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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 09.01.2014, 19:13   #1
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Standard Sterbegedicht

Dein Taumelherz gewann so viele Schlachten,
beging das Leben wie ein großes Feiern.
Das Lied geht aus, die letzten Töne leiern
in den Gefühlen, die einst singen machten.

Dein Falterkopf entläßt die bunten Flügel,
die all die Blütenträume dir erdachten,
und den Gedanken, die dein Tun bewachten,
entgleiten langsam dieser Seele Zügel.

Dein Gleichgewicht erlischt, die Blicke eiern
im Zwischenraum der nackten Brillenbügel,
und vor der Weite lockt ein letzter Hügel -
dann fällt der Vorhang endlich, kalt und bleiern.
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 10.01.2014, 17:33   #2
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy,

eine seltsame, fast neue Berührung entsteht beim Lesen dieses Gedichtes.

Trotz der Rubrik "Trauer und Düsteres" bleibt die Trauer aus, ob der "nüchternen und sachlichen" Feststellung. (Ich weiß es nicht besser zu sagen.)
Das Gewesene tröstet in seiner Vergänglichkeit, derer wir uns immer bewusst sind, zumindest sein sollten und müssten.

Darin sind Feiern, Flügel und Blütenträume (Kinheit, Jugend), auch Be- und Nachdenken (Reife) und dann folgt ein passendes "Eiern" (Alter mit seinen Gegebenheiten).
Für mich eine gänzlich neue und schöne Mischung zwischen Sein und Loslassen - mit Worten, die eine neue lyrische Sprache darbieten.
Nicht zuletzt der letzte Hügel.

Einfach klasse gemacht, sehr gut.

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 10.01.2014, 20:57   #3
Erich Kykal
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Hi, Dana!

Vielen Dank für die positive Analyse, die ich für sehr gelungen halte!

Ist dir das Reimschema aufgefallen? Es sollte zuerst ja ein Sonett werden, doch noch während des Schreibens hatte ich die Idee, jeden Reim in drei Strophen 4mal zu verwenden, je zweimal umschlingend und zweimal umschlungen. Eine neue Form? - Drei Strophen, drei Reime: ABBA CAAC BCCB

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (10.01.2014 um 21:00 Uhr)
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Alt 10.01.2014, 21:07   #4
Dana
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Beides, denn beim ersten Lesen habe ich ein Sonett gefühlt.
Erst bei der "Versebeschau" erkannt, dass es keines ist.

Ein wahrhaft neues Gefühl für Berührung und Form.
(Evtl. nur eine Alterserscheinung. - meinerseits, ist doch klar.)

Liebe Grüße
Dana
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(Frederike Frei)
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Alt 10.01.2014, 21:46   #5
Erich Kykal
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Hi nochmal!

Auch dies hast du trefflich erkannt! Hierbei bemühte ich mich, abgesehen vom Reimschema, besonders um intensive lyrische Sprachbilder, eine möglichst entrückende wie entrückte Verdichtung:
Taumelherz für die wechselnden emotionalen Zustände im Menschenspiel, Falterkopf für die geistige Flatterhaftigkeit der Jugend, bunte Flügel für all die so gern gepflegten keinen Eitelkeiten, Blütenträume für die Sehnsucht nach dem Weiblichen, der Liebe, die eiernden Blicke als Verlust von Beherrschtheit und Willenskraft, der letzte Hügel vor der Weite (=andere Welt, Tod) als ein letztes zu erstrebendes Ziel, das man wenn möglich erreichen will, ehe der letzte Schatten, sprich Vorhang fällt.
Offenbar gelungen...das freut mich wirklich sehr!

LG, eKy
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Geändert von Erich Kykal (10.01.2014 um 21:53 Uhr)
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Alt 27.01.2014, 18:05   #6
Falderwald
Lyrische Emotion
 
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Servus Erich,

nun hast du ja leider schon alles selbst erklärt, so dass weder eine Interpretation noch eine Erwähnung des gelungenen Reimschemas noch von Nöten sind.

Was bleibt dann noch übrig?

Vielleicht noch einmal die Erwähnung der überaus gelungenen Metaphern.
Mit dem "Taumelherz" erfolgt direkt ein Einstieg, der den Leser gefangen nimmt und "Falterkopf", "bunte Flügel" und "Blütenträume" erzeugen ebenfalls klare Bilder, welche die Intentionen des Dichters widerspiegeln.

Sehr schön ist es bis dorthin und müsste nicht in dieser Rubrik stehen, doch die letzte Strophe, bzw. deren Ende rechtfertigt sie dann doch noch.
Denn es ist ja ein ziemlich düsterer Schluss durch den Vorhang, der kalt und bleiern fällt.
So ist das Leben und so ist der Tod...


In diesem Sinne gerne gelesen und kommentiert...


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 27.01.2014, 20:04   #7
Erich Kykal
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Hi, Faldi!

Vielen Dank für's Vorbeischauen!

Möge uns die letzte Strophe noch lange nicht ereilen!

LG, eKy
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