06.06.2011, 10:31 | #1 |
Gelegenheitsdichter
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Beiträge: 3.210
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Megärentanz
Megärentanz
Spieglein, Spieglein, an der Wand, Hast Du mich denn nicht erkannt? Ich bin’s, wichtig, stets die Mitte! Sag, gewähre mir die Bitte: Siehst du mich nicht, meinen Glanz? Schau und spiegle meinen Tanz, Immer muss ich heller strahlen, Muss mit Besserwissen prahlen! Sieh mich an, schau meinen Schmerz, Denn ich hab ein kaltes Herz, Habe eine leere Seele! Siehst Du nicht, wie ich mich quäle, Dass mich einer Schönste nennt Und als Beste mich erkennt? Spieglein, kehr Dich, ich bin eigen, Sollst nur zeigen, dabei schweigen!
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt Alle Beiträge (c) Walther Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt Geändert von Walther (07.06.2011 um 12:32 Uhr) |
06.06.2011, 19:21 | #2 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Hallo, Walther,
hilft's? Ich habe auch schon so manches in Gedichten "verarbeitet", poste diese aber eher selten. Also interpretiere ich jetzt ganz unwissend dein Gedicht. Was ich eher nicht verstehe, ist der Titel - eine Hetäre war eine Prostituierte im antiken Griechenland, oft sehr angesehen und sogar wohlhabend. Meinst du vielleicht (wenn ich den Inhalt betrachte) eine Megäre (röm. Furie)? Sie ist eine der drei Erinyen (Rachegöttinnen). "Megaira - der neidische Zorn"; wird auch als "die neidische Rache" bezeichnet und deshalb im Bezug auf eine böse und neidische Frau verwendet. (Quellen: Wikipedia, wissen.de, blueprints.de und auch ein wenig "Vorwissen") Zum Inhalt kann ich nur sagen, sehr treffend dargestellt - besonders das "Spiegeln". Du präsentierst in deinem Gedicht ein Ego, das maßlos in sich selbst verliebt ist - auf krankhafte Art und Weise, denn in diesem "Selbstkosmos" existiert nur der eigene "Glanz". Ein klares und deutliches Bild wird hier gezeichnet, denn beim Blick in den Spiegel sollte das LyrIch sich selbst spiegeln (oder reflektieren) und nicht Andere ... Unmöglich, hier eine Stelle zu bestimmen, die ich als am gelungensten ansehen würde, die Zusammenhänge fehlten sonst. Abgesehen aber vom Inhalt ist es ein feines Stück "Arbeit", denn gerade hier ist der Paarreim passend. Ironie, gelungen "widergespiegelt". Gerne gelesen, gerne kommentiert - und gar nicht gerne verstanden. Liebe (Mitfühl-)Grüße Stimme der Zeit
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07.06.2011, 12:34 | #3 |
Gelegenheitsdichter
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Lb. Stimme der Zeit,
der Text ist nicht auf eine bestimmte Person gemünzt. Manch einer mag da, Geschlecht hin oder her, auch Selbstbezüge entdecken. Danke für Deinen sehr guten und richtigen Hinweis "Hetäre"/"Megäre", den ich sofort umgesetzt habe. Da sieht man, was eine (un)solide Halbbildung so alles verspulen kann. LG W.
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07.06.2011, 20:43 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Guten Abend, Walther,
den Titel hatte ich heute morgen ganz vergessen. Schon erledigt! LG Stimme der Zeit i. A. der Moderation
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12.06.2011, 20:10 | #5 |
Gelegenheitsdichter
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Lb. Stimme der Zeit,
vielen Dank. Wir haben hier zum Glück zumeist alle Zeit der Welt. Das Dichten ist nicht "eilig", aber manchmal etwas hastig. LG W.
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23.06.2011, 23:12 | #6 |
Lyrische Emotion
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Guten Abend Walther,
dieses Gedicht hatte ich neulich schon gelesen und mir einen Kommentar vorgenommen. Und wie es so ist, habe ich das auch wieder vergessen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben... Der Text eriinnert erst einmal an Schneewittchen, was Wunder, ist die erste Zeile ja auch diesem Märchen entlehnt, nimmt jedoch im Anschluss einen ganz anderen Verlauf. Tja, ein solcher Spiegel hat's nicht leicht, muss er doch ewig die Wahrheit zeigen. Ich denke, dabei ist mancher schon zu Bruch gegangen, obwohl dies einem alten Aberglauben nach ja sieben Jahre Unglück bringen soll. Das ist wohl mehr zum Schutze eines Spiegels erfunden worden... Der Spiegel symbolisiert oft die Eitelkeit, aber auch die Wahrheit s. o. Man kann auch jemandem einen Spiegel vorhalten, um ihm zu zeigen, wie er ist. Man spricht auch vom Spiegelbild der Seele, was ja hier in diesem Text einer der zentralen Punkte ist. Denn wenn jemand eine leere Seele besitzt, dann kann der Spiegel auch nichts zeigen, was bleibt ihm anderes übrig. Und genau das ist ja auch hier die Conclusio des Ganzen, über die ich unweigerlich grinsen musste. Ich kann mir das dumme Gesicht so mancher Furie so richtig bildlich vorstellen, wie sie ganz und gar von sich selbstüberzeugt ihr Tänzchen vor dem Spiegel aufführt und hernach dann enttäuscht feststellen muss, daß dieser doch nur ein lächerliches Abbild reflektiert. Und es soll sogar solche geben, die merken das nicht mal... Wie auch immer, es passt schon und ein ehrlicher Blick in den Spiegel würde manchem gut tun. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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24.06.2011, 21:55 | #7 |
Gelegenheitsdichter
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Lb. Falderwald,
danke für Deine Überlegungen. In der Tat gibt es viele Mensch(inn)en, die dieses Grundprinzip nicht verstehen und bei denen eine ungeheure Differenz zwischen Eigen- und Fremdbild besteht. Sie verstehen überhaupt nicht, wie sie wirken, wenn sie handeln und reden. Das ist eine bemitleidenswerte Schwäche. Wir selbst müssen uns immer wieder an diese Bilder erinnern, daß wir nicht selbst uns um uns selbst drehen und zum Mittelpunkt des Universums machen. So gesehen habe ich mich auch selbst am Ohr gezogen, als ich dieses Gedicht aus gegebenem Anlaß angeregt angefertigt habe. Es ist, glaube ich, immer wichtig, sich dieser sehr menschlichen Schwäche, sich selbst zu wichtig zu nehmen, zu erinnern und sie so wenigstens gelegentlich erfolgreich im Griff zu behalten. Danke für Deine freundlichen Worte für den Text. Frohes Dichten und Werken! LG W.
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24.06.2011, 23:06 | #8 | |
Lyrische Emotion
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Guten Abend Walther,
jetzt muss ich mich aber doch noch mal zu Wort melden. Zitat:
Als alte Forenprofis wissen wir beide, daß das hier eine große Bühne ist, wo jeder seine eigene Show vorführt und ja auch vorführen soll. Im Laufe der Zeit betreten so einige Profile diese Bretter und verkörpern ihre Charaktere. Dabei machen manche eine ziemlich jämmerliche Figur, weil sie nicht die von dir o.a. Fähigkeiten besitzen. Und wenn einer schlecht oder falsch spielt, dann hat er Pech gehabt und da fehlt mir inzwischen auch jedes Mitleid. Das spare ich mir nämlich auf für die reale Welt, weil dort, im Gegensatz zur virtuellen Welt, mehr als genug Handlungsbedarf gegeben ist. Was kann hier schon passieren? Einer geht von selbst oder wird rausgeschmissen, na und? Dann soll er woanders spielen, vielleicht gibt es ja eine Community, wo sein Spiel ankommt. Diese Show hier geht weiter, egal wie, aber irgendwie geht sie immer weiter. Also, lassen wir die Megären tanzen. Es ist ihre Show... Frohes und freies Dichten und Werken. Liebe Grüße Falderwald
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25.06.2011, 16:11 | #9 |
Gelegenheitsdichter
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Lb. Falderwald,
in der Tat verführt das Tragen eines Avatars dazu, ein Anderer sein zu wollen, als man ist. Und natürlich sind wir alle Opfen unserer Eitelkeiten, egal, wer wir vorgeben zu sein. Das ist so auf der Forenbühne, das ist so im richtigen Leben; wobei manche meinen, das Forenleben, die Internetperson, sei das wahre. Auf allen Bühnen ist den Spielern, der Vormachern, das Scheitern eigen. Es droht immer. Keine Welt ist ohne dieses Risiko. Wer sich verzockt, trägt selbst die Verantwortung dafür, d'accord. Und daher ist dieser Spiegeltanz ein universeller. Wollen wir hoffen, daß wir anders - klüger vielleicht? selbstkritischer? - tanzen. LG W.
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