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Alt 12.12.2011, 14:18   #1
Aurora
Neuer Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 11.12.2011
Beiträge: 22
Standard Wach sein

Wach sein


Wir sind die letzten wachen
Geister unserer Zeit.
Die Gestörten.
Die Verkrochenen.
Die nicht konformen.

Wir stehen abseits jeder Gruppe
als scheinbar teilnahmslose
Zuschauer.
Ausgegrenzt und verachtet
Weil wir sehen!
Weil wir denken!
Weil wir -
wissen!

Sie sperren uns ein
hinter Gitter
oder in Kittel,
in Heime
oder Zimmer.

Sie reden uns ein
wir seien krank.
Sie geben uns Pillen
und waschen uns
von Kopf bis Hirn.

Doch bald da kommt die Zeit
da sie sehen
wer wirklich verrückt,
wer wirklich gestört ist.
Erkennen Lüge
und Wahrheit
und welcher welches spricht.
__________________
Jedes meiner Werke ist mein gedankliches Eigentum. Also schön hierlassen!

Mar thoradh ar mo cosán le todhchai neamhchinnte... Cé a fhios cad waits ag deiread na dom...

Geändert von Aurora (12.12.2011 um 20:06 Uhr)
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Alt 12.12.2011, 18:25   #2
fee
asphaltwaldwesen
 
Registriert seit: 31.03.2009
Ort: österreich
Beiträge: 961
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spannende sache, aurora.


das kann jetzt alles sein:

die aussage eines vom größenwahn eines kranken genies befallenen,
eine vision a la orwell oder die rache-wunsch-gedanken eines ausgegrenzten, der von der menschheit enttäuscht ist, weil er an ihr nur scheitern konnte.

widersprüchlich empfinde ich die "teilnahmslosigkeit" in strophe 2, denn dann können "sie" nicht zugleich wache geister sein, die sehen, denken und wissen. teilnahmslosigkeit ist gleichbedeutend mit unberührt-sein. von nichts wirklich berührt oder getroffen werden zu können.

am bekanntesten als symptom bei depressionen. dieses "wurstigkeits-gefühl". ich vermute aber, du meintest mit "teilnahmslosigkeit" etwas anderes. denn "sie" nehmen sehr wohl anteil an dem, was sie "von außen" beobachten. sonst gäbe es hier nicht diesen klage-ruf in gedichtform.


lieber gruß,

fee
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Alt 12.12.2011, 20:02   #3
Aurora
Neuer Eiland-Dichter
 
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Registriert seit: 11.12.2011
Beiträge: 22
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Vielen Dank, fee.

Nun, tatsächlich kann das jetzt alles sein:
die Aussage eines vom Größenwahn eines kranken Genies befallenen,
eine Vision a la Orwell oder die Rache-Wunsch-Gedanken eines Ausgegrenzten, der von der Menschheit enttäuscht ist, weil er an ihr nur scheitern konnte.

Nehmen wir aber in meinem Fall das Letztere^^.

Zu Strophe2: Ich verstehe, dass du da einen Widerspruch siehst. Ich hätte wohl schreiben sollen "scheinbar teilnahmslos". Werde das gleich mal tun und schaun, wies sich in den Lesefluss einfügt.

Vielen lieben Dank nochmals, Aurora
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Geändert von Aurora (12.12.2011 um 20:26 Uhr)
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Alt 15.12.2011, 16:07   #4
Justin
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Beiträge: 234
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Hallo Aurora,

schon in Deiner Vorstellung auf der Insel läßt sich etwas von einem Aufbegehren erahnen. Im Gedicht, das mir gut gefallen hat, kommt es jetzt zum Ausdruck. Nun weiß ich nicht, wie Dein Leben verlaufen ist, doch ich kann mir gut vorstellen, daß Du in einen Strudel von Beratern und falschen Propheten geraten sein könntest, die einem das Leben zurechtbiegen wollen, nicht auf persönliche Gefühle achten und gern etwas überstülpen. Was als Maßstab dargestellt wird, hat mit der eigenen Gefühlswelt nichts zu tun. Dadurch wird das Aufbegehren erst geboren und noch mehr befördert. Im Gedicht beschreibst Du die schlimmste Ausgenzung, doch muß man manchmal gar nicht so weit gehen und findet sie trotzdem vor.

Unangepaßtheit ist so falsch nicht und kann sogar ein Vorteil sein, weil sie den Dingen auf den Grund geht. Jugendliche sagen manchmal, daß es "uncool" wäre, sich zu normal oder angepaßt zu verhalten. Das ist gut gedacht, doch gibt es in der Denkweise leider auch eine Kehrseite. Wenn andere ganz unverblümt gemobbt werden und es heißt: "Du Opfer". Ein Opfer hat aber Mitgefühl verdient, auch Mitleid, nicht aber Verachtung.

Wie sieht es wirklich mit dem Mitleid aus? Im Vorwort zu seinem Roman "Ungeduld des Herzens" sagt Stefan Zweig dazu: "Es gibt eben zweierlei Mitleid. Das eine, das schwermütige und sentimentale, das eigentlich nur "Ungeduld des Herzens" ist, sich möglichst schnell freizumachen von der peinlichen Ergriffenheit vor einem fremden Unglück, jenes Mitleid, das gar nicht Mit-leiden ist, sondern nur instinkitive Abwehr des fremden Leidens von der eigenen Seele. Und das andere, das einzig zählt - das unsentimentale, aber schöpferische Mitleid, das weiß, was es will, und entschlossen ist, geduldig und mitleidend alles durchzustehen bis zum Letzen seiner Kraft und noch über dies Letzte hinaus."

Soweit Stefan Zweig. Also ist richtiges Mitleid gar nicht mal verurteilenswert.

Das sollte man den Psychologen gegenüber deutlich machen. In schöner Wiederkehr heißt es nämlich bei ihnen: "Anerkennung statt Mitleid". Dabei sieht es meist so aus wie in einm Sketch von Loriot, der nicht gespielt werden muß, sondern sich in der Wirklichkeit abspielt. Mit vollendetem Pathos vorgetragen ist diese Worthülse blutleer, weil nach normalen Maßstäben wohl keiner von Anerkennung sprechen würde und das Mitleid jenes wäre, wovon Stefan Zweig gesprochen hat.

Deinen beschriebenen Pessimismus mußt Du nicht unbedingt loswerden, weil das Abwägen der Dinge sehr viel vernünftiger sein kann.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Justin
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