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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 19.11.2011, 16:57   #1
Stimme der Zeit
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Standard Dieser Tag

Dieser Tag

Wird nun dieser Tag so ein Tag gleich den anderen Tagen,
dringt die Erinnerung ein, lähmt mich mit eiserner Hand?
Wie viele Träume, wie viele Wünsche begrabe ich heute,
machtlos gefangen im Sein, fern jeder Ahnung von Glück?
Oftmals verschenkte ich Liebe, erlaubte dem Herzen zu singen;
Lieder, so hoffnungserfüllt, Klänge mit freudigem Schall.
Harmonien der Zukunft, sie ließen das Gestern entschwinden,
trugen mein Selbst hoch empor, schenkten mir grenzenlos Kraft,
all das Verlorene, all das Vergangene, jedes Verhängnis,
jeden Betrug und Verlust von mir zu weisen, bereit
stolz zu blühen wie eine Blume, als Wunder im Winter.
Nur: Die Blüte war kurz, bald schon dahin und besiegt
von den eisigen Händen des Frostes, verwelkt und erfroren.
Ist er illusionär, nur ein gedankliches Spiel,
dieser Glaube an dich, an jemanden, den ich nicht kenne?
Bist mir noch unbekannt, gleichzeitig bestens vertraut.
Kommst du zu mir, an irgendeinem der endlosen Tage
in der grausamen Welt, die kein Erbarmen besitzt?
Heute gewonnen und morgen zerronnen, so lauten die Worte
einer Wahrheit, die nahm, kaum dass ich etwas besaß.
Ach, du herzlose Welt, gestatte mir endlich das Leben!
Ich bin es müde, allein, müde, begraben zu sein!
Wo ist die Göttin des Glücks? Hat Fortuna mich einfach vergessen?
Neigt dieses Wesen zu Neid? China berichtet davon,
dass sie die Kinder mit Namen wie Ratte und Käfer benennen,
um zu verhindern, dass sonst einer der Götter sie raubt.
Künftig, da werde ich Freude verbergen, Fortuna belügen;
ihre verschlagene Macht brechen, die Liebe wird mein!
Dieser Tag ist der erste der neuen Reihe von Tagen,
denn ich begrabe die Furcht: Schicksal, du bist schon besiegt,
suche dir andere Opfer, ich bin bereit, hart zu kämpfen;
jetzt ist mein Wille Gesetz, notfalls gebrauch ich Gewalt!*

*der letzte Vers ist eine Variante einer Zeile aus Johann Wolfgang von Goethes Ballade vom "Erlkönig", Zitat: "Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt." (7. Strophe, Vers 2)
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Alt 19.11.2011, 17:35   #2
wolo von thurland
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hallo stimme der zeit
da schmunzelt der grieche!
korrekt zitiert, kein copy&paiste-vorwurf möglich. (obwohl jwg vielelicht nicht mal merken würde, dass er hier ein ganz klein wenig auf die schippe genommen wird) (iphigenie liess doch lieber die götter die sache in die hand bzw. auf die knie nehmen....)
es ist wieder viel text. nach dem ersten überfliegen (sorry, ich kann nicht anders!) würde ich sagen, dass die pentameter alle sauber sind, dass aber in den hexametern teils silben fehlen (oder gibt es keine regelmässigkeit des wechsels der beiden?).
gruss wolo
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Alt 19.11.2011, 18:01   #3
Stimme der Zeit
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Hallo, wolo,

danke für das griechische Schmunzeln. Aber, ich bin eben ich. Und da das nicht nur die Länge der Gedichte betrifft, sondern auch den Hang zur Experimentierfreudigkeit, hatte das hier natürlich wieder ein paar "Auswirkungen".

Beim antiken Distichon handelte es sich um lange und kurze Silben, so dass im Hexameter die ersten vier Daktylen durch Spondeen ersetzt werden konnten - zwei kurze Silben konnten durch eine lange ersetzt werden. Im Deutschen gibt es betonte und unbetonte Silben, daher kann das nicht übertragen werden. Hier wird statt dessen ein Trochäus verwendet. Beim Pentameter gilt das nur für die ersten beiden Daktylen. (Was ich ebenfalls getan habe, es fiel dir offenbar aber gar nicht auf, das nehme ich mal frecherweise als Kompliment. )

Logisch, dass ich so etwas gleich "testen" muss. (Wo ich schon mal dabei war, habe ich, so nebenher, die Liebe (römisch), den Tod (englisch/deutsch), die philosophische Idee (griechisch) und die zornige "Kampfbereitschaft" (ich ), ebenfalls frecherweise, zu einer "Einheit" verarbeitet.)

Ein Beispiel aus Johann Wolfgang von Goethes Werk: "Römische Elegien":

Saget, Steine, mir an, o sprecht, ihr hohen Paläste! - XxXxxXxXxXxxXx
Straßen, redet ein Wort! Genius, regst du dich nicht? - XxXxxXXxxXxxX
Ja, es ist alles beseelt in deinen heiligen Mauern, - XxxXxxXxXxXxxXx
Ewige Roma; nur mir schweiget noch alles so still. - XxxXxxXXxxXxxX
O wer flüstert mir zu, an welchem Fenster erblick ich - XxXxxXxXxXxxXx
Einst das holde Geschöpf, das mich versengend erquickt? - XxXxxXXxxXxxX
Ahn ich die Wege noch nicht, durch die ich immer und immer - XxxXxxXxXxXxxXx
Zu ihr und von ihr zu gehn, opfre die köstliche Zeit? - XxxXxxXXxxXxxX
Noch betracht ich Kirch und Palast, Ruinen und Säulen, - XxXxXxxXxXxxXx
Wie ein bedächtiger Mann schicklich die Reise benutzt. - XxxXxxXXxxXxxX
Doch bald ist es vorbei: dann wird ein einziger Tempel - XxXxxXxXxXxxXx / nicht ganz eindeutig, auch XxxXxXxXxXxxXx wäre möglich
Amors Tempel nur sein, der den Geweihten empfängt. - XxXxxXXxxXxxX
Eine Welt zwar bist du, o Rom; doch ohne die Liebe - XxXxxXxXxXxxXx
Wäre die Welt nicht die Welt, wäre denn Rom auch nicht Rom. - XxxXxxXXxxXxxX

Ersichtlich, dass Goethe sich des "deutschen Distichons" bedient hat. Das versuchte ich ebenfalls, ich finde, es ist so wesentlich günstiger im Bezug auf die deutsche Sprache und deren Betonungen als das "antike Original", bei dem unsere Sprache oft nicht "passt" und das daher "betonungstechnisch" sehr zum "Leiern" neigt.

Falls ich aber, das ist mein erster Versuch mit dem "deutschen Distichon", Fehler gemacht oder irgendwo falsch informiert sein sollte, dann wäre ich sehr dankbar, wenn man (oder du) mir das mitteilen würde(st).

Zitat:
(iphigenie liess doch lieber die götter die sache in die hand bzw. auf die knie nehmen....)
Ich bin hier frech, nur um das mal festgestellt zu haben. Ansonsten erhebe ich einen Plagiatsvorwurf!

Danke fürs Lesen und Schmunzeln!

Liebe Grüße

Stimme
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Geändert von Stimme der Zeit (20.11.2011 um 09:02 Uhr) Grund: Aus Versehen "Enter" betätigt, der Kommi war erst zur Hälfte fertig. *Verlegen guck* + Tippfehler gefunden.
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Alt 20.11.2011, 13:04   #4
ginTon
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hallo Stimme,

Was soll ich hier sagen, der Text klingt sehr pathetisch, dafür aber nicht
minder gut. Formal betrachtet finde ich es immer eine sehr gute Leistung
einen Text sozusagen aufzubauen, ihn zusammenzusetzen, es ist schon
fast eine Textarchitektur, wenn man es aus dieser Warte betrachtet....

Mit Distichen habe ich mich nur selten (bis gar nicht) befasst und kann dir
-da du ja die ganze Internetgemeinschaft angesprochen hast- dahingehend
leider auch nicht weiterhelfen,

Eine jede Zeile wäre in dem Sinn (rein von der Silbenzahl) fast wie ein Haiku,
würde ich fast behaupten, jedoch variiert die Anzahl der Zäsuren hier beträchtlich
Es scheint sich außerdem, um eine Kurzform der Gedankenlyrik zu handeln,
welche rein aus Zwiegsprächen zusammengesetzt ist? Ein Haiku als Kurzform
zB ist ja eher der Erlebnislyrik zuzuordnen, wobei die Grenzen jedoch auch dort
verwischen...

interessante Arbeit,, liebe Grüße gin
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Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse (Nietzsche)

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)

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Alt 20.11.2011, 13:08   #5
Chavali
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Hallo liebe Stimme,

wow und uffff...
Was für ein Text. Da brennen mir Ohren und Augen!
Nicht nur, dass du uns hier einen Text von starker Kraft präsentierst, nein, du gibst auch gleich noch eine ausführliche
Erklärung über die Entstehungsweise und über dein Vorbild ab und das in abendfüllender Form
Man könnte denken, man liest GOETHE persönlich. Doll gemacht,
meine Hochachtung vor deinen handwerklichen Fähigkeiten.

Gefühl will sich allerdings nicht so sehr einstellen bei mir, mir ist das zu technisch zurechtgebogen.
Zwar blitzen hier und mal einige Seufzer auf - aber das ist mir zu wenig.
Zitat:
Ach, du herzlose Welt, gestatte mir endlich das Leben!
Ich bin es müde, allein, müde, begraben zu sein!
Wo ist die Göttin des Glücks? Hat Fortuna mich einfach vergessen?
Die positive Aussage deines Textes gefällt mir wieder:
Nach all den Kämpfen uns sieglosen Tagen wird irgendwann ein Licht am Horizont erscheinen
und dem LyrI das Glück bringen.
Nicht verzagen - nur Mut und Zuversicht in die eigene Kraft!

Optimistische Grüße,
Chavali


__________________
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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (20.11.2011 um 13:12 Uhr)
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Alt 20.11.2011, 13:48   #6
Stimme der Zeit
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Hallo, gin,

ich finde es sehr interessant, wie unterschiedlich mein Text "ankommt". Wolo sah Ironie darin (und ein "Goethe-auf-die-Schippe-nehmen"); für dich enthält er Pathos und für Chavali ist er zu "technisch" bzw. enthält er zu wenig Gefühl. Ich gebe freimütig zu, dass ich jetzt ein wenig schmunzle ...

Zitat:
Was soll ich hier sagen, der Text klingt sehr pathetisch, dafür aber nicht
minder gut. Formal betrachtet finde ich es immer eine sehr gute Leistung
einen Text sozusagen aufzubauen, ihn zusammenzusetzen, es ist schon
fast eine Textarchitektur, wenn man es aus dieser Warte betrachtet....
Ich freue mich vor allem über den ersten Satz in deinem Kommentar, denn ich war hier zum ersten Mal in der Lage, ein wenig "pathetisch" zu werden, ohne mir dabei albern vorzukommen. Das liegt mit Sicherheit an dem Versmaß, ich werde mir das auf jeden Fall für die Zukunft merken, für mich ist es wichtig, das zu wissen. Ja, ich habe diesen Text tatsächlich "architektonisch aufgebaut", wenn das jemand (also: du) bemerkt, dann freut mich das ebenfalls!

Zitat:
Mit Distichen habe ich mich nur selten (bis gar nicht) befasst und kann dir
-da du ja die ganze Internetgemeinschaft angesprochen hast- dahingehend
leider auch nicht weiterhelfen,
Es war auch nur eine "freundschaftliche Anfrage" an jeden, der "Kenntnisse und Lust" hätte, mir eine Rückmeldung zu geben; es gibt da selbstverständlich keine "Aufforderung". Dein Kommentar ist für mich sehr nützlich, ich kann mir einiges "heraus ziehen".

Zitat:
Eine jede Zeile wäre in dem Sinn (rein von der Silbenzahl) fast wie ein Haiku,
würde ich fast behaupten, jedoch variiert die Anzahl der Zäsuren hier beträchtlich
Es scheint sich außerdem, um eine Kurzform der Gedankenlyrik zu handeln,
welche rein aus Zwiegsprächen zusammengesetzt ist? Ein Haiku als Kurzform
zB ist ja eher der Erlebnislyrik zuzuordnen, wobei die Grenzen jedoch auch dort
verwischen...
Es gibt das Epigramm, das aus einem einzigen Distichon besteht und die Elegie, die sich aus Distichen "zusammensetzt". In dieser Hinsicht hast du mit deiner Einschätzung vollkommen recht! Auch Goethe lässt in seiner Römischen Elegie die Gedanken des LI sprechen - wobei die "Grenzen" verwischen, das stimmt.

Vielen Dank für deinen hilfreichen Kommentar!

Liebe Grüße

Stimme

----------------------------------------------------------------

Hallo, liebe Chavi,

Zitat:
wow und uffff...
Was für ein Text. Da brennen mir Ohren und Augen!
Nicht nur, dass du uns hier einen Text von starker Kraft präsentierst, nein, du gibst auch gleich noch eine ausführliche
Erklärung über die Entstehungsweise und über dein Vorbild ab und das in abendfüllender Form
Man könnte denken, man liest GOETHE persönlich. Doll gemacht,
meine Hochachtung vor deinen handwerklichen Fähigkeiten.
Ich persönlich gehe auch davon aus, dass zwischen uns beiden (im "dichterischen" Sinn!) der gleiche "Unterschied" besteht wie zwischen Schiller und Goethe. Dir gefällt Schiller sicher besser, deshalb hier ein Werk Schillers, das zwar eine Nänie ist und auch diesen Titel trägt, aber in Distichen verfasst ist:

Friedrich Schiller

Nänie

Auch das Schöne muß sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten, ist
herrlich,
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.

Ich glaube, diese "Stimmung" gefällt dir sicher besser. Ich persönlich lese Goethe und Schiller (und natürlich diverse andere Dichter, logisch: Morgenstern muss sein! ), gebe aber freimütig zu, dass mir der weniger "gefühlsintensive" Stil Goethes mehr zusagt.

Trotzdem danke für das Lob, aber - um Himmels Willen! - vergleiche mich nicht mit einem "Großmeister", ich stecke noch in den "Kinderschuhen". Goethes Schuhe sind mir mindestens 15 Nummern zu groß!

Zitat:
Gefühl will sich allerdings nicht so sehr einstellen bei mir, mir ist das zu technisch zurechtgebogen.
Zwar blitzen hier und mal einige Seufzer auf - aber das ist mir zu wenig.
Natürlich. Mir geht es z. B. mit manchen Gedichten (ob von Schiller oder anderen Dichtern, vergangenen oder gegenwärtigen) ganz genau so - nur "umgekehrt". Zu viel "Pathos" gefällt dann mir wieder weniger. Aber auch Gegensätze können freundschaftlich sein, davon bin ich überzeugt.

Zitat:
Die positive Aussage deines Textes gefällt mir wieder:
Nach all den Kämpfen uns sieglosen Tagen wird irgendwann ein Licht am Horizont erscheinen
und dem LyrI das Glück bringen.
Nicht verzagen - nur Mut und Zuversicht in die eigene Kraft!
Ja, das siehst du richtig, nicht aufzugeben ist das Wichtigste. Allerdings ließ ich den "Schluss" absichtlich (wohl eher ein klein wenig in "Platon-Manier") offen, damit sich der jeweilige Leser selbst "ausdenken" kann, wohin das führt ...

Ich danke auch dir für deinen nicht minder aufschlussreichen Kommentar, der mir ebenfalls einiges über meinen Text aufgezeigt hat. Das ist die Hauptsache, die Rückmeldung von Lesern, jedenfalls für mich. Daraus lerne ich am meisten.

Liebe Grüße

Stimme
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Alt 21.11.2011, 09:46   #7
wolo von thurland
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hallo stimme der zeit

habe inzwischen gefunden die zeit und die muße zu lesen
deiner elegischen kunst botschaft und fertigkeit.
berge und täler, geblendetem auge erst noch verborgen
taten sich vor mir auf, schleier lüfteten sich.
einsilberhäufung am anfang von versen verlor seinen schrecken,
steigen und fallen am schluss machten die freude perfekt.

mit großem spaß festgestellt, dass das ende humorvoll-ironisch daherkommt (und bei mir damit einen "zwiespältigen" eindruck hinterlässt... ;-)

lg wolo
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Alt 21.11.2011, 13:52   #8
Cebrail
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Registriert seit: 05.08.2010
Ort: Wo der Himmel die Erde berührt
Beiträge: 332
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Hallo Stimme,
wieder mal hast du BEIDE meiner Gehirnwindungen zum Rauchen gebracht.
Das ist sehr Komplex und in seiner Form sehr strukturiert, für mich eigentlich schon
Wortmathematik. Ich finde es bewundernswert, solche Texte nach einem bestimmten Schemata aufzubauen, nur nicht mein Ding.
Dafür reicht meine Geduld nicht und auch ist es mit meine Bildung nicht so weit her, ich hatte in der Schule nur Lachen und Klettern ;-).
Weißt du, meine Texte entstehen in der Regel in der Badewanne oder beim Spazieren gehen und werden von daher niemals, so aufwendig ausfallen, zumindest ist das zur Zeit der stand der Dinge.
Was ich sagen will, ist dass die Aussage deines Gedichtes sich in der Masse der Worte verliert und ich am Ende nicht mehr weiß, wie es angefangen hat.
Was denn heißt ich sehe im Wort Dichten, eher die Verdichtung, die Beschränkung auf das Wesentliche. Aber das ist subjektiv betrachtet und soll deinen Fleiß in keinem Fall schmälern, noch abwerten. Einfach gesagt, nicht mein Ding.

Dein LyI erzählt von der Erwartungshaltung die es dem Tag gegenüberlegt und von schon durchlebten Situationen.
Da ist die Rede von erfahrener Liebe, von Enttäuschung und von Resignation.
Zum Ende hin erklärt es seine zukünftige Haltung, die dann philosophische Ansätze aufweist, ich denke soweit habe ich den Inhalt verstanden, oder?
Wenn dann am Ende das LyI noch sagt, dass es bereit ist zu jeglichen mitteln zu greifen, sehe ich aber auch etwas trauriges in dem Überschwall von Gefühlen, eine Hoffnungslosigkeit, die sich an den letzten Strohhalm klammert, aber schon zum Scheitern verurteilt ist, da es zwei Dinge gibt mit der man der Liebe nicht imponieren kann, die dann wären, Gewalt und Geld.
Liebe ist wie sie ist.

Ich habe mich auch mal kurz mit den von dir verwendeten Formen befasst, sie aber als zu Komplex und Einengend befunden und die ganze Sache wieder verworfen. Von daher hast du meinen Respekt für die Mühe die du dir mit dieser Arbeit gemacht hast.

Einige Textstellen finde ich besonders gut und sie heben sich für mich besonders hervor;


machtlos gefangen im Sein, fern jeder Ahnung von Glück?

Ein schöner Satz, er trifft es auf den Punkt.

Bereit stolz zu blühen wie eine Blume, als Wunder im Winter.

Auch schön, diese Aussage.

Alles in allem, habe ich mich gerne mit deinem Gedicht auseinandergesetzt und ich sagte ja schon, meinen Respekt hast du.
Nen lieben
Gruß
C,
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© auf alle meine Texte

„Mir gefiel der Geschmack von Bier, sein lebendiger, weißer Schaum, seine kupferhellen Tiefen, die plötzlichen Welten, die sich durch die nassen braunen Glaswände hindurch auftaten, das schräge Anfluten an die Lippen und das langsame Schlucken hinunter zum verlangenden Bauch, das Salz auf der Zunge, der Schaum im Mundwinkel.“
Dylan Thomas
Cebrail ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.11.2011, 20:22   #9
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Hallo, wolo,

vielen Dank für die "Antwort der besonderen Art":

Zitat:
habe inzwischen gefunden die zeit und die muße zu lesen
deiner elegischen kunst botschaft und fertigkeit. (Beim Pentameter Trochäen nur in den ersten beiden Daktylen, ist im 4.)
berge und täler, geblendetem auge erst noch verborgen
taten sich vor mir auf, schleier lüfteten sich. (Hier auch - ist im 3.)
einsilberhäufung am anfang von versen verlor seinen schrecken,
steigen und fallen am schluss machten die freude perfekt.
Nicht übelnehmen, ja? Ich kann halt nicht anders ...

Zitat:
mit großem spaß festgestellt, dass das ende humorvoll-ironisch daherkommt (und bei mir damit einen "zwiespältigen" eindruck hinterlässt... ;-)
Hier konnte ich auch nicht anders.

Die "Einsilberhäufung" findet man bei Goethe auch. Ich finde, es kommt eben darauf an, sich damit zu befassen, wie man die Einsilber setzt und welche man benutzt. Da bin ich auch noch am Üben, aber allmählich klappt es besser.

Danke für dein Lob, und nichts für ungut, ja?

Liebe Grüße

Stimme

---------------------------------------------------------------------

Hallo, Cebrail,

Zitat:
wieder mal hast du BEIDE meiner Gehirnwindungen zum Rauchen gebracht.
Das ist sehr Komplex und in seiner Form sehr strukturiert, für mich eigentlich schon
Wortmathematik. Ich finde es bewundernswert, solche Texte nach einem bestimmten Schemata aufzubauen, nur nicht mein Ding.
Dafür reicht meine Geduld nicht und auch ist es mit meine Bildung nicht so weit her, ich hatte in der Schule nur Lachen und Klettern ;-).
Ich hoffe, beide haben sich wieder abgekühlt, nicht, dass das noch bedenklich wird!

Spaß beiseite, ich kann nichts dafür - ich denke sehr struktuiert, und daher mag ich auch Strukturen sehr. Je komplexer, desto besser (schöner) für mich, ja, ein wenig wie "Wortmathematik", da hast du recht.

Es muss auch nicht dein Ding sein (oder von jemand Anderem), es ist eben etwas, das mir persönlich sehr gut gefällt; ich lese gerne Werke wie Goethes Reineke Fuchs oder Faust, je länger, je lieber ...

Und was meine Schulbildung anbetrifft: Ich lese, lerne und übe sehr viel, was Gedichte und Lyrik betrifft - aber ich habe auch nicht studiert! Gedichte sind meine "Leidenschaft" und daher "verschlinge" ich einfach alles, was ich darüber nur finden und in meinen Kopf hineinbekommen kann.

Zitat:
Weißt du, meine Texte entstehen in der Regel in der Badewanne oder beim Spazieren gehen und werden von daher niemals, so aufwendig ausfallen, zumindest ist das zur Zeit der stand der Dinge.
Was ich sagen will, ist dass die Aussage deines Gedichtes sich in der Masse der Worte verliert und ich am Ende nicht mehr weiß, wie es angefangen hat.
Was denn heißt ich sehe im Wort Dichten, eher die Verdichtung, die Beschränkung auf das Wesentliche. Aber das ist subjektiv betrachtet und soll deinen Fleiß in keinem Fall schmälern, noch abwerten. Einfach gesagt, nicht mein Ding.
Lieber Cebrail, im vollen Ernst: Das macht gar nichts, wirklich. Ich weiß, dass "mein Ding" eben nicht "jedermanns Ding" ist, eher im Gegenteil. Ich "tanze aus der Reihe", also von daher weiß ich schon, dass meine komplexeren und längeren Gedichte keinen Anklang finden. Das hat mit dir nichts zu tun, ich möchte nur sagen, dass mir das schon klar ist. Aber ich schreibe nicht, um nichts als Lob zu hören - ich schreibe, weil ich irgendwann einmal eine Dichterin sein möchte ...

Dazu gehört auch, dass ich Gedichte schreibe, die ich beim Schreiben "erarbeite" und die sich ein Leser "erarbeiten" muss - und das ist eben kaum jemandes "Ding".

Zitat:
Dein LyI erzählt von der Erwartungshaltung die es dem Tag gegenüberlegt und von schon durchlebten Situationen.
Da ist die Rede von erfahrener Liebe, von Enttäuschung und von Resignation.
Zum Ende hin erklärt es seine zukünftige Haltung, die dann philosophische Ansätze aufweist, ich denke soweit habe ich den Inhalt verstanden, oder?
Wenn dann am Ende das LyI noch sagt, dass es bereit ist zu jeglichen mitteln zu greifen, sehe ich aber auch etwas trauriges in dem Überschwall von Gefühlen, eine Hoffnungslosigkeit, die sich an den letzten Strohhalm klammert, aber schon zum Scheitern verurteilt ist, da es zwei Dinge gibt mit der man der Liebe nicht imponieren kann, die dann wären, Gewalt und Geld.
Liebe ist wie sie ist.
Ja, das Ende ist, wie in einer meiner vorhergehenden Antworten bereits erwähnt, "offen", für mich ist es sehr interessant hier zu lesen, wie du es "siehst" und "weiter denkst". Dankeschön!

Zitat:
Ich habe mich auch mal kurz mit den von dir verwendeten Formen befasst, sie aber als zu Komplex und Einengend befunden und die ganze Sache wieder verworfen. Von daher hast du meinen Respekt für die Mühe die du dir mit dieser Arbeit gemacht hast.
Du brauchst wirklich nichts zu erklären, ich freue mich über jede Meinung und jeden Kommentar, auch wenn du mit meiner Elegie nicht viel "anfangen" kannst, da sie eben nicht dein "Geschmack" ist. Sag bei mir einfach, wie es ist, ich nehme nichts übel außer persönlichen Beleidigungen! Über meine Gedichte kann und darf immer jeder denken, was er möchte - niemand kann allen gefallen, ist ja klar.

Zitat:
Einige Textstellen finde ich besonders gut und sie heben sich für mich besonders hervor;


Zitat:
machtlos gefangen im Sein, fern jeder Ahnung von Glück?
Ein schöner Satz, er trifft es auf den Punkt.

Zitat:
Bereit stolz zu blühen wie eine Blume, als Wunder im Winter.
Auch schön, diese Aussage.
Letzteres ist meine eigene "Lieblingsstelle".

Zitat:
Alles in allem, habe ich mich gerne mit deinem Gedicht auseinandergesetzt und ich sagte ja schon, meinen Respekt hast du.
Ja, nu is aber gut. Vielen, herzlichen Dank, dass du dich trotzdem "gerne" mit dem Gedicht "auseinandergesetzt" hast!

Liebe Grüße

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Alt 22.11.2011, 07:10   #10
wolo von thurland
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gutem morgen sdz

na ja, dem zitierten herrn darf ich ja nicht am zeug rum flicken.... ;-)
du mir aber sehr wohl. eine kritik an meinen versen ist mir jederzeit willkommen und benötigt keine entschuldigung. danke übrigens für die hinweise.
zu den einsilbern: auf wikipedia (?) wird ein schiller-hexameter als "lehrvers" zitiert, der mit "Im Hexameter" beginnt. das finde ich schlicht fürchterlich, und ich könnte mir vorstellen, dass schiller das nicht für die ewigkeit schreiben wollte..
lg wolo
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