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Alt 24.03.2017, 10:28   #1
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heimkehrerin
 
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Standard Kindersommer am Grundlsee

Wie bereits im Faden meines aktuellen "großmutter" Textes erwähnt, habe ich schon vor Jahren ein Gedicht zu dem Thema geschrieben, das ich hier im Forum (siehe, da!) noch gar nicht eingestellt hatte. Jetzt reiche ich es - anlässlich der schönen Diskussion zum Thema Erinnerungen an unsere Großeltern - nach:



Überarbeitete, neue Version - Erichs Kritik beherzigend:



Kindersommer am Grundlsee


Der Himmel ist schon dunkel überzogen,
mein Blick fällt tief hinab in schwarze Fluten.
Ein scharfer Wind zersägt den See zu Wogen
und Grollen lässt Gewitters Werk vermuten.

So stand ich – Kind noch – oben an dem Fenster
mit deinen Armen eng um mich geschlungen.
Gemeinsam suchten wir ums Schloss Gespenster.
Von Märchenzauber war die Zeit durchdrungen.

Wie liebt' ich diese glückgetränkten Tage
in alten Mauern, nah gebaut am See,
wenn wohl geborgen ich des Windes Klage
im Turm dort lauschte, hoch im Sturmgeweh.

Da zuckt ein Blitz - so grell und nachtzerspaltend!
Fährt tief hinein in lichtgetauchtes Nass.
Wir schraken lustvoll damals, Hände haltend,
verwischt die Grenze zwischen Angst und Spaß.

Wir sehnten uns nach Donners wildem Schlage
wohlwissend, dass auch wir sogleich erbeben.
Nie wieder durfte bis zum heutgen Tage
ich mehr ein Schauspiel so wie dies erleben.

Nie mehr die unvergleichliche Kulisse;
der Zutritt gilt dort nur noch für „privat“.
Wie sehr ich dich, ach, Großmutter, vermisse!
Gewitter brülln nach deiner Gegenwart.


.märz_2017



alte Version:

Kindersommer am Grundlsee

Längst ist der Himmel dunkel überzogen,
mein Blick fällt in tiefschwarze Fluten.
Ein scharfer Wind zersägt den See zu Wogen.
Nahendes Grollen lässt Gewitters Werk vermuten.

So stand ich – Kind noch – an des Turmes Fenster,
Großmutters Arme eng um mich geschlungen.
Mit ihr suchte ich rund ums Schloss Gespenster.
Von Zauberei und Märchen war die Zeit durchdrungen.

Wie liebt´ ich all die glückgetränkten Tage
in alten Mauern, nah gebaut am See,
wenn wohl geborgen ich des Windes Klage
lauschte, dort im Turm, inmitten Sturmgeweh.

Da zuckt ein Blitz - der erste! - grell und nachtzerspaltend!
Fährt tief hinein in lichtgetauchtes Nass.
Wir schraken lustvoll damals, Hände haltend,
verwischt die Grenze zwischen Angst und Spaß.

Bangten vor Donners wildem Schlag
wohlwissend, dass auch wir erbeben.
Nie wieder – bis zum heutgen Tag
durft ich Schauspiel wie dies erleben.

Nie mehr, ob unvergleichlicher Kulisse,
heut ist der Zutritt dort nur für „privat“.
Ach, wie ich Großmutter vermisse!
Jedes Gewitter brüllt nach ihrer Gegenwart.



.2008






Zum Foto: https://goo.gl/photos/u2R1RteSYQDkr9r1A

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Alt 26.03.2017, 09:32   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi Fee!

Inhaltlich wunderschön, liebe Fee, aber formal .. - als du dies schriebst, hattest du noch nicht so das Gefühl für Rhythmus und Betonung, kann das sein?

Auftaktschema: (b = betont, u = unbetont)

buub - ubuu - uuub - uuuu - buuu - uubb

Hebungsschema: (Zahl = Heber pro Zeile)

5456 - 5556 - 5556 - 6555 - 4444 - 5546

Zudem einige Hebungs- oder Senkungspralle, die den Takt völlig zerwerfen. Viele Worte müssen auch falsch betont werden, um im Rhythmus zu bleiben - so weit vorhanden ...

Sorry, aber dies solltest du dringend überarbeiten! Ich rate zu einer durchgängig fünfhebigen Version mit unbetontem Auftakt:


Der Himmel, er ist dunkel überzogen,
mein Blick fällt in die schaumig schwarzen Fluten.
Ein scharfer Wind zersägt den See zu Wogen,
und Grollen lässt Gewitters Werk vermuten.

So stand ich – Kind noch – an des Turmes Fenster,
und meine Oma hielt mich eng umschlungen.
Ich suchte rund ums Schloss mit ihr Gespenster -
und wie von Märchen war die Zeit durchdrungen.

Wie liebte ich die glücksgetränkten Tage
in alten Mauern, nah gebaut am See,
wenn wohl geborgen ich des Windes Klage
belauschte auf dem Turm in Sturmgeweh.

Da zuckt ein Leuchten grell und nachtzerspaltend,
fährt tief hinein in lichtgetauchtes Nass.
Wir bebten lustvoll damals, Hände haltend,
verwischt die Grenze zwischen Angst und Spaß.

Wir bangten vor des Donners wildem Schlage,
sein tiefes Rumpeln machte uns erbeben.
Und niemals wieder – bis zum heutgen Tage -
durft ich ein Schauspiel so wie dies erleben.

Nie mehr die unvergleichliche Kulisse -
der Zutritt dort ist heute für „privat“.
Ach, wie ich meine Großmutter vermisse!
Gewitter wollen ihre Gegenwart.


Das wäre natürlich nur EINE Möglichkeit. Tu, was du für richtig hältst.

Gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.03.2017, 13:17   #3
Kokochanel
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auch hier führst du uns wieder in eine "Oma-Zauberwelt". Wohnte sie in einem Schloß`? Wieder ein sehr feinfühliges Werk, liebe Fee, das einen mitnimmt. Schöön!.
Lg von Koko
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Alt 26.03.2017, 14:23   #4
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heimkehrerin
 
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Danke für die ausführliche Befassung mit diesem schon älteren Stückchen, lieber Erich!


Ich hänge immer eine Jahreszahl unten an die Gedichte ...und dieses ist von 2008. Da habe ich so ungefähr erst seit eineinhalb Jahren Gedichte geschrieben. Und das sieht man definitiv. Ja, es könnte hier und da noch geglättet werden. Da gebe ich dir völlig Recht.

Aber es ist eins der wenigen, die ich trotzdem auch so noch immer gerne lese (und dabei nicht allzu störend stolpere). Bei den meisten anderen älteren Texten verdrehe ich heute allerdings auch schmunzelnd über mich selbst die Augen...und dann wandern sie entweder in die virtuelle runde Ablage oder werden nochmal überarbeitet.

Dieses Gedicht hier betrachte ich aber aus heutiger Sicht eher als eine private Momentaufnahme. Daher würde ich - trotz mancher unrunder Stellen - nichts daran ändern. Das ist ein Schnappschuss, der ein mir kostbares Gefühl in dem konkreten Moment damals, als ich es schrieb, einfing. Da sind die Unschärfen und Verwackler sozusagen wichtiger Bestandteil, weil authentisch
Da darf es dann auch bleiben - mit all seinen Fehlerchen. Ich bin sicher, du verstehst das.

Ich werde mich aber dennoch mit deinen Vorschlägen und einer Neufassung beschäftigen. Ob ich die dann aber so lieben werde wie das Original, weiß ich nicht. Es wäre dann die "weniger private" Version, wenn du verstehst, was ich meine.


Liebe Koko,

es freut mich, dass dir auch dieses Großmutter-Gedicht gefällt!

meine Oma war Angestellte der Oberösterreichischen Handelskammer und als ich ganz klein war, war die Villa Castiglioni am Grundlsee Erholungsheim für die Angestellten. Die Villa ist eigentlich in gewisser Weise "Kitsch", da sie sehr bewusst und mit romantischer Gesinnung Architekturstile aus verschiedenen Epochen vereint. Aber das tut der Schönheit und vor allem ihrer einmalig wundervollen Lage am Ufer des Sees keinerlei Abbruch. Es gibt (gab?) einen Rittersaal, eine große Galerie mit Zimmern rundum, die davon abgehen, auf dem Seegrund einen schönen Park mit Bootshaus und zwei Booten darin zur Benützung für alle, eine überdachte Kegelbahn aus Holz, den besagten Obelisken direkt im Wald dahinter und wir wohnte meistens im Turm mit zwei Stockwerken, einem Balkon und einer alten schmiedeeisernen Wendeltreppe. Rund um die Villa verlief außen ein Umgang, der alle Zimmer miteinander verband und auch einen Übergang direkt in den Waldteil des Grundstücks hatte. Die typsichen grünen Fensterläden, die schmiedeeisernen Geländer überall, Vogelbrunnen und anderen Details haben mich damals verzaubert und fasziniert. Ja, es war wie auf einem Schloss und ich war die Prinzessin und meine Oma die Königin. Als die Villa dann in Privatbesitz überging war das wie die Vertreibung aus dem Paradies.


Liebe Grüße euch beiden!

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Alt 26.03.2017, 15:03   #5
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heimkehrerin
 
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Huhu, Erich!

Ich hab der alten Version jetzt eine neue hinzugefügt. Die sollte etwas runder sein.

Danke nochmal für deine Vorschläge. Du wirst sehen - einige davon habe ich gerne übernommen. Danke!

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Alt 26.03.2017, 20:43   #6
a.c.larin
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hi fee,

die neue version ist SEHR rund, da hat sich die überarbeitung echt gelohnt.

was in der orginalfassung schon deutlich erkennbar ist, aber noch ein wenig unbeholfen über die eigenen beine stolpert, kommt in version 2 schon als tanz daher, tango juvenale am grundlsee, mit gewitterstimmung im nacken.
man möchte am liebsten den kragen aufstellen, damit es da nicht hineinregnet!

der malkasten deiner erinnerung ist ausgesprochen farbenprächtig.

gerne gelesen!
larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 27.03.2017, 12:01   #7
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heimkehrerin
 
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Danke schön, liebe larin!


Ja, ich glaube auch, die Überarbeitung hat sich gelohnt. Und ich hab mich auch schon mit der neuen Version angefreundet. Es tut alten Texten oft gut, wenn man sie mit der nötigen (zeitlichen und/oder persönlichen) Distanz betrachtet und neu fasst. Dank Erich, der mir da so löblich in den Allerwertesten tritt bei sowas, ist es jetzt rund. Schön, dass du das bestätigst! Danke!

Lieber Gruß,

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Alt 27.03.2017, 16:14   #8
Erich Kykal
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Hi Fee!

Ich hoffe doch sehr, du empfindest meine ehrlichen Gedanken nicht als "Tritt in den Hintern"!

LG, eKy
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Alt 28.03.2017, 08:24   #9
Kokochanel
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ich finde auch, liebe Fee, dass die Version durch die Überarbeitung noch sehr gewonnen hat. Übrigens war ich das "oben", nicht Syranie.
LG von Koko
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Alt 28.03.2017, 09:35   #10
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heimkehrerin
 
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Zitat:
Zitat von Kokochanel Beitrag anzeigen
ich finde auch, liebe Fee, dass die Version durch die Überarbeitung noch sehr gewonnen hat. Übrigens war ich das "oben", nicht Syranie.
LG von Koko
Ups. Entschuldige bitte, liebe Koko!
Das ist mir echt peinlich. Ich bin in letzter Zeit einfach nur noch grässlich schusselig.

Ich kann nicht versprechen, dass es mir nicht wieder passiert, aber ich gebe mein Bestes.


Lieber Erich,

deine "ehrlichen Tritte in den Allerwertesten" empfinde ich als sehr liebevoll und gut gemeint.
Und manchmal sind sie genau das, was die dickköpfige fee braucht.

Bitte, bleib so ehrlich. Ja?

Liebe Grüße,
fee
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