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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 18.05.2012, 19:28   #1
Galapapa
Galapapa
 
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Standard Schlaflos

Er suchte ihn und konnte ihn nicht finden,
den Schlaf, Entfesselung aus seiner Pflicht;
auch sah er diesen Vollmondfrieden nicht -
als wollten seine Ängste ihn entrinden,

entblößen der Gedanken nacktes Leben,
das in der Seelengruft gefangen wohnt.
Kein starker Wille hätte je gelohnt,
ihm ein Signal aus dieser Welt zu geben.

So saß er in der Finsternis Gewahrsam,
verwischte Spuren, die er hinterließ
und tat, als ob es nie geschehen wäre.

Die Welt um ihn, sie reagierte sparsam;
der kalte Wind, der aus dem Norden blies,
erhellte Zwielicht beinah ins Vulgäre.

Geändert von Galapapa (09.07.2012 um 08:01 Uhr)
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Alt 19.05.2012, 10:20   #2
Timo
nach vorn sehen und nicht
 
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Beiträge: 265
Standard

Hallo Galapapa,
die schlaflosen Nächte bringen manche Gedanken mit sich, die man sonst nicht in sich trägt.
Sicher bringt uns der Schlaf Lösung aus der Pflicht des Tages. Wir können dankbar für jeden Nacht sein, die uns den Schlaf nicht raubt.
Herzlichst
Timo
__________________
Nach vorn sehen und nicht zurück!
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Alt 19.05.2012, 22:29   #3
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Charly!

Ein sehr schön geschriebenes Sonett hast du da, interessant zu lesen und sprachlich auf sehr hohem Niveau.

Bezüglich der Sonettregeln sehe ich nur einen Fehler: Die letzte Zeile ist um eine Hebung zu lang.
Die letzte Zeile des 1. Dreizeilers ist mit dem "wär" auch einen Tick zu kurz im Empfinden des Lesers, wenn auch nicht falsch, aber ein "wäre" wirkte dort runder und weicher.
Wie stimmen wir das nun überein?

Alternative:

So saß er in der Finsternis Gewahrsam,
verwischte Spuren, die er hinterließ
und tat, als ob es nie geschehen wäre.

Die Welt um ihn, sie reagierte sparsam;
der kalte Wind, der aus dem Norden blies,
trieb seine Sehnsucht beinah ins Vulgäre.



Ich weiß nicht, ob du inhaltlich damit einverstanden bist, aber es geht hier primär ums Klangliche. Finde, wenn du magst, eine eigene Version mit dem hauptwörtlich gebrauchten "Vulgären", die deiner Intention näher steht. Ich wollte nur zeigen, wie du das abrupt endende "wär" und die 6. Hebung in der letzten Zeile vermeiden kannst.


S1Z2 - "...die Lösung aus der Fesseln Pflicht" Das hört sich irgendwie seltsam an. Fesseln binden einen, aber erlegen sie einem Pflicht auf? Nein, eher doch sind es die auferlegten Pflichten, die zu Fesseln werden! Das hier scheint irgendwie verkehrt herum formuliert, widerspricht der Logik.
Alternative: "...die Lösung aus der Tage Pflicht"

Das "Entrinden" - Bild: Meine Lieblingsstelle - super!

S2Z3: "kein starker Wille hätte je gelohnt, // ihm ein Signal aus dieser Welt zu geben" - da ist mir nicht ganz klar, was das aussagen soll. Meinst du mit "dieser Welt" die echte Welt um ihn herum oder seine persönliche innere Welt seiner "Seelengruft"? Das kann man leicht missinterpretieren, wegen des "dieser" - je nachdem, wie es betont wird.
Und was bedeutet es, wenn ein "Wille lohnt"? Den ersten Satzteil kapiere ich leider gar nicht, diese Wendung ist mir völlig fremd.

Abgesehen von diesen Details habe ich wahrlich geschwelgt in deinen so gekonnt formulierten Zeilen!

Ausgesprochen gern gelesen!

LG, eKy
__________________
Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.

Geändert von Erich Kykal (19.05.2012 um 22:31 Uhr)
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Alt 20.05.2012, 20:37   #4
Galapapa
Galapapa
 
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Hallo Timo,
was Du geschrieben hast, gilt auch umgekehrt: Nicht nur schlaflose Nächte bringen Gedanken, es gibt auch Gedanken, die schlaflose Nächte bringen.
Probleme können das ganze Leben beherrschen und verändern.
Herzliche Grüße!
Galapapa

Hallo Erich,
erst mal herzlichen Dank für Dein Lob und die Mühe, die Du Dir mit meinem Text gemacht hast!
Deinen Vorschlag zur letzten Strophe nehme ich gern an, allerdings kann ich dort inhaltlich mit der Sehnsucht nichts anfangen. Ich habe den Vers deshalb etwas umformuliert.
So passt es nun zum "wäre" und ist nicht mehr zu lang. Danke!
Mit "der Fesseln Pflicht" hast Du natürlich auch Recht. Ich habe hier einfach das "n" an Fesseln weggelassen, so dass es soviel bedeutet wie "eine Fessel namens Pflicht".
"Kein starker Wille hätte je gelohnt" bedeutet soviel wie "es hätte sich niemals gelohnt, den starken Willen aufzubringen, um ihm ein Signal aus dieser Seelengruft (des Unterbewusstseins) zu senden.
Es hätte sich nicht gelohnt, die Willenskraft aufzubringen, ein solches Signal zu senden weil er es eh nicht verstanden (empfangen) hätte.
Man könnte hier auch schreiben "die große Mühe hätte nicht gelohnt, ihm ein Singnal...".
Hier fehlt etwas, was man sich dazudenken muss, es geht um den Willen zur Anstrengung.
Allerdings lässt sich das Ganze auch anders interpretieren, je nach Denk-und Betrachtungsweise.
Ich hoffe, ich habe ein wenig Licht in dieses Dunkel gebracht und danke Dir nochmals für Deine Gedanken!
Herzliche Grüße!
Galapapa
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Alt 20.05.2012, 21:57   #5
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Charly!

Hab ich übersehen: In S1Z1 kein Komma hinter "ihn".

In S1Z2 ist es mir immer noch zu sperrig formuliert, das ist mühsam nachvollziehbar, schon gar nicht rasch - man stolpert auf jeden Fall über die unnötig komplexe Formulierung.

LG, eKy
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Alt 21.05.2012, 07:16   #6
Galapapa
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Hallo Erich,
so müsste es unmissverständlich formuliert sein.
Mir passte der Gedanke mit "Tagespflicht" nicht; ich wollte das allgemeiner sagen.
Und das Komma war natürlich auch so unnötig wie ein Kropf.
Danke nochmal!
Liebe Grüße!
Galapapa
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Alt 04.07.2012, 19:22   #7
Dana
Slawische Seele
 
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Beiträge: 5.637
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Lieber Galapapa,

ob ernste Schlafstörungen oder schlaflose Nächte aus Gründen, die nicht weggeredet werden können - hier stehen sie in einem einfühlsamen Sonett, das nachdenklich macht. Wie schnell reagiert die Außenwelt unbedacht und niederträchtig. Tiefe Augenringe, Zurückgezogenheit bedeuten nichts Gutes - wer weiß, was dieser Mensch nachts treibt, er sollte lieber schlafen.

Sprachlich ist es höchstes Niveau und zeigt eine feinfühlige Beobachtung auf.

Eines deiner Feinsten. (Davon hast du viele )

Liebe Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 09.07.2012, 08:12   #8
Galapapa
Galapapa
 
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Liebe Dana,
herzlichen Dank für Deinen lobenden Kommentar!
Gott sei Dank kenne ich Schlaflosigkeit nur noch aus Nächten meines Berufslebens, in denen grauenhafte Tage bevorstanden.
Inzwischen hat sich meine fleischliche Hülle im seelischen Frieden so verselbständigt, dass ich machmal Fensehsendungen, die sehr spät gesendet werden und mich interessieren, einfach verpenne. (Vielleicht liegt's auch am bequemen Sofa.)
Aus meiner Altenbetreuung weiß ich auch, wie schrecklich solche schlaflosen Nächte sein können, vor allem auch dann, wenn Schmerzen die Ursache sind.
Umso tiefer ist meine Dankbarkeit.
Ich sende Dir liebe Grüße!
Galapapa
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