10.12.2014, 20:57 | #1 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
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Das willst du doch
Das willst du doch Benimm dich gut und tue schön das Rechte, verhalte edel dich und seriös, sei opportun, ein wenig religiös und glaube an das Walten hehrer Mächte. Wer gegen Norm und Wert im Geist verstößt, dem drohen nach Konflikten meist Gefechte, der steht am Ende da und ist der Schlechte, moralisch sozusagen voll entblößt. Sei duldsam und politisch stets korrekt, bezähme deine Gier nach dem Vergnügen, du kannst doch nicht nur essen, was dir schmeckt. Du sollst dich deinen Lebenslügen fügen, dann wird sich dein Philisterintellekt auch stets mit seiner Spießerwelt begnügen. Falderwald . .. .
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
10.12.2014, 21:26 | #2 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Faldi!
Bitterböse, das! Aber gut - und so treffend! Es ist - wie meist - eine Frage des Standpunktes: Für manch einen mag das, was dir hier als Schwäche oder Trägheit gilt, eine positive Eigenschaft sein! Benehmen und Rechtschaffenheit (S1Z1) sind ohne Zynismus betrachtet durchaus erstrebenswert - bedenkt man die jeweiligen Gegenteile! Auch Z2 sagt nichts Schlechtes aus. Statt "opportun" in Z3 könnte man "anpassungsfähig" schreiben - und schon klänge es positiv! Die Phrase "Wert im Geist" in S2Z1 erscheint mir etwas schwammig. Die ganze Formulierung ist unklar, da es auch heißen könnte, dass der Angeklagte nur geistig gegen Norm und Wert verstößt - und was genau, so oder so betrachtet, ist dieser "Wert"? Auch S3 beschreibt eigentlich erstrebenswerte Attribute für ein erträgliches soziales Miteinander. Die Folgestrophe relativiert diese aber sarkastisch und unterstellt Spießertum und kleinkarierte Buchstabentreue, also geistige Unbeweglichkeit. Wie gesagt - eine Frage des Standpunktes! Natürlich verstehe ich deine Intention, aber so wie du sie umsetzt, zwingst du dem Leser die hier gestellten Fragen und Schlüsse quasi auf: Was IST denn nun richtig oder falsch? Ist der Angesprochene im Recht, und der Autor unterstellt böswillig niedere Motive, oder ist es umgekehrt, und der Autor ist ein aufrechter ironischer Mahner vor Obrigkeitsgläubigkeit und Kleingeistigkeit? Wie - zum dritten Mal - gesagt: eine Frage des Standpunktes! Gern gelesen und hinterfragt. LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
14.12.2014, 19:10 | #3 |
Gast
Beiträge: n/a
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Lieber Faldi :)
So ist es richtig, immer schön das Mittelmaß, dann passiert dir nichts Böses. Wer nicht in der Mitte der Gesellschaft ist, fällt durchs Sieb. Wer beim Essen ohne zu kauen schluckt? Wer gelbe Haare hat statt schwarze? Wer bettelt statt zur Arbeit zu gehen? Und und und......
Es ist nicht leicht eine andere Meinung als die Gesellschaft zu haben. Das kostet Kraft und oft ist man alleine. Andere sind im Gefängnis oder in der Psychiatrie. Dein Gedicht paßt prima in diese Rubrik, es rüttelt auf und zwingt zum Nachdenken, egal in welche Richtung. Sehr gerne gelesen Liebe Grüße sy |
15.12.2014, 20:54 | #4 | ||||
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 9.912
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Servus Erich,
verzeih meine überaus späte Antwort, ich war ein paar Tage offline. Es ist natürlich immer eine Frage des Standpunkts, es gibt diesen und es gibt jenen und dazu noch unendlich viele andere. So bleibt dies natürlich auch stets relativ, denn der (Welt)Ansichten gibt es genau so viele. Ich versuche einmal kurz meinen Standpunkt in den einzelnen Strophen zu verdeutlichen. Zitat:
In den letzten beiden Zeilen kommt eine Forderung und eine moralische Belehrung nebst einer Bedrohung. Übersetzt: Widersprich (mir) nicht, bete schön zum lieben Gott und sei dir bewusst, der kann alles sehen, was du tust. Zitat:
Und da es wichtig ist, was die anderen darüber denken, besteht die Gefahr, am Ende als Bösewicht und nackend da zu stehen. Zitat:
Zitat:
Damit kann man es auch weit bringen, wenn man schlau ist, aber man wird mit dieser Einstellung nie etwas verändern oder erreichen, geschweige denn das Abenteuer Leben auch erleben und sich mit dem Erreichten, ob von ihm selbst oder von anderen, stets begnügen. Und wenn wir mal ganz ehrlich sind, dann steckt in jedem von uns solch ein kleiner Spießer und kann dies von seinem eigenen, ganz persönlichen Standpunkt aus betrachten. (Lies bitte auch meine Antwort an syranie, die führt das fort) Vielen Dank für deine Gedanken zum Text und den Kommi... Moin syranie, du hast mit deinen Worten meine Intentionen sehr schön zusammengefasst. Bloß nicht anders sein, immer dem Bild der Mode folgend, angepasst und möglichst nicht auffallend sein und wenn doch, dann nur postiv, schön an die Versprechungen der Werbung glauben, denn sonst bist du kein richtiger Mensch. Ich kann mir heutzutage z. B. kaum noch junge und jüngere Menschen vorstellen, deren Glück nicht abhängig von ihrem iPhone ist. Die uniformieren sich selbst damit und die wenigen, die dieses Spielchen nicht mitmachen, sind ganz schnell geoutet. Der ist ja vielleicht blöd, was sollen wir mit dem anfangen, der hat ja noch nicht mal "die Technik". Aber genau das ist es ja, was die Menschen wollen, sie wollen auf dem modernsten Stand sein und die Eltern ermöglichen ihnen das auch. Denn es ist ja heutzutage viel bequemer, die Kinder mit Technik zu beschäftigen, als sich selbst darum zu kümmern und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Jedes System bringt mit der ihm eigenen Mode seine ganz eigenen Spießer hervor. Wollen wir uns davon ausschließen? Ich freue mich, dass du darüber nachgedacht hast und bedanke mich für deine Antwort... Vielen Dank für eure Kommentare... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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06.01.2015, 16:49 | #5 |
Slawische Seele
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Beiträge: 5.637
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Lieber Faldi,
das gefällt - echte "Bösartigkeit" mit "Nivea". Das "Beschämende" an diesem Sonett ist: Man liest eindeutig "die anderen" heraus und fühlt sich selbst ein wenig (oder ein wenig mehr) erwischt. Zu oft besiegt Bequemlichkeit die Gegendenkart. Nochmals: Ein sehr gutes Sonett, bei dem ich nicht wie ein Stammtischbruder nach Hause gehe. Es macht sehr nachdenklich. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
16.01.2015, 05:59 | #6 |
Lyrische Emotion
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Liebe Dana,
ja, Bösartigkeit sollte immer gut geschmiert sein, darum dieses Mal auch mit "Nivea"... Ach was, für was sollte man sich denn schämen? Solange man schön mit dem Mainstream schwimmt und ein guter und braver (Spieß)Bürger ist, dann geht es einem doch immer gut. Als kleines Rädchen in diesem System musst du gut geölt funktionieren, dann ist alles bestens. Bei solchen Texten schaue ich oft selbst in den Spiegel. Und dabei soll ich mich verachten? Das können andere für mich tun. Da bin ich aber froh, dass dich das Sonett nicht zu einem Stammtischbruder gemacht hat. Denn als Stammtischschwester bist du mir viel lieber... (Ich hoffe, das darf man heute mit der gebotenen politischen Korrektheit noch so sagen, nicht das sich irgendjemand dabei ausgegrenzt fühlt ). Vielen Dank für deinen Kommi und die Gedanken zum Thema. .. . Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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16.01.2015, 21:52 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Beiträge: 446
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Das willst du doch
Hallo Falderwald,
irgendjemand hat mal gesagt, wer auf der Straße der Normalität und Mittelmäßigkeit geht, der hat den sicheren Weg gewählt, wird aber keine Überraschungen und Höhepunkte erleben. Natürlich können wir uns alle an die eigene Nase fassen, weil wir oft auf dieser Straße (manchmal im Gleichschritt) marschieren. Danke dir, dass du es wieder einmal bewusst gemacht hast - "so wollen sie uns haben - halt als Depp" (Bap, Wellenreiter) Es gibt einen Film (ich glaube von Werner Herzog), der heißt: "In Gefahr und größter Not ist der Mittelweg der Tod!" Wenigstens ab und zu sollten wir diesen gut gepflasterten Pfad verlassen und eigene Wege gehen. Gern gelesen, wüstenvogel |
27.01.2015, 19:02 | #8 |
Lyrische Emotion
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Hallo wüstenvogel,
das Problem dabei ist natürlich, dass es im Volksmund doch immer heißt, dass der Mittelweg der beste sei. Aber natürlich stimme ich deinen Ausführungen zu, denn wer nicht ab und an vom glattasphaltierten Weg abweicht, gerät leicht in Gefahr, am wirklichen Leben vorbeizugleiten. Wenn heute mein letzter Tag wäre und es würde mich jemand fragen, was ich bereuen würde, dann könnte ich ihm lediglich antworten, dass es nur diejenigen Risiken wären, die ich in meinem Leben nicht eingegangen bin. Ich sehe, wir verstehen uns und bedanke mich für deine Gedanken zum Thema... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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