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Alt 19.04.2013, 21:48   #1
wüstenvogel
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Standard Kinder der Welt

"Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst....
Ihre Seelen wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht besuchen könnt,
nicht einmal in euren Träumen."
(Khalil Gibran, Von den Kindern)

So viele Kinder
täglich
geschlagen
ausgebeutet
misshandlet
versklavt
missbraucht
kaum geboren
schon verloren.

Wir haben es nicht geschafft
diese Welt zu erhalten
zu gestalten
als eine Heimat
für alle Menschen
groß und klein.

Es wird immer
die Welt der Kinder sein
umso schlimmer
was wir ihr
und ihnen angetan
in unserem kranken Wahn
zu glauben
die Erde sei uns untertan.
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Alt 19.05.2013, 16:15   #2
Falderwald
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Hallo wüstenvogel,

ich würde gerne hinten anfangen, denn hinterfragen wir doch einmal die Mentalität dieser menschlichen Hybris.

Genesis 1

Vers 27: "Und Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie einen Mann und ein Weib."

Vers 28: "Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht."

...

Vers 30: "Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag."

Dieser kranke Wahn ist also nichts anderes, als der dem Menschen gegebene göttliche Auftrag, der jenen verhängnisvollen Weg eröffnete, dessen bitteren Ende sich nun abzuzeichnen beginnt.

Keine Naturreligion ist jemals so verantwortlungslos mit der Umwelt umgegangen wie das christliche Abendland, was ja nun heute die gesamte durch gemeinsame Werte (griechische Philosophie, römisches Recht und Christentum) verbundene westliche Welt mit einschließt.

Nahm nicht von hier aus dieses ganz Dilemma seinen Ursprung?

Waren es nicht die Christen, die ganze Kontinente zwangsbekehrten und ihren unheiligen Aberglauben den Menschen mit Gewalt aufzwangen, die Eingriffe in fremde Kulturen und Gesellschaften vornahmen und ihnen den Segen der sogenannten Zivilisation brachten?

Das ist der Preis, den die Menschenwelt heute dafür bezahlen muss.

Die Zeilen in deinem Text sind eine Anklage, die zu Recht geführt wird, die Ursachen und die Motivation für diese "Verbrechen" jedoch sind in der jüdisch/christlichen Tradition zu finden.

Und solange die Gehirne der Menschenkinder dieses Planeten weiter mit diesem geistigen Unrat manipuliert werden, wird sich auch in Zukunft daran nichts ändern.

Für mich liegt hier eindeutig "the root of all evil".

Ich weiß natürlich nicht, ob dies den Intentionen deines Gedichtes entspricht, aber mir kamen beim Lesen des Textes sofort diese Gedanken.


In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 19.05.2013, 19:42   #3
wüstenvogel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.08.2011
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Beiträge: 446
Standard Kinder der Welt

Hallo Falderwald,

ich habe ein sehr widersprüchliches Verhältnis zur christlichen Religion -
Mich fasziniert dieser Mensch Jesus, weil er das, was er gesagt hat, auch ziemlich vorgelebt hat (wenn ich auch mit seinem sinnlosen Opfertod Probleme habe).
Und wenn der Papst sagt, dass das Geld den Menschen dienen soll und nicht umgekehrt, dann kann ich das auch unterschreiben.
Die christliche Kirche (vor allem die protestantische) erweist sich in der heutigen Zeit als eine wichtige moralische Instanz.

Andererseits -wenn man die Geschichte des Christentums betrachtet (Christianisierungen, Kreuzzüge, Hexenverbrennungen, sexueller Missbrauch),
dann kann ich jeden verstehen, der sich schaudernd abwendet.

Du hast die letzten Zeilen meines Gedichts schon richtig eingeordnet -
dieser "göttliche" Auftrag an die Menschen, sich die Erde untertan zu machen, ist ziemlich fatal.
Wir sind gegenüber der Natur nicht einmal gleichberechtigt, denn sie hat uns Millionen von Jahre nicht gebraucht, geschweige denn, dass wir "über" ihr stehen.

Wir können der Natur nur zeigen, dass wir sie beherrschen, wenn wir sie zerstören - und dadurch uns selbst.

Und das ist kranker Wahnsinn!

Vielen Dank für deine sehr anregenden Bemerkungen!


Viele liebe Grüße

wüstenvogel
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Alt 19.05.2013, 20:57   #4
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.907
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Hallo wüstenvogel,

das Problem, das ich mit der "Person" Jesus habe, ist, dass ich mir nicht einmal sicher bin, ob diese historische Figur überhaupt jemals in der angegebenen Weise existiert hat.

Es mag sein, dass es einen Prediger mit diesem Namen gegeben hat, vielleicht sogar mit der Absicht, den jüdischen Glauben zu reformieren.

Ich aber habe mich nicht nur mit Grauen von dieser Religion losgesagt, sondern traue ihr auch zu, bestimmte "Personen" für ihre Zwecke missbraucht und idealisiert zu haben.

Leider kann ich der Institution Kirche - ob kath. oder ev. - nichts mehr glauben, weil sie immer und überall lediglich mit Allegorien arbeitet und somit versucht, den Menschen durch Lügen eine Moralvorstellung zu vermitteln.

Selbst wenn diese Bemühungen zu früheren Zeiten durchaus gerechtfertigt erschienen, so bleiben diese ganzen Geschichten und das "Gefasel" von angeblicher Offenbarung und Wundern nichts als Lügen und Hirngespinste, die einstmals dazu dienten, die weniger gebildeten Menschen zu überzeugen und mit Hoffnungen und Versprechen zu erfüllen, die nicht eingehalten werden können.

Und äußerst praktisch ist dabei der Umstand, dass sich niemand mehr nach seinem Tode darüber beschweren kann, dass dies alles nur großer Humbug ist.

Ein Märchen für Erwachsene, genau wie der Osterhase und der Weihnachtsmann für Kinder.

Nun denn, wem es hilft sein kümmerliches Erdendasein besser zu ertragen, dem sei es gegeben. Dann hat dieser ganze Unsinn zumindest noch eine Funktion.

Für mich ist jegliche Religion lediglich ein geistiger Infantilismus.

Es wäre Zeit für die Menschheit, diese Entwicklungsstufe endlich hinter sich zu lassen.
Ich glaube, dann würde dieser Welt noch viel zukünftiges Leid und Elend erspart bleiben. Denn solange Religionen existieren, wird es immer wieder auch radikale Spinner und Fanatiker unter ihren Anhängern geben, die ihre Weltanschauung notfalls mit Gewalt durchsetzen wollen.

Für diese Typen wünschte ich mir tatsächlich fast, dass es eine Hölle gäbe, in der diese Brut schmoren muss, denn meinetwegen kann sich diese Pack im wahrsten Sinne des Wortes zum Teufel scheren.

Ich sehe Religiosität unter dem Motto: Zu doof zum Leben und zu feige für den endgültigen Abtritt von der Weltbühne.

Aber, das ist natürlich nur meine Sicht auf die Dinge.

Manchmal wünsche ich mir natürlich auch eine unsterbliche Seele, aber leider kann ich für diesen Umstand keine Anhaltspunkte entdecken, so habe ich mich mit dem unweigerlich kommenden und endgültigen Ende arrangiert und abgefunden.

Und so brauche ich diese Philosophie für das Volk für mich nicht, denn Ethik und Moral sind rein menschliche Erfindungen und dafür gibt es genügend weise, weltliche Schriften (z.B. Kant, Schopenhauer, Krishnamurti u.v.a.), die Definitionen für ein ethisches und moralisches Zusammenleben liefern können.

Man kann es auch auf einen kurzen Nenner bringen:

„Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg' auch keinem anderen zu.“

Wenn ich mich daran halte, dann kann ich auf diesen ganzen übersinnlichen Hokuspokus verzichten.

Und bevor ich mich da jetzt weiter hineinsteigere und wieder einem mittleren Wutanfall erliege, beschließe ich das jetzt hier lieber mit einem Zitat von Jiddu Krishnamurti:

Zitat:
Zitat von Jiddu Krishnamurti
Alle Ideologien, ob religiöse oder politische, sind idiotisch, denn es ist das begriffliche Denken, das begriffliche Wort, das die Menschen auf so unglückliche Weise gespalten hat.
Ein einziger Satz nur, der mehr Wahrheit in sich trägt, als Bibel, Qur'an, Thora oder sämtliche hinduistischen und buddhistischen Schriften zusammen.

Sorry, für meine Ereiferungen...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 20.05.2013, 12:18   #5
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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hallo ihr zweie,

erstmal so viel: eine lanze zu brechen für den schutz der kinder, da stelle ich mich allemal gerne dazu.
insoferne ist das gedicht von dir, lieber wüstenvogel, etwas , das ich sofort mit unterschreibe.

dir, lieber falderwald, möchte ich entgegnen: mord und totschlag ist keine erfindung des christlichen abendlandes - das sogenannte christliche abendland konnte nur genau so wenig damit aufhören wie die anderen menschenhorden auch....

vielleicht liegt die crux ja - soziologisch betrachtet -darin, dass das gewissen etwas gruppenspezifisches ist, d.h., was der gruppe, der ich selber angehöre , gut tut, werde ich immer irgendwie" gut" finden, gleich wie es dabei den anderen geht.

die fähigkeit, über die eigene befindlichkeits- suppenschüssel hinauszugucken, ist etwas, das wir erst entwickeln müssen.
wir können uns oft gar nicht vorstellen, wie das, was wir tun, auf andere wirkt. oft bewirken wir ja auch schlimmes ohne bewusste absicht.
(wer denkt denn schon, wenn er auto fährt, daran, dass er die luft verschmutzt? er muss ja "nur" zur arbeit fahren oder einkaufen.)

der passus mit dem "untertan machen der erde" ist in einer zeit entstanden, wo menschen den naturgewalten noch ziemlich hilflos ausgeliefert waren - da war es dann wohl ein tröstlicher gedanke, darüber "herrschen" zu dürfen.
mittlerweile könnten wir aber erkenntnismäßig ein kleines schrittchen weiter sein und begriffen haben, dass wir nur zu gast sind auf mutter erde und dass die sache mit deren "beherrschung" nicht klappt, nie klappen wird.

was des weiteren auch nicht klappt, ist die beherrschung des menschen durch den menschen. soviel manipulation, aufsicht, regulation kann , darf und wird es nie geben, dass der jeweils einzelne sich nicht auch anders entscheiden könnte - und gegen den mainstream. ( im guten wie im schlechten)

mit anderen worten: wir sind dem unwägbaren nach wie vor ausgeliefert - und das macht so viel angst, dass wir uns doch immer wieder gerne in scheinsicherheiten flüchten, weil ständig angst haben zu müssen eben auch nicht gerade zum genuss des lebens beiträgt.

das einzige, das wir tun können, ist, durch gemäße aufmerksamkeit und fürsorge unseren kindern ein gewisses maß an vertrauen und sicherheit mitzugeben, damit sie als einigermaßen angstreduzierte erwachsene nicht von vorne herein in die fallen der illusion und der verhetzung tappen....

ich würde aber dabei nicht so weit gehen zu sagen, dass deshalb schon "kinder an die macht" gehörten.
kinder sind kinder und sollten es bleiben dürfen!
und am besten tun sie das, wenn es in ihrer jugend erwachsene gibt, die sie umsorgen und die last der verantwortung für sie tragen.

ehrliche verantwortung bedeutet nicht, schon immer alles zu wissen.
insoferne sind dogmen dumm.
ehrliche verantwortung heißt nämlich manchmal, vor den rätseln des lebens zu schweigen und zu sagen: ich weiß es nicht- lass uns gemeinsam darüber nachdenken.


in dem sinne dürfen wir dann auch im späteren erwachsenenleben "kinder der welt" bleiben....

liebe grüße,
larin
__________________
Cogito dichto sum - ich dichte, also bin ich!
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.05.2013, 12:45   #6
wüstenvogel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.08.2011
Ort: Wetzlar/Hessen
Beiträge: 446
Standard Kinder der Welt

Hallo Falderwald,
hallo Larin,

vielen Dank für eure sehr intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema.

Es gibt in allen großen Religionen eine Art "goldene Regel":

"Tue nicht anderen, was du nicht willst, dass sie dir tun" (Judentum)

"Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihr ihnen ebenso. (Christentum)

"Keiner von euch ist ein Gläubiger, solange er nicht seinem Bruder wünscht, was er sich selber wünscht." (Islam)

"Es gibt ein Wort, das jedem als praktische Lebensregel dienen könnte: Gegenseitigkeit." (Konfuzius)

Das ließe sich noch fortsetzen.

Wir müssten uns "nur" an diese Regel halten.

Es gibt auch einen großen Unterschied zwischen "Religion" und "Religiosität":

"Der religiöse Mensch ist etwas ganz anderes als der Mensch, der einen religiösen Glauben hat. Sie können nicht religiös und zugleich ein Hindu, ein Moslem, ein Christ, ein Buddhist sein. Ein religiösser Mensch sucht überhaupt nicht, er kann nicht mit der Wahrheit experimentieren." (Krishnamurti)

In diesem Sinn würde ich mich als religiösen Menschen bezeichnen, der sich aus allen Religionen das holt, was er für brauchbar hält.

Von daher habe ich kein Problem, vieles an den Religionen zu kritisieren und zu verdammen, aber nicht alles.
(siehe mein Gedicht: Beschneidungen)


Larin, auch dir vielen Dank für deine ausführlichen Bemerkungen.

Kinder sollen Kinder sein - fröhlich, neugierig, aufgeweckt - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Bei uns werden sie oft mit elektronischen Medien erschlagen, woanders fehlen ihnen die elementarsten Dinge. Hinzu kommt noch die ökonomische, militärische und sexuelle Ausbeutung!
Welche Gesellschaft(en) spiegeln diese Kinder wider!

Mein Freund Wladimir (der "Wüstenvogel") hat immer gesagt:
"Kindererziehung ist eine heilige Aufgabe".

Damit wäre ich wieder am Anfang und höre deswegen jetzt auf!

Nochmals vielen Dank an euch beide!

wüstenvogel
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