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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 21.10.2015, 20:48   #1
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 12.994
Standard Nachtgedanken



In der Heimat angekommen,

heiß ersehnt und lang erträumt!
Endlos Warten hingenommen,
buntes Leben oft versäumt.

Ach, wie seltsam, dass mein Herz
schwer mir wird und wie gefangen!

Straßen, die ich gern gegangen,
fehlen mir ganz plötzlich sehr.

Und ich denke an die Ferne,
wo ich lange glücklich war,
an die südlich milden Sterne.
Sehnsucht ist doch unheilbar.

Bleibe ich ein Leben lang
ruhelos, getrieben, bang?

Sieh, nun geht die Sonne auf!
Es beginnt des Tages Lauf...


__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (23.10.2015 um 22:04 Uhr) Grund: thx Lai und E.Ky.
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.10.2015, 20:59   #2
charis
/ Bil-ly /
 
Registriert seit: 02.10.2015
Beiträge: 435
Standard

Liebe Chavali,

Ich habe das Gefühl, es geht hier um eine innere "Heimat" und "Ferne".
Das Ankommen zählt nicht wirklich, dort wo man (endlich) ankommt, ist es niemals so schön wie man es sich vorher erträumt. Also müssen die Träume wieder zurückwandern oder man sucht sich ein neues Traumziel, das aber ständig mit dem schon besuchten Orten verglichen wird, und so kommen wir nie an. Stell dir vor die Sonne geht auf und du siehst das zum ersten Mal. Könnten wir so leben, denken und fühlen, wäre das nicht wunderbar?

Sehr gerne gelesen und nachgedacht!
Lieben Gruß
charis
charis ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.10.2015, 11:29   #3
Lailany
Kiwifrüchtchen
 
Benutzerbild von Lailany
 
Registriert seit: 23.05.2009
Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
Standard

Liebe Chavi,
ein melancholischer Text, der mich besonders berührt hat, da ich ihn so gut nachvollziehen kann.
Genau so hab ich gefühlt, als ich damals meine Wahlheimat verließ, im festen Glauben, die Liebe zu einem Menschen würde stärker sein als die Liebe zu Neuseeland. Wie sehr hab ich mich geirrt. Das anfangs leichte Heimweh steigerte sich bis zu körperlichem Schmerz.
Du hast das hier sehr gelungen eingefangen.

Beim Zweizeiler bekomm ich beim "mir schwer" kurzfristig Herzrhythmusstörungen. Vll magst du da ein wenig umstellen:

Doch wie seltsam, wie mein Herz
schwer mir wird, es scheint gefangen

Und was meinst du zu:

Ach wie seltsam, dass mein Herz
schwer mir wird und so befangen....

oder sowas in der Richtung.

Sehr gern gelesen und mitgefühlt.

HG von Lai
__________________
.................................................. ...........................................
"Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal
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Alt 23.10.2015, 18:03   #4
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Chavali!

Gefällt mir gut, bloß diese Zeile (S2Z2) würde ich so umschreiben, da sie bei dir unbetont beginnt und hintenrum sprachstilistisch etwas holpert:

"schwer mir wird und wie gefangen."

Sehr gern gelesen! Alle Geflohenen, Vetriebenen fühlen so. Zuletzt erging es bei uns den Juden und allen irgendwie Andersdenkenden so ...

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 23.10.2015, 19:46   #5
ginTon
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Hi chavilein...

Ein sehr melancholischer Text mit Blick auf die Vertriebenen mit sehr
interessanten Ansätzen und Fragestellungen: z.B "Bleibe ich ein leben
lang, ruhelos" etc.pp was somit ausdrückt, immer noch auf der Suche
nach Heimat zu sein. Dazu gehört natürlich auch sich angekommen
fühlen, so in der Art..Heimat ist dort wo ich zu Hause bin oder mich
fühle...Inhaltlich gefällt es mir, strophentechnisch hätte ich sicherlich
einiges anders gemacht.


Zitat:
Doch, wie seltsam, wie mein Herz
mir schwer wird, scheint gefangen!
Doch wie seltsam mir mein Herz wird
scheinbar schwer und noch gefangen
Straßen, die ich gern gegangen,
fehlen mir ganz plötzlich sehr.

die anderen Stophen finde ich gelungen "ist doch" in S4V4 gefällt mir
nicht so, fällt mir aber auch kein besserer Bsp. ein.

gerne mit beschäftigt... liebe Grüße ginnie
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Ohne dich, gehe ich [N]irgendwo hin!

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 28.10.2015, 18:56   #6
Dana
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Liebe Chavali,

das gefällt mir sehr, weil es aus der "Seele" spricht.
Wer mit Heimweh zu tun hat, weiß genau was der Protagonist meint.

Man zieht um, man ist aufgeregt. Man hat es so gewollt und ist angekommen.
Doch dann bekommt man kleine Stiche im Herzen und denkt voller Wehmut an das Zurückgelassene.
Ich weiß noch wie lange ich meiner Heimat "nachgetrauert" habe.
Mit der Zeit verwandelt sich Heimweh in schöne Erinnerungen. So habe ich es erfahren.
Das wünsche ich deinem Protagonisten auch. Sehnsucht und Heimweh lassen sich tragen, sie werden nicht zur Last.

Gern gelesen und innigst mitgefühlt.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 01.11.2015, 16:38   #7
Chavali
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Beiträge: 12.994
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Liebe charis,

du hast die Ruhelosigkeit, die aus meinen Zeilen spricht, gut erkannt.
Mit Unzufriedenheit hat das nichts zu tun, es ist eher eine nachträgliche Erkenntnis.

Hab herzlichen Dank für deinen Beitrag!


Liebe Lai,

dass im ersten Zweizeiler rhythmisch was nicht ganz passt, sehe ich jetzt auch so, da kommt mir dein
Vorschlag gerade recht.

Schön, dass du auch mitempfinden konntest! Danke dir


Servus, Erich,

auch du hast eine Idee für den etwas verkorksten ersten Zweizeiler.
Danke dafür! Ich werde das gleich ändern.


Hi ginnie,

auch dir sei Dank gesagt für deine Rückmeldung und die Interpretation.
Dein Vorschlag für die ominöse Zeile gefällt mir auch!
Mal sehen, was ich aus all den Ideen mache.


Liebe Dana,

deine Interpretation ist - wie könnte es anders sein - am nächsten an meiner Absicht
Hab ganz lieben Dank dafür!


Euch allen liche Grüße,
Chavali



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Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 03.11.2015, 17:57   #8
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Beiträge: 9.907
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Hi Chavi,

bei mir ist es genau umgekehrt, denn ich habe ja vor einigen Jahren meine alte Heimat verlassen. Bereut habe ich dies bis heute nicht und ich vermisse sie auch nicht. Was ich manchmal vermisse, sind natürlich einige Menschen, denn Familie und Freunde sind ja "daheim" geblieben.

Wenn ich aber so zurück denke, dann will ich eigentlich gar nicht mehr zurück. Sicherlich erfasst mich hier und da ein wenig Wehmut, aber immer wenn ich dort zu Besuch bin, freue ich mich auch darauf, wieder zurück in die neue Heimat zu fahren.

Ich kann deine Zeilen gut nachvollziehen, auch wenn ich mich nicht ruehelos, getrieben und bang fühle. Wahrscheinlich geht es vielen Menschen so.

Aber der Abschluss gibt wieder etwas Hoffnung, denn egal, was auch passiert, das Leben geht weiter.
Und so ist es wohl das Beste, einfach den neuen Tag zu begrüßen und gar nicht so viel an die Vergangenheit zu denken.
Auch wenn es sich manchmal nicht vermeiden lässt...

In diesem Sinne haben mir deine Zeilen gut gefallen.


Gern gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald


__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 11.11.2015, 16:44   #9
Chavali
ADäquat
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 12.994
Standard

Moin Faldi,

deinen Ausführungen zum Thema kann ich nur zustimmen.
Es kommt auch immer darauf an, warum man welchen Weg gegangen ist.

Natürlich war es die richtige Entscheidung.
Aber manchmal, so leise im Hintergrund, ist da eine latente Sehnsucht nach dem Leben in der Ferne...

Danke für deine Rückmeldung!

Liebe Grüße,
Chavi
__________________
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