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Alt 19.04.2017, 18:56   #1
Chavali
ADäquat
 
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Beiträge: 13.004
Standard Die Wandlung



Gelebt hab ich in dieser Stadt
und fühlte mich am Anfang fremd.
Mein Herz wollt heim nach Elbeland
und sehnte sich ganz ungehemmt.

Ich träumte von der Bördeau,
von Wiesen, gelb von Raps,
von Blüten voll von frischem Tau,
vom Schnitzen eines Zauberstabs.

Ach wär ich doch weit fort von hier,
nicht einggeengt in Stein,
ich richtete mein Nachtquartier
auf Stroh und Felsen ein.

Dann traf ich einen Wandersmann,
der angekommen war.
Er zeigte mir, wie schön sie sind,
die Wiesen an der Saar.




__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 19.04.2017, 21:21   #2
Dana
Slawische Seele
 
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Standard

Liebe Chavali,
zuerst las ich heraus: Man sehnt sich immer dorthin, wo man grad nicht ist.
Der "Wandersmann" aber zeigte auf, dass es eine Ode an die Landschaft ist, wo man gelebt hat, bzw. lebt.
Ja, manchmal bedarf es solcher "Führung".
Ich habe für mich immer geglaubt, nur eine Heimat zu haben, das Land meiner Kindheit. Dem ist nicht ganz so. Das Umland, die Stadt meiner Kinder sind mir inzwischen auch zur Heimat geworden.

Bei Dir hat sich in der Dichtung etwas gewandelt.
Du bist weniger direkt geworden - Du webst. Finde ich sehr, sehr schön.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 19.04.2017, 21:44   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard

Hi Chavi!

Schönes Gedicht, aber deine Tendenz, von einem Schema mitten im Werk in ein anderes zu wechseln, schlägt hier wieder zu.

Du beginnst mit vier Hebern pro Zeile, S1 ist da noch ganz homogen. In S2Z2 schleicht sich die erste Zeile mit drei Hebern ein, und die beiden folgenden Strophen folgen plötzlich dem Heberschema 4-3-4-3. Zudem hat S1 nur einen Reim (Z2/4), alle folgenden haben Reimschema ABAB:

Gelebt hab ich in dieser Stadt
und fühlte mich am Anfang fremd.
Mein Herz wollt heim nach Elbeland
und sehnte sich ganz ungehemmt.

Ich träumte von der Bördeau,
von Wiesen, gelb von Raps,
von Blüten voll von frischem Tau,
vom Schnitzen eines Zauberstabs.

Ach wär ich doch weit fort von hier,
nicht einggeengt in Stein, "eingeengt" nur mit zwei "g" insgesamt!
ich richtete mein Nachtquartier
auf Stroh und Felsen ein.

Dann traf ich einen Wandersmann,
der angekommen war.
Er zeigte mir, wie schön sie sind,
die Wiesen an der Saar.

So schön und beschwingt der Text ist, dieser indifferente Wechsel im Sprachrhythmus mindert den Genuss für musikalische Leser.


Also entweder durchgehend nach Schema 4-3-4-3:

Gelebt hab ich in dieser Stadt
und war am Anfang fremd.
Mein Herz wollt heim nach Elbeland
ganz stark und ungehemmt.

Ich träumte von der Bördeau,
von Wiesen, gelb von Raps,
von Blüten voll von frischem Tau
beim Schnitzen eines Stabs.

Ach wär ich doch weit fort von hier,
nicht eingeengt in Stein,
ich richtete mein Nachtquartier
auf Stroh und Felsen ein.

Dann traf ich einen Wandersmann,
der angekommen war.
Er zeigte mir, wie schön sie sind,
die Wiesen an der Saar.


Oder durchgehend nach Schema 4-4-4-4:

Gelebt hab ich in dieser Stadt
und fühlte mich am Anfang fremd.
Mein Herz wollt heim nach Elbeland
und sehnte sich ganz ungehemmt.

Ich träumte von der Bördeau,
von weiten Wiesen, gelb von Raps,
von Blüten voll von frischem Tau,
vom Schnitzen eines Zauberstabs.

Ach wär ich doch weit fort von hier,
nicht eingeengt in totem Stein,
ich richtete mein Nachtquartier
auf Stroh und harten Felsen ein.

Dann traf ich einen Wandersmann,
der endlich angekommen war.
Er zeigte mir, wie schön sie sind,
die Wiesen an der schönen Saar.


Insgesamt habe ich den starken Eindruck, dass deine Texte runder und harmonischer geworden sind. Es bleiben weniger reimlose Zeilen, die Sprachmelodie ist weich und fließend, der Duktus lebendig.

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (19.04.2017 um 23:35 Uhr)
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Alt 20.04.2017, 00:16   #4
Eisenvorhang
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Hallo chavali

Ich mag deine Zeilen.
Diese Gefühle sind auch ein Teil von mir.



@eKy

Warum müssen immer die Silben, die gleiche Anzahl haben?

Mir fiel vor ein paar Tagen auf, dass Rilke und auch Hesse fern der Metrik und Silbenkonkruenz schrieben.

vlg

ev
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Alt 20.04.2017, 13:37   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi Ev!

Ein Abweichen vom Takt kann man sich erlauben, wenn man die Sprache so perfekt beherrscht, dass es dem Leser gar nicht so vorkommt, als wäre etwas im Ungleichgewicht, oder so, als gehörte das Ungleichgewicht wie selbstverständlich dazu.

Aber solche Sprachgenies sind höchst selten - alle "normalen" Poeten sind gut beraten, im Takt zu bleiben, wenn der Leser nicht stutzen oder gar stolpern soll.
Wie gesagt: Ein "bemerktes" Ungleichgewicht ist eines, das nicht da sein sollte.

LG, eKy
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Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 20.04.2017, 13:44   #6
juli
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Liebe Chavali,

Das ist schön!

Sehr lyrisch, ich habe Landschaften vor dem inneren Auge. Die Landschaft, der Bördeau, und die Landschaft an der Saar. Dein Spaziergang macht beide Landschaften sympatisch und ich kann die Wandlung verstehen.

Man kann sich überall zu Hause fühlen, und überall gibt es wunderbare Orte, die einen erden und ankommen lassen.

Sehr gerne gelesen

Liebe Grüße sy

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Alt 28.04.2017, 22:15   #7
Chavali
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Hallo,
was finde ich denn hier?
Lauter nette und schöne Antworten auf meinen Text, dessen Existenz mir ganz entfallen war...

Na, mal im Ernst, wird Zeit, dass ich mir Zeit nehme für Antworten an euch.

Liebe Dana,

du hast wie immer erkannt, worum es mir geht bzw. ging.
Es sind seltsame Gefühle, die einen bewegen können, wenn man die Heimat verlässt.
Wie schön, wenn jemand da ist, der einen auffängt.
Zitat:
Bei Dir hat sich in der Dichtung etwas gewandelt.
Du bist weniger direkt geworden - Du webst. Finde ich sehr, sehr schön.
Das ist ein wunderbares Kompliment! Ich freue mich! Danke dir


Lieber Erich,

du hast dir wieder viel Mühe gegeben und Zeit auf die Antwort verwendet.
Dafür danke ich dir herzlich!

Ja, ich bin ein wenig abgewichen vom Gleichmaß.
Du hast in eindrucksvoller Weise aufgezeigt, wie ein gleichmäßiges
Schema lauten könnte.
Ich schaue mal, was ich davon verwenden möchte.
Zitat:
Insgesamt habe ich den starken Eindruck, dass deine Texte runder und
harmonischer geworden sind. [...]
Freut mich, wenn du das so siehst.


Hallo EV,

danke fürs Vorbeischauen!
Ich freu mich, dass du diese Gefühle auch kennst.


Liebe sy,
Zitat:
Sehr lyrisch, ich habe Landschaften vor dem inneren Auge.
Die Landschaft, der Bördeau, und die Landschaft an der Saar.
Dein Spaziergang macht beide Landschaften sympatisch und ich kann die Wandlung verstehen.
Auch dir danke ich für deinen Kommi freut mich.


Euch allen liebe Grüße,
Chavali







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Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 02.05.2017, 19:26   #8
Erich Kykal
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Hi Chavi!

Mit der Stelle, die du von mir zitiertest, meint ich: in sprachklanglicher Hinsicht. Die Sprachmelodie ist runder und flüssiger, einschmeichelnder dem lyrischen Ohr.

Sorry, war vielleicht zu unausführlich ausgesagt.

LG, eKy
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Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (05.05.2017 um 19:13 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.05.2017, 18:18   #9
Chavali
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Servus, Erich

ja, hab schon verstanden; manchmal gelingt ein Text besser und manchmal nicht so gut.

Danke, dass du nochmal vorbeigeschaut hast

Liebe Grüße,
Chavi
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