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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 07.03.2010, 21:02   #1
falscher Denker
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 22.03.2009
Ort: Ein Ort auf Zeit und mit Herz
Beiträge: 107
Standard Reich in ihrer Armut



Reich in ihrer Armut


Dein Schatten verliert
an Gewicht,
im Liebesrausch
einfacher Theaterstücke.

Schwerelos
lässt du dich enthaupten,
vom Applaus der Masse
und ihrer engen Pracht.

Korallenarme,
tote Wortmeere
bleiben unausgeschöpft
von verketteten Zitaten umrahmt.

Der Mond heißt Nacht
die Sonne Tag.
Arme Dichter wenden sich
in ihrem Reichtum von dir ab.


Sebastian Auer ©






Inspiriert von: Lied Deichkind - Luftbahn
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Habe einen Vogel
der die Tassen im Schrank
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dessen Schrauben locker sind.

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Alt 12.03.2010, 19:57   #2
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Standard

Moin Denkerlein,

irgendwie nicht ganz leicht zu verstehen dieser Text.
Aber wann ist das mal ein Gedicht aus deiner Feder?

Also ich könnte mir vorstellen, daß es sich hier bei deinem beschriebenen Protagonisten um einen von sich selbst überzeugten Künstler, einen Schauspieler handelt.
Er scheint noch nicht so bekannt zu sein, denn die einfachen Theaterstücke sprechen eher für leichtere Kost.
Publikum scheint aber vorhanden zu sein, denn ein Applaus ist ihm viel wert.
Die enge Pracht spricht aber auch eher für eine schmale Zuschauerschaft.
Auch scheint er es mit der Interpretation der Texte, hier die toten Wortmeere, nicht so genau zu nehmen, denn die verketteten Zitate zeugen von einfachem Aufsagen der Dialoge.
"Der Mond heißt Nacht" könnte eine Metapher für "wenig Talent" bedeuten.
"Die Sonne Tag" dagegen für das Gegenteil.
Da die meisten Dichter arm sind, liegt ihr Reichtum in der Gabe des Dichtens.
Das oben Beschriebene aber können sie irgendwie wohl nicht mehr mit ansehen.

Im übertragenen Sinne könnte es sich hier um jedwede darstellende Kunst handeln.
Also z.B. auch für Dichter, die ihren Auftritt in Internetforen suchen.
Da springen auch ganz unterschiedliche Talente auf die Bühne.

AUf jeden Fall ein nachdenklicher Text und ich denke, schon irgendwie in die richtige Richtung gezielt zu haben.


Interessantes Gedicht, gerne gelesen und kommentiert...

Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 14.03.2010, 14:48   #3
falscher Denker
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Hallo lieber Faldi (du bist der Erste, der sich an das STück in all den geposteten Foren daran traut) Danke!

Ich beiße mir inzwischen ins Bein, da ich diese komplizierte Schreibart in meinen Werken eigentlich versuche grade etwas abzugewöhnen. Sie sollen durch ihre einfache aber komplexe Tiefe ansprechen.

Dieses Gedicht entstand nach einem Theaterbesuch. Ich selbst bin kaum kulturell unterwegs, es ist nicht mit meinem Budget oder in meinen Kreisen möglich.

Als ich nun endlich mal wieder Theater in Form von Berthold Brechts Galilei bewundern durfte, so erlebte ich ein Theater neben der Bühne. Da Zuschauer frühzeitig aus dem Stück gingen, mit enttäuschten Blicken.
Ein Tag später durfte ich eine Theaterpädagogin aus dem Theater kennenlernen, welche die Zuschauer die gegangen waren fragte, wieso sie gingen. Die Antworten zusammengefasst: "Wir haben es nicht verstanden." Sie fühlten sich dumm, verarscht konnten dies aber nicht zugeben und suchten die Flucht. Das sagten einige der Zuschauer später auch zu mir selbst, da ich einige von ihnen kenne.

Diese Leute wollten wohl eher unterhalten werden, mit einfachen Theaterstücken, sie selbst machten sich aber zu den Darstellern. Sie hatten sich wohl mit leichter Kost abgefunden, nicht wegen Dummheit, sondern weil wir uns alle einfach lieber berieseln lassen. Fernsehe an und glotzen statt schauen.

Zum Stück (wer selbst interpretieren will, jetzt überlesen:

Zitat:
Reich in ihrer Armut


Dein Schatten verliert
an Gewicht,
im Liebesrausch
einfacher Theaterstücke.
Reich ist nicht bloß materieller Reichtum
Das Ich, der Schatten (Urspurng) bleibt immer, egal in welche Rolle wir schlüpfen. Aber wir können ihn ignorieren und uns im Rausch der Unterhaltung verkriechen.

Zitat:
Schwerelos
lässt du dich enthaupten,
vom Applaus der Masse
und ihrer engen Pracht.
Im Rausch wird der Gedanke unwichtig, Hauptsache wir sind alle zufrieden, auch wenn diese Pracht keine Weite besitzt. Unser Name ist dabei in seiner Rolle egal, schließlich ist es leichter anderen etwas vorzuspielen, statt mitzudenken.

Zitat:
Korallenarme,
tote Wortmeere
bleiben unausgeschöpft
von verketteten Zitaten umrahmt.
Das Potenzial bleibt somit unausgeschöpft, es geht hier nicht um Effizientes, sondern um das Erkennen der kreativen und schöpferischen Möglichkeiten in unseren Meeren aus Leben. Wir sind nicht klug, wenn wir berühmte Zitate in Ketten schmieden und sie als Beweis wiederholen, wir sind klug, wenn wir uns und die Welt trauen zu überdenken.

Zitat:
Der Mond heißt Nacht
die Sonne Tag.
Arme Dichter wenden sich
in ihrem Reichtum von dir ab.
Ansonsten bleibt der Mond eben Nacht und die Sonne der Tag, kein Spielraum für Individuum, für Metaphern und das Anderssein.
Echte Dichter aber sind zwar vielleicht materiell arm, aber schöpferisch reich wie Dagobert Duck, auch wenn sie manchmal wie ein Donald Duck dabei wirken.



Liebe Grüße


Sebastian, f.D. (forever Donald)
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Geändert von falscher Denker (14.03.2010 um 14:51 Uhr)
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Alt 14.03.2010, 16:16   #4
Blaugold
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Hallo falscher Denker

Ich las zuerst nach deinem Gedicht den Kommentar von Faldi, dann deinen; ich muss zugeben, dass die Assoziationen von Faldi für mich sehr verständlich sind, wohingegen deine Erklärungen zu deiner Intention auch jetzt noch für mich sehr, sehr vage Parallellen zum Verständnis aufweisen. Wie schwer es für uns Leser ist, einen brauchbaren, zusammenhängenden Sinn in derlei verkrypteten Metaphern ist, ist dir sicher nicht unbekannt. Das siehst du nach eigenem Bekunden ja ein, da du sowas zu Anfang deiner Antwort an Faldi auch anmrktest.
Ich kann ganz bestimmt deine Ambitionen, einen nicht so gewöhnlichen Text zu schreiben, nachvollziehen und dich weiterhin dazu ermuntern.
Was ich eher kritisiere ist der Eindruck der Zusammenhanglosigkeit deiner Strophen, bevor man deine Aufklärung liest.
Ich hab vor kurzem einen Text hier gepostet, der wohl nach Ansicht einiger Leser im Gegensatz zu deinem zu erklärend war, zu genau Bezug nehmend, auf das, was ich mitteilen wollte. Auch das kann einem Dichter passieren.

Deine Sinnbilder sind durchaus als Hinweise zum Verständnis des Textes ok. - wenn der Interpret, der Leser nur ein wenig mehr Kontinuität als Schlüssel in den Metaphern hätte. Vor allem die persönliche Ansprache im "Du" und "Dein" ist ein Urteilen über den anderen, eine Wertung, die ich wenig gut finde.

Den Titel wiederum verstand ich zwar, doch minimal anders. Ich dachte weniger an Dichter, die trotz materieller Armut doch reich an Fantasie und poetischen Einfällen sind, als vielmehr an mehr im Geist armen Zeitgenossen, im Sinne "seelig die geistig Armen, denn ihrer ist das Himmelreich".

Nur dem folgenden Text konnte ich diesbezüglich nichts mehr entnehmen. Obwohl meine Interpretation des Titels gut zu deinen danach erläuterten Absichten passen würde, findste nicht?:
Diese Leute wollten wohl eher unterhalten werden, mit einfachen Theaterstücken, sie selbst machten sich aber zu den Darstellern. Sie hatten sich wohl mit leichter Kost abgefunden, nicht wegen Dummheit, sondern weil wir uns alle einfach lieber berieseln lassen. Fernsehe an und glotzen statt schauen.
Ein Himmelreich für seichte Unterhaltung!

Blaugold
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Alt 15.03.2010, 17:23   #5
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Hallo Blaugold


Es fällt mir schwer die Zusammenhänge nicht zu sehen, bin ich doch der Autor. (also auch nicht unparteiisch )

Aber ich verstehe deine Kritik und nehme sie produktiv für die nächsten Stücke an. Bei diesem Werk wollte ich den Leser dazu zu bringen tiefer hineinzuinterpretieren, die letzte Strophe war für mich aber entscheidend. Diese ist aus meiner Sicht klar. Mond gleich Nacht, Sonne gleich Tag und ein Statement das diese klare Musefreiheit umgreift. Nun ja, aber was ist schon wie es ist?
Ich wollte, die Leser zu vielseitigen Interpretationen bringen und Faldis ist nicht falsch, sondern trifft auch den Schwerpunkt, nur eben in der Rolle eines Schauspielers. Ich wage es nicht als Autor den Lesern zu sagen was ich 1 zu 1 mir gedacht hatte.

Meine ersten Werke waren immer sehr erklärend, ohne Spielraum und Tiefe. Ich werde auf jeden Fall versuchen in den nächsten Gedichten wieder mehr auf einen metapherreichen aber klaren Faden zu achten.

Nur einer Anmerkung sehe ich skeptisch entgegen, weil ich mit Absicht mal aus der lyr. ich Rolle schlüpfte und es nicht in die Es Rolle schieben wollte. Das "Du" und "Dein" hat für mich hier zwar eine scharfe Rolle, aber keine Abwertung, wahrscheinlich ist dies aber auch wieder Ansichtsache. Schließlich überlasse ich das Urteil dem Leser und stelle niemanden banal niederer dar. Ich lege Extreme gegenüber. Ich finde eher ein Anmerken als ein Abwerten vor. Nun denn, es ist auch hier der Freiraum geben um zu philosophieren und diskutieren.

Ich danke dir ganz herzlich für den informativen, produktiven Kommentar.


Liebe Grüße

Sebastian, f.D.
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