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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 14.08.2014, 11:54   #1
AAAAAZ
Wortgespielin
 
Registriert seit: 18.07.2014
Ort: NRW
Beiträge: 664
Standard Freiwillige Käfighaltung

Deinen Weg kenne ich, denn ich bin du,
bin deine Einsicht, bin schmerzliche Gedanken.
Und als Sehnsucht stör ich deine innere Ruh.
Oft weis ich dich mit Angst in deine Schranken.

Das ist meine Weisheit, welche da aus dir spricht.
Nach jeder Kurve spürst du täglich tiefes Hoffen.
Ich bin dein Vorsatz, der kläglich neu zerbricht.
Sieh doch, die Türe deines Käfigs steht weit offen.

Ich kenne deinen Weg, und deine Kehre.
Die kühlen Gitterstäbe bilden einen Wald.
Und zwischen Bäumen fällt dein Blick auf dunkle Leere.
In tiefer Furche deiner Furcht fühlst du den Halt.

Du saugst die Tage in dich rein wie Zigaretten,
weißt, dass der Zug den Bahnhof Zufall nicht erreicht.
Nur manchmal säusle ich mit Liebe durch die Betten.
Die nassen Kissen sind von Träumen aufgeweicht.

Ist bei dir alles nun vergebens?-Ich bin es, die Erinnerung und Erfahrung deines Lebens.
Fremder Duft von Tieren und Blumen bestimmten deinen Weg.
Weißt du noch? Wir waren täglich auf spannenden Reisen.
Wie oft hast du als kleines Kind dich vor mir versteckt,
und unberührte Welten auf Nebengleisen,
im Zauber aller Dinge für uns neu entdeckt.
Was beugst du dich jetzt freiwillig
den Grenzen deiner eigenen Vorstellung
und siehst dir so lange traurig zu.
Auf schattig engen Bühnen
in schäbigem Licht
dringt nichts nach außen.
und nichts findet Ruh.
Siehst du mich nicht?
Lass mich dich nur fühlen!
Neben dem Rhythmus,
und Gleichmaß der Schritte
steht hier deine Mitte,
Hier draußen steh ich
und warte auf dich.
Nun komm endlich
spielen!

Geändert von AAAAAZ (15.08.2014 um 13:40 Uhr)
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Alt 14.08.2014, 15:56   #2
Hollerith
Matador mit Adlerblick
 
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Ort: auf meiner Ranch
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Hallo AZ,

das ist ja mal eine ganz andere Präsentation von Gedicht. Die ersten 4 Strophen in Reimform, der Rest im Erzählstil. Gefällt mir sehr gut!

Geht es um Zirkustiere, die nichts anderes kennen als ihren Käfig, weil sie dort geboren sind?
Instinktiv ahnen oder wissen sie aber, daß es da noch etwas anderes geben muß, nämlich die Freiheit der angestammten Heimat.
Oder sie sind als Babys eingefangen worden und haben nur ganz kurz die Freiheit gesehen und gespürt. Jetzt aber würden sie sich nicht zurechtfinden und bleiben vielleicht auch bei offenen Käfigtüren lieber hinter den Stäben.

Mich hat dein Text sehr berührt und nachdenklich gemacht. Ich bin auch absolut gegen das Zirkuswesen und Käfighaltung generell.
Bei mir rennst du mit dieser anklage offene Türen ein.

LG Holle
__________________
Mit Adleraugen such ich dich, durch Adleraugen find ich dich.
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Alt 14.08.2014, 19:42   #3
AAAAAZ
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Hallo Holle,

schön, dass es dich berühren konnte.
Zirkus und Käfighaltung sind nicht gemeint, sondern die Haltung zu unserem eigenen Käfig.
Der eine packt keine Bohrmaschine an, und der andere keinen Kochföffel, für den nächsten sind Fremdworte oder Fremdsprachen Unüberwindlichkeiten, und der nächste könnte sich niemals vorstellen zu zelten, auszuwandern, ein modernes Theaterstück anzuschauen oder Schulden für die Umsetzung einer betrieblichen Idee aufzunehmen. Wir haben unsere Gitterstäbe und schränken unseren Lebenshorizont zeitlebens ein. Nur dem Kind sind seine natürliche Unvoreingenommenheit, seine Neugier und seine offenen Schritte zu eigen. Ob letztendlich unsere eigene Beschränktheit , Gewohnheit, unreflektierte Glaubenssätze, ein verstärktes Über-ich oder gesellschaftliche Normen dahinterstehen, welche uns am Verlassen und Ausbruch der gesicherten und geliebten Bahnen hindern, bleibt dahingestellt. Vielleicht sind es auch unbegründete Ängste, Instinkt, Überlebenswille, Sicherheitsbedürfnis, Erfahrung....Was auch immer, egal.
Werdet wie die Kinder...,
Suche/ wecke das Kind in dir...,
Die Begegnung mit dir selbst....
Die lebensratgebenden Anstöße gibt es zuhauf. Die Entdeckung der eigenen Gitterstäbe und der eigenen Beschränktheit ist spannend.
Der mutige Weg auf neuen Pfaden ist auf jeden Fall bewusstseinserweiternd, egal wie banal und selbstverständlich es dem Außenstehenden auch erscheinen mag.
Auch die Wissenschaften haben von solchem erweiterten Denken und Handeln neben den ausgetretenen Gewohnheitspfaden profitiert.
Es gibt Langzeitgefangene, die sich zu ihrer Zelle zurücksehnen, welche ihnen eine vertraute Geometrie und Struktur geboten haben.
Der Käfig ist stets im Kopf.
Danke für dein Feed back, AZ
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Alt 16.08.2014, 16:44   #4
Hollerith
Matador mit Adlerblick
 
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Hallo AAAZ,

da lag ich ja mit meiner Zirkus-Idee ganz schön daneben
Deine Antwort zeigt nun auf, wo mein Denkfehler lag. Daraufhin sehe ich den Text mit anderen Augen.
Danke für deine ausführliche antwort! Nun sehe ich klarer! Guter Text! Man sollte genauer über die Aussage nachdenken, ich meine, da würde man einiges an seinem eigenen Leben entdecken, das anders laufen könnte. Allerdings muß man dazu auch die Kraft haben und die Gelegenheiten bekommen.

LG Holle
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Alt 19.08.2014, 01:43   #5
AAAAAZ
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Hallo Holle,

mehr noch als Kraft und Gelegenheit sind für mich Wille und Erkenntnis maßgend, um den Käfig effektiv verlassen zu können. Gelegenheit ist ja jeden Tag vorhanden, zur Genüge. und die Kraft speist sich aus der Erkenntnis. Ultimativer Motor sind aber auch Krankheit, Tod, und Lebenskrisen, um Gewohnheiten aufzubrechen. Mag sein, dass die Lust und die Neugier bei allem auch nicht zu vernachlässigen sind, zumindest bei den Jüngeren. Gruß, AZ
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