11.11.2017, 22:39 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Schweigen des Werwolfs
Schweigen des Werwolfs
Wie nett wir lächeln und reden, du zeigst dein bestes Gesicht für mich und alles und jeden, nur eines sage ich nicht. Ich sage dir nichts vom Heulen, das Nachts aus der Kehle dringt, das nicht nach vertrauten Eulen, doch eher nach Wölfen klingt. Ich sage dir nichts von Hauern und nichts von der Krallen Macht und nichts von der Augen Lauern in gräulicher Vollmondnacht. Ich sage dir nichts von Leiden und auch nichts von Qual und Mord, von blutigen Eingeweiden, von alledem nicht ein Wort. Wie nett wir reden und lächeln, du zeigst dein bestes Gesicht. Bemerkst du ein leises Hecheln, dann spüre es besser nicht.
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller Geändert von Thomas (12.11.2017 um 09:20 Uhr) |
12.11.2017, 11:07 | #2 |
TENEBRAE
Registriert seit: 18.02.2009
Ort: Österreich
Beiträge: 8.570
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Hi Thomas!
Interessant, wie man seine dunkle Seite verschweigen kann. Man lernt das wohl von klein auf, um sozial anerkannt sein zu können, und wenn man willensstark ist, vermag man den Großteil seines Lebens unauffällig zu verbringen, ohne den Wolf je von der Kette zu lassen. Oder selten ... Ich frage mich seit Jahrzehnten, ob es anderen ebenso geht, oder ob ich eine Art Unfall der Natur bin ... Dein Gedicht beschreibt mich eigentlich sehr gut - bloß ich nenne es "meinen Drachen". Schaudernd und wissend gelesen, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen. Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen! Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind. Dummheit und Demut befreunden sich selten. Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt. Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit. |
12.11.2017, 11:46 | #3 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Lieber Erich,
vielen Dank. Mich freut, dass du diesmal keine Rechtschreibfehler und sonstige Peinlichkeiten gefunden hast. Ich bin durch Berichte über Amokläufer auf die Idee gekommen, welche oft von ihren Nachbarn als unauffällig und geradezu nett beschrieben werden, was ich sehr bedrohlich empfinde, und ich habe versucht, meine Gefühle mit möglichst sparsamen poetischen Mitteln auszudrücken. Diese dunklen Seiten sind auf alle Fälle für viele Menschen faszinierend, sonst gäbe es ja nicht so viele Kriminalromane und Gruselfilme. Das ist ok, das Problem entsteht, wenn sie zur Realität werden. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
13.11.2017, 22:06 | #4 |
Gast
Beiträge: n/a
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Lieber Thomas,
Du hast erklärt, wie das Gedicht entstanden ist. Die Überschrift hat mich angelockt, weil ich ja manchmal Fantasiegedichte schreibe. Hier meinst du die dunkle Seite in den angepassten Menschen, die die Bosheit in sich tragen. Jeder hat eine Dunkle Seite und eine Helle in sich. Es kommt darauf an, welche Größe wir den Seiten geben. Die "Hauer"passen nicht ins Werwolfschema Vielleicht: Ich kenne auch kein Bedauern Das zeigt die Gefühlskälte. Nur ein Gedanke von mir... Trotz oder gerade wegen der drastischen Worte finde ich das Gedicht gut Liebe Grüße sy |
14.11.2017, 10:14 | #5 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 24.04.2011
Beiträge: 3.375
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Liebe syranie,
vielen Dank für die Beschäftigung mit dem dunklen Thema. Mir erscheint das Wort "Hauer" schon passend, und es wird im Zusammenhang mit dem "Werwolf" auch an andere Stelle verwendet, z.B.: "Der Werwolf… mächtige Hauer in grässlicher Schnauze" oder: "Die Gestalt sowohl Mensch als Tier… im schwarzen Schlund der Kreatur schreckliche Hauer…" oder "Werwolf Maske… vor allem die gelben, spitzen Hauer, die zum Zupacken gefletscht aus dem offenen Maul ragen..." (alles schnell mal aus dem Internet gefischt.) Dass jeder, oder viele, eine "dunkle Seite" haben, ist meiner Meinung an sich nichts aufregendes, das beunruhigend ist doch die Tatsache, dass es scheinbar kaum möglich ist festzustellen, wann Menschen (durch verschiedene Einflüsse gefördert, wie z.B. Ideologien, aber sicher auch krankhaft) diese "dunkle Seite" in der Realität "ausleben". Dieses beängstigende Lauern hinter der netten Fassade ist doch der Terror. Liebe Grüße Thomas
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© Ralf Schauerhammer Alles, was der Dichter uns geben kann, ist seine Individualität. Diese seine Individualität so sehr als möglich zu veredeln, ist sein erstes und wichtigstes Geschäft. Friedrich Schiller |
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