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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 14.06.2011, 21:50   #1
Dana
Slawische Seele
 
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Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard Leben

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Wenn ich gedenke all der Wichtigkeiten,
wie sie einst quälten, jede Hoffnung raubten,
dagegen jene, die zu Höhenflügen
bewogen haben und an Wunder glaubten,

um sie im Album der Erinnerungen
nur als gewesen lächelnd zu betrachten,
dann schöpf ich daraus Lebensleichtigkeiten
für alles Kommende und will beachten,

dass sie sich insgesamt zu Einem fügen,
dass es ein Nehmen ist und auch ein Geben,
das durch die Zeiten weht, um zu vergehen:
ein Mosaik aus Augenblicken - Leben.
.
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__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 14.06.2011, 22:23   #2
Thomas
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Standard

Hallo Dana,

da ist dir ein sehr gutes Gedicht gelungen. Die zeilen- und strophenverwobene Form 'beweist', dass es gar nicht anders sein kann, als du sagts.

Gratulation.

Viele Grüße
Thomas
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Alt 16.06.2011, 11:48   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Dana!

Ein sehr gut durchdachtes und sprachlich wohlgeflochtenes Gedicht. Ich war so frech, mich drüberzumachen, einerseits, um die fehlenden Reime nachzureichen, anererseits, um gewisse sprachliche Ungleichgewichte und undeutliche Aussagen zu glätten und zu harmonisieren. Nimm, was dir brauchbar erscheint.


Gedenke ich der Augenblicke, die nicht lügen,
zum einen jener, die mir Hoffnung raubten,
wie jener auch, die mich zu Höhenflügen
bewogen oft und auch an Wunder glaubten,

um sie im Album der durchlebten Zeiten
als "einst gewesen" lächelnd zu betrachten,
so schöpf ich daraus Lebensleichtigkeiten
für alles Kommende und kann beachten,

dass sie sich groß zu einem Ganzen fügen,
das wohl ein Nehmen ist wie auch ein Geben,
das durch die Zeiten weht, sich zu genügen:
Ein Mosaik aus Augenblicken - unser Leben.


Ich hoffe, ich bin nicht über's Zierl hinausgeschossen. Falls doch, kannst du es zumindest als Kompliment betrachten: Ein schlechtes Gedicht hätte mich gewiss nicht derart inspiriert!

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 16.06.2011, 17:43   #4
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
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Beiträge: 1.836
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Hallo, liebe Dana,

mhm, Erich hat oft recht(), aber für mich ist das Reimschema hier durchaus "richtig". Im Sinne von: Im Leben "reimt" sich auch nicht alles, und von diesen "Ungereimtheiten" einmal abgesehen, "reimt" es sich eben doch irgendwie "zusammen". Ein Reimschema, das sich nicht auf den ersten Blick erschließt, sondern nur, wenn man ganz genau hinsieht.

Ein "Reim-Mosaik":

abcb
deae
cfgf

Ich denke, es steht symbolisch für das Leben, manchmal etwas "durcheinander", der "Reim" kommt an einer Stelle, wo man ihn erst Mal gar nicht erwartet, und zwei Waisen sind mit dabei - hm, unerklärliche Ereignisse, die für sich selbst stehen, da man sich vielleicht das ganze Leben lang darauf "keinen Reim machen kann"?

Ebenso greift hier jeder "Lebensabschnitt" in den anderen "über", denn das Leben ist ja auch etwas "Ganzes", die vielen "Mosaiksteinchen" ergeben zusammengesetzt ein Bild. Vielleicht nicht (unbedingt) ganz komplett, aber doch immer deutlicher erkennbar, je länger man es betrachtet.

Sowohl das "Muster der Reime" als auch das "Muster der Worte bzw. der Aussage" ergeben für mich ein gelungenes, stimmiges Bild.

Es gibt nur eine Stelle, zu der ich etwas anmerken möchte:

Zitat:
Wenn ich gedenke all der Wichtigkeiten,
wie sie einst quälten, jede Hoffnung raubten,
dagegen jene, die zu Höhenflügen
bewogen haben und an Wunder glaubten
,
Hier bekomme ich den Eindruck, als ob die "Wichtigkeiten" an "Wunder glaubten", hier ist der Sinnzusammenhang ein bisschen "verrutscht". Eigentlich müsste "Jemand" an Wunder geglaubt haben, verstehst du, was ich meine?

Ansonsten aber ist es sehr schön gelungen!

Gerne gelesen und das "Mosaik zusammen gesetzt".

Liebe Grüße

Stimme
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.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.06.2011, 08:18   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Stimme, Dana!

Hier zeigt sich eine grundsätzlich unterschiedliche poetische Intention. Während bei dir das Reimschema nur ein weiteres Mittel darstellt, eine Aussage oder Stimmung zu kolportieren oder zu transportieren, steht bei mir IMMER die Schönheit der Sprache selbst im Mittelpunkt, nach dem Motto: Egal, was du aussagen willst, sag es vor allem: SCHÖN!, denn das macht Dichtkunst für mich überhaupt erst aus, das verleiht ihr Bedeutung über die Jahrhunderte hinweg, wenn die gesellschaftspolitischen oder philosophischen Gründe für unsere Zeilen und unsere Gefühle dahinter längst mit uns zu Staub zerfallen sind!

Die Schönheit, der Zauber der Sprache erst macht ein Gedicht unsterblich, wird Teil des Volksgedächtnisses. Viele Dichter haben dies heutzutage vergessen und verwenden die Sprache wie einen x-beliebigen Baukasten. Aber so funktioniert es nicht!
Sprache greift so tief in uns und bewegt soviel mehr als das, was unser oberflächlicher Verstand vorerst wahrnimmt! Gerade bei der Dichtkunst wird ein zu vermittelnder Inhalt erst durch die Wertigkeit der Präsentation bedeutsam. Ein beliebiges Geschreibsel rührt uns sicher nicht zu Tränen, wie gerecht und erhaben sein Anspruch auch sein mag! Erst die Magie der schönen Sprachhabung macht das Besondere, dem die Leute gern lauschen, weil es sie nachgerade hypnotisiert. Auch wenn die Wirkung sich erst nachhaltig entfaltet, erinnert der Hörer sich an das Schöne lieber als an den "Schrei", und denkt viel länger daran. Kurzfristig mag man fasziniert sein vom Gepluster moderner "Dichtung", aber auf lange Sicht ist es die schlichte Schönheit der Sprache, die überdauert.

Sieh nur, was heute hauptsächlich noch gelesen wird: Die sog. Klassiker! Interessiert irgendjemanden noch - von spezifischen Doktoranden abgesehen - der damals aktuelle Grund für ein bestimmtes Werk? Wohl eher nicht. Nein, das Gedicht steht für sich selbst, wuchs lange schon über seinen ursprünglichen Zweck hinaus und ließ ihn hinter sich.

In diesem Sinne versuche ich meine Dichtung. Ich respektiere durchaus eine andere Sichtweise - manchem mag die "Wirkung" wichtiger sein als der Anspruch auf Dauerhaftigkeit der Sprache selbst - aber es ist eben nicht die meine.
In diesem Sinne versuche ich, ein gutes Gedicht zu einem besseren zu machen - nach meiner Sicht, klar. Es bleibt auch den Autoren überlassen, inwieweit sie sich dieser Sicht anschließen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass dies allgemein eher selten der Fall ist, und dennoch - ich kann nicht anders. Und wenn ich es nur für mich selber tue: Ich will es zumindest einmal so lesen können, wie ich glaube, dass es gehört. Das ist keineswegs als Herablassung zu verstehen, es ist einzig meinem Perfektionismus geschuldet, der allem sozusagen "den letzten Schliff" geben will, ohne über die persönlichen Befindlichkeiten des Autors lang nachzudenken.

Deshalb entschuldige ich mich auch schon beinahe im selben Atemzug für meinen Eingriff.
Wie das Gedicht nun "sein MUSS", damit es "gut" ist, bleibt letztlich dem Geschmack und der dichterischen Größe des Schreibers überlassen, wobei letzeres ja wiederum nur im Auge des jeweiligen Betrachters liegt!
Aber dafür gibt es diese Foren, oder? Um aufzuzeigen, um anzuregen, um seine Meinung und Überzeugungen zu vertreten, und um diejenigen anderer zu hören, um die eigenen zu erweitern. In diesem Sinne....

LG, eKy
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Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (24.06.2011 um 06:47 Uhr)
Erich Kykal ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 17.06.2011, 13:07   #6
Thomas
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Hallo Erich,

du hast vollkommen Recht und du brauchst dich auch gar nicht dafür zu entschuldigen. Ich lese deine Korrekturen immer mit Freude und erteile dir hiermit vorab Generalabsolution. Ein Korrekturvorschlag ist besser als tausend erklärende Worte.

Auch was du über Wirkung sagst, trifft genau meine Meinung (ich nennen es das Orpheus-Prinzip). Der Dichter darf nicht auf die Wirkung schauen, sondern muss vertrauen, dass sein Werk die Herzen der Hörer finden wird. Wie die Formkraft der Erde in dunkler Tiefe die schönsten Kristalle hervorbringt, die den Finder beglücken. Was dem Kristall die Formkraft der Erde ist, das ist für das Gedicht die poetische Idee des Dichters und sein Vermögen diese zu gestalten. Wenn es gelingt wird Wahrheit zu Schönheit.

Wie wesentlich dieser Zusammenhang zwischen Wahrheit und Schönheit ist, wurde mir vor vielen Jahren beim Betrachten der Portraits klar, die Dürer von seiner Mutter malte. Ein alte Frau mit Falten, keine makellose Jungfrau, und diese mit einfachsten Mitteln skizziert. Und so schön, weil wahrhaftig!

Konkret zu Danas Gedicht denke ich, dass die Worte 'Wichtigkeiten‘ und 'Erinnerungen‘ notwendig sind. Und dass Augenblicke, die an Wunder glauben, etwas ganz Unmittelbares und schönes sind. Ich kann es leider nicht gut erklären, warum mich Danas Gedicht so anspricht. Es hat eine größere Nähe, als deine sprachlich geschlossene Version, obwohl du ja fast nichts geändert hast. Wenn ich 'Augenblicke, die nicht lügen', höre, dann verleitet es mich zum aus-dem-Gedicht-hinaus-denken, während 'Wichtigkeiten' ein Bild erzeugen, welches sich in den folgenden Zeilen weiterentwickelt.

Liebe Grüße
Thomas
Thomas ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 23.06.2011, 20:36   #7
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy, liebe Stimme und lieber Thomas,

zuerst herzlichen Dank für euer Einlassen auf mein Gedicht.
Ganz besonders für die interessante Diskussion.

Gleich vorab:
Ich mag Vorschläge, ich nehme Kritik ernst, mich interessieren andere Sichtweisen und ich mag auch Antwortgedichte. Letzteres, weil einige sich beim Antwortgedicht betreten fühlen (schon oft gelesen) und zwar, weil sie darin ein "Schau-mal-ich-kann-es-besser" sehen.

In der Betrachtung, was "schöne, gute Lyrik" ausmacht, neige ich zu deiner Sichtweise, eKy. Unser "Material" ist die Sprache, in der wir uns ständig üben.
Und doch erwische ich mich oft bei zwei Maßstäben:
Manchmal begeistert mich fast ausschließlich der gut umgesetzte Sprachklang. Ich nenne es dann Lyrik pur.
Oft aber auch die Tiefe der Aussage, wenn ich spüre, was ein Gedicht in mir bewirkt - als würde mir jemand aus der Seele sprechen oder die Seele berühren.
Diesen kleinen und feinen Unterschied erlebe ich immer wieder.

Ich löse mich fast auf, wenn beides gegeben ist.

Jedes Gedicht ist aber auch ein eigener Ausdruck des jeweiligen Dichters. Wenn man darüber spricht (und dazu gehören auch Vorschläge des Gegenüber), erfährt man viel über das "Echo" auf das eigene Gedicht - und das interessiert den Dichter schon sehr, stimmt's?


Ich empfinde deine Überarbeitung, eKy, tatsächlich als Kompliment, völlig unabhängig davon, ob ich einiges, alles oder gar nichts übernehme.
Ich sehe darin dein Interesse und die Mühe.

Mir sind die "Wichtigkeiten" und Erinnerungen sehr wichtig, und zwar in der Weise, wie Thomas es schon gesagt hat. Sie sind sogar ein wenig "ironisch" gemeint.
In den Erinnerungen erkenne ich erst, wie unwichtig manche Wichtigkeit gewesen ist und weiß doch, dass sie einst über allem ragten und beinahe über Sein und Nichtsein zu entscheiden drohten. Sie hatten ihre Zeit.
Umgekehrt verhält es sich ähnlich - so manches hätte mehr oder andere Beachtung haben können.

Weil ich beim Schreiben auch an des Lebensungereimtheiten dachte und ohne zu wissen wann und wo, ein "Mosaik" einsetzen wollte, werde ich es stehen lassen, wie es ist.
Du, liebe Stimme, hast mich mit deinem Kommentar darin bestärkt.

In der 1. Strophe, dort wor die Wichtigkeiten an Wunder glaubten, bin ich eigentlich schon selbst gestolpert. Nach und nach übersetzte ich für mich, dass es die Wichtigkeiten waren, die zum Höhenflug bewogen haben.

Ich habe verstanden, was du meinst. Vielleicht fällt mir bald oder später noch etwas ein.


Euch dreien nochmals herzlichen Dank,
lasst uns immer offen reden - es gibt hier keine Grenzen, die überschritten werden können.
Es bleibt immer etwas hängen, was man beim nächsten Mal bedenkt - und das ist gut so.

Liebe Grüße
Dana
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(Frederike Frei)
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