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Bei Vollmond Phantastisches und Science Fiction

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Alt 09.04.2009, 09:41   #1
fee
asphaltwaldwesen
 
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Standard die fee und die traurigkeit

die fee hatte gelernt, sich im grauen großstadtwald perfekt zu tarnen.

im blick der menschen zu verschmelzen mit grauem hintergrund von betonklötzen oder dem bunten mosaik von auslagenfenstern. lediglich ein kurzes „da war doch was?“, das in den köpfen derer, die sie doch erblickten, den hauch einer frage nach etwas unfassbarem und bereits verwehtem hinterließ.

sie konnte in menschenmengen untertauchen.
unberührt durch sie hindurchgleiten.
hin und wieder fing sie einzelne blicke einsamer seelen ein und schenkte ihnen ein lächeln, das sie ein stückchen weitertrug. vielleicht bis zur nächsten straßenkreuzung, vielleicht auch bis zum abend.
sie hoffte es jedenfalls.

die fee sammelte die traurigkeit der menschen.
sie konnte sie fühlen.
auch auf größere entfernung.
auch, wenn sie als fröhlichkeit oder lautes lachen getarnt, ihren weg kreuzte.
es gab mehr als genug davon in der stadt.

sie ordnete die traurigkeiten nach sorten: die traurigkeit der vergessenen, die traurigkeit der verbitterten, die traurigkeit derer, die angst hatten, in sich hineinzublicken.
die traurigkeit, die aus angst vor dem ICH-sein entspringt.
die traurigkeit, die die traurigkeit selbst hervorbringt.
und noch viele traurigkeiten mehr.

sie hatte keine angst vor traurigkeit.

sie hatte die lebendigkeit erkannt, die in ihr steckte.
und die kraft, die traurigkeit entfalten konnte, wenn sie sich nicht genügend beachtet fühlte.
dann wurde sie zu einer zerstörerischen energie, der sich niemand lange in den weg stellen konnte. wie ein behäbiger, grausamer, plumper höhlendrache, der einen nicht mehr aus den starken fängen entkommen ließ und einem langsam die luft zum atmen aus dem leib quetschte.

sie war dem drachen bereits begegnet und in seine gefangenschaft geraten.
doch tief in ihr, da musste ein funken lebenswille glimmen, der stärker gewesen war, als alle erstickende kraft der traurigkeit.
es war ihr gelungen, der bestie ins auge zu blicken und ihr wahres wesen zu erkennen.

mit sanftheit schließlich hatte sie den drachen besiegt.
ihm liebkosend ihre hand an die verhärteten schuppen gelegt und sein herz ertastet.
unbeirrbar.
und ohne furcht.
es war, als der drache seine erste träne weinte – in diesem augenblick war er verwundbar und sein herz lag offen und nur einen dolchstoß entfernt.

doch vernichtung war nicht, was die fee wollte.
sie hatte dem pochen des herzens zugesehen.
den rhythmus aufgenommen und im gleichen takt zu singen begonnen.
eine leise, sanfte melodie voller melancholie.
voller versöhnung und erkennen.
voller wärme und hoffnung.
und voller verstehen.

erst als das herz des drachens brach, brach der zauberbann des hasses, der sich mit dornigen ranken wie stacheldraht darum gelegt hatte.
die fee trennte behutsam die hälften aus dem eisernen geflecht und sang einen heilzauber aus natur und liebe, verzeihen und versöhnung.
das herz heilte, doch teil des zaubers war, dass die narbe, die zurückblieb, nun das herz der fee zierte.

der drache hatte sie in freundschaft ziehen lassen. dennoch war sie seit dieser zeit eng mit ihm verbunden und vergaß niemals auch nur eine sekunde der zeit, die sie bei und mit ihm verbracht hatte.

es war seine narbe, die sie in ehren hielt seit diesem tag.
sie erinnerte sie daran, dass sie dort ihre zauberkraft entdeckt hatte.
eine kraft, die zugleich energie kostete, ihr aber auch erfüllung schenkte.
inzwischen waren etliche, wenn auch viel kleinere, weniger tiefe narben dazugekommen.
sie hatte gelernt, die wunden mit geringerem opfer an eigener substanz zu heilen.
ganz ohne spuren blieb sie dennoch nie.
und das war gut so.

es waren spuren von siegen über traurigkeit, die ihr kraft gaben.
sie wusste: nie wieder würde traurigkeit ihr etwas anhaben können.

sie stieß sich leise lächelnd an diesem grauen großstadtmorgen von der hausmauer ab, an der sie gelehnt und die passanten beobachtet hatte und tauchte in die menschenmenge ein.



.fee '09



.edit hat auf reinArts aufmerksamen tipp die doppelung "in ihr" entfernt. danke !
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Geändert von fee (09.04.2009 um 17:23 Uhr)
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Alt 09.04.2009, 10:50   #2
Leier
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Liebe fee!


Dieses wunderschöne moderne Märchen über einen/eine Michael/Michaela zeigt, worauf es ankommt und wie angeblich böse Drachen (Ängste) berührt und erlöst werden können.
Sehr poetisch!

Obwohl mir permanente Kleinschreibung nicht zusagt:
Fehlerfrei (in meinen müden Augen) und mit gutem, sehr gutem Satzbau hast Du die Reifung (D)einer Seele dargestellt.
Kein Gedicht, aber sehr dichterisch.
(...auch nur eine Sekunde der Zeit = hier hätte ich "eine" betont durch Kursiv- oder Fettschrift).

Kompliment
von
cyparis
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Alt 09.04.2009, 12:52   #3
ReinART
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Liebe Fee
bist es Du oder Dein LyrI oder ist alles eins?
Eine schöne Geschichte über die Macht der Liebe, die das Böse zu besiegen vermag. Sehr hoffnungsvoll und gut in Szene gesetzt.
Ist zwar eine alte Melodie aber in neuer Tonart. Gefällt mir.
Habe zwei Kleinigkeiten entdckt:
Zitat:
doch tief in ihr, da musste ein funken lebenswille in ihr glimmen
Diese Dopplung ist nicht nötig und ließt sich ohne besser.
Zitat:
sie stieß sich leise lächelnd an diesem grauen großstadtmorgen von der hausmauer ab, an der sie gelehnt
Ich meine, dass es an die sie gelehnt stand heißen.
Lieben gruß und bis bald
Reinhard
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Alt 09.04.2009, 13:09   #4
Leier
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kurzer Zwischenruf aus dem Publikum:

an der sie gelehnt (hatte), dieses hatte ist in das Satzende eingebaut - also völlig korrekt.Doppelung nicht erforderlich.

cyparis mit liebem Gruß
und
"nach Diktat verreist"
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Alt 09.04.2009, 13:27   #5
ReinART
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stimmt, das hatte hatte ich überlesen. Gut dass es Dich gibt Cyparis
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Alt 09.04.2009, 17:35   #6
fee
asphaltwaldwesen
 
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danke, cyparis und reinhard,


für eure schönen kommentare, die intensive auseinandersetzung und das sich-einlassen auf meinen text!

die doppelung hatte ich übersehen. das zweite "in ihr" ist bereits entfernt. danke, reinhard!

Zitat:
bist es Du oder Dein LyrI oder ist alles eins?
in diesem falle (und in vielen anderen) ist "alles eins". die erkenntnisse der fee sind auch real die meinen und das beschriebene fühlen und werten der traurigkeit sind meinem wesen zutiefst eigen. seit einem gewissen punkt in meinem leben ganz bewusst und gradezu überlebenswichtig.

vielen menschen, die mich lieben, macht meine melancholie angst. könnten sie vertrauen und verstehen, dass sie für mich eine lebendigkeit darstellt, die ich nicht wieder verlieren möchte, müssten sie nicht um mich fürchten. aber es ist schwer, das außenstehenden, die nicht ähnliches erfahren haben, zu erklären.

das "märchen" hier ist ein zarter versuch.

danke für eure schönen zeilen dazu.


fee


ps: seh erst jetzt, dass ich beim posten kategorie-mäßig danebengezielt hab. ich wollts eigentlich in die prosa- bzw. epik-abteilung stellen. sorry.
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Geändert von fee (09.04.2009 um 18:46 Uhr)
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Alt 10.04.2009, 14:29   #7
ginTon
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hallo liebe fee,

ich fühle mich aufgrund des anderen von mir kommentierten werkes irgendwie, na ja...deswegen dachte ich mir, ich werde mich auch zu diesem werk melden, weil ich hier eigentlich nur positives zu äußern kann...ich finde die umschreibung der fee die sich durch die menschenmengen fühlt und schnell weiterhuscht sehr interessant, wobei dieses huschen zumeist auch ausreicht, da die menschen einem damit schon genug geben...das schweifen von augenblick zu augenblick der doch mehr wahrheit enthält als alles andere hast du sehr gut dargestellt, das nackte der seele, die sich einfach nicht verstecken kann, maskiert zwar aber nicht versteckt...Traurigkeit ist aber auch eine schöne Emotion und du hast richtig beschrieben, von der es ja verschiedene Arten gibt..

alles in allem gefällt mir das werk sehr gut..

LG basse
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Ich fühle, also bin ich!

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 10.04.2009, 21:46   #8
fee
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Zitat:
Zitat von basse Beitrag anzeigen

ich fühle mich aufgrund des anderen von mir kommentierten werkes irgendwie, na ja...

hm, basse,

wie fühlst du dich denn? und warum? ich hab deinen kommentar mit großer freude gelesen und viel sich-auf-meinen-text-einlassen darin gefunden. etwas, das mir einer der schönsten löhne für meine schreiberei ist. danke nochmals auch hier.

du musst also nicht erklären, wie du dich fühlst. aber dass es mir hier einen weiteren kommentar beschert hat, war die sache wert... *kicher

schön, dass du die traurigkeit auch so sehen kannst. ohne furcht und in ihrer ganzheit. nicht vielen menschen gelingt das.


herzlicher gruß,

fee
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Alt 10.04.2009, 22:33   #9
ginTon
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ok hier werde ich dann auch noch schnelle antworten...

Zitat:
wie fühlst du dich denn? und warum? ich hab deinen kommentar mit großer freude gelesen und viel sich-auf-meinen-text-einlassen darin gefunden. etwas, das mir einer der schönsten löhne für meine schreiberei ist. danke nochmals auch hier.
eigentlich fühle ich mich gut, dachte jedoch mich zu sehr auf diesen Text eingelassen zu haben und persönl. dinge mit eingeflossen sind, von mir..auf die ich manchmal gereizt reagiere..nun gut wenn es nicht so rübergekommen ist, bin ich froh...ich habe auch versucht so ruhig wie nur irgend möglich zu antworten..

Zitat:
du musst also nicht erklären, wie du dich fühlst. aber dass es mir hier einen weiteren kommentar beschert hat, war die sache wert... *kicher
ok, ja ich meine deswegen sind wir ja alle hier...also freut es mich

Zitat:
schön, dass du die traurigkeit auch so sehen kannst. ohne furcht und in ihrer ganzheit. nicht vielen menschen gelingt das.
nun ja was soll man sagen, zunächst lernt man sich selbst kennen und dann andere und kann diese dann auch besser verstehen...traurigkeit ist eine emotion die sehr still ist und fast romantisch..

also bis denne LG basse
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Alt 11.04.2009, 00:14   #10
Helene Harding
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Liebe fee, nach dem Lesen deiner Zeilen schloss ich die Augen. Einen Augenblick lang. Denn diese Zeilen hier haben mich voll erwischt:

sie ordnete die traurigkeiten nach sorten: die traurigkeit der vergessenen, die traurigkeit der verbitterten, die traurigkeit derer, die angst hatten, in sich hineinzublicken.

Du beschreibst etwas Imaginäres und doch, irgendwie wünscht sich jeder ein solches Wesen an seine Seite, nur einen kurzen Augenblick. Zitat: Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ein Lächeln.
Wenn mich auch die stringente Kleinschreibung stört, hast du mich inhaltlich absolut überzeugt. Respekt.

alles liebe, budina
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