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Liebesträume Liebe und Romantik

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Alt 14.06.2015, 17:31   #1
Walther
Gelegenheitsdichter
 
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
Standard Als ich dir die Hände reichte

Als ich dir die Hände reichte


Als ich dir die Hände reichte,
Ging das Schwere, blieb das Leichte.
Ich versank in deinen Haaren,
Weil wir uns so nahe waren.

Deine Augen sind wie Meere.
Spüre ich in mir die Leere,
Kann ich in der Wärme baden,
Angst von meinen Schultern laden.

Ich will dir das wiederschenken.
An nichts andres kann ich denken.
__________________
Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt
Alle Beiträge (c) Walther
Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt

Geändert von Walther (15.06.2015 um 09:42 Uhr)
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Alt 14.06.2015, 18:51   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
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Standard

Hi, walther!

Gefällt mir gut, bloß die vorletzte Zeile würde ich aus klanglichen Gründen umformulieren:

"Dies will ich dir wiederschenken."

Sehr gern gelesen! (Wie üblich bis auf die Großbuchstaben vorneweg!)

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 14.06.2015, 21:04   #3
Stachel
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Hallo Walther,

du hast eine innige Liebeserklärung gedichtet, die insgesamt sehr schön zu lesen ist.

Form:
Dein Gedicht teilt sich in drei Strophen, davon zwei mit vier Versen und eine mit zwei Versen.
Alle Verse starten betont (aka Trochäus) und enden unbetont. Du ermöglichst damit einen durchgehenden Lesefluss. Jeder Vers enthält eine runde Zahl von vier Hebungen, was einen hohen Grad an Ebenmäßigkeit erzeugt. Du verwendest durchgehend den Paarreim.

Inhalt:
Das lyrische Ich (LI) beschreibt offenbar seine Liebe zu einer anderen Person (aP, verfügt über Hände, Haare und Augen, V1/3/5).
S1 ist in der Vergangenheit angesiedelt und erscheint damit eher als eine kurze Episode, bei der sich beide die Hände reichen und das LI in den Haaren der aP "versinkt". Möglicherweise war das der Liebe "Startschuss".
S2 steht in der Gegenwart und enthällt neben einer kurzen Beschreibung der aP ("Augen wie Meere", V5), eine generelle Aussage zum Gefühl der Geborgenheit, die das LI gegenüber der aP empfindet (V7: "in der Wärme baden", V8: "Angst [...] (ab-)laden").
S3 bleibt nach einem kurzen "Quasi"-Ausflug in die Zukunft (V9:"will [...]schenken") schließlich in der Gegenwart.

Die generelle Gegensätzlichkeit in V2 finde ich gelungen.
Das Bild des Wassers zieht sich durch die ersten beiden Strophen (V3: "versank", V5: "Meere", V7: "baden"). Es korrespondiert sehr schön mit dem formal erzeugten Fluss (siehe oben), enthält aber einen
ungelösten Gegensatz durch die Verbindung von "Wärme" und "baden" in V7, der nicht zum Meer passen will. Dadurch wirkt der Inhalt von V5 verwaist.
Ebenfalls in meinen Augen unpassend ist die Verbindung von "Leere" in V6 mit der "Angst" in V8. Beide Gefühle schließen sich für meine Begriffe gegenseitig aus.

Die unterschiedlichen Zeitformen (S1/2) empfinde ich nicht als inhaltlich gelungen. Die Stophen verlieren dadurch etwas die Verbindung untereinander (Episode vs. generelle Aussage). Ohne Vergangenheit würden die Reime in S1 natürlich nicht funktionieren.

Die verkürzte Form von S3 deutet auf eine Conclusio hin. Das LI fasst zusammen, dass es die erfahrene Güte/Geborgenheit zurück geben möchte.
Der etwas holprigere, härtere und zu den ersten Strophen somit leicht differente Stil, den ich allerdings nicht genau festmachen kann, hat mich leicht irritiert und mich an Ironie denken lassen.
Ich nehme allerdings an, dass keine bewusste Ironie eingebaut wurde.

Zu S3 sind mir ein paar Alternativen eingefallen, die aber jeweils ohne "Ich" auskommen müssen (und vielleicht auch gegen Ende etwas kitschig sind ):

Will dir alles wiederschenken,
- kann an anderes nicht denken.
- nicht an anderes mehr denken.

Möchte dich zurück beglücken,
daran denk ich mit Entzücken.

Es hat Spaß gemacht, sich mit dem schönen Gedicht zu beschäftigen.

Freundliche Grüße vom
Stachel
Stachel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 15.06.2015, 14:55   #4
Walther
Gelegenheitsdichter
 
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Hi eKy,

danke für deine freundliche bewertung des texts. deine überlegung fü das letzte verspaar ist verständlich. du möchtest das "ich" vom versanfang wegbekommen. das steht aber absichtlich da, denn vorher stand da:
Zitat:
Das will ich zurück dir schenken.
wenn du alle varianten durchprüfst, wirst du merken, daß es gute gründe darfür gibt, warum ich die jetzt dort stehende variante gewählt habe.

lg w.


Hi Stachel,

danke für deinen sehr ausführlichen kommentar. es freut immer, wenn versierte lyriker freundliche worte für einen text finden.

der zeitenwechsel ist sachlich und inhaltlich ebenso konkludent wie logisch stringent. die erste strophe beschreibt das werden der liebe. das war gestern. heute ist das leben der liebe angezeigt. und daher wird für das heute das präsenz gewählt.

das ärgerliche an "kurzen" gedichten ist das kurze; daraus folgt, daß man klar und verdichtet sagen muß, um was es einem geht. das lyrich nimmt hier die ich-form. er klärt dem du seine liebe. ohne ein ich-liebe-dich sagen zu müssen.

ich frage mich, wie ich das "ich" hier streichen soll (oder ausdünnen). das geht nicht, ohne den text so zu verändern, daß er genau das so aussagt, wie er es jetzt sagt: einer hat fast ein schlechtes gewissen, daß er so viel nehmen darf, ohne zu geben. und das sorgt ihn.

deine überlegungen zum letzten verspaar kann ich nachvollziehen. dennoch möchte ich ihnen nicht folgen. es ist das lapidare, in dem die skepsis enthalten ist, das geschenkte jemals ausgleichen zu können. beide verse sind so gesehen ein seufzer und auch so vorzutragen.

als ich den text schrieb, versuchte ich viel. es hat lange gebraucht, bis er fertig war. am ende muß ich mir eingestehen, daß ich wenigstens dieses gedicht so nicht anders hinbekomme. auch wenn es dann eben nicht ganz überzeugt.

vielen lieben dank für dein aufmerksames lesen.

lg w.
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Alt 15.06.2015, 17:00   #5
Stachel
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Hallo Walther,

mich freut das große Lob, dass du mir hier durch diese Blume: zukommen lässt ("versierte lyriker").

Das "Ich" soll nicht gestrichen werden. Ich hatte vermutet, dass es dir darauf genau ankommt. Deshalb habe ich darauf hingewiesen, dass meine Ideen ohne "Ich" auskommen müssen und damit möglicherweise unzureichend sind. Es waren nur ein paar Gedanken, die eine Lösung ggf. hätten bringen können, je nach Intention der Aussage. Manchmal können Anregungen ja auch zu weiteren Gedanken (im eigenen Stil) führen, deshalb spare ich nicht damit.

Zitat:
Zitat von walther
als ich den text schrieb, versuchte ich viel. es hat lange gebraucht, bis er fertig war. am ende muß ich mir eingestehen, daß ich wenigstens dieses gedicht so nicht anders hinbekomme. auch wenn es dann eben nicht ganz überzeugt.
Ich hoffe, du hast dich oder dein Gedicht durch meine Anmerkungen nicht herabgewürdigt gefühlt, denn dass war keinesfalls mein Ziel. Von "nicht überzeugen" oder "wenigstens" kann hier keine Rede sein. Das wichtigste Argument hast du imA hier vertreten: Es kam dir auf genau das an.
Ich mag dein Gedicht und finde es schön.

Ich kann immer nur durch meine Augen sehen. Wenn ich einen Text "bearbeite", versuche ich zwar - soweit mir bekannt - die Brille des Autors anzuziehen, aber vor allem schaue ich unter der Warte "Wie hätte ich es gemacht?" Dabei lehne ich mich natürlich sehr weit aus dem Fenster und freue mich immer auch über Widerspruch. Ein Dichter, der mir seine Gedanken aufgrund meiner Anmerkungen erklärt, erweitert meinen Horizont.
Aber niemand erklärt, was nicht in Frage gestellt wird.

Freundliche Grüße vom
Stachel
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