24.04.2009, 17:57 | #1 |
TENEBRAE
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Sturmnacht
I
Wenn heulend der Sturm durch die Nacht geht, und wild um die Häuser mit Macht weht, aus denen, verlorenen Seelen gleich verschwommen, wie zaghaft und geisterbleich ein Schein fällt, der wärmend die Wacht steht, dann fühlst du durch Brausen und finsteres Schrein ein mildes Den-Menschen-Verbunden-Sein und Trost in den Worten: Du bist nicht allein, wenn heulend der Sturm durch die Nacht geht. II Was für ein Schauspiel in Ästen und Zweigen! Der Sturmwind, der wilde Beweger, erschafft aus Wipfeln des Waldes, zu Bildern gerafft, Gebärden von Riesen, die geisterhaft sich biegen und beugen im rauschenden Reigen, der sie treibt wie besessen, die Lüfte zu fassen und in schwankendem Taumel wieder fahren zu lassen! Wie des Ozeans schäumende Wogenmassen sind sie ganz ihrem Tanze zu eigen - mit dem Sturmwind, in dem sie sich neigen.
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. Geändert von Erich Kykal (27.05.2009 um 13:04 Uhr) |
25.04.2009, 10:30 | #2 |
gesperrte Senorissima
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Lieber Erich Kykal,
mit I komme ich beim Rhythmus nicht so zurecht. Das "weht" geht ein wenig unter, finde ich. Das Reimschema ist mal wieder superb. II hingegen ist wieder ein echter Kykal, hinreißend wie der Sturm selbst. Läßt mich aber nicht fahren, sondern fesselt mich, bannt mich. Da ist jeder Vers ein Genuß für sich - man muß sich die Strophe auf der Zunge zergehen lassen! Angetan wie immer: cyparis Geändert von Leier (25.04.2009 um 10:32 Uhr) |
25.04.2009, 18:20 | #3 |
Lyrische Träumerin
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Lieber Erich
Am liebsten hätte ich meinen Kragen hochgeschlagen, so stürmisch hast du mich berührt. Was mir sehr gefällt, sind die relativ langen Zeilen die du wundervoll zu füllen weißt. In der zweiten Strophe hast du ein anderes Reimschema verwendet. Mich würde sehr interessieren, ob das gewollt von dir war, oder ob es sich so ergeben hat. Ich bin absolut begeistert. Lena
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26.04.2009, 02:06 | #4 |
der mit dem Reim tanzt
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Lieber Erich Kykal, dein Werk kannte ich schon, habe es aber wieder gerne gelesen. Im ersten Teil verwendest du ein interessantes Reimshema in den ersten beiden Zeilen, etwas so: -x--x--Xx sozusagen mit Anlauf auf das vorletzte Wort. Das hälst du aber nicht durch. Ich habe ein bischen in deiner Manier geändert, um es zu verdeutlichen:
Wenn heulend der Sturm durch die Nacht geht, und wild um die Häuser mit Macht weht, aus denen, verlorener Seel gleich verschwommen, wie zaghaft und Geist-bleich ein Schein fällt, der wärmend die Wacht steht, dann fühlst du durch Brausen und laut Schrein ein mildes Den-Menschen-verwandt-Sein und Trost in den Worten: bist nicht klein, wenn heulend der Sturm durch die Nacht geht. Das als Diskussionsbeitrag Gruß Archimedes ...der singend und dichtend im Kreis geht
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gestörte Kreise Geändert von Archimedes (26.04.2009 um 02:17 Uhr) |
27.04.2009, 14:04 | #5 |
TENEBRAE
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@ cyparis
Bussi! @ lena Reimschema lege ich selten vorher fest. Meist "ergibt" es sich einfach aus dem Duktus der Zeilen, dem "dichterischen Fluss" sozusagen. @ archimedes Bei den ersten beiden Zeilen erscheint es so, weil sich eigentlich beide letzten Worte reimen: "Nacht geht/Macht weht". Vielleicht habe ich instinktiv diesen Sprechrhythmus gewählt, auf den du anspielst, um diesen Doppelreim zu verstärken. Ab Z3 geht es eigentlich "normal" weiter, ohne dass ich beim Vortrag ins Stolpern käme. An alle: Brunnenwasser in der Denkerklause hat noch 0 Beiträge! Bitte beklugscheißern... LG, eKy
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13.05.2009, 21:58 | #6 |
Lyrische Emotion
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Hallo Erich,
sehr schön, diese beiden Teile deines Gedichts. Ich lese sie auch aus unterschiedlicher Perspektive und sehe sie als zwei gleichberechtigte und individuelle Kapitel. Wohingegen die erste Strophe mehr auf das Gefühl des Protagonisten eingeht, zielt die zweite Strophe eindeutig in die Beobachtersituation. Auch das Reimschema und der Doppelreim im ersten Teil wissen zu gefallen. Das Reimschema ist im zweiten Kapitel auch in Ordnung, allerdings ist die Metrik dort sehr gewöhnungsbedürftig, weil du in unregelmäßigen Abständen einen Daktylus (Amphibrachys) und einen Anapäst verwendest. Ich will darüber nicht meckern, wann liest man schon einmal "anapästische" Zeilen, aber es ist mir halt aufgefallen. Schöne Bilder, gelungene Stimmung, gediegene Wortwahl. Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
19.05.2009, 14:03 | #7 |
TENEBRAE
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Hi, Falderwald!
Danke für deinen fachmännischen Beitrag. Du hast recht, ich habe sozusagen aus dem Bauch heraus gereimt, ganz nach Gefühl und wie's grade kam. Von Daktylus oder gar Anapäst (häh?) habe ich keinen Schimmer. Interessiert mich auch nicht sehr - Schande über mich! Ich dichte eben einfach. Das macht mir Spass. Was drüber zu lernen, nicht so recht. Mag sein, dass ich mich damit selbst kastriere, aber ich habe ja nie einen Anspruch auf ewig gültiges Schaffen gestellt, oder? Hier zählte nur die Stimmung und die möglichst vollendete Beschreibung. LG, eKy
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21.05.2009, 20:02 | #8 |
Galapapa
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Hallo Erich,
das muß ich einfach kommentieren: wieder ein Glanzstück in Deiner Sammlung! Ich hab auch mal ein Sturmgedicht geschrieben, das mir, gemessen an Deinem Werk nicht mehr so recht gefallen mag. Das bewundere ich an Dir und Deine Einstellung, die notgedrungen, mangels Ausbildung, auch ich teile: Es geht auch ohne Wissenschaft. Allerdings habe ich gerade von den Experten, wie Falderwald, dessen Werk ich ebenfalls sehr bewundere, sehr viel gelernt. Nur so konnte ich soweit kommen, wie ich jetzt bin: immer noch am Anfang, aber stolz darauf, hier veröffentlichen zu können. Aufgefallen ist mir an Deinem Gedicht die Zeile 7 im Teil II. Da bin ich etwas gestolpert. Ich erdreiste mir, einen Vorschlag zu machen: "...,in schwankendem Taumel dann fahren zu lassen. Wie des Ozeans schäumende Wogenmassen... oder so ähnlich. War, wie gewohnt, begeistert. Herzlichen Gruß! Galapapa. |
25.05.2009, 15:02 | #9 |
TENEBRAE
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Hi, Charly!
Vielen Dank für deinen Vorschlag. Bei mir geht sich die Zeile noch aus, aber sie hat Überlänge, keine Frage! Ich fand das an dieser Stelle aber gar nicht so schlecht, weil sie die Stelle betont, wo die Beschreibung von einem Vergleich abgelöst wird, der die Conclusio einleitet. So stimmt dieses kurze Extraatemholen auf den Abspann ein. Ist natürlich Geschmacksache. Vielen Dank nochmal, LG, eKy
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26.05.2009, 14:53 | #10 |
Eiland-Dichter
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Hallo Erich!
Was mir an diesem Werk so gefällt ist die Sprache. Mir war schon bewußt dass du ein wunderbarer Poet bist, jedoch dieses gefällt mir ausnahmslos gut.. Schon der erste Teil verspricht auf Grund seiner Worte und dem gewählten Reimschema einiges, jedoch steigerst du das ganze meines Erachtens im II Teil noch ein wenig mehr. Inhaltlich sehr gut vermalte Wortsprache die bildreiche Fantasien entstehen lässt. Gerne gelesen, lg. Line
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©auf alle meine Werke Die Reinheit der Gedanken zeigt sich nicht im geschriebenen Wort,
sondern in der Melodie die beim lesen erklingen kann. ©hkreische |
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