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Ausflug in die Natur Natur- und Tiergedichte

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Alt 09.11.2011, 07:04   #1
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
Standard Herbstelegie

Die letzten Blätter flattern von den Bäumen,
der Herbstwind bläst sie wirbelnd hin und her.
Ich schau voll Wehmut zu und komm ins Träumen..
Wenn ich jetzt solch ein buntes Blättchen wär?

Ich wüsste nichts vom großen Weltgetriebe,
von all dem nichts, was Menschen wichtig scheint.
Ich spürte nie das tiefe Glück der Liebe,
wär andrerseits auch keinem spinnefeind.

Ich würde mich im Lenz als Blatt entfalten,
in schlichtem Grün und hoffnungsvollem Ton.
Ich würde mich nicht für so wichtig halten
und forderte nicht den geringsten Lohn.

Ich wär ein Teil von jenem großen Ganzen,
aus dem der Baum die Lebenskraft bezieht.
Ich wurzelte im Sein wie alle Pflanzen,
ein Blatt, aus dem im Herbst das Leben flieht.

Ich würde jetzt vom Herbstwind fortgetragen
und schwebte leise flatternd durch die Welt.
Ich würde irgendwo an einen Ort verschlagen,
wo welkes Laub zu Erdenstaub zerfällt.

So lebte ich im ewgen Stirb und Werde,
ein Kreislauf, der sich öffnet und sich schließt.
Ich würde Blatt und würde wieder Erde,
aus der im Lenz das neue Leben sprießt.
Friedhelm Götz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.11.2011, 09:11   #2
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

wow Flöhezimt,

ich mag Elegisches. Noch dazu, wenn es so gut gemacht ist wie dieses hier.
Hatte ich doch den Eindruck, du wolltest uns nur Humoriges zeigen

Die Botschaft deines Textes ist eindeutig, ohne Verschnörkelungen, ohne Schnickschnack und Kryptisches.
In sechsstrophigem Kreuzreim philosophierst du über das Werden und Vergehen eines Herbstblattes,
das du sozusagen vermenschlichst.

So ein Blatt hat ein kurzes Leben. Es kennt keine Zwischenstufen.
Es entfaltet sich im Frühjahr, stotzt vor Farbe, Kraft und Fülle im Sommer und stirbt im Herbst,
wo es als Humus in die Erde eingeht (natürlich nicht sofort, es braucht schon einige Jahre )
und aus dem irgendwann ein Baum und ein neues Blatt entsteht.

Wir Menschen dagegen haben öfter die Gelegenheit, wieder aufzustehen, wenn wir mal gefallen sind
Die letzte Strophe gefällt mir am besten:
Zitat:
So lebte ich im ewgen Stirb und Werde,
ein Kreislauf, der sich öffnet und sich schließt.
Ich würde Blatt und würde wieder Erde,
aus der im Lenz das neue Leben sprießt.
Gern gelesen und das Blatt beneidet und bedauert
hat mit vielen Grüßen an dich
Chavali






__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 09.11.2011, 10:04   #3
ginTon
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 12.417
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hallo gerd flöhezimt,

Dieses Gedicht kam/kommt mir sehr bekannt vor und ich vermutete sofort als ich
es las, dass ich es irgendwo schon einmal gelesen hätte, ich weiß nur nicht mehr
genau wo..egal

Das Gedicht an sich ist sehr gut geschrieben, mit sich wiederholenden Strophen-
anfängen und eine hohe Zahl an Wiederholungen des Personalpronomens "ich".
Nicht das es mir nicht gefällt, hier scheint es sogar sehr gut zu passen. Mit dem
sich daraus ergebenden Ausdruck ist dir ein gutes Werk gelungen, welches sich
sehr gut liest...

LG gin
__________________
© Bilder by ginton

Was aus Liebe getan wird, geschieht immer jenseits von Gut und Böse (Nietzsche)

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
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Alt 09.11.2011, 11:17   #4
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
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Hallo chavali und ginton,

mein Herbstgedicht ist sozusagen schon steinalt, es stammt aus den 60-er Jahren des vorigen Jahrhunderts, aus einer Zeit, als ich noch vorwiegend "Albumpoesie" geschrieben habe. Ich habe das Gedicht schon mehrfach veröffentlicht und überwiegend positive Rückmeldungen bekommen. Natürlich fallen die vielen "Ich" auf, ist aber kaum zu vermeiden.

Von diesem Gedicht gibt es auf meinem Youtube-Kanal auch eine vertonte Fassung mit einem leicht veränderten Text:

http://www.youtube.com/watch?v=k-JL-zP7WBs


Vielen Dank fürs Lesen und Kommentieren

G.F.
Friedhelm Götz ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 09.11.2011, 18:26   #5
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Hallo, Gerd Flöhezimt,

so be- und gesungen, wären wir alle gut dran, wenn wir wie Blätter im Wind blieben.

Wunderschön die tragende und kreisschließende Leichtigkeit des Seins.

Ich kann den Traum beim Zuschauen nachvollziehen - aber auch die Wehmut darüber, dass es nicht so ist im Leben.

Im Grunde sind wir wie Blätter im Wind und nur weil wir denken und wollen können (), stellen wir uns gegen den Lauf der Natur:
Wir verlängern künstlich das Haften am Baum,
wir begrünen uns, obwohl wir herbstfarben werden,
wir stemmen uns gegen den Wind in entgegen gesetzte Richtung, verschwenden Energie und versäumen es, den natürlichen Verlauf zu genießen.

Die Herbstelegie gefällt mir sehr.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 10.11.2011, 11:06   #6
Friedhelm Götz
Schüttelgreis
 
Registriert seit: 02.11.2011
Beiträge: 954
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Hallo Dana,

vielen Dank für deine wundervolle Kommentierung.

LG G.F.
Friedhelm Götz ist offline   Mit Zitat antworten
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