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Satire Zipfel Für Zyniker und andere Fieslinge

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Alt 30.03.2018, 15:45   #1
Sufnus
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Standard Verspätung

Verspätung

Der Himmel ist gründlich vergeben
(wir handelten widers Gebot).
Jetzt mästen die Seele am Leben
wir - aus tiefster Atemnot

rufen wir unseren Namen,
einen anderen haben wir nicht,
die Ewigkeit senkt ihre Fahnen
von jetzt bis zum jüngsten Gericht.

Und wenn mal die Wolken verschwinden,
ists hier wieder wüst und leer,
das Himmelslicht wollt lang nicht zünden,
und dann intressierts keinen mehr.

Geändert von Sufnus (03.04.2018 um 17:44 Uhr)
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Alt 31.03.2018, 12:59   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Sufnus!

Interessanter, hintergründiger Text.

Was du als Vorwurf formulierst, erscheint mir hingegen höchst wünschenswert: Endlich weg mit all den Göttern und ihren Ansprüchen - ohnehin alles nur von Menschen erdacht, um sich Macht zu verschaffen, über die Naturgewalten oder das Schicksal (eingebildet), oder über andere Menschen (höchst berechnend)!

Was mich beim Lesen etwas stört, sind Ein-Wort-(oder Kurz-)Enjambements wie zB. in S1Z3/4 - die verwüsten den rhythmischen Duktus doch ein wenig, wie ich finde, auch wenn sie rein technisch interessant sind.
Enjambements sollten weiter reichen als nur ein Wort weit in die Folgezeile oder -strophe, damit die Sprachmelodie sie trägt.

S3Z1 und 3 bräuchten noch ein Komma am Zeilenende.

Sehr gern gelesen!

LG, eKy (alter Zausel)
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 03.04.2018, 17:43   #3
Sufnus
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Hi eKy!
Vielen Dank für Deine Anmerkungen und das Dich liebevoll zauseln lassen... nee... Lassen!
Du hast mit der Anmerkung zum Minienjambement natürlich vollkommen recht - ein Leseflussbruch, keine Frage. Wollt mal wieder was ausprobieren und ich lass es jetzt auch einfach so stehen (Osterfaulheit... zuviel Eierlilkör).
Dafür werden die Kommatäter noch pflichtschuldig nachgereicht, soviel Zeit muss sein.
Und was das Inhaltliche angeht: die Entjenseitigung des Diesseits wird in den Zeilen zwar konstatiert, aber das soll (so war mein Plan) nicht als Vorwurf an die glaubensfernen Menschen formuliert sein - immerhin sind die ja nicht freiwillig aus dem Garten Eden ausgezogen.
Grüße!
S.

Geändert von Sufnus (03.04.2018 um 18:19 Uhr)
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Alt 06.04.2018, 14:57   #4
vedena
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Verspätung
Hallo Sufnus,

ein sehr interessanter Text. Ich wundere mich immer wofür das gute
Jenseits immer herhalten muss - aber wenns darum geht, unsere Seelen zu retten ....


Der Himmel ist gründlich vergeben
(wir handelten widers Gebot). - ich frage mich, ob man hier nur "wider" schreiben könnte - klingt für mich besser
Jetzt mästen die Seele am Leben
wir - aus tiefster Atemnot

rufen wir unseren Namen,
einen anderen haben wir nicht,
die Ewigkeit senkt ihre Fahnen
von jetzt bis zum jüngsten Gericht.

Und wenn mal die Wolken verschwinden, - das "mal" tut mir als Ösi immer besonders weh und m.E. klingt es ziemlich unlyrisch, mein Vorschlag wäre "dann"
ists hier wieder wüst und leer,
das Himmelslicht wollt lang nicht zünden,
und dann intressierts keinen mehr.

Wie gesagt, alles deine Entscheidung. Du hast einen nachdenklichen Bogen gespannt - mit eindringlichem Ende. Ich mag's.

Beste Grüße
vEdenA
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Mein Buch "Leitersprossen"

ISBN-10: 3853060501
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Alt 08.04.2018, 20:14   #5
Sufnus
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Hey vedena!
Dankeschön für Deinen lieben Kommentar!
Was das "wider" vs. "widers" angeht, müsste ich wohl, wenn ich das angehängte s vermeiden wollte, "wider das Gebot" schreiben, was metrisch etwas sperrig würde... hm...
Und ist "mal" tatsächlich ein Piefkismus *hilfesuchend nach eKy umschau* Ich hielt das für eine umgangssprachliche Flapsigkeit, deren Gebrauch ganz unabhängig von Küsten- oder Alpennähe erfolgt, lass mich da aber sehr gerne eines Besseren belehren... ich liebe ja die Tatsache, dass landschaftlich-kulturell-gebundene Sprachbesonderheiten das Deutsche so bereichern.
Liebe Grüße,
S.
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Alt 11.04.2018, 17:55   #6
Erich Kykal
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Hi Sufnus, Vedena!

"Widers" ist hier korrekt als Verkürzung von "wider das" angewendet.

Früher hätte man es mit Apostroph geschrieben ("wider's"), was mir persönlich besser gefallen hat, machte es die Verkürzung doch augenfällig sofort klar.

Heute kann man wohl alle Apostrophe weglassen, wenn man will. Ich verwende sie noch, wenn ein "es" involviert ist, das ist eine Macke von mir, weil ich die NR ablehne und die inkompetente Inkonsequenz ihrer Väter verachte.

"Wir handelten wider Gebot" ist natürlich auch korrekt, auch wenn es dank seiner eher telegrammhaften Knappheit eher militärisch wirkt. Im Grunde ist es eine noch drastischere Verkürzung als "widers", da das "das" hier ganz eingespart wird.

Wofür man sich entscheidet: Geschmackssache!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 14.04.2018, 12:38   #7
Eisenvorhang
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Zitat:
Zitat von Sufnus Beitrag anzeigen
ich liebe ja die Tatsache, dass landschaftlich-kulturell-gebundene Sprachbesonderheiten das Deutsche so bereichern.
Liebe Grüße,
S.
Dein Gedicht ist toll! Mich fasziniert deine Schrift, sie atmet keine fremde Lyrik.
Ja, das Deutsche ist extrem flexibel - ich stamme ja aus Sachsen und hier ein paar Lyrikzeilen meines Vaters, als er noch jung war.

Zitat:
Dort, wo der Tag kurz seine Leinen zieht,
schwebt über Gartenzäunen Milch
bis acht zum Nachbar nei.
Im Teich blubbert das O des Mundes
vom Fisch, der im Laich erstickt.
Mückn verdümpeln im Brombeerrot der Dämmerung.
Dor Nachbar zieht sei Frah ins Fanster nei,
sonst fällt sie durch den Boden
bis ans andere End dor Wält.
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