18.03.2009, 14:40 | #1 |
gesperrte Senorissima
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Die Erde
In Deinen dunklen Höhlen: Augen,
sah ich so jammervoll Dein Neigen einem Schicksal; gnädig schnell bestimmt. Vier schwere Tage sollten Dir noch taugen, schon geprägt von letztem Schweigen, das zu wahrer Stimme nicht mehr klimmt. Hinter Dir den schwarzen Schatten sah ich wohl, dunkle Schwingen ohne wahren Namen, das halbe Bang in Deinen Händen. Der andre Alltag wurde Dir so hohl. Weil alte Namen Dir zu nennen kamen, wolltest Du noch einmal her zu mir Dich wenden. Künden von der frühen Jugendqual, Knecht in groben Vaterhänden, gepfercht in mehr als nur die Scheuer. Dir stiegen auf die Ungeheuer, das Schlagen und das Schänden. Und Deine Liebste: Sie nur war Dir teuer. Die Erde deckt Dich und Dein Leiden. Hier oben ließest Du zurück der späten Jahre Frucht und Glück. Gerade heute möcht ich's Dir fast neiden. 18.03.2009 Geändert von Leier (18.03.2009 um 21:47 Uhr) |
18.03.2009, 18:52 | #2 | |
Gast
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Hallo Cyparis
aktuell? Man möchte am liebsten sagen: traurig. Kann ich aber nicht, weil das einfach der Gang der Dinge ist und Du dies ja auch in der letzten Zeile ausdrückst. Wie findest Du das Attribut, dass ich Deinen Gedichten verliehen habe: Cyparisch? Würde ich jetzt immer schreiben, wenn es so nicht bald seinen Reiz verlieren würde Zitat:
Lieben Gruß reinhard |
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18.03.2009, 19:12 | #3 |
gesperrte Senorissima
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Lieber ReinArt,
ja, s e h r aktuell. Ein (Dorf-)Nachbar ist beerdigt worden. Statt "ward" kann ich auch "war" schreiben. Kurz vor seinem Tod hat er mir noch einmal seine "vita" erzählt. Ich glaube, daß er noch einmal den Zorn deutlich machen wollte, den er seinen Eltern gegenüber empfand. Obwohl ich von allem wußte, war es doch sehr bedrückend, zu erkennen, wie ein Mensch als Bub vergiftet wurde. Und dennoch zu dem liebenswürdigsten hilfsbereitesten Nachbarn wurde. Ich trauere ihm sehr nach. Ja! Es ist der Gang der Dinge (???), des Lebens. Bei vielen läßt es mich kühl. Hier nicht. Lieben Gruß von cyparis |
18.03.2009, 21:34 | #4 |
Slawische Seele
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Liebe Cyparis,
ich möchte nicht wissen, wie viele Menschen mit diesen und ähnlichen "schwarzen Schatten" lebten und leben. Zu oft, ohne sich damit mitteilen zu können. Kennt man nur einen, der danach ein wenig vom Leben belohnt worden ist, empfindet man Dankbarkeit dafür und Freude darüber. Deine Verdichtung von Schatten und Licht ist wunderbar gelungen. Sonst habe ich nichts gegen "poetische" Wendungen, doch speziell hier wäre auch mir statt ward ein war lieber - nur so vom Gefühl her. Liebe Grüße Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
18.03.2009, 21:53 | #5 |
gesperrte Senorissima
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Liebe Dana,
wenn Zweie das Gleiche sagen: ich habe aus dem ward ein war gemacht. Beides trifft zu: Sie w a r d seine Braut und sie w a r sein Lebensinhalt. Ein gnädiger Gott hat ihr Alzheimer beschert. Sie weiß nicht, daß ihr geliebter Gatte starb. Fühlen mag sie es wohl. Davon bin ich überzeugt. Lieben Gruß von cyparis Geändert von Leier (19.03.2009 um 00:53 Uhr) |
23.03.2009, 14:00 | #6 | |
Gast
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Liebe Cyparis,
sehr, sehr berührend, besonders der letzte Satz Deines wohlfein durchdachten Gedichtes. Du weißt ja, ich bin nicht die, die es pathetisch mag, aber hier finde ich im groben "Bauerndasein" ein Hauch Zärtlichkeit: Zitat:
Traurig. Bussi cori |
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23.03.2009, 14:30 | #7 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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ja, liebe cyparis,
sehr berührend, innig geschrieben. und wohl leider - alltäglich... "glücklich" leben können wohl nur die, die das lebensleid der anderen "billigend" in kauf nehmen... liebe grüße norbert |
23.03.2009, 21:14 | #8 |
gesperrte Senorissima
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Liebe cori,
ich war auch sehr traurig, bin es noch. Ich finde trotzdem Trost darin, daß ich aus der Trauer ein Gedicht machen konnte. Das Haus ist so verwaist, es greift mir jeden Tag ans Herz. Danke, mein Liebes! Lieber norbert, ich finde das sehr schön, daß Du die Innigkeit in meinen Worten erkannt hast. "Glücklich" leben? Ich weiß nicht. Aber auf jeden Fall dankbar für jeden Tag, der einem noch geschenkt wird. Ich nehme keinen Tod billigend in Kauf. Ob ich so weit vorträte (einen Schritt) wie Pfarrer Kolbe - ich glaube es nicht. Aber er ist bis heute mein Vorbild (neben anderen) geblieben. Lieben Gruß! cyparis |
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