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Kurzgeschichten Geschichten, Erzählungen, Märchen, Fabeln |
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02.04.2014, 00:44 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.04.2010
Beiträge: 294
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Der fehlende Beweis
„Karl weiß, was er will. Er
hat eine starke Persönlichkeit, wird es im Leben zu etwas bringen.“ Das waren Vaters letzte Worte. Dann schlief er für immer ein. Ich, Karls Bruder, bin zehn Jahre jünger. Als Vater das über Karl gesagt hatte, das mit dem entschlossenen Ego, war ich Patient in der Drogenklinik gewesen, welche am Rande unserer beschaulichen Kleinstadt liegt, im Rothaargebirge. Als man mich für gefestigt hielt, und ich am Wochenende nach Hause durfte geriet ich mit Karl darüber in Streit, wer von uns beiden ich-stärker wäre. Ich hatte einst auf einem Horrortrip Angst gehabt, meine Identität zu verlieren und Vater hatte mich einliefern lassen. Nun sollte mir Karl zeigen, wie souverän er war, und ich überzeugte ihn, dass es nur ginge, indem er sich selber tötete. Denn sollte in ihm irgendwas dagegen meutern, sich sträuben, wäre es Beweis genug für eine Schwäche, nicht Herr über sich selbst zu sein. Karl brachte es nicht fertig, sich umzubringen, und ihn verfolgten Zweifel an Vaters letzten Worten, wie böse Dämonen. Daran denke ich nur noch selten, wenn ich Karl zur Tagesklinik fahre. Ich kann mich nicht rund um die Uhr um ihn kümmern. Ich muss die Firma leiten, welche Vater ihm überschrieben hatte. Außerdem ist Karl launenhaft wie ein Weib geworden.
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"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne so, als hätten wir alles im Blick." (Fenek) Geändert von Fenek (09.06.2014 um 00:41 Uhr) |
06.05.2014, 13:34 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 21.03.2009
Ort: Im hohen Norden
Beiträge: 431
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Hallo Fenek,
so kann es gehen. Der vermeintlich Schwächere muss sich hinterher um den Stärkeren kümmern, weil dieser anscheinend der Last nicht mehr gewachsen war. Das ist eine interessante Verflechtung zwischen Karl, dem Ich-Erzähler und ihrem Vater, der letztendlich mit seiner Prognose nicht Recht gehabt hat. Interessant ist auch der äußere Aufbau. Diese Geschichte wirkt auf den ersten Blick wie ein Gedicht, weil sie so gegliedert ist. Habe ich auch so noch nicht gesehen. Herzliche Inselgrüße Narvik
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Nur der fröhliche Mensch allein ist fähig, Wohlgefallen am Guten zu finden. (Kant) |
06.05.2014, 21:57 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 15.04.2010
Beiträge: 294
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Danke, Narvik, für deine Rückmeldung. Ja, dies Herr im eigenen Haus zu sein, wird ja immer noch diskutiert, vor allem in Verbindung mit den Forschungsergebnissen der Neurowissenschaften.
Ich wollte erst ne KG draus machen, verspürte dann aber keine Lust dazu. KG habe ich bereits einige fabriziert. Das reicht. Will ja eh keiner haben. Aber quasi als "Schreibübungen" in Netzforen ja ganz amüsant. So habe ich also eine total geraffte Darstellung versucht, die dennoch den Leser beeindrucken sollte. Und solche Miniaturen haben meiner Ansicht nach eine bessere Prognose als KG hinsichtlich ihrer Verwendung, nicht nur im Netz. LG Fenek
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"Wir befinden uns stets mitten im Weltgeschehen, tun aber gerne so, als hätten wir alles im Blick." (Fenek) |
09.05.2014, 21:26 | #4 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Hallo Fenek,
mich hast du doppelt beeindruckt. Ich klickte auf Kurzgeschichten und sah ein Gedicht. Habe sofort nachgeschaut, ob ich mich evtl. "verklickt" hätte. Dem war nicht so, also obsiegte die Neugier. Ich habe mehrmals gelesen - nicht, weil mir das Verstehen schwer fiel - sondern weil ich von Form und Inhalt angezogen worden bin. Die Geschichte spricht für sich. Beim Nachdenken verwandelt sie sich von Kurzgeschichte in ein großes Band - "Familiensaga". Gute Idee und hochinteressanter Inhalt. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
03.10.2024, 19:38 | #5 |
Eiland-Dichter
Registriert seit: 12.09.2023
Ort: Kalawa, dem Sumpfgebiet, auch Calau dem Wortsportort
Beiträge: 80
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Fremdstärke
"Der einzige Beweis für Können ist die Tat." - Eschenbach
Es scheint grad so, als wenn Deine Ich-Stärke nur Fremd-Stärke ist, die den eigenen Bruder opfert, obwohl Sie selbst genau von diesem, Deinem Bruder, die Bestätigung sucht. |
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