Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Ausflug in die Natur

Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 04.11.2012, 09:16   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard Winterbote

Der Sonne Fernstes treulich angemahnend,
hat sich ein Herbst ins Hügelland geschlichen,
und tausend Grüne sind an ihm verblichen.
Man duckt sich in den Kragen, Winter ahnend.

Kaum angekommen, zieht er südwärts weiter,
und Buntes geht ihm nach in wirren Bändern.
Das Kalte kommt und will das Land verändern,
wird es entblößter zeigen und verschneiter.

Ich winke ihm und dreh mich in die Winde,
wenn sie auch frösteln machen und vergehn.
Im Frühling blüht wie immer meine Linde,
mag ich auch sterben und sie nicht mehr sehn.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (04.11.2012 um 18:03 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.11.2012, 16:33   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Hallo eKy,

schön.
Das gefällt mir sehr.
Neue Wendungen, auf andere Art den ziehenden Herbst beschrieben.
Besonders gut gelungen finde ich Strophe 3:
Zitat:
Ich winke ihm und dreh mich in die Winde,
wenn sie auch frösteln machen und vergehn.
Im Frühling blüht wie immer meine Linde,
mag ich auch sterben und sie nicht mehr sehn.
Sehr gern gelesen!
LG Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 04.11.2012, 18:11   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Chavi!

Danke für deinen "verbalen Applaus" - hör ich alter Wichtigtuer immer wieder gern!
Anderswo erinnerte die Linde jemanden an ein Schubertlied - dessen Text ja auch ursprünglich ein Gedicht war.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2012, 16:31   #4
Sidgrani
Von Raben umkreist
 
Benutzerbild von Sidgrani
 
Registriert seit: 27.12.2009
Ort: Am Niederrhein
Beiträge: 1.051
Standard

Hallo eKy,

schön, wie du den Herbst "besingst".

Alleine der folgende Vers will sich mir nicht so recht erschließen:

"wenn sie auch frösteln machen und vergehn"

Wenn ... sie auch vergehn, klingt irgendwie unlogisch ... oder wie ist das gemeint?

LG Sidgrani
__________________
Alle meine Texte: © Sidgrani

"Nur wer erwachsen wird und Kind bleibt, ist ein Mensch"

»Erich Kästner«
Sidgrani ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2012, 18:50   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Sidgrani!

Das hast du einfach nur falsch zugeordnet: Sie machen frösteln und vergehn. Das "vergehn" bezieht sich auf machen, nicht direkt auf die Winde.
Soll heißen: Sie (die Winde) machen (= sorgen dafür), dass man friert und vergeht, im Sinne von altert, hinfällig, krank wird - eine Metapher für Winterhärte sowie Zeit im allgemeinen, bezogen auf den Gesamtkontext des Gedichts.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.11.2012, 19:45   #6
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Lieber eKy,

mein Gott, wie schön (damit mein ich fast dich)

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
und tausend Grüne sind an ihm verblichen.
und:

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
und Buntes geht ihm nach in wirren Bändern.
und:

Zitat:
Zitat von Erich Kykal
Im Frühling blüht wie immer meine Linde,
mag ich auch sterben und sie nicht mehr sehn.
Verdammt, wie triffst du nur immer wieder in den Wandel, schaffst Bilder und lässt keinen Raum für "nüchterne" Kritik.

Die Linde, die uns überdauert, ist hier für mich ein Hoffnungsträger. Sie hat eine andere Zeit. Sie wird noch in tausend und mehr Jahren sein - nicht als die Linde, aber als Linde. Vielleicht lese ich einst keine schönen Gedichte, aber schöne Gedichte und Leser wird es immer geben.

Schön, mein Großer - nein, ist ernst gemeint:

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.11.2012, 20:17   #7
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Hi, Dana!

Vielen Dank für dein tolles Lob (verschämt dreinblick...)!

Keine Ahnung, wie ich "treffe"...die Gedichte "passieren" mir einfach. Ich halte mich einfach an einem Gedanken fest und lass mein Gehirn irgendwie machen. Oft bin ich über die Conclusio hinterher selber erstaunt und habe keine Ahnung, wo ich das hergeholt habe. Es scheint irgendwie im Sprachzentrum rund um einen recht wandlungsfähigen roten Faden zu kristallisieren...

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.11.2012, 20:23   #8
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Nein, nein - das Sprachzentrum steht für einen Dichter, der sich weigert, (typisch Mann ) die gefühlvolle Seite zuzugeben.
Macht aber nix, es geht nicht darum, was er über sich sagt, sondern darum, was er dem Leser gibt.
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.11.2012, 20:49   #9
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Das ist es ja! Eigentlich bin ich die meiste Zeit ein pedantischer Kopfmensch voller Spock'scher "Logik" und sublimiere alle Gefühle, soweit überhaupt vorhanden. Wie diese sich dann in meine Lyrik schummeln, ist mir selbst nicht so klar - aber ich nehme es natürlich dankend an!
Leute könnten neben mir tot umfallen - es würde mir ein Schulterzucken abringen. Ich habe kaum Gefühlsbindungen an andere Menschen, und wenn, sind sie schwach, sporadisch und (fast immer) austauschbar. Ich lebe wie ein Soziopath, ein Aspergeraspirant, ein soziales Niemandsland. Meistens ist mir die eigene Welt genug.
Warum es dann ausgerechnet mir beschieden zu sein scheint, so beseelt zu schreiben? - Ich weiß es nicht. Verdient habe ich es sicher nicht.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.11.2012, 20:41   #10
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.908
Standard

Servus Erich,

dieses Gedicht hatte ich schon gelesen und möchte jetzt auf jeden Fall meinen Kommentar dazu nachholen.

Das sind drei sehr einfühlsame Strophen auf zwei Bedeutungsebenen.

Zum einen wird das Naturereignis der beiden Jahreszeiten bildhaft beschrieben, zum anderen spiegelt sich das menschliche Leben und sein Werdegang darin.

Mit dem Unterschied, daß der Mensch nur ein solches "Jahr" hat, im Gegensatz zur Natur, wie am Beispiel der Linde anschaulich beschrieben wurde.

Wir sind ein Teil dieser ewigen Natur und das sollte uns ein kleiner Trost dafür sein, daß wir nur dieses eine menschliche Jahr haben.

Aber solange wir den Frühling noch erleben, sind wir auch noch da, nicht wahr?

Der Text hat mir sehr gut gefallen und konnte mich berühren...


Noch ein kleines Schmankerl zum Schluss:

Zitat:
...und tausend Grüne sind an ihm verblichen.
Ja, aber leider nicht die richtigen. Roth, Künast, Trittin u.s.w. treiben in der deutschen Politik immer noch ihr Unwesen...


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +1. Es ist jetzt 20:29 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg