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Alt 04.04.2017, 23:22   #1
Felix
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Beiträge: 531
Standard Gedse Hayastan (Es lebe Armenien)

Armenien - kleines Land mit großem Erbe
Toast des russischen Gesandten

Dem Gesandten aus Russland gebührt vor den andern,
dem Gebot aller höfischen Sitte entsprechend,
mit gehörigem Spruch einen Toast zu verkünden.
„Ich habe“, so ruft er mit tönender Stimme,
„in Ani die eintausend Kirchen gesehen.
Der Herrgott beschütze das Land und die Menschen!
Erhebt von den Sitzen euch, lasset uns trinken
den goldfarbnen Cognac aus edelsten Reben,
die Noah einst pflanzte am heiligen Masis
und dankend der Gnade des Himmels gedenken!“

Toast des japanischen Gesandten

„Wir haben“, spricht des Tennos würdevoller Mandarin,
im Lande Nippon Sitten, die den euren ähneln:
Der Gast, der unter unsren Dächern weilt, er darf
der Obhut und dem Schutze seiner Wirte sicher sein.
In euren Herzen ist die Tugend, Gäste, Freunden gleich,
mit Wärme zu empfangen, längst Bedürfnis aller Hay.
Der dritte Trunk, er sei der Menschlichkeit gewidmet,
die ich erfahren hab in euren Mauern!“

Toast des arabischen Gesandten

Mesrops Eisenschrift, ihr Brüder,
macht die Bibel uns bekannt.
Khutchaks Verse, Sayats Lieder
klingen bis ins Morgenland,
Komitas Choräle hallen wider
von des Atlas Felsenwand.
Klein ist dieses Land, doch groß ist euer Erbe
Schenke, komm! und mach die dritte Kerbe,
füll das Glas mit rotem Saft der Reben!
Hayastan - hoch sollst du leben!“

Toast des deutschen Gesandten

„Ihr habt mit Wortgewalt und hohem Sinn
das Land am Fuß des Ararat gepriesen.
Verzeiht! Ihr habt versäumt, das Beste zu erwähnen:
Wir sahn in die Augen der Mädchen Nairis hinein -
mit Recht, wie wir meinen, vergleichen die Dichter Armeniens
die Augen der Frauen mit wogenden Wellen des Meeres.
Der vierte und letzte der Lobesgesänge, er gelte
den Frauen und Mädchen des gastlichen Landes!“
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Alt 05.04.2017, 12:35   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
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Beiträge: 13.001
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Lieber Felix,

muss man die Geschichte des Landes Armenien kennen, um die Lobgesänge zu verstehen?

Auf jeden Fall lesen sie sich schön und jeder der Gesandten ehrt das Land auf seine Weise.
Dass der deutsche Gesandte eher die Schönheit der Frauen besingt und auf einen Toast,
der die schöngesitigen Getränke betrifft,
verzichtet, ist wohl das Besondere an deinem Text.

Ich hab ihn sehr gern gelesen!

(Woher weißt du, wie sich ein möglicher Toast auf Armenien anhört?
Warst du dabei? )


Lieben Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.04.2017, 19:45   #3
Felix
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Ort: Hilden, NRW
Beiträge: 531
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Liebe Chavali,
das ist eine schwere Frage!
Für mich lag Armenien vor 25 Jahren irgendwo in den Karawanken und das einzige, was ich von Armenien "wusste", waren die hintersinnigen Fragen und Antworten des Senders Eriwan. In Eriwan (Jerevan) gibt es zwar einen Sender dieses Namens, die Witze haben einige Mitarbeiter/innen allerdings von mir gehört.
Meine kleine (Beinahe-) Hymne ist gespickt mit Informationen, die auf das Land neugierig machen sollen. Z.B.
- Ani - eine bedeutende Stadt im Großarmenischen Reich vor vielen hundert Jahren und übersät mit Kirchen. Zusätzlicher Hinweis von mir: Die Armenisch Apostolische Kirche ist "die älteste Schwester" unter den christlichen Glaubensgemeinschaften. Im Jahre 301 wurde das Christentum in Armenien zur Staatsreligion.
- Der goldfarbene Cognac aus edelsten Reben am Fuße des Masis: Der Masis ist der heilige Berg derArmenier; Masis heißt "Mutterberg", wir kennen ihn als Ararat. Hier, so die Bibel, landete Noah mit seiner Arche und brachte den Weinanbau mit. Der Cognac (der nicht so heißen darf, weil die Franzosen darauf ihr Copyright haben) heißt Brandy und hat je nach Reife besondere Namen. Er schmeckt, weil er nicht im Hals brennt, auch Damen.
- Gastfreundschaft der "Hay": Armenien heißt in der landessprache Hayastan, die Menschen bezeichnen sich als "Hay" und Gastfreundschaft können wir zwar buchstabieren, aber erfunden ist sie bestimmt in diesem Land. Ich kenne ein paar Länder - aber so etwas wie in Armenien habe ich noch nie erlebt.
- Mesrops Eisenschrit: Mesrop war ein Mönch, der um 400 nChr das (bis heute nur durch ein oder zwei Buchstaben ergänzte) armenische Alphabet "erfunden" hat (nebenbei etwas später auch das georgische). 405 nChr hat er, über tausend Jahre vor Luther die Bibel ins Armenische übersetzt. Die "Eisenschrift" und die Sprache ist für heutige Armenier genauso schwer zu entziffern wie für die meisten Deutschen das Althochdeutsche. Khutchak war ein volkstümlicher Dichter, der im frühen 15. Jahrhundert lebte und zauberhafte Gedichte hinterlassen hat. Ich werde Dir mal paar Strophen per PN schicken.
- Sayat: Ein ebenso berühmter Dichter wie Komitas ein berühmter Komponist war. (ich glaube, den meisten Deutschen ist nur ein Stück armenischer Musikkunst bekannt - der "Säbeltanz" des Komponisten Khatchaturian;
Armenier, die wir alle kennen: Cher, A. Agassi, Charles Asznavour. A. Abraham, Kim Kardashian).
- Mädchen von Nairi: Galten als die schönsten Frauen Arrmeniens.
Du merkst es wahrscheinlich: Ich liebe Land und Leute, dieses "kleinen Lands mit großem Erbe" - ein Zitat nach Ralph Giordano.
Was den Trinkspruch des Deutschen angeht: Schau Dir mal Bilder von Armenierinnen (und Armeniern) an und Du wirst eine Ahnung von meiner Begeisterung bekommen.
Das "Besondere" an meinem Text ist, dass man mit Armeniern und in Armenien kolossale Mengen von hochgeistigen Getränken (selbstverständlich nur zwecks Desinfizierung und Stärkung des Immunsystems) zu sich nimmt - aber (!) trinken ohne einen gehörigen Trinkspruch - und es wird auf alles getrunken, was schön und gut ist - das ist sinnloses Saufen; mit einem originellen Trinkspruch ist es Kultur.
Liebe Grüße,
Felix/Heinz

Geändert von Felix (08.04.2017 um 10:13 Uhr)
Felix ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 08.04.2017, 09:41   #4
juli
Gast
 
Beiträge: n/a
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Lieber Felix,

Das ist ein feines Gedicht! Lange Zeilen finde ich gut, sie lassen mich mitgehen.

Es spricht Liebe aus deinen Zeilen zu diesem Land. Deine Antwort auf Chavalis Fragen beantworten auch meine und sind eine zusätzliche Bereicherung.

Sehr sehr gerne schon mehrfach gelesen.

Liebe Grüße sy

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Alt 08.04.2017, 10:19   #5
Felix
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Beiträge: 531
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Liebe Syranie,


շնորհակալություն (schnorrhakalutsjun)

antwortete mir meine "Wahlenkelin", als ich sie fragte, was "Danke" auf armenisch heißt. Sie fügte hinzu: "Kannst auch merci sagen, das verstehen wir auch."

Also: Merci für Deinen liebenswürdigen Kommentar!

Felix
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