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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 16.09.2015, 11:03   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard Sommertod

Alle Luft ist klar geronnen
in der Kühle mancher Nacht,
und mit eines Sommers Wonnen
sterben Blüten, unbewacht.

Taugenässte Wiesen bleichen
kürzern Tagen hinterdrein.
Wie auf blasse Gräserleichen
fällt ein welker Sonnenschein.

Über Feldern kreisen Raben,
unter Bäumen schwindet Licht,
und des Jahres Erntegaben
fallen früh und reifen nicht.

Nebel steigen aus den Senken
auf wie kalter Grabeshauch,
lassen an ein Ende denken -
und das Ende weiß es auch!
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (16.09.2015 um 11:25 Uhr)
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Alt 16.09.2015, 12:26   #2
wolo von thurland
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Standard

Hallo Erich Kykal
Gerade habe ich mir die Finger wund geschrieben betreffend Unterschied zwischen "Hebung im Versmass" und "Wortbetonung" in dem Sinne, dass ein Fünfheber auch mal als Abwechslung eine Hebung weniger haben kann, wenn sich das Ganze harmonisch zeigt.
In deinem Vierheber finde ich ein gutes Beispiel dafür in Zeile 15 (lassen an ein).

Das Ganze klingt gut ins Ohr.

Wo ich Probleme habe:
- die Häufung von und/unter/und/und am Zeilenanfang (vom dumpfen Klang her zum Thema passend, aber in der Wiederholung und semantisch eintönig)
- ein Füllwort wie "Wie" in Zeile 7
- eine letzte Zeile, die mich an meine eigenen, unbeholfen gemeisterten Schwierigkeiten erinnert, nach vielen schönen Reimen auch noch den letzten irgendwie unterzubringen.

Frohes Dichten
wolo
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Alt 16.09.2015, 16:49   #3
juli
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Beiträge: n/a
Standard Lieber eKy :)

Hier ist es auch Spätsommer, manchmal schon so kalt, daß man den Ofen anmachen muß. Dein Gedicht ist düster, du beschreibst eine Endzeitstimmung. Der Herst kommt auf jeden Fall!

Mein Hit ist der Reim bleichen / Gräserleichen. Und die 3te Strophe.

Bei dem Wort "kürzern" mußte ich stocken, weil es so ungewöhnlich ist.
Oder liegt es an mir? Beim zweiten Mal flutsche es.

Genieße die letzten sommerlichen Strahlen und

Liebe Grüße sy
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Alt 20.09.2015, 16:55   #4
Chavali
ADäquat
 
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Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 12.994
Standard

Servus, Erich,

schön, dass es Jahreszeiten gibt, die man bedichten kann
Und deine Ideen dazu sind unerschöpflich.

Dieses Gedicht zum Sommerende gefällt mir sehr gut, denn du verwendest einige wenig benutzte
Wortwendungen.

Zum Schluss gibst du dem Ende noch einen menschlichen Zug: das Denken
Zitat:
...
und das Ende weiß es auch!
Gern gelesen!

LG Chavi

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 20.09.2015, 23:03   #5
Erich Kykal
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Leute!

Vielen Dank für die kompetenten Kommis!

Herbstgedichte sind Dutzendware um diese Zeit!

LG, eKy
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Alt 21.09.2015, 11:43   #6
Marzipania
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Beiträge: n/a
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Stimmt schon,

Poeten besingen Frühling, Sommer, Herbst und Winter seit Äonen. Aber nicht immer gut.

Dein Gedicht gefällt mir wegen seiner expressionistischen Sprache:

Zitat:
Taugenässte Wiesen bleichen
kürzern Tagen hinterdrein.
Wie auf blasse Gräserleichen
fällt ein welker Sonnenschein
Da sehe ich meinen wilden Liebling Georg Heym fast selber Hand anlegen ...
Epigonal wirkt das Ganze dennoch kein bisschen auf mich. - Mit den Schlussversen gibs du dem Teilchen ja eine schwarz-humorige Komponente, die ich mag. - Überhaupt balancierst du klassischen Herbsteindrücke der Dichter und -linge aus, so dass ich mich am Ende frage: Veräppelt der etwa das ganze herbstliche Genre?

Verhalten empörte Grüße
M.
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Alt 21.09.2015, 17:21   #7
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Beiträge: 8.570
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Hi, MR!

Die Conclusio kann man hier deuten, wie man mag - ernst oder mit Augenzwinkern. An Veräppelung hatte ich jedenfalls nicht gedacht.

Mein Problem ist eher, dass ich im Laufe der Jahre schon so viele Herbstgedichte gemacht habe, dass ein neuer Angang zunehmend schwerer wird. Man beginnt Phrasen und Bilder zu wiederholen, und das mag ich nicht.

Vielen Dank für das positive Feedback!

LG, eKy
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Alt 21.09.2015, 18:48   #8
Agneta
Gast
 
Beiträge: n/a
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Lieber Erich,
obwohl ich mich immer etwas schwer tue mit den lyrischen Beschreibungen der Jahreszeiten , in diesem Falle der Tod des Sommers, hat doch dieses Werk einen besonderen Schluss, der über die einfache Beschreibung hinausgeht- das Ende, Das Ende hat nämlich auch ein Ende. Weil die Natur und das Leben ein Kreislauf sind.
Bildgewaltig.
Mit dem "kürzern" tue ich mich auch schwer. Man möchte es als Verb lesen.
Was hältst du von "kürzren"?
Irgendwie meine ich noch, nur so bauchmässig, da das Werk Pathos hat, ist das Ende so real... aber als augenzwinkernder Stilbruch natürlich wäre es sehr gut.
LG von Agneta

PS Wolo: "Lassen an ein Ende denken", das ist ein 4 hebiger, glasklarer Trochäus, in dem übrigens das ganze Werk durchgehend geschrieben ist.

Geändert von Agneta (21.09.2015 um 18:51 Uhr)
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Alt 21.09.2015, 19:01   #9
Erich Kykal
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Hi, Agneta!

Vielen Dank für die freundlichen Zeilen!

Das "kürzern" ist eine ältere Form, wird aber in der klassischen Lyrik gern dem weniger harmonisch klingenden "kürzren" vorgezogen.
Rilke zB. hat gern das "r" und das "e" vertauscht.

Deutlich wird das wie "in höhern Sphären", "in weichern Klängen", ...

LG, eKy
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