Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Ausflug in die Natur

Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 22.02.2010, 12:45   #1
ruhelos
Flaschenpost
 
Registriert seit: 24.03.2009
Beiträge: 574
Standard Das Amselnest

Das Amselnest

Nur hier und da ein Flügelschlag,
so grau in grau vergeht der Tag.
Im winterlichtenZweiggeäst
verharrt allein das Amselnest.

Doch plötzlich bricht ein Sturm herein,
sein Heulen dringt durch Mark und Bein.
Er zerrt in Wut am Astwerkraum
und reißt die Vogelstatt vom Baum.

So wie er kam, so zieht er fort,
doch liegt der Amsel Ruheort
verlassen nun am Wegesrand
und Schweigen legt sich auf das Land.

Überarbeitete Version

Der Himmel trägt sein Bußgewand,
kein Flügel streift das Himmelsgrau,
im lichten Zweigeäst am Rand
verharrt ganz still der Amselbau.

Vom Westen bricht ein Sturm herein,
er zerrt in Wut am Astwerkraum,
sein Heulen dringt durch Mark und Bein,
so fällt das Vogelnest vom Baum.

So wie er kam, so zieht er fort
und Schweigen legt sich auf das Land,
doch weilt der Amsel Ruheort
verlassen nun am Wegesrand.
__________________
Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen. (Mark Twain)

Geändert von ruhelos (01.03.2010 um 14:35 Uhr)
ruhelos ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 22.02.2010, 15:10   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Liebe ruhelos,

die Bilder, die deine Zeilen in mir wecken, sind eher im melancholischen Bereich angesiedelt.
Ein einsames Nest, in den Bäumen hängend, verlassen. Die Amseln, als Besitzer, die ja auch im Winter nicht fortziehen,
gerade auf Futtersuche, was ohnehin schwer ist.
Dann ein Sturm, der auch noch die Behausung der armen Vögel zerstört.

Zum Glück bauen Amseln immer wieder neu und der Frühling kommt hoffentlich auch bald.

Dein Gedicht im Paarreim liest sich flüssig und es gefällt mir aufgrund der wohlgesetzten Worte sehr gut!
Zitat:
Im winterlichtenZweiggeäst
verharrt allein das Amselnest.
Diese Passage finde ich sehr schön!

Lieben Gruß,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.02.2010, 01:48   #3
Falderwald
Lyrische Emotion
 
Benutzerbild von Falderwald
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.909
Standard

Liebe ruhelos,

ja, stimmt, im kahlen Wintergeäst der Bäume sieht man immer viele verlassene Vogelnester.
Und mancher Windstoß hat schon so einige davon herabgeweht, denn sie bieten ihm ja eine ungeschützte Angriffsfläche.

Ich finde dein Gedicht auch eher melancholisch, jedoch beschreibt es die Szene trefflich.

Paarreim, durchgängig 4-hebiger Jambus mit männlichen Kadenzen, am Formalen ist nicht viel auszusetzen.
Einzig hinter "Astwerkraum" bitte noch ein Komma stellen.

Ich weiß ja nicht, ob du in S2/Z4 auf das "saust" bestehst.
Ich finde diesen Ausdruck für die von dir erzeugte Stimmung nicht ganz passend, denn es klingt ein wenig verniedlichend.
Du könntest z.B. stattdessen "weht" einsetzen.

Nur so als kleiner Vorschlag.


Gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
__________________


Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



Falderwald ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.02.2010, 21:02   #4
ginTon
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von ginTon
 
Registriert seit: 14.02.2009
Ort: Mainz
Beiträge: 12.434
ginTon eine Nachricht über ICQ schicken ginTon eine Nachricht über Skype™ schicken
Standard

hallo liebe ruhelos,,

ich finde dieses werk wirklich sehr schön zu lesen,, sehr leicht und locker, wahr-
scheinlich durch den paarreim, der dennoch im Grunde seine humorige Note hier
dennoch sehr schön ablegt...

bin ein wegen über dem Wort "astwerkraum" grübeln geblieben, denke aber
das es passt..

insgesamt ein sehr schönes Werk..liebe Grüße gin
__________________
© Bilder by ginton

High Times on Wall Street, are Hard Times on Main Street! (Bruce Springsteen)

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
ginTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.02.2010, 10:32   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
Benutzerbild von Erich Kykal
 
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
Standard

Zitat:
Zitat von ruhelos Beitrag anzeigen
Das Amselnest

Nur hier und da ein Flügelschlag,
so grau in grau vergeht der Tag. Da könnte eine originellere Phrase stehen, z.B. "im Lauf der Zeit verrinnt...", oder "belebt den wolkengrauen..."(in dem Fall kein Komma am Ende von Z1)
Im winterlichten Zweiggeäst Abstand fehlt.
verharrt allein das Amselnest.

Doch plötzlich bricht ein Sturm herein, Originellere Phrase, lebendigeres Deutsch, z.B. "Von Westen...", oder "Grauwallend...", oder "Laubwirbelnd...", usw.
sein Heulen dringt durch Mark und Bein.
Er zerrt und reißt am Astwerkraum - Komma oder Bindestrich.
schon bricht die Vogelstatt vom Baum. "saust" klingt eher nach Kindergedicht.

So wie er kam, so zieht er fort,
doch liegt der Amsel Ruheort
verlassen nun am Wegesrand
und Schweigen legt sich auf das Land. Sprachlich sehr gut formuliert und gereimt. Hier nix zu meckern!
Hi, Ruhelos!

Ich liebe Naturgedichte! Dieses hat mir - unter Vorbehalten - durchaus gefallen. Was mich hier jedoch vor allem stört, ist das nicht zum lyrischen Inhalt passende Reimschema AABB! Das klingt leider eher nach Abzählreim für Kinderspiele, zumindest muss man sehr vorsichtig lesen, damit man nicht zu "nudeln" anfängt, wie man bei uns sagt. Das Schema zwingt dem Leser einen monotonen, überstrukturierten Leserhythmus auf, der so gar nicht zur Stimmung und zur Botschaft des Gedichtes passen will. Find ich halt.

Insgesamt dennoch gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 25.02.2010, 20:04   #6
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Liebe ruhelos,
mich hat der Paarreim sehr angesprochen - mit der Lesart kann man sich auf die darin enthaltene Meloncholie gut einlassen.

"Winterlichtes Zweiggeäst" ist eine sehr schöne Wortschöpfung, die der Naturdichterin wieder gerecht wird.

Der plötzliche Sturm fühlt sich an, als wäre er eigens wegen des Nestes gekommen, weil danach wieder Ruhe eintritt.
In mir kamen Bilder und eine Stimmung auf, die ich auf meinen Spaziergängen und Wanderungen real erlebt habe.

Das Wörtchen "saust" würde ich ebenfalls ersetzen, um die leise Melancholie zu halten. (Vorschläge sind ja bereits da.)

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 01.03.2010, 14:38   #7
ruhelos
Flaschenpost
 
Registriert seit: 24.03.2009
Beiträge: 574
Standard

hallo chavali,

es freut mich sehr, dass mein melanchonisches Amselnestgedicht dir gefällt. Du hast die Situation treffend beschrieben. Vielen Dank für das Aufzeigen deiner Lieblingspassage.

hallo falderwald,

vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Wie du siehst, habe ich das Gedicht überarbeitet und das Wort saust ersetzt. Das Komma nach dem Wort Astwerkraum entfällt nun nach der Umstellung. Es freut mich zu sehen, dass mein melanchonisches Gedicht,dennoch die Szne treffend darstellt. Ich danke dir auch für die Rückmeldung, was die Metrik des Gedichtes betrifft. Bis heute bin ich mir da an manchen Stellen noch unsicher.

hallo ginton,

danke für dein Lob. Es freut mich zu hören, dass sich das Gedicht leicht und locker lesen lässt, was wie du selbst sagst, bestimmt am Paarreim liegt. Allerdings sollte es nicht lustig rüberkommen, sondern eher ernst und melanchonisch. Vielleicht hat eky ja doch recht und der Paareim ist hier nicht passend. So habe ich noch eine 2. Variante eingestellt.

hall eky,

ich gestehe deinem Kommentar mit Bangen, aber auch mit Freude entgegen gesehen zu haben. Ich bin freudig überrascht insgesamt einen positven Kommentar erhalten zu haben. Deine Verbesserungsvorschläge habe ich größtenteils in der überarbeiteten Version verwandt oder jene Stellen völlig neu geschrieben.Deinen Vorschlag für die 2. Str. 4. Zeile:

schon bricht die Vogelstatt vom Baum

konnte ich leider nicht übenehmen, da es schon in der 1. Zeile der selben Str. verwendet wird. Auch habe ich eine Variante im Kreuzreim eingestellt, die eher zur Stimmung des Gedichtes passt. Anscheinend gehen hier aber die Meinungen auseinander. Aus diesem Grund habe ich auch die ursprüngliche Version stehen lassen. Ich hoffe, die Überarbetung findet dein Gefallen.

hallo dana,

danke für deine anerkennenden Worte. Schön, dass du den Paarreim ansprechend findest und du dich dennoch auf die melanchonische Szene einlassen konntest, doch habe ich noch eine Variante im Kreuzreim eingestellt. Das Wort saust habe ich auf jeden Fall ersetzt. Ich habe das Wort fällt gewählt. Es freut mich, dass die Wortschöpfung winterliches Zweiggeäst dir gefällt.

Viele Grüße
ruhelos
__________________
Schreiben ist leicht. Man muss nur die falschen Wörter weglassen. (Mark Twain)

Geändert von ruhelos (01.03.2010 um 15:03 Uhr)
ruhelos ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 00:42 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg