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Alt 25.08.2009, 15:08   #1
badico
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 07.03.2009
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Beiträge: 231
Standard Galas Schicksal

Eigentlich hätte mein Leben schon zu Ende sein sollen.
Du wunderst dich, weil ich noch so jung bin? Setze dich doch, ich erzähle dir meine Geschichte, während ich hier am Fenster die Sonne und den Ausblick ein wenig genießen werde.
Frage mich bitte nicht, wann ich geboren wurde, denn darauf kann ich dir leider keine Antwort geben. Ich nehme einmal an, dass meine Mutter mich in den ersten Wochen meines Lebens gut versorgte, doch dann wurde sie meiner überdrüssig und trieb sich herum. Ließ sich wieder mit anderen Kerlen ein. Ja nun, was soll ich sagen...? Es liegt wohl in ihrer Natur, ich will nicht glauben, dass sie schlecht ist...nur unstet, ständig auf der Suche nach Liebe. Sie hatte nicht soviel Glück wie ich, einen Menschen zu finden der sie wirklich liebt.
Aber zu meinem Glück komme ich noch, denn das begann erst einige Zeit später und am Anfang sah es für mich wirklich nicht nach einem Happy End aus.
Da gab es eine Familie, die mich aufnahm...oh, es gab alles was ich brauchte, zumindest auf den ersten Blick. Ich bekam etwas zu essen, ein Bett und sogar Spielzeug. Dennoch, irgendwie fühlte ich mich nicht wirklich zu Hause. Sie hatten ein kleines Mädchen...schon etwas größer und älter als ich, aber immerhin so etwas wie eine Schwester, oder sollte ich besser sagen, so etwas wie eine Freundin? Denn, wenn es sie nicht gegeben hätte...aber ich erzähle besser der Reihe nach. Ich höre ihre Stimme noch in meinem Ohr, sie nannte mich immer Kitty obwohl das nicht meine Name war.
Wie gesagt, am Anfang schien alles in Ordnung zu sein, erstaunlich wie schnell Dinge sich ändern können. Mein, wie nenne ich sie...Geschwisterkind? spielte viel mit mir und ich bemerkte trotz meines zarten Alters, wie einsam sie war. Ihre Eltern waren viel außer Haus, sie mussten Geld verdienen, damit der Lebensunterhalt meiner neuen Familie gesichert war. Ich frage mich manches Mal warum sie mich trotz ihrer angespannten finanziellen Lage zu sich nahmen. Heute glaube ich, dass sie ihrer erstgeborenen Tochter einen Gefallen tun wollten, sie brauchte einen Spielkameraden und da kam ich ins Spiel....
Aber wie ich schon sagte...Dinge ändern sich und nicht immer zum Besten. Bald stellte meine neue Familie fest, dass wieder ein Baby unterwegs war. Es gab ein lautes Hallo, die Freude war groß, dennoch muss ich dir gestehen, dass ich von Anfang an skeptisch war...ein neues Baby...was bedeutete das für mich? Du könntest also sagen, dass ich so etwas wie eine Vorahnung hatte, aber es lag nun einmal nicht in meiner Macht irgend etwas an meinem Schicksal zu ändern. Von einer Zigeunerin geboren schien es mein Schicksal zu sein ebenfalls von Hand zu Hand zu gehen.
Bald stellte meine Familie fest, dass es für sie nicht möglich war, uns alle weiter zu ernähren, wenn ich blieb. Die Frau durfte nicht mehr arbeiten, ihr Arzt hatte es ihr wegen Komplikationen verboten. Die finanziellen Sorgen wuchsen, was sollte geschehen, wenn ein weiteres hungriges Mäulchen in der Familie zu stopfen war? Man hielt also einen Familienrat ab und ich war das schwächste Glied der Kette. Mein Geschwisterkind protestierte zwar, aber welchen Stellenwert hat die leise Stimme eines Kindes in unserer Welt?
Du wirst nicht glauben was nun geschah... man setzte mich in einem Pappkarton vor einer fremden Haustüre aus! Immerhin gaben sie mir mein Lieblingsspielzeug mit und sorgten mit einer Decke dafür, dass ich nicht während der Nacht erfror, dass hatte ich meiner Schwester zu verdanken aber damit war mein relativ behütetes Leben erst einmal vorbei.
Stelle dir die Empörung der Leute vor die mich am nächsten Morgen fanden...doch glaube nicht, dass sie Mitleid mit mir hatten. Es hörte sich in meinen Ohren eher so an als seien sie ärgerlich über die Zumutung sich um mich kümmern zu müssen.
Sie brachten mich an einen anderen Ort...es war einfach schrecklich hier...es war laut, es stank und niemand gab mir nur das kleinste bisschen Wärme. Ich jammerte und schrie, doch niemand schien zu verstehen was ich wollte. Meine Güte es war beängstigend wirklich furchtbar und ich wünsche meinem schlimmsten Feind nicht dort zu landen wo ich nun die nächsten Wochen meines Lebens verbringen musste. Wie du siehst schaudere ich und das zu Recht, vielleicht genieße ich deshalb diesen Ort hier an dem ich nun bin und die Wärme der Sonnenstrahlen, sie scheinen mich zu streicheln. Einen Moment ich muss mich ein wenig recken und strecken...ah, das tut gut.
Aber es geschehen bei allem Unglück auch immer wieder Dinge die mich glauben lassen, dass man mit ein wenig guten Willen viele schlimme Dinge in dieser Welt ändern kann. An mir geschah ein Wunder...
Ich verstand nicht, warum die junge Frau unbedingt ein Foto von mir machen wollte. Ich sah nicht gut aus...vor lauter Sehnsucht nach ein wenig Liebe, klein und unterernährt, ich glaube ich war sogar ein wenig zerzaust, was bei meiner Eitelkeit schon etwas heißen will.
Da war ein Mann mit lauten Stimme, der mich immer anschrie, wenn ich all zu laut weinte. Sie erklärte ihm, dass sie mein Foto ins Internet setzten wolle...sie glaubte, dass ich nicht mehr lange überleben würde, wenn nicht bald jemand für mich sorgte.
Was bedeutete das? Mir entzog sich dieser Begriff, aber was es heißt zu sterben, das wusste ich sehr wohl...der Tod schien schon seine Hände nach mir ausgestreckt zu haben. Mein Lebenswille hatte mich bis hier her getragen, doch nun schien er nicht mehr bereit mein kleines Licht weiter zu erleuchten.
Was soll ich dir erzählen, du siehst mich hier sitzen also wirst du bereits wissen das meine Geschichte gut ausgeht, dennoch...selbstverständlich ist es nicht.
Mir sagen Entfernungen und Kilometer nichts, ich weiß auch nichts über Minuten, Stunden und Tage...ich messe das vergehen der Zeit am Lauf der Sonne, doch das es etwas besonderes war, das es da einen Menschen gab der 12 Stunden mit seinem Auto zu mir kam, um anschließend wieder 12 Stunden zurückzufahren, das verstehe selbst ich als etwas besonderes. Und ein weiteres Wunder geschah...er sah mir in die Augen und ich wusste...ich bin zu Hause. Soll ich dir noch etwas erzählen? Er kannte sogar meinen wahren Namen, ganz leise flüsterte er mir „Gala“ in mein Ohr.
Doch entschuldige mich bitte einen Moment ich höre das Geräusch der Kühlschranktüre, jetzt gibt es mein Lieblingsessen und ich muss mich vorher noch ein wenig säubern, wer geht schon gerne ungewaschen zu Tisch? Miau...
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Si peliannen i vâd na dail lîn. Si boe ú-dhannathach
(Dein Weg liegt dir bereits zu Füßen, zögere nicht ihn zu gehen)

Geändert von badico (25.08.2009 um 23:17 Uhr)
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Alt 25.08.2009, 19:32   #2
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.004
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Meine Güte, liebe Babsi, was ist das für eine anrührende Geschichte!
Wie bin ich froh, dass es für Gala ein Happy-End gegeben hat.
Aber wie viele arme Mietzchen haben nicht solches Glück.

Eine Geschichte aus Sicht einer Katze.
Das ist immer spannend


Liebe Grüße und ein munteres miauuu,
Chavali



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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Alt 27.08.2009, 10:07   #3
Leier
gesperrte Senorissima
 
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Liebe Babsi,

da ich keine Expertin für Kurzgeschichten bin, kann ich nur wenig dazu sagen.
Und das Wenige ist natürlich sehr subjektiv.
Es ist eine anrührende Gesichte, sehr wahr, aus der Sicht eines Kätzchens.
Mir allerdings ist die Darstellung für einen Katzenmonolog schon fast zu philosophisch,
zu sehr menschenadaptiert.
Auch ist sie für meine Begriffe zu ausladend, die Sätze scheinen mir zu lang zu sein.
Ich hätte alle Vermutungen, Überlegungen und Deutungsversuche weggelassen und mich auf die reinen Katzen-Fakten beschränkt ( so gings los, so gings weiter, so endete es).
Aber wie gesagt: Das ist nur meine Sicht!

Chavali sieht es ganz anders als ich - so hat jeder seinen "Geschmack".

Nicht grollen!

Lieben Miau-Gruß
von
cyparis
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Alt 27.08.2009, 16:53   #4
badico
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Liebe Chavi,
ich hatte gehofft, dass dir als Katzenfan diese Geschichte gefällt
Vielen Dank für deinen Kommentar und dass du dir die Mühe gemacht hast sie zu lesen...sie ist ja nicht ganz kurz und bei der Menge neu vorgestellter Themen mag es den einen oder anderen geben, den es zulange aufhält.

Liebe cy,
also als erstes werde ich mit dir schimpfen...wieso sollte ich dir grollen, wenn du doch nur sagst was du denkst....! Dafür steht diese Geschichte doch hier...und was soll ich sagen...mit den zu langen Sätzen hast du recht. Eine blöde Angewohnheit von mir, wenn ich einmal eine Idee im Kopf habe schreibe ich ohne Punkt und Komma (und leider merkt man das meinen Sachen auch an) Ich werde die Geschichte beizeiten überarbeiten und einige Kettensätze kürzen.
Das vermenschlichen habe ich mit Absicht gemacht. Ich hoffe man las nicht von Anfang an heraus das es sich um eine Katze handelt? Denn das sollte man erst, nach einigen Ahnungen, am Schluß der Geschichte bestätigt sehen.
Liebe Cy, jetzt stell dein Licht nicht unter dem Scheffel...ob man Ahnung von etwas hat oder nicht...ich hab auch keine Ahnung von der Parfümherstellung, aber ich weiß ob mir ein Duft gefällt oder nicht. Ähnlich ist es hier auch...entweder wirkt die Geschichte auf dich oder sie tut es nicht und wer wäre ich dir deshalb zu grollen.
Auch dir lieben Dank für die Mühe die du dir, ebenso wie Chavi, gemacht hast.



Es grüßt euch dankbar...

Babsi
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Alt 27.08.2009, 17:04   #5
Leier
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Liebe Babsi,

ich als langjährige Katzen-Kater-Mama habe den Braten natürlich sofort gerochen.
Die Geschichte gefällt mir, mit den genannten Einschränkungen, sehr gut.
Und wenn Du das Katzenkind mit erwachsenen Worten sprechen lassen willst - warum nicht??
Es dürfte auch reichlich schwerfallen, sich ein katzenkindliches Vokabular auszudenken.

Also: Lies meine Zeilen als allzusehr verkapptes Lob!


Lieben Gruß
von
cyparis





PS
Hast Du meine Kurzgeschichten gelesen?
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Alt 27.08.2009, 20:05   #6
Galapapa
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Hallo Babsi,
mir gefällt diese Geschichte, insbesondere der Schluß.
Eine gewisse "Langatmigkeit" muß nicht immer negativ sein; ich glaube, dass diese auch die Spannung erhöhen kann.
Die Erzählung aus der Sicht der Katze macht die Geschichte noch viel interessanter. Vor allem am Anfang und am Schluß ist dieser Umstand sehr geschickt zwischen die Zeilen plaziert.
Als einzige kritische Anmerkung möchte ich hinzufügen, dass genau das in der Mitte etwas undurchsichtig wird. Ist das nun eine Katze, die erzählt, oder doch ein Kind?
Ich glaube, das liegt an einer Stelle: Ein weiteres Familienmitglied kann nicht ernährt werden. Das erscheint mir etwas unrealistisch.
Mein Vorschlag wäre, hygienische bzw. gesundheitliche Gründe hier einzusetzen (Gefahren fürs Baby; Schwangerschaft und Rötelngefahr o.Ä.). Dann wäre das Kätzchen wieder klar vor Augen.
Interessant erzählt und gern gelesen!
Mit einem herzlichen Gruß!
Galapapa
Galapapa ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.09.2009, 14:32   #7
badico
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Liebe cy,
danke noch mal für deine erneute Rückmeldung. SOOO sehr verkappt habe ich es gar nicht empfunden..

(an dem "Rest" arbeite ich gerade)



Grummel, grummel...ich hasse mein Modem es hat mich gerade wieder aus dem I-Net geschmissen und ich musste alles runterfahren um das Mistding neu zu starten...manchmal funktioniert noch nicht mal mehr das und ich komme gar nicht mehr online.


Lieber Galapapa,
die Katze sieht sich ja als Familienmitglied. Eigentlich wollte ich es möglichst bis zum Schluss offen lassen, ob es sich um ein Tier handelt oder um einen Menschen. Meine Kinder waren beim Probelesen echt empört über die grausamen Zieheltern...
aber ich werde bei der kommenden Überarbeitung noch ein wenig daran feilen...wahrscheinlich muss ich alles noch ein wenig wager halten und gar keinen Grund für das Aussetzten angeben...
es freut mich sehr das Gala und dir die Geschichte gefallen hat...danke noch einmal für die Inspiration...

liebe Grüße an euch

Babsi
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Geändert von badico (03.09.2009 um 14:38 Uhr)
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