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Alt 25.02.2009, 15:02   #11
Klatschmohn
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Frau von Limpisch brütete wieder über ihrer Verdächtigenliste.
Wer hätte von dem Geld wissen können? Vor allem hätte sie auch zu gerne gewusst woher das Geld stammte. Vielleicht wusste Marks Vater, Werner, etwas über die Herkunft des Geldes. Sie machte mit Trixi einen Spaziergang in den Ort hinunter, betrat das Eiskaffe und ließ sich das Telefon geben. Im Hotel und über das Handy wäre sie abgehört worden. Sie hatte ausdrücklich die Erlaubnis dazu gegeben. Am Empfang wollte sie auch nicht telefonieren. Außerdem mochte sie sich ein wenig Bewegung verschaffen. Sie zog sich um, meldete sich am Empfang für den Fall ab, dass jemand nach ihr fragen sollte und wanderte langsam in den Ort hinunter. Auf dem kleinen Platz unten im Ort fand sie eine nette kleine Eisdiele, bestellte sich eine Fruchteisbecher mit Sahne und bat darum, das Telefon benutzen zu dürfen. Werner war gleich am Apparat. "Oh Luise, gut, dass Du anrufst. Was machst Du denn für Sachen. Matti hat uns gestern sofort Bescheid gegeben. Zum Glück ist Dir nichts geschehen. Was haben wir für eine Angst ausgestanden, als wir von Matti erfuhren, dass Du entführt wurdest. Er hat es uns am Sonntag mitgeteilt. Er hatte wohl gehofft alleine damit zurecht zukommen. Die Polizei hat er nach Anweisung des Entführers auch nicht einschalten dürfen." "Ich habe trotz allem Glück gehabt, dazu einen klugen Hund und engagierte Frauen. - Sag mal Werner, da gibt es wohl eine Geschichte: Weißt du etwas von dem Schwarzgeld? Ich habe es gefunden." "Mein Gott Luise, weißt Du nichts davon?" "Nein, Werner ich weiß gar nichts. Aber ich wurde entführt, weil jemand geglaubt, ich hätte irgendwo eine Menge Geld versteckt." "Was? Luise wir müssen darüber reden, aber nicht am Telefon, wann kommst Du zurück?" "Werner ich bleibe vorerst hier. Ich bin sehr froh hier unter Menschen zu sein. Vermutlich hätte ich zuhause Angst." "Gut Luise, Martha und ich kommen zu Dir. Ich rufe gleich im Hotel an und frage ob sie ab morgen noch ein Zimmer frei haben." "Ich lade Dich und Martha selbstverständlich ein. Ihr seid meine Gäste", antwortete die alte Dame. "Einverstanden Luise! Wir kommen gegen Mittag."
Sie löffelte ihren Eisbecher leer, ohne wirklich mitzubekommen, was sie aß. Endlich sollte sie erfahren, was es mit dem Geld auf sich hatte. Trixi saß geduldig neben ihrem Frauchen und hoffte etwas abzubekommen.
Das Geld stammt ganz zweifellos aus unsauberen Geschäften, aber warum hatte Bodo das alles zu Hause liegen, es gab doch sicher andere Möglichkeiten das Geld zu verwahren. Werner wusste auch etwas, hatte aber wohl keine Ahnung, dass Bodo das Geld in ihrem Haus untergebracht hatte. Sie selbst wusste ja nicht einmal, seit wann das Geld da lag.
Den Nachmittag verbrachte sie mit ihrem Neffen und Rolf und Maria Weiner.
Sie war froh, jetzt nicht alleine sein zu müssen. Später ging sie zu Bett und fiel in einen langen traumlosen Schlaf.







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Alt 26.02.2009, 12:16   #12
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Freitag

Sie wurde gegen 9 Uhr wach, die Sonnenstrahlen schienen in ihr Zimmer. Heute würde sie mehr erfahren.
Sie ging hinunter zum Frühstück. Maria und Rolf saßen da bereits mit Matti, der wieder seinen Charme versprühte. Die Männer standen auf als sie kam. "Hallo Tantchen, ausgeschlafen? Du hast eine Bärennatur." "Unsere Luise ist eben ein tapferes Mädchen. Was für ein Glück", bestätigte Rolf.
Sie lachte. "Wenn man so viel erlebt hat wie ich, härtet man ab. Das ist das ganze Geheimnis. Ich habe auch keine Kinder auf die ich Rücksicht nehmen oder um die ich mir Sorgen machen muss, außer meinem Neffen hier. Du könntest ruhig mal solider werden und eine Familie gründen, mein Lieber" "Ach Tantchen, ich habe einfach Pech gehabt. Die Richtige hat mich noch nicht entdeckt." "Du hattest wohl schon zu viele Richtige, mein Junge! Das ist es wohl." "Tantchen find Du mir eine Frau, die nehme ich dann." "Pass auf mein Junge, ich nehme Dich beim Wort." Matti zog eine Grimasse: "Sie soll aber hübsch, gescheit und vermögend sein." "So wie Du mein Schatz?" "Ach nein Tante. Gescheit bin ich wohl nicht, und vermögend bin ich auch nicht mehr. Wenn es Dich nicht gäbe, wäre ich wohl schon verhungert." "Matti, Matti, so geht das nicht weiter mit Dir." Kopfschüttelnd ging sie zum Frühstücksbuffer und nahm sich Toast, Marmelade und Quark zum Frühstück.
Später machte sie mit Weiners zusammen einen Spaziergang mit den drei Hunden. Sie gingen an dem Haus entlang, in dem sie gefangengehalten worden war und kamen auch bei Frau Reichel vorbei. Trixi freute sich, als sie die Tierschützerin sah und Frau von Limpisch sah gerührt zu, wie das Hündchen an ihr hoch sprang und mit dem Schwanz wedelte. "Ich muss mich noch mal richtig bei Ihnen bedanken. Sie können doch sicherlich eine kleine Spende für ihren Verein brauchen?"
Sie schauten auch nach ihrem Auto. Es war wieder verschlossen. Irgendwo stand wohl noch ein Polizist, der das Auto bewachen sollte. Die Entführer hatten ja noch einen Schlüssel und hätten leicht auf den Gedanken kommen können, sich mit dem Wagen aus dem Staub zu machen. Dummerweise hatte sie vergessen Werner zu bitten, den Zweitschlüssel mitzubringen. Er hatte ja immer noch einen Schlüssel für das Haus. Matti hat auch nicht daran gedacht. Auch er hatte einen Schlüssel. Anschließend ging die Gruppe zum Hotel zurück. Dort ließ sie sich in der Wellnessabteilung des Hotels eine ganze Stunde massieren.

Gegen Mittag kamen Werner und Martha an. Nach dem gemeinsamen Mittagessen, wollten Werner und Luise einem Spaziergang machen und dabei über alles reden. Martha wollte sich etwas hinlegen. Matti war nicht zu sehen.
"Jetzt will ich wissen um was es geht, Werner. Egal was zur Sprache kommt, ich muss es wissen. Mein Leben kann davon abhängen." "Gut Luise, ich weiß auch nicht alles, aber was ich weiß sollst Du auch wissen. Vor etwa 15 Jahren hat Dein Schwager Rainer sich in Geschäfte verwickeln lassen die nicht ganz lupenrein waren. Irgend etwas mit einem Waffengeschäft in Nahost. Er hat da eine Menge Geld kassiert. Dann kam wohl etwas dazwischen. Er hatte behauptet das Geld nicht mehr zu haben, es wäre von einem Agenten abgeholt worden. Die haben dann damals sein ganzes Haus durchsucht, aber nichts gefunden. Kurz darauf hatten beide den schrecklichen Unfall."


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Alt 27.02.2009, 10:09   #13
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Frau von Limpisch wurde kreidebleich. "Werner, der Unfall damals, ist der denn daraufhin untersucht worden? Ich weiß jedenfalls nichts davon." "Mehr weiß ich auch nicht, niemand wollte mehr was von dem Geld wissen. Also, was hätte man der Polizei denn sagen sollen? Sie haben angenommen die Sonne hätte Deinen Schwager geblendet, oder ein Tier wäre über die Straße gelaufen. Man hat zwar noch andere Reifenspuren gefunden, aber dann angenommen, die wären ausgewichen als der Wagen Deiner Schwester und ihrem Mann ins Schleudern gekommen ist. Man hat ja, wie du weißt, einen Aufruf gemacht, aber es hat sich niemand gemeldet. Irgendwann hat man die Sache zu den Akten gelegt." "Und das Geld?" "Von dem hat man auch nichts mehr gehört." Sie gingen eine Weile schweigend nebeneinander her. "Werner Du weißt ja auch, dass Bodo so unerwartet gestorben ist. Kannst Du Dir vorstellen, dass das was mit der Geschichte zu tun hat, ich meine - kannst du dir vorstellen, dass Bodo - dass es nicht mit rechten Dingen zugegangen ist, als er starb?"
Werner sah die Freundin entsetzt an. "Glaubst Du, dass Bodos Tod etwas damit zu tun haben könnte?" "Ich weiß nichts mehr, Werner, ich kann mir bald alles vorstellen - ob Matti von dem Geld gewusst hat?" "Ich glaube nicht, aber vielleicht hat er einen Hinweis auf das Geld in den Unterlagen seines Vaters gefunden." Beide waren jetzt sehr nachdenklich geworden. Schweigend kehrten sie um. "Luise ich muss Dir noch etwas sagen. Diese Leute, mit denen Du dich hier getroffen hast, kann es sein, dass ich den Mann schon mal gesehen habe? Die kommen mir irgendwie bekannt vor. Der Name allerdings sagt mir nichts. Ich werde Martha fragen, die hat ein besseres Namensgedächtnis.



Matti war inzwischen wieder nach Düsseldorf gefahren; er sollte von dort die zweiten Autoschlüssel und die Kreditkarte mitbringen. Ihr ganzes Geld hatten die Entführer ja eingesteckt, dazu den Autoschlüssel.
Gegen Abend kam er zurück. Er betrat ihr Zimmer. "Alles in Ordnung bei dir zuhause, ich habe schon befürchtet es hätte unangenehmen Besuch gegeben."
"Wieso Matti?" "Na ja, die haben doch behauptet Du hättest irgendwo viel Geld versteckt. Wenn das so ist, Tantchen ich stelle mich zur Verfügung, Du scheinst es ja nicht zu brauchen." "Blödsinn Matti, wieso soll ich Geld verstecken, Bodo hat mir genug hinterlassen und das ist nicht versteckt, sondern angelegt."
"Ich mein ja nur Tantchen, wenn Du was findest, denke an Deinen verarmten Neffen." "Matti, Deine Eltern haben Dir genug hinterlassen. Es ist an der Zeit, dass Du Dich ein bisschen bemühst, nicht nur Geld auszugeben, sondern es zu verdienen. Ich werde Werner fragen, ob er einen Job für dich weiß. Immerhin kannst Du hervorragend repräsentieren." "Ach Tantchen, da wären wir wieder beim Thema. Dazu eine nette Frau und dann Kinderchen. - Na ja, vielleicht wäre das gar nicht so schlecht." "Ich werde mich bemühen ein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft zu werden." "Ach Matti, flachs nicht so rum. Es tut mir leid, dass das mit Gudrun damals nicht geklappt hat." "Mark war damals wohl die bessere Partie Tantchen, er hat sie mir einfach ausgespannt, die Dame war ja sowieso zu ehrgeizig für mich, immer hat sie an mir rumgekrittelt, die wollte wer weiß was aus mir machen. Na ja, Mark ist sie dann auch leid geworden." "Was macht sie eigentlich jetzt?" "Danach hat sie ihren Ehrgeiz für sich selbst eingesetzt. Sie ist Geschäftsführerin. In- und Export. Die handeln mit allem Möglichen. Sie hat dann aber vor knapp einem Jahr noch mal versucht mit mir anzubandeln. Ich hatte aber gerade eine neue Freundin, da ist sie wieder abgezogen. Glaub mir Tantchen, das war für mich auch ein Triumph gewesen." "Matti, Matti, Du reagierst wie ein trotziges Kind. Denk mal an Deine Eltern, was sollen die von ihrem Sohn halten, dass der sich nicht mehr binden und keine Familie gründen will und sich ewig wie ein großes Kind verhält." "Ja Tantchen, die haben sich auch aus dem Staub gemacht, ich hätte sie noch gebraucht." "Junge, Du bist jetzt erwachsen, irgendwann muss mal Schluss sein mit dem Selbstmitleid. Fang an, das Leben ein bisschen ernster zu nehmen, es kann so schnell vorbei sein. Ich hatte genügend Zeit darüber nachzudenken. Ich bin froh, dass ich noch lebe."
Sie schwiegen eine Weile. "Tante, mir ist da noch was eingefallen: Vor einem halben Jahr habe ich einen merkwürdigen Anruf bekommen. Ich habe das abgetan, ich dachte das wäre ein Spinner, jemand hat gesagt, nichts wäre vergessen. Ich soll dich aushorchen. Ich habe den Hörer aufgelegt, ich habe das nicht ernst genommen."


"Das hättest du mir sagen sollen Junge, scheinbar lässt sich jemand nicht von dem Gedanken abbringen, ich hätte etwas zu verbergen, wir sollten vorsichtig sein."
Mittlerweile war es dunkel draußen. Sie nahmen gemeinsam mit Werner und Martha das abendliche köstliche Menü ein, dann ging sie früh schlafen.



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Alt 28.02.2009, 08:51   #14
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Samstag

Der Samstag war trübe und verregnet. Die beiden Frauen machten trotzdem wieder ihre Runde. Sie waren ein Stück in den Wald hineingegangen als sowohl Hayo als auch Mocke wütend knurrten. Die Nackenhaare der Tiere sträubten sich. Auch den beiden Frauen lief eine Gänsehaut den Rücken herunter. Die Hunde liefen ein Stück in den Wald hinein und führten einen regelrechten Tanz auf. Hilde, die seit der Entführung immer ein Mobiltelefon bei sich hatte, ließ sich von Marie nicht abbringen die Polizei zu benachrichtigen. Sie befahlen den Hunden zurückzukommen und gingen zurück auf den Hauptweg um auf die Polizei zu warten und ihnen die Stelle zu zeigen, wo die Hunde so geknurrt hatten.

Frau von Limpisch war gleich am Morgen zur Bank gefahren um Geld abzuheben. Sie wollte ihre Schulden begleichen. Sie hatte sich von Weiners Geld geliehen. Außerdem wollte sie eine Spende für den örtlichen Tierschutzverein machen. Sie traf auf Rolf, der von einem Waldlauf zurückkam und wunderte sich, dass er bei einem solchen Wetter seinen Gang gemacht hatte. Er sah sie nicht und schien mit den Gedanken weit weg zu sein.
Anschließend fuhr sie gleich bei dem Tierschutzverein vorbei und überbrachte eine ansehnliche Spende für ein neues Hundehaus.
Als sie wieder ins Hotel zurückkam, stand Maria Weiner am Empfangsschalter. "Tut mir so leid, Luise. Rolf hat heute früh einen dringenden Anruf aus der Firma bekommen, ich fahre mit. Ich will ihn nicht alleine lassen, es scheint etwas Wichtiges in der Firma los zu sein. Genaues konnte er mir nicht erklären. Ich melde mich bei Dir, wenn Du wieder zuhause bist. Machs gut meine Liebe, Du hast ja jetzt genug Leute um Dich." Inzwischen kam auch Rolf um die Rechnung zu begleichen und verabschiedete sich von ihr. "Pass gut auf Dich auf und lass dich nicht noch einmal entführen." "Ich hoffe nicht Rolf. Dir wünsche ich, dass nichts Schlimmes mit der Firma ist. Ich wünsche dir viel Glück." "Er sah sie an, "ja das kann ich brauchen. Dir wünsche ich auch alle Gute." Die beiden zogen ihre Trollis hinaus in den Regen, der wieder eingesetzt hatte und verschwanden in Richtung ihres Autos."
Mittlerweile war ein großes Aufgebot im Wald vorgefahren mit Polizei und Krankenwagen.
Marie und Hilde standen unter ihren Regenschirmen und sahen wie eine Bahre, auf der eine Frau lag, in den Krankenwagen geschafft wurde. "Bald reicht es mir mit den Abenteuern, langsam macht es keinen Spaß mehr", meinte Marie Gebhardt. "Nein, es wird ein bisschen viel", bestätigte die Nachbarin.

Sie hatten ihre Aussagen gemacht, ein Polizist kam herüber zu ihnen. "Danke, sie können jetzt weitergehen." Er blickte sie an. "Gut, dass Sie gleich reagiert haben." "Wer ist die Frau", wollte Marie Gebhardt wissen. "Leider können wir noch nichts sagen, aber es war gerade noch rechtzeitig. Er wandte sich um und ging zu seinen Kollegen zurück, die das kleine Waldstück mit rot weißem Band abgesperrt hatten. Die Frau, so erfuhren sie später, wurde nach Koblenz ins Krankenhaus gefahren. Sie hatte eine Schädelverletzung. Wahrscheinlich hatte sie einen Schlag auf den Kopf bekommen. Sie war immer noch bewusstlos, aber die Ärzte hatten wohl die Hoffnung, dass sie bald wieder zu sich käme.

Nachdem Frau von Limpisch sich von Weiners verabschiedet hatte, ging sie hinauf in ihr Zimmer. Eigentlich hätte sie auch nach Hause fahren können, aber ein unerklärliches Gefühl hielt sie zurück.
Das Mittagessen wollte sie gemeinsam mit Martha und Werner einnehmen. Matti war nach Koblenz gefahren, um sich einen neuen Anzug zu kaufen. Er gehörte zu der seltenen Sorte Mann, die sich auch alleine ohne die Hilfe einer Frau schick anzogen.
Martha war begeistert von dem Service im Hotel. Sie hatte heute einen Kosmetik- und einen Friseurbesuch absolviert und war aufgekratzt. Sie trug ein pfirsichfarbenes Kostüm, das sehr gut zu ihrem, mittlerweile, braungetönten Haar passte. Sie bestand darauf ein Glas Champagner als Aperitif zu nehmen. Sie prosteten sich zu. Werner brachte noch mal einen Toast auf die glückliche Rettung aus. "Übrigens Luise, meine Martha hat doch das gute Gedächtnis. Wir waren vor Jahren mal auf einer Cocktailparty. Da waren Weiners auch. Ich wusste, ich habe das Gesicht schon mal gesehen. An ihn kann ich mich gut erinnern, er hat dauernd über seine Firma gesprochen. Das ist mir etwas auf die Nerven gegangen. An sie kann ich mich nicht erinnern, ich meine seine Frau hätte anders ausgesehen." "Es war jemand anderes, mein Schatz", flocht Martha ein. "So eine aufgedonnerte Blonde." "Vielleicht war das gar nicht seine Frau gewesen, vielleicht hatte er seine Freundin mitgebracht und wollte vor ihr angeben." "Na,
Du bist ja ein Kenner", grinste sie. Sie prostete ihm lachend zu.
Die beiden führten eine gute Ehe, die in den Jahren, seit er sich aus dem Geschäft zurückgezogen hatte noch intensiver geworden war. Er prostete zurück. "Auf dich, mein Schatz und auf viele gemeinsame Jahre."
Das Mittagessen verlief friedlich, allmählich verlor auch Luise die Spannung, die sie während der ganzen Zeit fest in Bann gehalten hatte. Nach dem Essen machten die drei einen kleinen Spaziergang. Trixi musste ja auch ein bisschen hinaus. Der Regen hatte nachgelassen, für kurze Zeit kam die Sonne heraus.
Gegen drei kam Matti, beladen mit Tüten zurück. Er hatte mal wieder einen Großeinkauf getätigt. In Koblenz hatte er einen kleinen Laden gefunden, der seinem Geschmack entsprach. Gerade wollte er seine neuen Sachen vor seiner Tante ausbreiten, als Kommissar Keiner an die Zimmertüre klopfte. "Kann ich Sie kurz unter vier Augen sprechen, Frau von Limpisch? Ich habe noch ein paar Fragen an Sie." "Darf ich Ihnen erst einmal meinen Neffen vorstellen? Matti, oder Mathias Gerber, Matti, dies ist Kommissar Keiner, der meinen Fall bearbeitet." Die beiden Männer begrüßten sich. "Haben Sie schon die Kidnapper meiner Tante gefunden? Es wird bald Zeit, sie geht nämlich sonst nicht mehr nach Hause zurück." Sie wandte sich an Matti. "Sei so gut, ja, lass uns eine Weile alleine." "Wie du meinst Tantchen, dann viel Erfolg Herr Kommissar." Matti zuckte mit den Achseln und verließ den Raum. Die Gelassenheit die seit dem Mittagessen bei ihr geblieben war machte wieder der Spannung Platz.
"Darf ich mich setzen?" fragte er. „Entschuldigung, bitte nehmen Sie Platz." Der Polizeibeamte entnahm seiner Anzugtasche einen Umschlag. "Kennen Sie die Frau auf dem Foto? Sie hat eine Kopfverletzung, wir haben Grund zu der Annahme, dass sie etwas mit ihrer Entführung zu tun hat."
Auf dem Foto war eine Frau so zwischen 35 und 40 zu sehen mit einem schmalen Gesicht. Um den Kopf hatte sie einen Verband. Die Haare die zu sehen waren, waren dunkel und kurz geschnitten. "Schwer zu sagen. Die Frau, die mich bewacht hat, trug eine Perücke und hatte eine Sonnenbrille auf. Eine Ähnlichkeit ist vorhanden, sie könnte es sein, aber sicher bin ich mir jetzt noch nicht. Was ist mit ihr passiert. Könnte ich sie einmal persönlich sehen?" Ihre Stimme klang seltsam belegt.
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Alt 01.03.2009, 13:36   #15
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"Sie hat hier oben in der Nähe im Wald gelegen. Die beiden Frauen mit den Hunden, die Sie ja mittlerweile auch schon gut kennen, oder besser gesagt, ihre Hunde haben sie gefunden. Die Verletzte hatte Ihren Autoschlüssel in der Tasche gehabt. Den bringe ich Ihnen hiermit wieder."
Sie nahm den Autoschlüssel an sich. "Sehen Sie, die Hausschlüssel sind auch noch dran. Meinen Sie, dass die einen Schlüssel nachgemacht haben? Ich fühle mich wirklich nicht mehr sicher in meinem Haus." "Ich glaube nicht, dass die Schlüssel nachgemacht wurden." "Dann waren sie sicherlich in meiner Wohnung. Matti war zwar der Meinung, es sei niemand da gewesen, aber wenn die mit dem Schlüssel reingekommen sind und keine Unordnung veranstaltet haben, dann merkt man ja auch nicht, ob jemand drin war." "Was haben die gesucht, Frau von Limpisch. Es war immer von einer großen Menge Geld die Rede. Was ist das für ein Geld?" "Tut mir leid, wenn ich das wüsste wäre ich selbst froh. Irgend jemand dichtet mir einen verborgenen Schatz an. Den würde ich ja selber gerne finden." "Ihr Neffe, würden Sie für den die Hand ins Feuer legen? Der hat, als wir ihn verhörten von einer stillen Reserve gesprochen. Kann die Idee zu der Entführung von ihm stammen?" "Wissen Sie, ich lege für niemanden mehr meine Hand ins Feuer. Da verbrennt man sich zu leicht. Der Junge ist ein Kindskopf. Vielleicht hat meine verstorbene Schwester von einer Geldreserve gesprochen, aber da kann sie nur das Konto gemeint haben, das mein Mann früher einmal für mich angelegt hat. Mein Mann ist seit zehn Jahren verstorben, meine Schwester seit dreizehn Jahren. – Kann ich die Frau sehen, die im Krankenhaus liegt? Ich will wissen, ob sie diejenige ist, die mich gefangen gehalten hat und der ich es aber auch zu verdanken habe, dass ich freigekommen bin. Sie schien es darauf anzulegen. Sicher hätten wir an dem Abend im Wald noch weiter gehen können. Sie kam mir nicht orientierungslos vor. Ich nehme an, sie erwartet, dass ich ein gutes Wort für sie einlege." "Einverstanden, fahren wir runter. Sie werden aber wohl nicht mit ihr sprechen können, sie liegt auf der Intensivstation."
Eine Stunde später stand Frau von Limpisch am Bett der Verletzten. Der Kopf war verbunden, sie hing an allerlei Schläuchen. "Bitte nur kurz", war die Anweisung des Arztes, der dazu gekommen war.
Luise von Limpisch blickte auf die Frau herab. Keine Frage, sie war es. Eine kleine Blutspur war noch auf ihrem Gesicht zu entdecken, ihr Gesicht war kreideweiß. Sie atmete ganz leise.
Sie wandte sich um. "Ohne Zweifel sie ist es. Schrecklich, was ist ihr nur geschehen? Immerhin, sie hat mich den Umständen entsprechend gut behandelt." Jetzt stöhnte die Kranke auf. Frau von Limpisch wandte sich um, nahm ihre Hand und hielt sie. Die Frau öffnete die Augen und sah sie an. Ein Seufzer kam über ihre Lippen. Luise strich der Frau über die Stirn. Ein kleines Lächeln erschien auf dem Gesicht der Verletzten. Sie versank wieder in Ohnmacht. Irgend etwas an ihr, erschien Luise seltsam vertraut.
Die Polizei hatte sich bereits das Mobiltelefon der Frau vorgenommen und ließ die Nummern der ein - und ausgehenden Gespräche überprüfen.
Am Abend klingelten die Telefone bei Hilde Braun und Marie Gebhardt. Frau von Limpisch bat beide Frauen am nächsten Morgen zu sich, sie wollte sich gerne noch einmal bei den Frauen bedanken und sich für die vielen Aufregungen erkenntlich zeigen.
Der Abend verlief ruhig, sie berichtete Matti, Werner und Martha von ihrem Besuch im Koblenzer Krankenhaus. Von den merkwürdigen Gefühlen, die sie der Verletzten gegenüber empfunden hatte, erzählte sie nichts.


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Alt 02.03.2009, 09:50   #16
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Sonntag

Gegen elf Uhr kamen beide Frauen ins Hotel. Man meldete sie an.
"Frau von Limpisch ist oben in ihrer Suite, sie bittet Sie beide, heraufzukommen. Zimmer 112. Den Aufzug finde Sie gleich um die Ecke." Die alte Dame erwartete sie an der Zimmertüre. Trixi, die auf einer Decke auf dem Sessel gelegen hatte kam angelaufen und wedelte mit dem Schwänzchen. Marie Gebhardt beugte sich herunter und streichelte das Hündchen. "Da hast du aber Glück, dass du dein Frauchen wieder gefunden hast." Frau von Limpisch bat sie herein.
Sie müssen entschuldigen, dass ich mich nicht eher gemeldet habe, die Ereignisse überschlagen sich. Das ist ein bisschen viel für eine alte Dame." Sie lächelte. "Sagen Sie mir, womit ich Ihnen eine Freude machen kann. Sie hatten so viel Aufregung und ich habe Ihnen so viel zu verdanken. Die beiden Frauen wehrten ab. "Nicht doch, es war zwar aufregend, aber auch eine Abwechselung. Hier passiert normalerweise nicht so viel." "Ihren Hunden habe ich auch zu danken. Was können wir denn für die tun, oder am besten für Sie alle zusammen. Haben Sie Lust sich ein bisschen zu erholen und Ferien zu machen? Ich kenne ein nettes Haus an der Ostsee. Da kann man mit den Hunden an den Strand. Eine eigene kleine Jugendstilvilla gehört zu dem Hotel, da kann man auch mit den Hunden kuren. Die haben sogar einen extra Physiotherapiebereich für Hunde. Wäre das was für Sie?" Die beiden Frauen sahen sich sprachlos an. "Sie können wirklich hellsehen", meinte Hilde. "Wir haben erst vor ein paar Tagen darüber gesprochen. Es war an dem Tag, an dem Trixi so gebellt hat vor dem Haus und wo uns so unheimlich wurde. "Also, dann ist es abgemacht. Da hat das Schicksal gesprochen. Sie klären ab wann Sie können und ich regele alles Weitere. Ich bestehe darauf, dass Sie das annehmen. Ich stehe nicht gerne in der Schuld von Anderen. Außerdem - ich will Ihnen wirklich eine Freude machen. Bitte schlagen Sie mir das nicht ab." "Ja, dann nehmen wir natürlich gerne an, so was wollte ich immer schon mal machen."
Man merkte Marie Gebhardt ihre Freude richtig an. Auch Hilde bedankte sich herzlich.
Später als sie wieder unten waren, könnten sie Ihre Freude kaum fassen. "Juchhu, wir fahren zum Wellness. Hilde tanzte um Marie herum, die ebenfalls ihr Glück nicht fassen konnte. Oben aus dem Fenster, hinter der geschlossenen Gardine, sah Luise von Limpisch den beiden nach und lächelte.

Jetzt hatte sie noch etwas anderes vor. Eine tiefe Unruhe hatte sie seit dem gestrigen Abend erfasst, nachdem sie die Frau im Krankenhaus wieder getroffen hatte. Spuren des beginnenden Alters waren bereits in deren Gesicht zu lesen. Das dunkle Haar war teilweise abrasiert, sodass die Wunde besser versorgt werden konnte. Die dunklen Augen hatten etwas in ihr angerührt und einen heftigen Schmerz in ihrem Inneren ausgelöst.
Sie hatte die Nacht nur schlecht geschlafen. Jedes Mal, wenn sie eingeschlafen war, wurde sie kurz darauf mit heftigem Herzklopfen wieder wach. Sie gab im Hotel Bescheid, dass sie erst am Nachmittag zurückkommen werde und fuhr nach Koblenz. Sie betrat das Krankenhaus mit einem Blumenstrauß, den sie allerdings abgeben musste. Auf der Intensivstation durften keine Blumen stehen. "Stellen Sie die Blumen doch in die Krankenhauskapelle", sagte sie zu der Schwester. Die nickte. "Aber bleiben Sie bitte nur kurz, die Patientin ist noch sehr geschwächt", ordnete diese an.
Zögernd trat sie an das Bett der Frau. Sie nahm die schlaffe weiße Hand mit dem auffälligen Muttermal und streichelte sie. Die Frau öffnete die Augen und schloss sie wieder. Ein Lächeln ging über das Gesicht. Frau von Limpisch merkte, wie sich ihr Hals zuzog, ihre Augen standen voll Tränen. Sie wusste nicht, wie lange sie an dem Bett stand. Die Zeit schien sich zur Ewigkeit zu dehnen.
Eine Schwester kam herein, machte sich an den Geräten zu schaffen und blickte von der Kranken auf sie, dann wieder auf die Patientin. Sie nickte leicht. "Sind Sie mit Frau Schneider verwandt?" fragte sie. Luise von Limpisch starrte sie nur an. Eilig nahm sie ihren Mantel und ihre Tasche. An der Türe drehte sie sich noch einmal um. "Morgen komme ich wieder."

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Alt 03.03.2009, 11:34   #17
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So schnell sie konnte verließ sie die Intensivstation, verließ das Krankenhaus, überquerte eine Straße, fand ihren Wagen, setzte sich hinein und sank in sich zusammen. "Ja", flüsterte sie. "Ich bin ihre Mutter."
Bilder kamen in ihr hoch, sie war eine junge Frau und siebenundzwanzig Jahre alt, als sie schwanger wurde. Franz war ein Kollege von ihr. Nichts Ernstes, dachte sie sich, als sie sich mit ihm einließ. Als sie dann schwanger wurde war sie hoffnungslos überfordert. Franz und sie hatten ein gemeinsames Engagement gehabt. Sie war längst mit einer anderen Truppe auf Tournee, als sie es nicht mehr vor sich selbst verbergen konnte, dass sie schwanger war.
Lissi hatte ihr auch da finanziell geholfen. Nach der Geburt hatte sie das Mädchen gleich zur Adoption freigegeben. Bodo wusste von dem Kind. Er hatte versuchte, die Adoption rückgängig zu machen. Aber das war absolut unmöglich. Sie hatte keinerlei Rechte mehr an dem Kind. Und wenn sie sich täuschte? Wieso glaubte sie, dass diese Claudia Schneider, die da blass und still in dem Krankenhausbett lag, ihre Tochter war? War es das schlechte Gewissen, das sich nach so vielen Jahren bemerkbar machte? Was war los mit ihr? Sie war einige Tage mit der Frau zusammen gewesen. Nichts war passiert, keine Gefühle, bis auf den Tag an dem sie frei gekommen war. Da war irgend etwas geschehen, eine Verbindung war entstanden. Warum aber hatte sie sich nicht gemeldet: Hier bin ich, Deine Tochter. Warum musste sie entführt werden, war es Rache?
Als sie in das Hotel zurückkam, nahm sie einen kleinen Imbiss zu sich und versuchte ein wenig zu ruhen.

Einige Ortschaften entfernt, saß ein Mann alleine in dem Zimmer einer kleinen Pension. Was hatte er bloß angerichtet? Claudia wollte sich der Frau offenbaren, von der sie überzeugt war, sie sei ihre Mutter. Das konnte er doch nicht zulassen. Die Alte hätte sie doch sofort angezeigt. Dann säßen sie jetzt schon im Knast, alle Beide. Er hatte sie doch nicht verletzen wollen. Es tat ihm leid. Alles hatte begonnen, als Claudia damals krank geworden war. Das war, nachdem sie eine Fehlgeburt hatte. Das Kind war nicht von ihm. Der Vater war ein Trainer im Center. Die Beziehung war aber in die Brüche gegangen. Danach war sie in einer Psychoklinik gewesen. Seitdem war sie verändert, hatte gemeint, sie müsse ihre leibliche Mutter kennen lernen. Sie hatte sich wohl schon früher beim Jugendamt in Darmstadt die Unterlagen geben lassen. Das stand ja in den Akten, dass das Jugendamt in Darmstadt die Adoption vollzogen hatte. Jetzt wollte sie den Kontakt zu ihrer Mutter. So ein Blödsinn! Und er hatte sich darauf eingelassen, hatte Erkundigungen eingezogen über die Frau. Eine feine Dame. Ha, dass er nicht darüber lachen würde. Hätte sie damals nicht so einen Mist gemacht, würde er heute nicht so in der Tinte sitzen. Er war richtig wütend.
Wütend war schließlich auch auf Claudia geworden. Sie wollte ja unbedingt wissen, was für eine Frau die Mutter war. Er hatte versucht sie zu überzeugen, dass sie offen mit der Frau reden sollte. Aber Claudia konnte es nicht über sich bringen. Sie war eine sehr stolze Frau. Schließlich verfiel sie auf den Gedanken, die Frau in ihre Gewalt zu bringen. Sie wollte der Wut, dass sie ein weggegebenes Kind war, Ausdruck verleihen.
Bislang schien es ihr egal gewesen zu sein, aber dann mit ihrer Krankheit war die Neugier, und schließlich auch die Wut entstanden.
Wahrscheinlich hatte sie Angst davor gehabt wie eine Bittstellerin zu kommen. Die Alte schien ja so unermesslich reich zu sein. Und der Trottel von Neffe, hat ja sogar die vage Andeutung auf das Geld sofort angenommen und gesagt, seine Tante habe eine Menge Geld. Er wolle es besorgen. Wie konnten sie nur so blöde sein. Mit solchen Leuten zog man immer den Kürzeren. Die hatten das Glück gebucht. Und jetzt, was war mit Claudia?
Er war weggelaufen als sie blutüberströmt auf dem Waldboden gelegen hatte. Panik hatte er gekriegt. Er heulte, heulte vor allem, weil er sich vollkommen machtlos fühlte, hilflos. Was würde geschehen. Alle Fäden waren ihm aus der Hand genommen. Am besten abhauen, die Polizei hatte sicher schon längst sein Telefon abgehört. Deshalb hatten sie zuletzt nur Claudias Telefon benutzt. Mein Gott, das Telefon! Claudia hatte das Telefon bei sich gehabt. Das hatten sie bestimmt schon überprüft.
Er musste weg. Hastig schnappte er ein paar Sachen, stopfte sie in die billige Reisetasche, die sie gekauft hatten, steckte das Geld, das verdammte Geld ein, ging die Treppe hinunter und lief geradewegs der Polizei in die Arme.

Luise von Limpisch lag auf ihrem Hotelbett und grübelte. Vielleicht hatte sie sich ja getäuscht. "Das Stockholm Syndrom." Sie hatte darüber in der Zeitung gelesen. Man verbindet sich irgendwie mit seinem Entführer. Das war wohl so eine Überlebensstrategie des Geistes. Sie dachte über sich nach. Nein, das war nicht der Fall. Und dass man glaubt, man sei mit dem Entführer verwandt, gehörte wohl auch nicht zu den Symptomen. Sie wollte ihrem Gefühl vertrauen, sie wollte ihre Tochter.
Es begann zu dämmern, sie stand am Fenster und starrte hinaus. Der Regen prasselte gegen die Scheiben, ihr fröstelte. Sie legte sich ihren schwarzen Kaschmirschal mit dem Blumenmuster um und ging hinunter. Es gab viel zu regeln.



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Alt 04.03.2009, 10:47   #18
Klatschmohn
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Montag

Der Montag begann genau so trübe und verhangen wie der Sonntag aufgehört hatte. Markus Scheffel wurde verhört. Er gab sich, wie er sich fühlte - als Opfer.
Er kenne Claudia seit zwei Jahren und arbeite in ihrem Fitnessstudio, sagte er zu den Beamten. Vor einem Jahr habe Claudia angefangen Interesse an ihm zu zeigen. Das war die Zeit, nachdem sie krank geworden war, nach der Fehlgeburt. Viel erzählt habe sie ihm nicht. Sie war aber sehr verändert. Er habe trotzdem weiter zu ihr gehalten. Jetzt im nachhinein, glaube er, sie habe ihn wohl nur benützt um die alte Frau auszuspionieren.
Er habe ihr ja immer wieder geraten, die Sache anders anzugehen, aber sie wollte nicht auf ihn hören. Richtig verbissen sei sie gewesen. Um das Geschäft habe sie sich auch nicht mehr gekümmert. Eine Menge Kunden waren bereits abgesprungen. Sie sei dann nach Düsseldorf gefahren um die Dame zu beobachten, habe vor dem Haus rumgehangen dann aber nicht den Mut gefunden sich zu offenbaren. Einmal habe sie Frau von Limpisch auf ihren Hund angesprochen, aber diese habe sie weiter nicht beachtet. Dann sei sie auf den Gedanken gekommen, die Frau zu entführen. Manchmal habe er schon an ihrem Verstand gezweifelt. Vermutlich wollte sie sich irgendwie rächen, weil sie als Baby weggegeben wurde.
Auf jeden Fall habe sie die Frau, die ihre leibliche Mutter war, kennen lernen wollen. Wahrscheinlich hatte sie der auch die Schuld gegeben, dass sie das Kind verlor und dass sie krank geworden war. Er wisse nicht was in Claudia gefahren sei. Sie sei vollkommen unberechenbar geworden.
Wieso er denn mitgemacht habe bei dem verrückten Unternehmen, Luise von Limpisch zu entführen, wurde er gefragt. Das könne er sich heute auch nicht mehr erklären, meinte er. Sie habe ihn auch mit dem Geld gelockt, dass sie zu bekommen glaubte. Das Fitnesscenter könne auf den neuesten Stand gebracht werden. Schließlich sei die reiche Dame ja ihre Mutter und da stünde ihr auch etwas von dem Vermögen zu. Er wisse, es klinge jetzt alles unlogisch.
Warum er sie nicht abgebracht habe von der Entführung, sollte er erklären. Er hatte dann gelacht und gesagt, Claudia von etwas abbringen, genauso gut könne er versuchen die Taten rückgängig zu machen. Was sie sich in den Kopf gesetzt habe, das führe sie auch aus.
Er könne sich jetzt auch nicht mehr erklären wieso er sich darauf eingelassen habe. Sie hätten der alten Dame auch kein Leid zufügen wollen, aber irgendwann habe sich alles verselbstständigt. Eigentlich, so hatte Claudia ihm suggeriert, würde alles ganz schnell gehen. Der Neffe würde das Geld organisieren, sie hätte die Mutter kennen gelernt und Claudia hätte auch was von dem Geld abbekommen, das ihr wohl als Tochter zustände. Schließlich habe sie sich nicht adoptieren lassen wollen. Sie hätte das nie zugelassen.
Freiheitsberaubung, ja das sehe er ein, es tue ihm auch leid, aber schließlich habe Claudia keine andere Möglichkeit gesehen.
Wie er denn herausbekommen habe, dass Frau von Limpisch hier Urlaub mache. Ja, er habe sie im Auftrag von Claudia schon länger bespitzelt. In einem Kaffeehaus habe er am Nebentisch gesessen und da habe sie mit ihrem Neffen über die bevorstehende Reise gesprochen. Claudia habe das als einen Wink des Schicksals verstanden. Sie war in Montabaur aufgewachsen und habe sich hier gut ausgekannt.
Warum er sie niedergeschlagen habe und warum er sich nicht weiter um sie gekümmert habe, als sie blutüberströmt vor ihm lag, wurde er gefragt. Ja, plötzlich sei alles anders gewesen. Sie habe ihm Vorwürfe gemacht. Frau von Limpisch sei ja ihre Mutter. Sie wollte sie um Verzeihung bitten und ihr den Autoschlüssel zurückbringen. Das sei ja Wahnsinn, habe er zu ihr gesagt, sie solle zur Vernunft kommen. Er habe keine Lust wegen ihrer Launen ins Kittchen zu wandern. Aber sie habe sich, wie immer, nicht abbringen lassen Habe ihn weggeschickt wie einen kleinen Jungen. "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen." Er habe sie dann festgehalten und sie gefragt wie sie sich das vorstelle. Man war ihnen doch sicher wegen des Handys schon auf die Schliche gekommen, kenne ihre Namen. Sie hat nur mit den Achseln gezuckt. Ihr sei es egal, dann habe sie sich losgerissen. Dann lag da dieser abgebrochene Ast. Er hatte zugeschlagen um sie aufzuhalten, aber es im gleichen Moment bereut.
Vor Panik sei er dann weggelaufen, sei aber später wieder gekommen. Da waren aber schon die Frauen mit ihren Hunden dort gewesen. Da habe er gemacht, dass er wegkommt.
Das Verhör, das früh am Morgen begonnen hatte, ging bis weit in die Stunden des Nachmittags hinein. Gegen Abend wurde er wieder ins Koblenzer Gefängnis gebracht.



Frau von Limpisch saß schon den ganzen Nachmittag am Bett ihrer Tochter. Ab und zu wachte Claudia auf, dann sahen sie sich an. Claudia versuchte zu sprechen aber es gelang ihr nicht. "Ich weiß Bescheid, mach Dir keine Sorgen", hatte sie zu ihr gesagt. Claudia schloss die Augen. Tränen rannen ihr über das Gesicht.
Sie hatte ein Telefonat mit Kommissar Keiner geführt. Der hatte ihr von der möglichen Verwandtschaft berichtet. Ein DNA Test sollte durchgeführt werden, aber sie war sich auch so sicher. Caudia hatte ihre Augen und die Ähnlichkeit mit Franz war nun unübersehbar. Warum hatte das Kind sich nicht gemeldet, warum hatte sie so lange gewartet. Ein verborgener Teil von ihr hatte sich immer danach gesehnt, dass sie sich melden würde.
Nur gesund solle sie wieder werden. Die besten Ärzte, die besten Anwälte, die besten Therapeuten sollte sie bekommen.
Sie dachte an ihren Mann, sie dachte an ihre Schwester, sie dachte an das Geld, das da verborgen in dem Tresor schlummerte. Kein Zusammenhang, dachte sie.
Kein Zusammenhang. Sie war froh.





Ende
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