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Fremdsprachen und Mundarten Wer andere Sprachen und Dialekte beherrscht

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Alt 24.05.2009, 12:21   #1
fee
asphaltwaldwesen
 
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Standard es lewe der zentralfriedhof, de zweite

„es lewe der zentralfriedhof“
heast, das i ned laud låch.
seid hundert joah ziag i an schnof
und tråg a schweres joch.

ois büstn haums mi aufgstöht då,
gaunz ohne fiaß und händ,
ois war aun tode prominenz
jeds gliedmåßerl vaschwendt.

's håd kana üwalegt, das mia
hier jede nåcht de brauchn.
und weu ma tod san, kenan ma
uns a nix mea vastauchn.

doch wie kumm i von a nåch b,
von meinem gråb zur erna?
das i a gspusi dådan håb
gebührt se fir an weana!

a jeds moi, wauns då zwöfe schlågt,
då ruck i umanaund,
vazweufld, hüflos, oiso trågd
da wind, wi 'r a's hoid kaun

mei bussl zu da erna durt
in ihre stanagruft,
wo's liegt und auf mi woatn duat,
waun zwöf de turmuhr ruft.

wir keman woi nie zuranaund,
es bleibt a amour fuh.
de bledn pompfüneberer
de någln d' särg jå zu.



.fee ´ 09
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan

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Alt 24.05.2009, 15:43   #2
Seeräuber-Jenny
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Ahoi fee,

was für ein originelles Gedicht über eine Amour fou auf dem Zentralfriedhof!

Vor allem in der Umschrift! Gekonnt und interessant geschrieben, gern und bewundernd gelesen.

Zur Abrundung des Kunstgenusses hier noch das gleichnamige Lied von Wolfgang Ambros:
http://www.youtube.com/watch?v=-hyxtJ9kLJA

Lieben Gruß
Seeräuber-Jenny

Geändert von Seeräuber-Jenny (24.05.2009 um 15:46 Uhr)
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Alt 24.05.2009, 16:01   #3
Medusa
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Liebe Fee,

ich bewundere Deine Vielseitigkeit über alle Maßen!

Hätte ich nicht Jennys Kommentar gelesen, wüsste ich überhaupt nicht, worum es geht. DA hörts bei mir auf, nüscht is! Allerdings habe ich beim langsamen Lesen wenigstens erkannt, dass es schön klingt und metrisch, so glaube ich, auch perfekt ist.

Eine Frage noch:
- Wie wird das "a" ausgesprochen, wenn es einen Kringel hat????? Wie "o" bei Hof oder wie "ä" bei Händ? Du hast beides im Angebot!

Total verwirrte aber sehr amüsierte Grüße,
Medusa.
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Alt 24.05.2009, 16:04   #4
fee
asphaltwaldwesen
 
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g´schamster diener, seeräuber-jenny,


freut mich, wenn die exotik des wienerischen und das morbide dir gefallen haben.
beides gehört ja zu wien so wie die weißwurst zu den bayern.... oder so...

tatsächlich kann man sich in wien am zentralfriedhof eine nacht-bestattung bestellen. mitsamt schwarzem trauerzug und kutsche. stilvoll morbid, oder?

die wiener wissen halt, was sich g´ hört...


ich nehme an, das weanarische hat auf die deutsch-deutschen eine ähnliche anziehungskraft wie auf mich das hessische, kölsch oder platt so bezaubernd anziehend exotisch wirken. jedenfalls freut es mich sehr, wenn es gut ankommt und auch verstanden wird. ich steig nämlich bei platt oder kölsch und dem allen total aus. keine chance. insofern: hut ab!


liebe medusa,

bitte nicht zuviel bewundern, sonst werd ich richtig rot... aber freuen tuts mich natürlich schon.

das a mit kringerl spricht sich aus wie das o in "loch", nur ein bisserl breiter in richtung a halt. ich geb, wenn ich´ s schaff, eine übersetzung dazu, ja? dauert aber noch ein bissl.


lieber gruß einstweilen,


fee



PS: dazueditierte übersetzung (leider ungereimt, das hab ich nicht auch noch hingekriegt)

Zitat:
„es lewe der zentralfriedhof“ es lebe der zentralfriedhof,
heast, das i ned laud låch. hah, dass ich nicht laut lache!
seid hundert joah ziag i an schnof seit hundert jahren schon schau ich verdrießlich drein
und tråg a schweres joch. und leide gar bitterlich.

ois büstn haums mi aufgstöht då, als büste hat man mich hier aufgestellt
gaunz ohne fiaß und händ, völlig ohne füße und hände,
ois war aun tode prominenz als wäre an verstorbene prominenz
jeds gliedmåßerl vaschwendt. ein jedes gliedmaß verschwendet.

's håd kana üwalegt, das mia keiner hat sich überlegt, dass wir
hier jede nåcht de brauchn. die hier jede nacht brauchen.
und weu ma tod san, kenan ma und da wir verstorben sind, können wir
uns a nix mea vastauchn. uns auch nichts mehr verstauchen.

doch wie kumm i von a nåch b, doch wie gelange ich von a nach b,
von meinem gråb zur erna? von meinem grab zur Erna?
das i a gspusi dådan håb Dass ich eine Liebschaft hier pflege,
gebührt se fir an weana! gehört sich für einen echten Wiener!

a jeds moi, wauns då zwöfe schlågt, jedes mal, wenn's zwölf uhr schlägt,
då ruck i umanaund, da rücke ich herum,
vazweufld, hüflos, oiso trågd verzweifelt, hilflos, deshalb trägt
da wind, wi 'r a's hoid kaun der wind, wie es ihm grade möglich ist,

mei bussl zu da erna durt meinen kuss zu Erna, dort
in ihre stanagruft, in ihrer steinernen Gruft,
wo's liegt und auf mi woatn duat, wo sie liegt und meiner harrt,
waun zwöf de turmuhr ruft. wenn zwölf die turmuhr ruft.

wir keman woi nie zuranaund, wir werden wohl nie zueinander gelangen,
es bleibt a amour fuh. es bleibt eine amour fou
de bledn pompfüneberer die dummen leichenbestatter
de någln d' särg jå zu. nageln nämlich die särge zu.
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"Gedichte sind Geschenke an die Aufmerksamen" Paul Celan

Geändert von fee (24.05.2009 um 16:19 Uhr)
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Alt 24.05.2009, 16:58   #5
Medusa
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Liebe Fee!

DAS ist schwarzer Humor vom Feinsten, danke für die Übersetzung!

Lachende Grüße,
Medusa.
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Alt 25.05.2009, 07:59   #6
Hans Beislschmidt
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Hey Fee,

wir beide kennen ja das berühmte Lied von Wolfgang Ambros, der wie kein anderer mit seinen kernigen Texten mein Herz genau in der Mitte trifft. Mit deiner Version hast du einen besonderen Aspekt geliefert und ich stelle mir gerade die Melodie zu deinem Gedicht vor. Hast du es schon ausprobiert? Ich meine dein Gedicht zu singen?

köstlich amüsiert - Grunz Gruss vom Hans
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chorch chorch
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Alt 25.05.2009, 09:21   #7
Leier
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Hei, fee!

Schwarzes vom Feinsten!
Mit oana schwoazzn Dintn gschriehm!
Ich l i e b e den Wiener Zungenschlag, wenn ich auch etwas genauer lesen muß.
Ich wäre ohne Übersetzung zurechtgekommen.
An Ambros dachte ich nicht, eher an Ludwig Hirsch. Egal.

Ein wunderbares Stück!

Lieben Gruß
von
cyparis
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Alt 26.05.2009, 09:42   #8
fee
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lieben dank, medusa, hans b. und cyparis,


für die so überschwänglich mitgeteilte freude und das vergnügen "aun meim klaan schwoazn".

der annähernde vergleich mit ludwig hirsch ehrt mich jetzt schon sehr.

gesungen, das gedicht? nein. ich gestehs - darauf bin ich noch gar nicht gekommen. ich werd diesbezüglich mal in mich gehen.


gfreit mi, wauns eich gfoin hod.


g´schamster diener,

fee
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Alt 26.05.2009, 15:34   #9
a.c.larin
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serwas fee,

i hob des glei gaunz guat vastaundn, oba ois hiesige is des jo schließlich ka kunst net - des hot ma quasi mit da muttamüch aufgsogn, gewissamoßn!
wos dera oaman büste bassiert is, kaun ma nua a gaunz blede gschicht nenna: murdstrumm valiabt sei - und kane händ dazua! a so a schaas!

owa wias hoit in lebn so is: oft host a pech aa......
dass des owa bei di dodn so weidageh soi, des woa ma neich......
jojo, waun da herrgott net wü, nutz des gor nix.....

so sans , de weana: wauns sunst nix zun raunzn gibt, schreibns hoit iwan fridhof....

oiso : serwas madl, bis daun!
(i triff di liawa oisa lewendicha!)

zwickabussi
larin
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Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.05.2009, 17:31   #10
fee
asphaltwaldwesen
 
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Beiträge: 961
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na heast, jetzt zwickt me des freche weana madl a no...,


owa so a zwickabussi is ollaweu nu bessa ois a so a windshaucherl, so a lüfterl ohne schmoiz von ana büstn von irgend so an dodn künstla ohne händ.

lewendich sama locker nu laung gnua, das ma nu a poa gstanzln reiman. und des is a guad so.

und wauns nu ka weana philousoph vua mia gsogt hod, daun sog i s hoid jetzad: de liewe is vagenglich wira eulenschaas.


windshaucherbussi zruck,


fee
(ma, is des schee)
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