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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 03.01.2012, 10:47   #1
Thomas
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Standard Warum nicht?

Warum nicht?

Was soll das Hetzen und das Jagen?
Was soll das angestrengte Streben,
um uns von allen Alltagsplagen
in heile Welten zu erheben?
Wenn Zweifel tief im Innern nagen,
Sorgen an der Seele kleben,
Angst, die wir im Herzen tragen
lähmt. Warum nicht einfach wagen,
in den Tag hinein zu leben?


Ein Experiment mit der Nonarime (Stanze mit Zusatzzeile). Diese Form habe ich jedoch aufgefasst als zwei verschränkte Fünfzeiler abab(a)baab oder als Fünfzeiler und Vierzeiler mit umarmendem Reim, wobei nach dem Fünfzeiler der Jambus in einen Trochäus übergeht, um die 'Bremswirkung' des zweiten Fünfzeilers zu verstärken. Weil der Inhalt ganz zufällig auch dazu passt, dachte ich, man könnte das Gedichlein ins Forum einstellen. Angeregt durch '(J)a(n)ussicht' von 'Stimme der Zeit'.

Geändert von Thomas (04.01.2012 um 17:50 Uhr)
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Alt 03.01.2012, 12:28   #2
fee
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eine interessante form, thomas!

ich kenne die nonarime allerdings mit der reimform aba-babccb,
während ich bei deiner das schema ababababba lese. die nonarime an sich erkenne ich da nicht mehr wirklich - auch, wenn sich laut auskunft dein experiment an diese anlehnt. aber eigentlich spielt es keine rolle, "was" das jetzt nun ist. es ist gut gemacht und metrisch einwandfrei.

die aussage, die dein gedicht trifft, finde ich sehr wichtig und für die heutige zeit treffend. alle haben anscheinend angst, innezuhalten - weil das beenden des hetzens womöglich den stillstand bedeutet? so etwas wie "rast" kennt man nicht mehr. anscheinend wird es mit faulheit verknüpft oder geminderter leistungsfähigkeit. sogar die freizeit verkommt zum leistungssport.

insofern spricht mir dein text sehr aus der seele.

Zitat:
Zitat von Thomas Beitrag anzeigen
Warum nicht?

Was soll das Hetzen und das Jagen?
Was soll das angestrengte Streben,
um uns von allen Alltagsplagen
in heile Welten zu erheben?
Wenn Zweifel doch am Herzen nagen,
Sorgen an der Seele kleben,
Angst, die wir im Herzen tragen
lähmt. Warum nicht einfach wagen,
in den Tag hinein zu leben?
das kurz hintereinander gedoppelte "herzen" würde ich noch eliminieren.
möglicher vorschlag:

Wenn Zweifel am Gewissen nagen,
Sorgen an der Seele kleben,
Angst, die wir im Herzen tragen



gerne gelesen und mich damit beschäftigt.


lieber gruß

fee
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Alt 03.01.2012, 13:29   #3
Stimme der Zeit
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Hallo, Thomas,

zuerst möchte ich kurz anmerken, dass ich fees Vorschlag bezüglich der beiden "Herzen" sehr gut finde. Das nur am Rande.

Zitat:
Ein Experiment mit der Nonarime (Stanze mit Zusatzzeile). Diese Form habe ich jedoch aufgefasst als zwei verschränkte Fünfzeiler abab(a)baab oder als Fünfzeiler und Vierzeiler mit umarmendem Reim, wobei nach dem Fünfzeiler der Jambus in einen Trochäus übergeht, um die 'Bremswirkung' des zweiten Fünfzeilers zu verstärken. Weil der Inhalt ganz zufällig auch dazu passt, dachte ich, man könnte das Gedichlein ins Forum einstellen. Angeregt durch '(J)a(n)ussicht' von 'Stimme der Zeit'.
Ich sagte dort auch, dass ich mich sehr darüber gefreut und es auch erkannt sowie als positiv aufgefasst habe, dass diese Möglichkeit enthalten war. Und ich freue mich besonders, wenn das noch zu einem eigenen Gedicht inspiriert hat - das ist eines der schönsten Komplimente, das dem Autor eines Gedichts entgegengebracht werden kann. Daher an dieser Stelle noch einmal ein ehrliches: Freut mich sehr, und Danke!

Ich kopiere das Gedicht hier herein, damit es für Leser einfacher ist:

Zitat:
Was soll das Hetzen und das Jagen?
Was soll das angestrengte Streben,
um uns von allen Alltagsplagen
in heile Welten zu erheben?
Wenn Zweifel doch am Herzen nagen,
Sorgen an der Seele kleben,
Angst, die wir im Herzen tragen
lähmt. Warum nicht einfach wagen,
in den Tag hinein zu leben?
Ich finde, dir ist die "verschränkte" Zweiteilung sehr gut gelungen:

Zitat:
Was soll das Hetzen und das Jagen?
Was soll das angestrengte Streben,
um uns von allen Alltagsplagen
in heile Welten zu erheben?
Wenn Zweifel doch am Herzen nagen.
Zitat:
Wenn Zweifel doch am Herzen nagen,
Sorgen an der Seele kleben,
Angst, die wir im Herzen tragen
lähmt. Warum nicht einfach wagen,
in den Tag hinein zu leben?
Der mittlere Vers ist eine gelungene Verbindung, kann zugleich als "Abschluss" eines fünfversigen Gedichts betrachtet werden sowie als Anfang eines zweiten und auch als Überleitung von einer "Inhaltshälfte" zur anderen. Lediglich das "doch" schmälert die Wirkung ein klein wenig, was den Beginn der zweiten "Hälfte" betrifft - mit ein Grund, warum ich fees Vorschlag so gut finde, denn er "behebt" auch diese (wirklich nur kleine!) "Schwachstelle".

Auch dem Inhalt stimme ich zu (mit einer kleinen "Einschränkung"). Ich denke, der "richtige Weg" liegt wie immer in der "Mitte". Nur ständig durch das Leben zu hetzen, geplagt vor der ständigen Sorge, was morgen kommen könnte, das ist "zuviel des Guten". Wenn z. B. im "Heute" so geknausert und gespart wird, um für das "Morgen vorzusorgen", dass der/die Betreffende buchstäblich gar nicht mehr "lebt" - nein. Auch im "Jetzt" sollte man noch etwas "Schönes" haben, sonst verliert man jede Daseinsfreude. Aber einfach nur völlig "sorglos" zu sein, das funktioniert ebenso wenig (zumindest nur sehr kurzfristig), denn wenn ich heute nicht darüber nachdenke, wo ich morgen mein Essen hernehme - das kann nur "schiefgehen". Es gilt hier, die "goldene Mitte" zu finden. Vorzusorgen, im vernünftigen Rahmen, und sich auch im "Jetzt" genügend zu "gönnen", um auch zu "leben". Nicht immer einfach, da das "rechte Maß" zu finden, ab und zu "schwanken" bei uns allen mal die "Waagschalen" ein bisschen. Wichtig ist nur, dass das Leben nicht auf eine der beiden Seiten "kippt".

Sehr schön auch der Wechsel vom Jambus zum Trochäus, er passt sehr gut zum Inhalt.

Die Form des "verschränkten" Neunzeilers werde ich mir sicher merken, ich finde ihn sehr interessant, gelungen und halte ihn für eine echte Innovation von deiner Seite.

Ich lasse dir hier sehr gerne ein Lob zurück!

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

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Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


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Alt 04.01.2012, 10:35   #4
Thomas
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Liebe fee,

vielen Dank für deine Kritik am doppelten Herz. Du hast völlig Recht, denn es gibt keinen Grund. Auch deine vorgeschlagene 'Reparatur' ist so verteufelt gut, dass es mich einige Zeit gekostet hat, herauszufinden, warum mir der Vorschlag ein gewisses Unbehagen erzeugt hat. Ist liegt nämlich daran, dass 'Gewissen' eine moralische Schuld impliziert. Was ich ansprechen wollte, ist aber das Nagen, auch ganz unabhängig davon stattfindet, z.B. wenn wir bei unserem Hasten und Jagen selbst gesteckte Ziele nicht zu erreichen glauben, wobei das Gewissen ja gar nicht beteiligt ist. Ich schlage deshalb vor, etwas allgemeiner zu sagen: 'Wenn Zweifel uns im Innern nagen' und hoffe, dass du das auch passend findest.

Liebe stimme der Zeit.

vielen Dank dafür, dass du meine Formversuch so treffend erklärt hast. Ich hätte auf fee wahrscheinlich mathematisch kurz 'C=A' geantwortet, und nichts wäre klar gewesen. Dein Hinweis auf das rechte Maß stimmt genau, wobei das Gedicht sich mehr an diejenigen richtet, die sich vom ganz äußeren Ende des Waagebalkens in die Richtung der maßvollen Mitte hinzu bewegen beginnen.

Liebe Grüße an euch beide
Thomas
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Alt 04.01.2012, 10:43   #5
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hallo, thomas,


ich meinte eigentlich gar nicht das große, moralische gewissen, sondern eher das gewissen, das uns in unserer verantwortung uns selbst gegenüber als innere stimme zur seite steht. mal mehr, mal weniger "frei" von anerzogenen lebensperspektiven. verstehe aber, dass dir das wort nicht gefällt.

ganz zufrieden bin ich mit "wenn Zweifel uns im Innern nagen" jedoch nicht. bei "uns" und "nagen" ergänze ich (beinah) automatisch das "an-" als vorsilbe zum nagen. "uns annagen" hat dann einen etwas ungewollt-humorigen touch, würde ich mal sagen.

wie wäre denn

"wenn Zweifel tief im Innern nagen"? das "uns" kommt nämlich auch zwei Zeilen davor - wäre dann in der Doppelung auch wieder weg.

C=A hatte ich übrigens schon erkannt (ich bin mit einem technischen mathematiker verheiratet ). a klingt aber eben nicht wie c, hätte ich drauf gesagt und das tu ich jetzt auch.

was aber nichts am wohlklang des gedichtes ändert und daran, dass es mir (immer noch) gut gefällt.


liebe grüße

fee
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Alt 04.01.2012, 17:50   #6
Thomas
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Ja, liebe fee,

ich werde das 'tief' einsetzen, welches ich auch schon erwogen hatte, wahrscheinlich hat mich das helle 'i' abgehalten, es zu wählen. Aber nachdem ich dein 'annagen' gelesen habe, geht es mir auch nicht mehr aus dem Kopf - scheint ansteckend zu sein. Auch mit dem C hast du Recht, das ist weniger streng und es wird schießlich die bessere Form werden. Vielleicht fällt mir oder dir ein weiteres Beispiel (mit C statt A) ein.

Liebe Grüße
Thomas
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Alt 04.01.2012, 18:07   #7
fee
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ach iwo, thomas,


lass das A ruhig. ich finde es bestens so wie es da steht.
ich meinte nicht, dass es hier "falsch" wäre, das C durch noch ein A zu ersetzen (das auch noch genial die strophen verschränkt), sondern dass ich dadurch die nonarime eben nicht erkannt habe.

hättest du die form nicht erwähnt, wär ich gar nicht erst auf nonarimen-suche gegangen.

lieber gruß

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