keine Zeit gelassen, nachzudenken, zu forschen und mich irgendwo selbst zu finden.
Erst jetzt, wo alles gelaufen ist, da finde ich mit der Zeit und Ruhe Steinchen für Steinchen von einem Mosaik, von dem ich glaube, dass es vervollständigt eben dieses "Wahre" darstellt...
Das Gedicht sagt etwas so Berührendes und Wichtiges, dass man gar keine Lust findet, über Metrik und Ähnliches zu sprechen.
Nur Eines: Das Reimschema finde ich toll!
Mit herzlichen Grüßen an Dich!
Galapapa
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Alt 31.01.2012, 19:58   #4
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard

hallo lipiwig,
nein, ich meinte kein familienalbum.
die "familienbande", das sind die unsichtbaren beziehungsfäden, die werte, muster, gefühle, die das ganze nähren, tragen und zusammenhalten, aber auch blockieren, fesseln und nachhaltig beeinträchtigen können.

wir stehn vor einem hintergrund - auch wenn er uns nicht bewusst ist.
und dieser hintergrund wirkt!


hallo wüstenvogel,
Zitat:
Wir verfügen über ein fast unendliches Wissen
das nennt man wohl optimismus - gratuliere!

irgendeinen wesenskern ( das "selbst" ) hat man wohl, einen charakter, der sich durch die jahre gräbt , wie ein fluss durch die landschaft.
angeblich gibt ja das geburtsradex darüber auskunft: ausgangslage so und so - und dann kommt halt noch allerhand dazu: wen man trifft und wie sich die allgemeine lage entwickelt. und alles tut was mit uns und wir tun auch mit allem was.
so regen wir uns auf und an -
und jeder tut es, wie er kann!

hallo galapapa,
das reimschema hat sich irgendwie beim schreiben so entwickelt.
erst wollte ich die fünfte zeile ungereimt lassen. dann stand sie mir plötzlich zu leer da. dann wollte die dritte strophe plötzlich kürzer werden als die vorherigen. also kam da der widerklang in die endzeile. logischerweise bindet sich dann der schluss wieder an den beginn.
man sollte wohl beim schreiben gar nicht viel drüber nachdenken!

genauso dürfte es sich aber auch mit dem richtigen leben verhalten.
du sagst es ja selber: es machte sich, wie es sich machte.

und mir kommt da manchmal ein grundverdacht:
puzzelt uns da wer zusammen?


liebe grüße an alle denker!
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Alt 09.02.2012, 21:36   #5
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Liebe Larin,

ich möcht was sagen, aber wie?
Es dreht ein Ahnen sich. Um was?
So ganz erschließt es sich mir nie,
dann denke ich, vielleicht ist's das!

Diese Art Tiefsinn, berührend lyrisch umspült, begegne ich am liebsten schweigend.
In einem Onlineforum ist das aber nicht möglich.

Darum:

Zitat:
Zitat von Larin
Wir wissen gar nicht, was uns prägt!
Gleich Kieseln, die der Bach bewegt,
gleich Bäumen, die vom Wind geformt,
hat uns die Zeit umspült, genormt,
der Jugend frühe Jahre.
Vielleicht erst dann, wenn wir aus der Zeit herausfallen?


Liebe Grüße
Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 10.02.2012, 06:52   #6
Chavali
ADäquat
 
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Beiträge: 13.001
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Liebe larin,


deinen Text las ich schon lange, bevor ich dir diesen Kommi schrieb.
Zitat:
Wir wissen gar nicht, was uns prägt!
Nein, das wissen wir nie vorher.
Plötzlich - im Laufe des Lebens - kann die Erkenntnis kommen, was man wo herhat.
Und Dinge, die wir heute so sehen, sahen wir vor Jahren ganz anders.
Wunderbar und absolut treffend die Strophe 1, die eigenlich alles aussagt:
Frage und Antwort!
Zitat:
Wir wissen gar nicht, was uns prägt!
Gleich Kieseln, die der Bach bewegt,
gleich Bäumen, die vom Wind geformt,
hat uns die Zeit umspült, genormt,
der Jugend frühe Jahre.
Deine philosophischen Gedanken zu den Anlässen der Prägung eines Menschen habe ich sehr gern gelesen
und darüber nachgedacht und festgestellt, dass man sich in eine andere Richtung entwickelt hätte,
wären die Einflüsse von außen andere gewesen....


Lieben Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (15.02.2012 um 17:52 Uhr) Grund: Tippfehler
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Alt 11.02.2012, 19:33   #7
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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liebe dana,
Zitat:
Vielleicht erst dann, wenn wir aus der Zeit herausfallen?
was würde es uns dann wohl nützen, zu wissen, was uns geprägt hat?

oder, andersrum gefragt: was nützt es uns jetzt?

(wahrscheinlich gar nichts - aber wir sind halt doch immerzu neugierig...)

geheimnis bleibt aber geheimnis. wengstens gibt es aber die musik und die bild- und wortkunst. darin können wir es zumindest "einpacken".


liebe chavali,
ja, wenn das alles nicht so gewesen wäre wie es war....
bei graugänsen ist das ja noch einfach: sobald die junge graugans aus dem ei schlüpft, folgt sie jedem gegenstand, der sich vor ihren augen bewegt.
(üblicherweise ist das mutter graugans - aber wenn es zufällig ein verhaltensforscher sein sollte oder aber ein rasenmäher: klein gänschen watschelt wacker hinterdrein! )

sind wir menschen anders zu bestimmten zeitpunkten unseres lebens?
ich fürchte: nein.
und wir prägen einander auch, ohne zu wissen dass wir es tun, fortwährend.
denn, was weiß ich schon, was sich ein anderer für ein bild von mir macht und wie es auf ihn wirkt?
und je unbewusster das geschieht - desto nachhaltiger!

wahrscheinlich ist der mensch, doch nicht die "krone der schöpfung" sondern eher deren plombe.....

liebe grüße und danke für die kommis,
larin
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Alt 13.02.2012, 20:47   #8
Dana
Slawische Seele
 
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Liebe Larin,

Vielleicht erst dann, wenn wir aus der Zeit herausfallen?
was würde es uns dann wohl nützen, zu wissen, was uns geprägt hat?

oder, andersrum gefragt: was nützt es uns jetzt?

(wahrscheinlich gar nichts - aber wir sind halt doch immerzu neugierig...)

geheimnis bleibt aber geheimnis. wengstens gibt es aber die musik und die bild- und wortkunst. darin können wir es zumindest "einpacken".


Ein Geheimnis dürte nicht Geheimnis heißen, wenn es im Jetzt erkannt würde.
Ich stelle mir ein Fortdauerndes und immer Wiederkehrendes "Aha-Erlebnis" vor, darin wir erfahren und wissen warum und zugleich mitnehmen, dass es in diesem Jetzt nicht erkannt werden darf. Dieses Fragezeichen und die beständige Neugier sind einzig zum Sein geschaffen. Das "Nichtaufgeben" ist die versteckte Erinnerung an das "Aha-Erlebnis" - der Nutzen für den Unsinn des Sinns.
Nicht unbedingt eine These und völlig frei von Wissen - ein selbgeschaffener Anker.

Liebe Grüße
Dana
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ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 15.02.2012, 17:43   #9
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, larin!

Wunderbar! Sehr stimmig und lyrisch geformt! Auch inhaltlich brilliant ausformuliert und gedeutet.

Bloß bei der vorletzten Zeile haut's mich aus dem Rhythmus: "aufschlägt" muss man recht ungewöhnlich betonen, damit der Rhythmus erkennbar bleibt, es sei denn, man liest SEEEEHR langsam.

Der Reimbogen der letzten Zeile mit Z5 von S1 ist etwas weit gespannt, oder? Was soll's, es liest sich dennoch toll. Nur das Ende scheint eben seltsam in der Luft zu hängen, weil sein Reim gar so weit weg ist in der Erinnerung des Lesers...

DAS sind die Gedichte, auf die ich immer bei dir warte - und sie kommen! (Schwelg!)

Ausgesprochen gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (21.03.2012 um 10:13 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.02.2012, 19:47   #10
a.c.larin
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hi dana,
Zitat:
"Nichtaufgeben" ist die versteckte Erinnerung an das "Aha-Erlebnis" - der Nutzen für den Unsinn des Sinns.
Nicht unbedingt eine These und völlig frei von Wissen - ein selbgeschaffener Anker.
vielleicht bin ich schon ankerlos geworden -
wozu muss sich überhaupt wissen, warum, was wie ist?


meine katze zerbricht sich auch nicht andauernd denn kopf.
wenn sie sich wohlfühlt schnurrt sie, wenn sie sich ärgert faucht sie.
wenn sie müde ist, schläft sie und keinerlei verpflichtung hindert sie daran.
sie hat es gar nicht nörig, sich selbst und ihr so- geworden - sein zum thema zu machen. ist das nicht irgendwie beneidenswert?

hi erich,
ich stolpere zwar nicht so sehr an dieser stelle - aber vielleicht lese ichs mir auch nur klanglich zurecht. jedenfalls danke für denn hinweis.
vielleicht fällt mir noch was ein.

liebe grüße an euch beide,
larin
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