Abwärts

[Sidgrani]

Angestoßen von Syranies "Ganz unten":

Davon soll ich mich ernähren?
Von Gemüse? Geht doch weg!
Kaue lieber Gummibären,
euer Essen ist ein Dreck.

Kommt mir nicht mit Goethe, Schiller,
ich sitz lieber vorm PC.
Das ist geil, da bin ich Killer,
habe Macht, tu andren weh.

Nervt mich nicht mit eurem Willen,
sagt nicht, es ist für mein Wohl,
seht, ich brauche diese Pillen,
halten wach mit Alkohol.

Wieso sollt’ ich auf euch hören?
Euer Jammern lässt mich kalt.
Könnt euch noch so sehr empören,
meine Sprache heißt Gewalt.

Warum soll ich die verschonen,
die betagt und hilflos sind?
Vollgepumpt mit Aggressionen
schlag ich, bis der Blutstrom rinnt.

Ich, mit alten Freunden sitzen,
reden, lachen, gut verstehn?
Das war früher, muss mich spritzen,
kann dann in den Himmel sehn.

Merkt ihr nicht, wie ich euch hasse,
auch mich selbst, was macht das groß.
Kommt, wenn ich die Welt verlasse,
weint um mich - und lasst mich los.

Es freut mich, dass ich mit meinem düsterem Gedicht " Ganz unten" Deine Kreativität angepiekst habe.

Du beschreibst hier einen Charakter, der von Sucht geschüttelt, allen Anstand über Bord geworfen hat. Sein Hass auf die Menscheit ist gepaart mit Gewalt gegen Diese. Letztendlich ist er gegen sich selbst voller Aggressionen.
Deine Worte sind eindringlich. ich sah beim Lesen einen kleinen Film vor meinen Augen.

Mit dieser Strophe greifst Du ein erschütterndes Thema auf:

Warum soll ich die verschonen,
die schon alt und hilflos sind?
Bin halt voller Aggressionen,
schlag gleich zu, wenn’s Blut auch rinnt.

Es heißt: "eine Oma plattmachen". Ihre Handtasche rauben und deren Wertgegenstände in " Stoff" umsetzen, dabei wird die Gefahr der Körperverletzung in Kauf genommen.

Dein Gedicht rüttelt auf, und öffnet die Augen für eine Paralellwelt in dieser Gesellschaft.

Liebe Grüße sy

[Sidgrani]

Liebe sy,

ebenso wie in "Ganz unten" dreht es sich hier um Dinge, die fast unbemerkt abseits unserer "Heilen Welt" passieren, eben in einer Parallelwelt.

Danke für deine Gedanken und deinen Kommi.

Liebe Grüße
Sid

[Lailany]

Lieber Sid,
schockierend, aber leider, so wie auch Syranies Werk, schrecklich real.

Für Texte mit solch schweren, düsteren Themen ist der Beat und Sog des flott dahingaloppierenden Paarreimes normalerweise völlig ungeeignet. Es ist erstaunlich, dass diese sehr gewagte Kombination hier trotzdem funktioniert. Warum? Keine Ahnung, vllt deswegen, weil der Protagonist grad voll hyper ist, in dem Zustand, wo diese Fizzigkeit und Fahrigkeit von Rede und Bewegungen typisch sind.
Welcher geheimen Formel Du Dich da auch bedienst, ich kann nur eins sagen:
Fein gebastelt.

Trüffel:
'mich hält nichts, nicht mal Gewalt'... die Aussage ist mir zu schwammig.
Und die ganze nächste Strophe reicht nicht ganz an Dein sonstiges hohes Niveau heran.

Auch nach langem Grübeln hab ich nicht grad das Gelbe vom Ei gefunden, aber ich lass Dir trotzdem mein Ergebnis da:

Könnt euch noch so sehr empören,
meine Lust ist die Gewalt.

Vollgepumpt mit Aggressionen
schlag ich, bis der Blutstrom rinnt.
Keinen werde ich verschonen,
auch nicht die, die hilflos sind.
Oder vllt: nicht die Alten, auch kein Kind.... ?

Ich, mit guten Freunden sitzen,
reden, lachen, sich verstehn? usw

Die alten Freunde wurden zu guten Freunden, wegen dem sonst doppelt gemoppelten 'alten'.

Vllt kannst Du was davon gebrauchen.

Sehr gerne gelesen, berüsselt und besenft.

GLG von Lai

[Sidgrani]

Liebe Lai,

wie ich an anderer Stelle heute bemerkte, mache ich mir beim Dichten keine Gedanken um die Form, die kristallisiert sich von selbst heraus. Deine Vorschläge finde ich prima, ich habe fast alles übernommen, danke.

Das Thema ist in der Tat düster und ich frage mich, ob unsere Gesellschaft die Ursachen dieser unheilvollen Entwicklung je wirksam bekämpfen und zum Guten wenden kann.

Lieben Gruß
Sid