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Ein neuer Morgen Fröhliches und Hoffnungen

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Alt 10.09.2019, 11:00   #1
mallarme
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 20.03.2017
Ort: Ostsachsen
Beiträge: 299
Standard Frühstück am Meer

Der Sturm lässt‘s mich erahnen
Du bist heut wild, geliebtes Meer,
Am Strande zieh ich meine Bahnen,
Doch das Laufen fällt mir schwer.

Heut hatte ich gehofft in Dir zu sein,
Nun geh ich weder halb, noch ganz hinein.
Stattdessen schaue ich nach Kormoranen
ganz nah der Gischt, da ziehn sie ihre Bahnen.

Ein mäßig, trüber Tag und doch so spannend,
Der Wind greift mir ins Haar
Das tosend, feuchte Schauspiel ist so bannend.

Kein Mensch, doch um mich rum das wilde Treiben,
Da träum ich schon von Kaffeeduft
Und geh zu Tisch, da gibt es Toast in Scheiben.
mallarme ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.09.2019, 16:23   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Zitat:
Zitat von mallarme Beitrag anzeigen
Der Sturm lässt‘s mich erahnen
Du bist heut wild, geliebtes Meer,
Am Strande zieh ich meine Bahnen,
Doch das Laufen fällt mir schwer.

Heut hatte ich gehofft in Dir zu sein,
Nun geh ich weder halb, noch ganz hinein.
Stattdessen schaue ich nach Kormoranen
ganz nah der Gischt, da ziehn sie ihre Bahnen.

Ein mäßig, trüber Tag und doch so spannend,
Der Wind greift mir ins Haar
Das tosend, feuchte Schauspiel ist so bannend.

Kein Mensch, doch um mich rum das wilde Treiben,
Da träum ich schon von Kaffeeduft
Und geh zu Tisch, da gibt es Toast in Scheiben.


Hi Mall!

Du versuchst dich an der Sonettform! Schön geschrieben, aber kennst du alle Sonettregeln?

1) Fünfhebige Zeilen mit
2) Unbetontem Auftakt (erste Silbe der Zeile unbetont) und
3) Weiblichen Kadenzen (Zeilenenden: letzte Silbe betont=männlich, unbetont=weiblich. Dieser Punkt wird heute aber nicht mehr ständig beachtet, aber ein Wechsel im selben Sonett sollte mit Regelmaß erfolgen)
4) Umarmende Reime in den Quartetten: ABBA (Früher Pflicht: Gleiche Reime in beiden Vierzeilern)
5) 2-3 Reime in den Terzetten (keine ungereimten Zeilen)

Ältere Regeln, die nur noch selten beachtet werden:

6) Kein Paarreim in den beiden allerletzten Zeilen (Conclusio)
7) Gliederung des Textes in These (1. Quartett), Antithese (2. Quartett) und Synthese (Terzette), dh. du stellst in S1 eine Behauptung auf oder beschreibst etwas, gibst in S2 eine Gegendarstellung, andere Ansicht oder Widerlegung dazu an und versöhnst oder verbindest beide in den Terzetten, löst dort den Widerspruch auf oder hebst die Problematik auf eine philosophische Metaebene.


Schauen wir uns dein Sonett an (Fehler fett unterlegt):

Auftaktschema: uuub - uuuu - uuu - uuu

Heberschema: 3444 - 5555 - 535 - 545

Kadenzenschema: wmwm - mmww - wmw - wmw


Im ersten Quartett reimst du ABAB, im zweiten gar AABB - beides falsch im Sonett. Somit ist die Kadenzenfolge dort auch nicht regelmäßig. S1 hat keine korrekte Zeile (5 Heber), und die Mittelzeilen der Terzette sind auch zu kurz. (Man kann zwar heute auch mehr- oder wenigerhebige Sonette schreiben, aber die bleiben dann eben bei EINER Zeilenlänge!)

Stilistisch:

S2Z4 - Das "da" wirkt sprachlich unelegant.
S4Z1 - Das "rum" ist gemeinsprachlich und passt nicht ins Sonett mit gehobener Sprachhabung.

Ein paar Kommata wären auch noch nachzutragen oder zu entfernen.

Schauen wir mal, ob uns eine korrekte Form hier gelingt:


Der Sturm vor meiner Tür lässt mich erahnen
Du bist heut viel zu wild, geliebtes Meer.
Das Laufen ist mir ungewohnt und schwer,
zieh ich am Strande fleißig meine Bahnen.

Heut hatte ich gehofft in Dir zu sein,
stattdessen schaue ich nach Kormoranen
- ganz nah dem Gischten ziehn sie ihre Bahnen -
und gehe weder halb noch ganz hinein.

Ein nasser, trüber Tag, und doch so spannend,
der Wind greift mir ins ungeraffte Haar -
das tosend feuchte Schauspiel ist so bannend!

Kein Mensch, jedoch um mich ein wildes Treiben,
ich träum von Kaffeeduft, so wunderbar,
und geh zu Tisch: Heut gibt es Toast in Scheiben.


In dieser Version finden alle (wichtigen) Sonettregeln Beachtung.

Gern gelesen und bearbeitet! Ich hoffe, es hilft dir weiter.

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.09.2019, 20:21   #3
mallarme
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 20.03.2017
Ort: Ostsachsen
Beiträge: 299
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Hi Erich,
auch hier hast Du mir wieder sehr geholfen.

Natürlich wollte ich mich mal an dieser hohen Kunstform versuchen,
wohlwissend dass es nur ein stümperhafter Versuch bleiben wird.

Hatte mich tatsächlich schon mal mit der Theroie auseinadergesetzt, aber
wenn man es dann braucht und anwenden will, dann geht meist der Inhalt
mit mir durch und die guten Vorsätze sind dahin.

Nun muss ich sagen, und Du sagst es ja selbst, nicht alle diese Regeln sind
heut noch bindend und vielleicht auch nicht unbedingt sinnvoll.

Aber in einem, das betrifft nun wieder den Inhalt, (mit Anmerkung 7) da
würde ich durchaus mitgehen, das macht Sinn. Ich habe das zwar auch nicht
eingehalten, aber das würde ich künftig stärker in den Fokus rücken.


Die anderen Dinge wie das Reimschema, das ist sicherlich nützlich und hat
auch seinen Sinn. Auch hier werden wir schauen.
Aber in S2 sehe ich, dass man es nicht so ohne weiteres austauschen kann,
da ergibt sich dann ein anderer Sinn. Das muss man dann gleich von vorn
herein beachten.

Lieber Erich, dank Dir für die Mühe des Kommentierens, hilft mir wie gesagt
sehr weiter, auch wenn ich meiner bevorzugten Schreibart immer
auch noch weiter treu sein werde (siehe "Sicht II") unter Naturgedichte.

Dank und Grüße mall
mallarme ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 21.10.2019, 08:00   #4
Chavali
ADäquat
 
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Lieber mall,

der Erich hat dir ja schon alles Wissenswerte zum Sonett gesagt
Ich mag diese Gedicht-Form, schreibe sie aber selber nicht gern.

An deinem Text hier gefällt mir besonders die erste Strophe
Zitat:
Der Sturm lässt‘s mich erahnen
Du bist heut wild, geliebtes Meer,
Am Strande zieh ich meine Bahnen,
Doch das Laufen fällt mir schwer.
die ist wunderbar gelungen! Die anderen Strophen fallen ab, inhaltlich wie technisch.

Warum lieben wir Ostdeutschen das Meer so sehr? Ich hörte kürzlich im TV eine Erklärung:
Weil der Blick übers Meer grenzenlose Freiheit verspricht.

Interessante Erklärung, oder?

Sehr gern gelesen und darüber nachgedacht hat mit lieben Grüßen
Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.10.2019, 23:13   #5
mallarme
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 20.03.2017
Ort: Ostsachsen
Beiträge: 299
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Liebe Chavali,
danke Dir sehr fürs vorbeischauen.
Ja der erste Aufschlag bezüglich eines Sonetts
war dürftig, das gebe ich zu, aber ich wollte es
nicht unversucht lassen.
Wenn mal wieder mehr Ruhe ist werde ich mich
wieder daran vergreifen .

Das Meer, eine ewige Kraftquelle und ja, das mit der
grenzenlosen Freiheit, da ist wohl etwas wahres dran.
Dahinter kommt auch wieder was, aber man konnte es
nur erahnen und das ist wohl das Besondere daran.

In den letzten 30 Jahren durften wir ja nun viele andere
Meere sehen und erfühlen, aber trotzdem zieht es mich
immer wieder ganz besonders an unser kleines Meer.
Hat vielleicht auch ein wenig mit Nostalgie zu tun ...

Allerdings, richtig schön ist es nur in der Jahreszeit wo nicht
so viele Leute dort sind, auch wenn dann das mit dem Baden
recht gewöhnungsbedürftig ist.

Liebe Chavalie, nochmals Dank fürs vorbeischauen und Dir
aller beste Grüße
mall
mallarme ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2019, 06:52   #6
Thomas
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Thomas
 
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Lieber mallarme,

trotz allem Richtigen, was gesagt wurde, finde ich dein Gedicht sehr gut gelungen und würde es so lassen, denn es gefällt mir, dass der "Wind" nicht nur "ins Haar greift" sondern auch ins Gedicht.

Liebe Grüße
Thomas
__________________
© Ralf Schauerhammer

Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.10.2019, 07:33   #7
mallarme
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 20.03.2017
Ort: Ostsachsen
Beiträge: 299
Standard

Lieber Thomas,
danke Dir sehr für Deinen aufmunternden Kommentar,
"der Wind im Gedicht", ja da hat man geleich wieder
doppelt Lust etwas neues zu machen.
Beste Grüße
mall
mallarme ist offline   Mit Zitat antworten
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