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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 10.11.2011, 19:31   #1
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
Standard Wintereinbruch

Es biegen sich am Bach die Silberweiden
schon tagelang im scharfen Wind nach Ost.
Noch glänzen ihre schmalen Blätter seiden,
doch von den Höhen naht ein grimmer Frost.

Im Eise wachsen blumige Figuren,
bizarr geformte, wilde Phantasien.
Und Wotans Heer fegt tobend durch die Fluren,
als spielten Teufel Schauermelodien.

Der erste Schnee blüht schon auf kahlen Zweigen,
doch in den Wurzeln tickt die Sonnenuhr.
Sie lässt die Säfte, wenn es Zeit ist, steigen,
und wieder steht in Blüte die Natur.
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Alt 12.11.2011, 10:14   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Guten Morgen, Gerd Flöhezimt,

in diesem Gedicht "versteckt" sich einiges. Das gefällt mir besonders gut. "Wotans Heer", mir ist das ein Begriff. Es gibt verschiedene Überlieferungen, die mit dem Julfest zusammenhängen, der Vorläufer des Weihnachtsfestes. (Wobei der Zeitpunkt nach dem alten julianischen Kalender im 10. Monat lag, das wurde einfach auf den 12. übertragen.) "Die wilde Jagd", die sich mit Sturm, Hufgetrappel und dem Bellen von Hunden ankündigt. In dieser Überlieferung stellt Wotan den Totengott dar, der mit Totengeistern unterwegs ist - aber gleichzeitig auch die "Saat der Fruchtbarkeit" für den kommenden Frühling legt. Also nicht ausschließlich "negativ". Die nordische Mythologie ist faszinierend, denn vieles lässt sich darauf "zurückführen", es gibt sogar Ansichten, wonach die Gestalt von "Knecht Ruprecht" daraus entstammt. Wotan/Wodan war auch ein "heilender Gott". Interessant, dass du das hier im Gedicht mit "eingebaut" hast, ich wollte das gerne für andere Leser erwähnen.

Auch der inhaltliche Aufbau ist für mich beachtenswert, ein schöner "Bogen", der von der Beschreibung des ankommenden Winters über die Anwesenheit desselben führt, und trotzdem nicht außer acht lässt, dass die "Ahnung" des Frühlings, noch verborgen, ebenfalls "da" ist, denn die "Sonnenuhr" tickt.

Die Formulierungen halte ich für gut gelungen, es fällt mir beinahe schwer, ein Beispiel heraus zu suchen.

Zitat:
Im Eise wachsen blumige Figuren,
bizarr geformte, wilde Phantasien.
"Blumige Figuren" und "bizarre, wilde Fantasien", ein schönes Bild, geformt aus dem Kontrast der Sichtweisen.

Zitat:
Der erste Schnee blüht schon auf kahlen Zweigen,
doch in den Wurzeln tickt die Sonnenuhr.
Der "Schnee blüht" und in den Wurzeln "tickt die Sonnenuhr". Sehr schöne Metaphern, wirklich.

Auch ein Lob gebührt den unverbrauchten Endreimen, wie beispielsweise:

"Silberweiden - Blätter seiden", "Fantasien - Schauermelodien" oder "Sonnenuhr - Natur".

Jedes Gedicht besitzt kleinere Schwächen, aber in diesem Fall sage ich: Es stört mich nicht, ich genieße die poetische Sprache und die Bilder, die beim Lesen in mir entstehen. Seit ich in Lyrikforen "unterwegs" bin, ist dies erst das 4. Werk, bei dem ich das sage.

Bevor ich also in "Versuchung" gerate, etwas zu "zerreden", beende ich meinen Kommentar. Ich werde dieses Gedicht noch öfter lesen.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

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Alt 12.11.2011, 15:10   #3
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
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Liebe Stimme,

hab vielen Dank für deinen Kommentar. Auch wenn du noch kleinere Mängel verschweigst, mir ist schon klar, dass das Gedicht nicht vollkommen ist. Denn ist es einer der ersten Versuche, ein Naturgedicht zu schreiben. Was du dazu geschrieben hast, ist sehr ermutigend für mich.

LG G.F.
Friedhelm Götz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 13.11.2011, 10:33   #4
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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hallo gerd,

das gedicht ist wunderbar, sehr stimmmungsvoll und lyrisch -
der titel ließe aber einen anderen schluss vermuten.

"wintereinbruch" - doch am ende steht dann die natur in blüte?

wie wärs mit: "stirb und werde" oder was ähnliches in der art?

oder du änderst die letzte gedichtzeile ab:

bis dahin aber hüllt in Schweigen sich Natur

irgendwas in der art.

gerne gelesen,
lg, larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
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Alt 13.11.2011, 14:21   #5
Chavali
ADäquat
 
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Beiträge: 13.001
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Hallo Flöhezimt,

natürlich bin auch hier wieder begeistert über die schöne ausgewogene lyrische Sprache deines Gedichtes!

Winter kommt und geht - wie jede Jahreszeit.
Mir gefällt auch, wie du am Ende ein Stück Hoffnung auf das nächste Frühjahr, das kommt,
wenn es Zeit ist, machst:
Zitat:
Sie lässt die Säfte, wenn es Zeit ist, steigen,
und wieder steht in Blüte die Natur.
Vorwinterlichen Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 13.11.2011, 20:02   #6
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
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Liebe larin und chavali,

ich weiß, der Titel ist schlecht gewählt, ich hatte zuerst Kälteeinbruch, dann hat mir jemand zu Wintereinbruch geraten. Aber das ist es auch nicht. Überschriften finden ist nicht so mein Ding. Oft verwende ich die erste Zeile des Gedichts, hätte ich hier vielleicht auch machen sollen.

Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren und die Anregungen.

LG G.F.
Friedhelm Götz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.11.2011, 19:01   #7
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
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Beiträge: 5.637
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Hallo, Gerd Flöhezimt,

ein glänzender Faden, wenn ein solches Gedicht davor steht.

Du darfst deine Bescheidenheit ablegen, lieber Gerd Flöhezimt, weil du überzeugst.

Ein wunderbares Gedicht, zu dem schon viel gesagt worden ist. Fast "fürchtet" man sich vor Wiederholungen.

Ein Lob dürfte aber nie zu viel sein - darum lasse ich ein ganz großes hier.

Die letzte Strophe lässt sogar mich gnädiger auf den Winter schauen - danke dafür.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.11.2011, 08:48   #8
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
Standard

Hallo Dana,

ich meine, ich hätte darauf schon geantwortet, sehe aber jetzt, dass meine Antwort fehlt.

Sei herzlich bedankt für deine lobenden Worte.

LG G.F.
Friedhelm Götz ist offline   Mit Zitat antworten
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