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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 31.08.2011, 06:51   #1
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
Standard Altes Haus am Berg

An den steilen Berghang schmiegt sich,
kaum gedeckt, das alte Haus.
Seiner Jahre ungeachtet
fliegen Schwalben ein und aus.
Unterm Dach verborgne Nester
hauchen ihm noch Leben ein.
Doch, wer es genau betrachtet,
sieht: So mancher Balken biegt sich
und der Nachtfrost nagt schon fester
hier am Putz und da am Stein.

Blind gewordne, dunkle Fenster
raunen still Melancholie:
Träume, die wie Glas zerbrachen,
Unrecht, das zum Himmel schrie.
Wer hat hier den Halt verloren
und trieb fort, im Strom der Zeit?
Worte, die das Herz zerstachen,
spuken weiter wie Gespenster,
unhörbar für Menschenohren –
doch es lauscht die Ewigkeit!

An den steilen Berghang neigt sich,
hingeduckt, das alte Haus.
Harrt es seiner letzten Stunde?
Menschen mögen wohl vergessen,
doch, am Himmelsmaß gemessen,
geht kein Grashalm je zugrunde
und es schließt sich manche Wunde.
Alter Frevel, er verschweigt sich,
doch das Leben, kraftvoll, zeigt sich:
Schwalben fliegen ein und aus.

Geändert von a.c.larin (05.10.2011 um 16:36 Uhr)
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Alt 31.08.2011, 11:02   #2
Ida
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard

guten tag larin,

das ist mal wieder ein gedicht, was mich 100% anspricht
melancholisch, doch nachdenklich und traurig, doch nicht ohne hoffnung
statt menschen wohnen schwalben, auch schöne bewohner und wen stört der verfall, solange leben darin ist
der wechselnde reim ließ mich erst stutzen, doch zumindest ist es nicht langweilig

sehr gern gelesen
lg ida
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Alt 31.08.2011, 19:53   #3
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Liebe Larin,

ein sehr stimmungsvolles, bzw. melancholisches Gedicht.
Als Leser hat man gleich ein "verwunschenes" Bild und als Vorübergehender bleibt man sicher stehen mit eben solchen Gedanken und Fragen, die dein Gedicht aufzeigt.

Interessant die übergreifenden Reime und ein schöner melodischer Lesefluss.

Nur weil ich die Reime beachtet habe, fiel mir das Wörtchen "sich" auf.
Weil man sich darin sinnend verlieren kann und du viele Bilder schaffst, komme ich nicht auf die Idee das zu erwähnen. Im Gegenteil, sie verlieren sich in den Bildern, passen und wollen nicht verringert werden.

Durch die Wiederholung der fliegenden Schwalben bekommt das Gedicht und das Haus etwas sehr Positives vom Bleibenden.

Gern gelesen und geschaut,
liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 01.09.2011, 18:35   #4
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
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Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, liebe larin,

ein wirklich sehr schönes Werk!

Das Gedicht kann ich sowohl im wörtlichen Sinne lesen (in Form einer Beschreibung) als auch im metaphorischen. In beiden Fällen ist es eine schöne Schilderung, die dazu auffordert, nicht mit Vergangenheit und Vergänglichkeit zu "hadern".

Die Schwalben fliegen, denn das Leben ist voller Kraft. Wenn man bereit ist, nicht nur das "Große", sondern auch das "Kleine" zu sehen.

Haus-Dach-Balken-Putz-Stein-Fenster-Glas: Jedes dieser Worte beschreibt auch einen "Bauteil" im "Haus" des Lebens.

Wichtig ist, dass man sich nicht von den "Gespenstern" erschrecken oder beherrschen lässt. Auch wenn es in alten Häusern manchmal "spukt".

Es ist alles noch in Ordnung, so lange die Schwalben fliegen. Die Schwalbe symbolisiert Hoffnung und Liebe, dabei ist sie zugleich auch ein Zeichen persönlicher Freiheit. Sie drückt die Sehnsucht nach einem geliebten Menschen aus und die Hoffnung auf dessen Wiederkehr. Mythologisch gesehen verkörpern Schwalben den Wunsch der Menschen, der Kälte der Welt zu entkommen. Jeden Winter fliegen sie in den Süden, um im Frühjahr zurückzukehren. Sie entgehen der Kälte, indem sie in ein "warmes Land" ziehen.

Das Reimschema ist ungewöhnlich, aber es klingt gut - damit meine ich, dass seine Komplexität überhaupt nicht heraussticht. Es liest sich wunderbar rhythmisch, als ob es sich durchgängig "gleichmäßig" reimen würde, ich hoffe, ich kann dir so vermitteln, was ich damit meine. Selbst die fünf identischen Reime mit "sich" fallen nicht auf, sondern fügen sich () gut ein. Die Verse aus Strophe 1, die sich in Strophe drei leicht variiert "wiederholen" verstärken noch die Wirkung des Inhalts.

(Ich kenne Oktett und Nonarime, aber 10 Verse pro Strophe sind selten; deshalb kenne ich den Namen nicht, falls es einen geben sollte. Ich denke, es war sicher nicht einfach, deshalb hier mein Lob: Die "Anstrengung" hat sich "gelohnt".)

Ein kleiner Lapsus findet sich in Strophe 2, Vers 9:

unhörbar für Menschenohren – xXxxXxXx

Unhörbar wird xXx betont, so wie auch untragbar oder unendlich; im Gegensatz zu unsinnig oder unmenschlich (Xxx).

Das liegt daran: Es gibt Hörbar, tragbar und endlich - aber es gibt kein Unhör, Untrag oder Unend. Dafür gibt es Unsinn und Unmensch. Ich hoffe, ich konnte das einigermaßen darstellen.

Abgesehen von dieser einen, kleinen Erbse finde ich das Gedicht sehr, sehr gut gelungen.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

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Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.09.2011, 08:46   #5
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Ort: wien
Beiträge: 4.893
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morgen ida, morgen dana,

beim betrachten dieses hauses hatte ich auch sehr wechselhafte gefühle.
es kommt ja ganz darauf an, wie man den fokus seines blickes ausrichtet...

das reimschema war schon ein wenig schwierig - gewissermaßen "zöpfchenflechten" mit mehreren strängen.
strophe 1 und 2 sind gleich - nur strophe 3 musste (den schwalben zuliebe ) ein wenig anders werden.
doch ich denke, das hin-und herwechseln der reime widerspiegelt auch das changieren der gedanken ganz gut, die "gemischten" gefühle, die einen beschleichen, wenn man mit verfall und vergänglichkeit konfrontiert wird...

morgen, stimme der zeit,
du hast ganz recht: es hilft nichts, mit dem unabänderlichen zu hadern!
wer sich ein stück hoffnung findet, verdaut die bittere pille des vergehens möglicherweise besser.
für mich ist die schwalbe einfach der konkrete beweis, dass das leben an sich immer weitergeht. das vermag zu trösten - aber nur dann, wenn man sein eigenes leben nicht als maß aller dinge annimmt.

zum reimschema hab ich schon was gesagt - namen gibts dafür keinen, aber du kannst es ja "larett" nennen....

wenn ichs mal genau nachspüre, dann höre ich die von dir genannte zeile gefühlsmäßig so (und so würd ichs von der modulation der stimme her auch lesen)

unhörbar für menschohren: XxxxXxxx.

aber darüber zu streiten , wie man " unhörbar" hört, fände ich jetzt geradezu paradox.
wahrscheinlich ist es doch so: jeder hört das unhörbare anders!
("alles reine einbildung" würde falderwald dazu sagen. )

dank auch an dich für die beschäftigung mit meiner beinahe-ruine!

liebe grüße, larin
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Alt 17.09.2011, 18:44   #6
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, larin!

In der vorletzten Zeile ist vor dem Doppelpunkt eine unnötige Leerstelle.

Sorry, aber sonst finde ich beim besten Willen nichts zu meckern! Großes Tennis! Mir gehen die Beschreibungssperlative aus, mir versagen die blumigen Argumente des Lobs!
Ich könnte das nicht besser - wenn überhaupt so gut!
Deinen Gedichten wohnt über die sprachliche Kompetenz hinaus soviel Herzenswärme inne - selbst in Verfall und Ruinen siehst du zuallererst das Lebendige, Lebensfrohe! Wunderbar!
Du versöhnst selbst den versteinertsten Zyniker mit dem Schmerz seiner Tage!

Ich freue mich für dich dafür und beneide dich zugleich um diese Zeilen! (In meinem Archiv hier findest du: "Ein Ausgedinge" auf Seite 4. Es entspricht thematisch am ehesten dem deinen.)

Augesprochen allergernst gelesen und bewundert!

LG, eKy

(PS: Du hattest die Ehre meines tausendsten Beitrags hier - und völlig ZURECHT!)
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (17.09.2011 um 18:49 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.10.2011, 16:48   #7
a.c.larin
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 14.03.2009
Ort: wien
Beiträge: 4.893
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Hi Erich,
hurra - ein TAUSENDER!
Die Ehre des zugesendeten Taus nehme ich mit Kniefall entgegen!

Und es freut mich zutiefst, wenn meine Zeilen dich inwendig wärmen konnten.
Du weißt ja, wie das ist:

"Die harte Schale bricht der Zahn nicht auf - aber der Kern und sein Leben tun es." (Sprichwort)

Was ich zutiefst glaube, ist: Das Leben findet immer einen Weg.
Die Schwalben haben es mir erzählt!

Liebe grüße, larin
a.c.larin ist offline   Mit Zitat antworten
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