29.01.2019, 14:29 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
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Noahs Tochter singt
Noahs Tochter singt
Ich habe einen Traum, immer und immer wieder, der Rahmen wechselt, aber die Bilder sind gleich. Ich träume, ich schwebe fern im Weltall hoch über dem Planeten Erde, sehe die schön Erde in der Sonnenstrahlung, sehe gleichzeitig mit Adlerblick all die Kreaturen, sehe Bäume, Tiere und Menschen. Ich sehe zeitlos, das Vergangene und das Zukünftige ineinander verwoben. So sieht wohl auch Gott alles und jeden gleichzeitig. Wie die erste Morgenröte, die nach und nach den gesamten Himmel erfasst, nähert sich mir ein geistiges Wesen von unaussprechlicher Schönheit. Es ist so schön, dass keine körperliche Gestalt es fassen könnte, selbst die herrlichsten Gemälde würde mutlos erblassen vor diesem Engel. Das zarte Morgenrot verwandelt sich in finsteres Gewittergrau, und der Engel umhüllt mich mit einer Trauer um den Untergang der paradiesischen Verfassung der Gesellschaft, die Gott, dem Himmel abgeschaut, den Menschen geschenkt hatte. Aber die Menschen waren keine Engel, keine Wesen, welche alles mit Augen und Herzen des Nächsten sehen, welche einzig den Gesetzen des Herzens und der reinsten Nächstenliebe folgen. Die Menschen zerstörten den Gottesstaat, sie pervertierte die göttlichen Gesetze, dem Götzen Nutzdenken frönten sie und Gott erzürnte so, dass er die Sindflut schickte. Nur Noah, den einzigen gerechten und von Nächstenliebe getriebenen errettete er, samt seiner jungfräulichen Braut. Als sie über den Wassern trieben küsste ein Engel Noahs Frau die Stirn und sie gebar eine Tochter des Herzens mit einer engelreinen Stimme. Und ihr Name war Lyrik. Und Gott sprach zu Noah: Ich will keine Sintflut mehr schicken und mein Werk fortan nicht mehr zerstören, der Mensch muss nun selbst seinen Staat erbauen, seinen Staat, der das Paradies spiegelt, aber für Menschen, die keine Engel sind. Deshalb habe ich einen Engel geschickt, der deine Frau auf die Stirne küsste, sodass sie dir eine Tochter mit göttlichen Stimme schenkte, die ihr Lyrik genannt habt. Und das Gewittergrau wich einem strahlenden Blau, welches meine Seele erhob, und Noahs Tochter sang, sie sang in meinem Traum*zu den Worten des Dichters: Poeten sind die Hierophanten einer nicht begriffenen Inspiration; Spiegel der gigantischen Schatten, welche die Zukunft auf die Gegenwart wirft; Worte, welche ausdrücken, was sie selbst nicht verstehen; Trompeten die zum Kampf stimmen und nicht fühlen, wozu sie inspirieren; treibende Kraft, die nicht bewegt wird aber bewegt. Dichter sind die nicht anerkannten Gesetzgeber der Welt. Und Noahs Tochter singt in meinem Traum immer eine Melodie von himmlischer Schönheiten, eine Melodie, welche immer wieder erklingt, wenn ich in der Stimmung bin, ein Gedicht zu schreiben. Und das Blau wird immer heller und strahlender und Noahs Tochter singt in Worten des Politikers. Und ich habe einen Traum, dass eines Tages jedes Tal erhöht und jeder Hügel und Berg erniedrigt werden. Die unebenen Plätze werden flach und die gewundenen Plätze gerade. Und ich habe einen Traum, dass eines Tages die Menschheit wahrhaft die selbstverständliche Wahrheit lebt, dass alle Menschen gleich geschaffen sind. Noahs Tochter singt, sie singt über meinenTraum hinaus, den unendlichen Menschheitstraum. Ich träume wieder und immer wieder, wie alle Kinder der Welt hoffnungsvolle Spiele am Strand des Ozeans der Zukunft spielen und in den Muscheln am Stand fröhlich dem Gesang von Noahs Tochter lauschen.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
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