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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 15.09.2019, 14:35   #1
Hans Beislschmidt
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Kein Händedruck, kein Hoffnungsschimmer,
nur kalte Infusionsbestecke,
die Uhr tickt tot im Komazimmer,
ein Stuhl ganz nutzlos in der Ecke.

Du schnaufend Schiff im Meer von Schläuchen
und Bojen voller Blut und Schaum.
Nur stumpfe Helfer, und ihr Keuchen
ist infundierter Fiebertraum.

Als wolltest du den Arzt bestrafen,
hängst du den Handschuh an den Haken.
Ins dumpfe Schwarz bist du entschlafen,
ein Zucken vor dem letzten Laken.

Verloren ist die Zeit, die ich dir überließ.
Ich wollte dir noch so viel sagen ... rest in peace.

Überarbeitete Version von Erich

Kein Händedruck, kein Hoffnungsschimmer,
nur kalte Infusionsbestecke.
Leblos tickt die Uhr im Komazimmer,
ein Stuhl ganz nutzlos in der Ecke.

Du schnaufend Schiff im Meer von Schläuchen
und Beuteln - blutiger Körpersaum.
Nur stumpfe Helfer, und ihr Keuchen
ist infundierter Fiebertraum.

Als wolltest du den Arzt bestrafen,
hängst du den Handschuh an den Haken.
Ins dumpfe Schwarz bist du entschlafen,
ein kurzes Zucken vor dem letzten Laken.

Verloren ist die Zeit, die ich dir überließ.
Ich wollte dir noch so viel sagen ... rest in peace.
.
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Alt 15.09.2019, 21:36   #2
Erich Kykal
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Zitat:
Zitat von Hans Beislschmidt Beitrag anzeigen
Kein Händedruck, kein Hoffnungsschimmer,
nur kalte Infusionsbestecke.
Leblos tickt die Uhr im Komazimmer,
ein Stuhl ganz nutzlos in der Ecke.

Du schnaufend Schiff im Meer von Schläuchen
und Beuteln blutiger Körpersaum.
Seelenlose Helfer und ihr Keuchen
sind infundierter nasser Fiebertraum.

Als wolltest du den Arzt bestrafen,
hängst du den Handschuh an den Haken.
Ins dumpfe Schwarz bist du entschlafen,
ein kurzes Zucken vor dem letzten Laken.

Verloren ist die Zeit, die ich dir überließ.
Ich wollte dir noch so viel sagen ... rest in peace.

Hi Hans!

Zweifellos sprachgewaltig, aber mit dem Metrum hast du immer noch so deine Problemchen, oder?

Schauen wir mal:

xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
XxXxXxXxXx
xXxXxXxXx

xXxXxXxXx
xXxXxxXxX
XxXxXxXxXx
xXxXxXxXxX

xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxXx
xXxXxXxXxXx

xXxXxXxXxXxX
xXxXxXxXxXxX

Die unstimmigen, weil nicht ins Schema passenden Stellen habe ich fett unterlegt. Die letzten beiden Zeilen stehen gesondert, daher muss die dortige Überlänge nicht als Fehler gelten, sondern kann ein Stilmittel sein.


Ein Versuch, dies ins Reine zu bringen:

Kein Händedruck, kein Hoffnungsschimmer,
nur kalte Infusionsbestecke,
und leblos tickt die Uhr im Zimmer,
ein Stuhl ganz nutzlos in der Ecke.

Du schnaufend Schiff im Meer von Schläuchen
und Beuteln um den Körpersaum.
Nur stumpfe Helfer, und ihr Keuchen
ist infundierter Fiebertraum.

Als wolltest du den Arzt bestrafen,
hängst du den Handschuh an den Haken.
Ins dumpfe Schwarz bist du entschlafen,
ein Zucken auf dem letzten Laken.

Verloren ist die Zeit, die ich dir überließ.
Ich wollte dir noch so viel sagen ... rest in peace.


Stilistische Änderungen:
S2Z2 - Durch Einfügen von "um den" (statt "blutigen", was metrisch wie satzbautechnisch nicht passte) fügt sich die Zeile nun bündig ins Satzkonstrukt.
S3Z4 - Da er ja im Bett im Sterben liegt, erschien mir "auf" dem Laken als griffiges Bild logischer und leichter verständlich als "vor" (dem Laken, mit dem er wohl hinterher zugedeckt werden soll, wenn ich den Sinn deiner Version richtig verstehe ...).

Die längeren Zeilen der Conclusio lasse ich unberührt, sie passen so, durch ihre Länge abgesetzt, durchaus als persönliches Statement des LyrIch-Erzählers. (Dass es einen gibt beweist die persönliche Anrede des Beschriebenen eingangs S2Z1 und in S3Z1-3)


Zum Inhalt:

Ein Sterbender ohne Bewusstsein, verröchelnd unter Schläuchen, und ein Beschreibender seiner Eindrücke, dem der Sterbende etwas bedeutet hat. Die Aussage, dass die Zeit mit jenem nun, nach dessen Tod, "verloren" sei, kann ich nicht nachvollziehen, denn die Erinnerungen bleiben ja, genau wie alle Veränderungen in Wesen und Geschichte des dadurch beeinflussten Erzählers. Die Gefühle, gleich ob gut oder schlecht, bleiben und verändern uns, daher ist keine Zeit mit einem anderen Menschen, keine Interaktion je verloren. Oder missverstehe ich diese Zeile?
Ich kann die Phrase "Zeit, die ich dir überließ" nicht exakt einordnen. Zeit überlassen, das klingt ein wenig gönnerhaft, unwillig - man verbringt Zeit miteinander, das ist etwas anderes, denke ich. Wie also ist diese Äußerung gemeint?


Sehr gern gelesen und etwas dazu vorgeschlagen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (15.09.2019 um 21:42 Uhr)
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Alt 16.09.2019, 21:04   #3
Hans Beislschmidt
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Hey Erich,
Ich bin immer wieder überrascht wie kundig und schnell du einen Kommentar schreibst. Dankeschön.

Ich fange mal beim Ende an. Mit Zeit überlassen meinte ich, dass das LyIch dem LyDu Zeit eingeräumt hat aber nicht abgerufen hat - aus welchen Gründen auch immer. Durch dieses Abwarten wurde die Chance der Kommunikation oder Gedankeaustausches vertan oder vertrödelt. Das bedauert das LyIch.
...
Zur leidigen Metrik....
Ja, ja, gut erkannt und richtige Alternativen. Ich bin wohl zu populistisch, denn ich hatte im Vorfeld für jede Strophe gewisse Ankerwörter im Kopf. Ich weiß, der Vorwurf "Effekthascherei" trifft sicherlich zu.
Da war zuerst das Komazimmer, was ein starkes Bild und Emotion vermittelt.
Das zweite war blutig. Ich sehe in meiner Vorstellung die Person und das Bett tatsächlich wie ein Schiff. Und am Schiff sind längsseits solche Bojen abgebracht, damit das Schiff nicht am Kai schrammt
Die Bojen sind sinnbildlich die Blutbeutel, wo das Vakuum das Blut aus dem OP Schnitt pumpt. Keine Ahnung, ob ich das verständlich dargestellt habe

Das letzte Laken. Richtig erkannt, wenn die Leiche vorm Transfer abgedeckt wird, dann ist das das letzte Laken. So ist es gemeint.
.
Ich versuche deine Vorschläge zu verarbeiten, möchte mich aber ungern von den Ankerwörtern trennen. Vielleicht fällt dir noch was ein.

Ich tippe momentan alles auf dem Handy. Mühselig aber nach dem Umzug hab ich die Bürokisten noch nicht mal ausgepackt (Ich fauler Sack).

Ich melde mich morgen noch mal.
Gruß vom Hans
.
Moin moin ...
Gerne übernehme ich deinen Vorschlag V2 / Z 3 u. 4.
.... , und ihr Keuchen ist infundierter Fiebertraum .... gefällt mir besser. Auch weil "ihr" als Plural die Helfer besser zuordnet. Stumpf als Surrogat von seelenlos ist zwar nicht so stark aber sei's drum.
Von den blutigen Schiffsbojen, Komazimmer und letzten Laken möchte ich mich nicht trennen. Metrisch ist LEBLOS
mit seinem Trochäus als Auftakt natürlich der Schlag ins Jambenkontor aber ich sehe es für mich als stilbildender Bruch oder lyrischer Schlag ins Genick. Ich kann damit umgehen.
.
Nochmals Danke für die Mühe beim X-en und Vorschläge präsentieren.

Gruß vom Hans
__________________
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Geändert von Hans Beislschmidt (17.09.2019 um 14:59 Uhr)
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Alt 17.09.2019, 18:12   #4
Erich Kykal
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Hi Hans!

Metrisch ist leblos? Du meine Güte, ich schreibe lauter leblose Gedichte! ()

Weil ich so lieb (und nicht nachtragend) bin, hier eine weitere "leblose" Version mit all deinen "Ankerwörtern":

Kein Händedruck, kein Hoffnungsschimmer,
nur kalte Infusionsbestecke,
die Uhr tickt tot im Komazimmer,
ein Stuhl ganz nutzlos in der Ecke.

Du schnaufend Schiff im Meer von Schläuchen
und Bojen voller Blut und Schaum.
Nur stumpfe Helfer, und ihr Keuchen
ist infundierter Fiebertraum.

Als wolltest du den Arzt bestrafen,
hängst du den Handschuh an den Haken.
Ins dumpfe Schwarz bist du entschlafen,
ein Zucken vor dem letzten Laken.

Verloren ist die Zeit, die ich dir überließ.
Ich wollte dir noch so viel sagen ... rest in peace.


Ich hoffe, du bist nun zufrieden!

Gern gebastelt!

LG, eKy
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Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 18.09.2019, 09:21   #5
Hans Beislschmidt
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Hey Erich,

"Gut gebastelt Löwe" .... vor allem den Gedanken der Schiffsboje umgesetzt. Das ist deutlich stärker als die "Beutel" - dramatisch auch der Begriff "Schaum". Wer das schon gesehen hat, weiß, dass in diesen Vakuumbeuteln tatsächlich auch Schaum ist. Sehr guter Einfall, wenn auch etwas reißerisch. Gerade das ist aber prägend und der Situation entsprechend.
.
Danke für Zeit und Basteln... Dir noch einen schönen Tag. Gruß vom Hans
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Geändert von Hans Beislschmidt (18.09.2019 um 09:27 Uhr)
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