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Der Tag beginnt mit Spaß Humor und Übermut

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Alt 25.01.2015, 21:27   #1
Claudi
Senf-Ei
 
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
Sommervogel Rund um die Uhr

.
Das Leben wäre ohne Zeitmesser
bequemer und gesünder, weit besser
als ständig dieser Knatsch mit Haarspaltern,
die viertelstündlich um ein Jahr altern,
weil sie wie eine Schweizer Uhr ticken.
Ich würd sie alle mal zur Kur schicken.

Der Alte meint, ich müsst im Trott bleiben,
sonst würd ich ihn in den Bankrott treiben,
und während ich mich hier verausgabe,
vergess ich, dass ich ein Zuhaus habe.
Da könnt ich lange schon am Herd stehen
und nach dem Essen ins Konzert gehen.

Der Zeiger rast, ich muss das Bad wischen
und schaffe schnell noch den Spagat zwischen
WC und Wäschekorb. Ich weiß, diesen
verdank ich nicht allein den Scheißfliesen.
Mein Handy klingelt: Tut mir leid, Kalle,
sie schnappte wieder zu, die Zeitfalle.

.
__________________
.
Rasple die Süßholzwurzel so fein, dass es staubt, in den reichlich
Abgestandenen Quark; darüber verträufele Wermut,
Bis aus dem Rührwerk, Burps! endlich das Bäuerchen kommt.

Geändert von Claudi (24.06.2015 um 00:01 Uhr)
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Alt 26.01.2015, 04:28   #2
Bodo Neumann
Gesperrt
 
Registriert seit: 14.12.2014
Beiträge: 351
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Hallo Claudi,

da ist es also - das fünffüßige Hinkebeinchen. Glückwunsch! (Ich selbst habe letzte Woche auch dran gebastelt, bin aber [noch!] zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen)
Und nicht nur einfach gereimt, sondern ausgesprochen anspruchsvoll (durchgängig dreisilbig) und kreativ (weiß, diesen - Scheißfliesen), was sich vermutlich automatisch ergibt, wenn man auf drei Silben reimt.
Und siehe da - die Reime stören nicht wirklich, oder? Ein (hier passender) Nebeneffekt ist sogar, dass dabei eine Art Rap-Sound entsteht - sowohl durch das Hinkebein als auch durch die langen Reime, findest du nicht?

Sehr geschickt finde ich den Spagat zwischen dem tatsächlichen Spagat und der zugehörigen Metapher.

Hab Dank für das Lehrstück.

Gruß Bodo
Bodo Neumann ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 26.01.2015, 12:47   #3
Claudi
Senf-Ei
 
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Hallo Bodo,

freut mich, dass Du dem Ergebnis der Studie etwas abgewinnen kannst. Ich hatte einiges ausprobiert, wollte eigentlich vierhebig bleiben, und die Doppelreime drängten sich mir förmlich auf. Ich hab es dann direkt drauf angelegt, das merkt man dem Teil natürlich an und das darf auch so sein. Länger hätte es für meinen Geschmack aber wirklich nicht sein dürfen.

Vielleicht liegt es an der Asymmetrie der fünfhebigen Verse (drei Hebungen normal und zwei gereimt), dass man hier nicht so schnell seekrank wird wie bei meinen vierhebigen Versuchen. Die vierhebigen einfach gereimten haben mir gar nicht gefallen. Fünfhebig/einfach gereimt hab ich dann gar nicht probiert, aber ich glaube fast, da müsste man dann wieder mit Zäsuren arbeiten.

Am besten fand ich die ungereimten Versuche, die allerdings schon mehr in freie Rhythmen übergehen und kaum noch an den Grundvers erinnern, dafür aber richtig schön "versig" werden. Muss noch ein bisschen daran fummeln, dann zeig ich sie mal.

Danke fürs Beschnüffeln und Begutachten!

Liebe Grüße
Claudi
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Alt 26.01.2015, 21:14   #4
wolo von thurland
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Beiträge: n/a
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hallo claudi

es könnte eventuell sein, dass rein vom thema und der themenbehandlung her dieses werk dich nicht überdauern wird.
aber packen wir die gelegenheit, die jetzt besteht, beim schopf und geniessen wir diesen reim-daktylus in vollen zügen, der die zeilenschaltung zum spagat werden lässt, aber für den sportlichen leser reinster spass ist.

ach, da fällt mir ein: du spielsz hier am ende jeder zeile zum thema zeit mit der zeitdilatation, also wird es wohl doch ein bedeutungsvolles, langes leben haben.

spass gehabt und ehrfürchtig gestaunt
wolo
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Alt 26.01.2015, 23:22   #5
Nachteule
geehrt und gefiedert
 
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Beiträge: 350
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Hallo Claudi,

die Doppelreime, die du hier verwendest, gefallen mir. Auch ich musste erst einmal an einen Raptext denken. Das liegt aber sicher auch daran, dass die zweit und dritt letzte Silbe jeweils betont sind und somit eine Zäsur entsteht, die diesen Charakter noch etwas unterstützt.

Was mir nicht ganz klar ist, warum altern sie weil sie wie eine Schweizer Uhr ticken?

Wer ist zu beginn der zweiten Strophe "der Alte"? Der Chef oder der Göttergatte? Wahrscheinlich der Chef, aber das käme erst bei V4 der Strophe raus.
Das Konzert wäre ja auch Zeit und Geldverschwendung. (Bankrott)

Mir gefällt zwar auch der Spagat zwischen der Metapher und dem richtigen Spagat, aber den Metaphorischen hat das lI ja nicht wirklich geschafft. Vielleicht "und schaffe nicht noch den Spagat zwischen". Aber das wäre ist nicht notwendig, nur eine Idee, was auch ginge.

Den letzten Vers würde ich nicht mit einem Doppelpunkt einleiten. Er ist ja keine Folge dessen.

nächtlicher Gruß, gutes nächtle und carpe noctem
Nachteule
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Alt 27.01.2015, 01:47   #6
Claudi
Senf-Ei
 
Registriert seit: 26.04.2014
Beiträge: 861
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Hallo Wolo,

trotz Zeitdilatation ist diese Spielerei nur für den Augenblick gedacht. Es sind aber keine Daktylen drin, sondern die Verse sind modifizierte Hinkjamben:

x X x X x X x X X x

Der Prototyp ist eigentlich sechshebig und reimlos. Bodos Werk Kreislaufproblem hatte mich dazu animiert. Freut mich, dass Du offensichtlich der Zielgruppe "sportlicher Leser" angehörst und Spaß hattest.



Hallo Nachteule,

der Spagat-Witz sollte eigentlich darin bestehen, dass der Leser in S3V2 zuerst metaphorisch denken soll und in V3 überrascht wird (genau wie das Opfer). Die beiden Schlussverse sind nur eine Notlösung (hier kam die Thematik für die Autorin voll zum Tragen ). Die Pointe ist mir zu platt und den Sani schon im vorletzten Vers zu erwähnen, nicht schlau. Da wird mir hoffentlich noch was Besseres einfallen. Am liebsten würde ich nochmal Bezug zum Thema nehmen, vielleicht so:

Mein Handy klingelt: Tut mir leid, Kalle,
sie schnappte wieder zu, die Zeitfalle


Der Alte ist der Chef, aber so genau muss das meinetwegen nicht genommen werden. Kann sein, dass Du als Student die Erfahrung der viertelstündlich zunehmenden Vergreisung bei ständigem Zeitdruck noch nicht machen konntest. Hoffen wir, dass sie Dir ganz erspart bleibt.


Danke für Eure Kommentare!

Liebe Grüße
Claudi
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Abgestandenen Quark; darüber verträufele Wermut,
Bis aus dem Rührwerk, Burps! endlich das Bäuerchen kommt.
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Alt 27.01.2015, 13:51   #7
wolo von thurland
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danke.
hinkjambus ist ein sehr schönes wort für "haarspalter", "zeitmesser" und andere, welche sich "verausgaben". übernehme ich gerne. und hab schon den kopf voll mit "fruchtzucker", "schluchtgucker", "zuprosten", "mutlosen" usw.
gruss
w.
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Alt 28.01.2015, 03:15   #8
Lailany
Kiwifrüchtchen
 
Benutzerbild von Lailany
 
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Ort: nördlich von Auckland/Neuseeland
Beiträge: 945
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Liebe Claudi,
auch wenn ich mich zu den vehement, sowie permanent unsportlichen Lesern zähle, muss ich neidlos zugeben, dass mir dieses Lehrstück ausnehmend gut gefällt. Obwohl du es als Hinkebeinjambus bezeichnest, kommt es nicht lahm, sondern leichtfüßig hüpfig einher. Mag ich. Sehr sogar.
Das hat mich inspiriert und ich hab einen Versuch gemacht. So einfach, wie es bei Deinem Text aussieht, ists beileibe nicht.
Zumindest nicht für Unsportliche.
Die Tage, in denen ich mich zum Spagat animieren ließ, sind eben Vergangenzeit.

Toll gebastelt, Kompliment!
Sehr gern gelesen und besenft.

LG von Lai
__________________
.................................................. ...........................................
"Manchmal ist es so demütigend, ein Mensch sein zu müssen..." Erich Kykal
Lailany ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.01.2015, 12:46   #9
plotzn
Hofnarr
 
Benutzerbild von plotzn
 
Registriert seit: 04.06.2014
Ort: Hattersheim am Main
Beiträge: 1.044
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Hallo Claudi,

dieser Quasi-Modo-Jambus mit dem schleifenden Bein gefällt mir gut. Hat so einen erfrischenden, nicht-leiernden Rhythmus.

Liebe Grüße, Stefan
plotzn ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 28.01.2015, 15:45   #10
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
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Hi Claudi,

dein Basteltalent bewundere ich auch und ich kann es gut verstehen, dass dieser Text in der Humorrubrik
so gut ankommt

Ein wenig wirkt es wie ein Schütteltext - soll es vielleicht auch sein?

Und trotzdem:
Was wäre das organisierte Leben ohne Uhr, ohne Zeit - wir würden wohl alles durcheinanderbringen.
Selbst den Beginn eines Konzertes könnten wir nicht richtig einschätzen

Mit Schmunzeln gelesen!

LG Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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