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Auf der Suche nach Spiritualität Religion und Mythen |
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02.09.2011, 20:35 | #1 |
TENEBRAE
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Beiträge: 8.570
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Die Kinder der Propheten
So sind Momente eines tiefern Lebens,
dass wir sie kaum erfassen und verstehn. Wir mühn uns redlich, doch zumeist vergebens, als sei die Spur zu groß, darin zu gehn. So fürchten wir den Klang der hohen Schritte, die leichthin unser Größtes übersteigen, und flüstern atemloser unsre Bitte, dass uns nicht sieht, wovor wir uns verneigen. Wir sinken hin, ergriffen und entmündigt, und merken nicht, dass jener greise Geist, der uns den Hauch des Göttlichen verkündigt, in viel zu weiten Schuhen um uns kreist.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (07.10.2019 um 17:37 Uhr) |
02.09.2011, 23:40 | #2 |
Slawische Seele
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
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Lieber eKy,
du sagst ja oft, dass dir solche "Reimgedanken" einfach kommen, ohne dass du "großartig" erklären könntest. Ist es hier auch so? Wenn ja, dann überzeugst du auf geistiger und erst recht auf geistlicher Ebene. Bei allem Erlesenen (lesen) kann und will ich nicht vom von Geburt an Eingegebenen loslassen. Ich deute es aus "Anhänglichkeit" als Beleg für die Realität des Spirituellen. Mehr noch: Ich betrachte diese Verse wie eine Überleitung (Brücke) zur eigenen "Ausweglosigkeit", doch noch ein Türchen zu sehen. (Ich will, auch wenn es nur ein Wunsch ist.) Mit diesem sehr schönen Gedicht zeigst du eine Kindlichkeit (Naivität) auf, die weise verbietet zu verneinen, was ein Menschenkind nicht fähig ist, zu sehen, zu erkennen. (Als wollte man einem Pubertierendem erklären, dass er vom Leben keine Ahnung hat.) So sind die Augenblicke eines tiefern Lebens, dass wir sie kaum erfassen und verstehn. Wir mühn uns redlich, doch zumeist vergebens, als wär die Spur zu groß, darin zu gehn. Eben, wir wissen zu genau, dass wir weder erfassen noch verstehen können, wir wissen dass unsere Müh vergebens ist. Die Spur, auf der wir uns bewegen, ist zu groß für uns. Wir wissen nicht, wohin sie führt und verführt - wegen der Größe. So fürchten wir den Klang der hohen Schritte, die leichthin unser Größtes übersteigen, und flüstern atemlos und immerfort die Bitte, dass uns nicht sieht, wovor wir uns verneigen. Was wir auch sehen und denken, es erschließt sich nicht zum Ganzen, zum Erklärbaren. Gläubige beten. Ungläubige bleiben auf der zu großen Spur und verwischen die Spur der Gläubigen, ohne jeden Gegenbeweis, außer mit der Tatsache, dass es so, wie sie es meinen, nicht ist oder sein kann. Wir sinken hin, ergriffen und entmündigt, und merken nicht, dass jener greise Geist, der uns den Hauch des Göttlichen verkündigt, in viel zu weiten Schuhen um uns kreist. Hier wage ich, albern zu werden: Ist es der greise (große) Geist, den wir bei einer Unfähigkeit ertappen? Er verkündigt uns Göttliches und merkt nicht, dass er uns überfordert? Scheitern wir deshalb gegenseitig? Ich nehme Mal ganz reale und menschliche Vergleiche: Jede Mutter will bei ihrem Kind alles besser machen, als sie es von ihrer Mutter erfahren hat. Jeder, der Lehrer geworden ist, will besser sein, als es seine Lehrer gewesen sind. Beide merken, dass es nicht möglich ist, weil... Das Göttliche dürfte an solchen Unmöglichkeiten nicht scheitern. Warum gelingt es dennoch nicht? Gibt es kein Göttlich? Oder gibt es das doch, nur nicht in diesem Spiel? Lieber eKy, egal wie es ist oder nicht ist - dein Gedicht ist und erlaubt diese Gedanken. Schreib immer wieder, was dir kommt. Liebe Grüße Dana
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Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben. (Frederike Frei) |
03.09.2011, 00:40 | #3 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi, Dana!
Der Titel hilft: Die Kinder der Propheten Das sind wir, und immer wird uns irgendwas irgendwie gepredigt, werden wir indoktriniert und hirn- wie mundtot gemacht. Der "greise Geist" versinnbildlicht solche Propheten, denen wir folgen, weil wir uns zu klein fühlen (S1) oder zu feige sind, selbst zu denken und zu handeln (S2). So lassen wir uns entmündigen und merken nicht, dass diese "großen Künder ewiger Wahrheiten" eben auch nur mit Wasser kochen - sprich in viel zu großen Schuhen Spuren ziehen, die uns einschüchtern und beeindrucken sollen. Übrigens: Meine augenblicklich wesentlichste lyrische "Großtat" findest du im Faden "Lieblingsbilder(zyklus)", Abteilung Strandgut/Beschreibungen. Da wirste erst kucken!!! LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
04.09.2011, 00:39 | #4 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
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Beiträge: 9.912
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Servus Erich,
das ist oft so, wenn die Jungen in die Fußstapfen der Alten treten. Meist bleiben sie hinter den Erwartungen zurück. Natürlich gibt es auch Ausnahmen, aber von denen ist ja hier nicht die Rede. So sind die Augenblicke eines tiefern Lebens, dass wir sie kaum erfassen und verstehn. Wir mühn uns redlich, doch zumeist vergebens, als wär die Spur zu groß, darin zu gehn. Diese Strophe ist ein sehr gut durchdachter Einstand. Sie bleibt ziemlich allgemein, so daß man sie auf alle Vorbilder projizieren kann. Die Alten könnten Künstler, Philosophen, Wissenschaftler oder Theologen etc. gewesen sein, denn der Begriff Prophet, wenn wir ihn nicht nur im religiösen Sinne betrachten, kann ja hier als Metapher etwas weiter gefasst werden. Wir sehen ein erfolgreiches Leben und doch wissen wir nicht, wie derjenige es ausgefüllt hat, um zu dem zu werden, was er war. Dieser großen Spur können wir nicht folgen. (Übrigens habe ich in dieser Strophe meine einzigen Kritteleien anzubringen. Ich sehe hier eine Häufung von verstümmelten Verben - verstehn - mühn - wär() - gehn. Wir können uns zwar darauf verständigen, daß das mal vorkommen kann, aber vier in einer Strophe sind nicht so schön, vor allem, da zwei davon nicht nötig wären, da sie sich am Versende befinden. Da in der zweiten Strophe sowieso durchgängig weiblich Kadenzen verwendet werden, muss die erste nicht reimtechnisch synchron zur dritten verlaufen, denn es ist durchaus legitim, mit einer männlichen Kadenz zu enden. Das verstärkt m. E. die Aussage im letzten Vers noch.) So fürchten wir den Klang der hohen Schritte, die leichthin unser Größtes übersteigen, und flüstern atemlos und immerfort die Bitte, dass uns nicht sieht, wovor wir uns verneigen. Ja, die Geister ruhen nicht und wenn sie sähen, wie wir mit ihren Gedanken und Absichten heute umgehen, dann sollten wir wirklich hoffen, daß sie uns nicht mehr beobachten können, sonst müssten wir uns wohl in Grund und Boden schämen, so wie ihre alten Lehren umgesetzt werden. Und doch ist der Klang ihrer Schritte ewig zu vernehmen, denn ihre Gedanken und Schriften (auch Kunstwerke) werden niemals sterben, auch wenn sie leise geworden sind. Wir sinken hin, ergriffen und entmündigt, und merken nicht, dass jener greise Geist, der uns den Hauch des Göttlichen verkündigt, in viel zu weiten Schuhen um uns kreist. Ja, der Hauch des Göttlichen, der vielen Dingen anlastet, auch dem Genie und seinen Werken. Ich denke an Menschen wie Platon, Kant (ja und auch Schopenhauer), Mozart, Goethe, Shakespeare, da Vinci usw., deren Werke unsterblich geworden sind. Aber auch an die religiösen Propheten, deren Lehren auf den Grundlagen spekulativer Welten basieren und deren Ideale zu Dogmen wurden, die man entweder glauben kann oder nicht. Und für all das sind unsere Füße wirklich zu klein, ihre Schuhe sind uns ein paar Nummern zu groß. Schön der übergreifende rote Faden Spur - Schritte - Schuhe. Sie symbolisieren den alten Spruch von den Fußspuren, in denen man nicht wandeln kann. Hat mir gefallen. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
04.09.2011, 01:05 | #5 |
TENEBRAE
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Hi, Faldi!
Anderer Denkansatz, anderer Background - andere Deutung! Hat aber was! Der Titel ist vielleicht etwas missverständlich: Mit den "Kindern" waren eigentlich die Jünger, die Folger, die Gemeinden religiöser Indoktrinisten gemeint, die den Sinnsuchenden und Devoten Größe vorgaukeln (zu große Schuhe), um sie manipulieren zu können. Aber deine Deutung hat nicht weniger Berechtigung! LG, eKy
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04.09.2011, 15:55 | #6 | |
Lyrische Emotion
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Hi Erich,
nein, ich hatte das schon richtig für mich gedeutet, wollte aber allgemeiner bleiben, weil ich meine, daß dieser Text auch objektiver wirken könnte. Mir war schon klar, worauf das hinausläuft. Aber du hast noch etwas übersehen: Zitat:
Was meinst du? Liebe Grüße Falderwald
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04.09.2011, 16:12 | #7 |
TENEBRAE
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Hi, Faldi!
Ich hab's nochmal gelesen und wüßte nicht, welche Verkürzungen man weglassen könnte, ohne den Sprechrhythmus des Gedichtes empfindlich zu stören. Wenn ich "verstehen und gehen" lese, erscheinen mir die Zeilen schon zu lang - da beißt sich was nach meinem Geschmack. Mir ist dieser Rhythmus extrem wichtig - nur so "klingt" das Konstrukt in meinen Ohren. LG, eKy
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04.09.2011, 16:20 | #8 |
Lyrische Emotion
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Hi Erich,
natürlich ist es Geschmacksache. Ich dachte nur, es würde den Sprechrhythmus nicht stören, weil du in Strophe zwei auch durchgehend weibliche Kadenzen verwendest. Lass stehen, ist ja dein Gedicht. Nun, wenn ich etwas anmerke, dann ist es nicht, weil ich etwas zum Kritteln suche, sondern weil es mir aufgefallen ist. Sonst könnte ich ja auch meine Klappe halten... Liebe Grüße Falderwald
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05.09.2011, 10:12 | #9 |
TENEBRAE
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Hi, Faldi!
Ja, schon richtig - sollte auch kein kritischer Einwurf sein. Die ABFOLGE der Strophen ist mir wichtig: S1 männliche K - S2 weiblich - S3 wieder männlich. Ich hoffe, das sagt man so. Diese regelmäßige Abfolge und das An- und Abschwellen des Sprechrhythmus, den sie bewirkt - das hab ich gemeint. Und das muss für mich so sein, so hat es, finde ich, mehr Wirkung, zumindest in meinen bescheidenen Ohren. LG, eKy
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