04.09.2015, 22:42 | #1 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 30.08.2011
Ort: Wetzlar/Hessen
Beiträge: 446
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Auf der Flucht
Ausgebeutet
verfolgt vertrieben (viel lieber wären sie geblieben) auf den lebensgefährlichen Weg gemacht bei Tag und bei Nacht über Land und Meer kommen sie hierher wollen endlich leben in Freiheit Würde Sicherheit keine Entfernung ist ihnen dafür zu weit. Wir alle sollten sie mit offenen Armen herzlich empfangen doch viel zu oft müssen sie schon wieder um ihr Leben bangen. |
05.09.2015, 21:06 | #2 |
Gast
Beiträge: n/a
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Hallo wüstenvogel :)
Deine Worte bewegen mich innerlich, besonders die Zeile: "viel lieber wären sie geblieben". Du hast sie in Klammern gesetzt, ich würde sie weglassen. Denn wer verläßt schon seine Heimat, wo es am Schönsten ist. Nur sehr große Not bewegt Menschen zu solcher Todesmut.
Durch Afrika, über das vielleicht totbringende Mittelmeer, durch Europa fliehen... die Zukunft ist ungewiss. Hoffnung und Angst gleichberechtigt groß.... Deine Zeilen lassen mich nachdenklich zurück. Liebe Grüße sy |
06.09.2015, 14:39 | #3 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
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Moin wüstenvogel,
ich habe lange überlegt, ob ich mich zu diesem Thema äußern soll, denn jede Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Wer nur eine davon betrachtet, sieht nur die Hälfte und kann in Folge dessen auch nur unzureichend beurteilen. Ich persönlich bin der Meinung, dass es für jemanden, der eine solche Situation nicht am eigenen Leib erfahren hat, überaus schwer ist, die richtigen Worte dafür zu finden. So mangelt es dem vorliegenden Text meines Erachtens auch an entsprechender Authentizität. Dort findet sich nichts, was nicht immer und immer wieder schon in den Medien breitgetreten wurde. Diese ständige Mitleidsmasche scheint inzwischen gängige Methode zu sein. Doch ich erlaube mir die Frage zu stellen, ob die heutige Welt wirklich schlechter ist als vor 10, 20, 30 ... oder vor 70 Jahren? Ich glaube das nämlich nicht, was ja auch am Beispiel Deutschlands und seiner vorbildlichen und humanitären Verhaltensweise zu erkennen ist, das bereit ist, vielen Menschen eine neue und sicherere Zuflucht zu bieten. Nur vor ein paar Jahren noch hat sich kein Schwein um diese Problematik gekümmert. Ist es denn nicht so, dass es in der näheren Vergangenheit immer wieder humanitäre Katastrophen gegeben hat? Dürreperioden, Hunger- und Naturkatastrophen, Ausbeutung, Krieg und Verfolgung waren in den letzten Jahrzehnten ganz sicherlich nicht weniger, als es heute der Fall ist. Warum meldet sich das schlechte Gewissen also erst heute? Sind wir heute aufgeklärter, sind wir schuldbewusster oder was geht da vor? Ich sehe noch die Bilder Mitte der 80er Jahre aus Äthiopien von den vielen dürren Kindern mit den aufgeblähten Bäuchen. Jetzt geistert durch die sensationsgeile Weltpresse das Bild eines toten Kindes am Strand von Bodrum und ganz Europa zerfließt vor Mitleid. Mir tut das auch im Herzen weh, doch -zynisch ausgedrückt- hat dieser arme Kerl das Leiden hinter sich, wohingegen die Kinder auf den Bildern der 80er Jahre noch lebten und litten. Niemand weiß, was aus diesen geworden ist, keine Sau interessiert das heute noch. Willkommen! Ein wunderschönes Wort und wahrscheinlich von vielen Menschen ehrlich aus dem Herzen geäußert. Aber sagen kann das jeder. Ich für meinen Teil finde das zynisch und unangebracht. Willkommen, klar, aber ohne irgendeinen Masterplan, denn niemand weiß genau, wie die damit verbundenen Probleme zu bewältigen sind und vor allem, wie sich diese Situation noch weiterentwickeln wird. Und es ist dabei niemals zu vergessen, dass hier eine große Verantwortung für Menschen übernommen werden muss und zwar für sehr viele. Ab wann hört dieses Willkommen auf? Bei einer Million, bei zwei, drei, vier...zehn? Das bleibt abzuwarten. Und jetzt mal ehrlich, was ich auch von der Politik endlich einmal erwarten würde: Schön, dass ihr da seid! Ihr habt einen langen Leidensweg hinter euch und seid endlich angekommen. Auch unser Verhalten ist zum Teil für eure schlimme Situation in der Vergangenheit verantwortlich. Wir sind ein reiches Land und wir bieten euch die Chance, hier zu überleben. Wie gut dieses Überleben sein wird, hängt von jedem Einzelnen selbst ab. Es ist wichtig, dass ihr die deutsche Sprache lernt, um somit selbständig innerhalb der bestehenden Gesellschaft kommunizieren und damit an ihr partizipieren zu können. Weiterhin ist es wichtig, dass ihr euer Verhalten an unserem Grundgesetz ausrichtet, weil es allen Menschen in diesem Land viele Rechte und Freiheiten einräumt und somit ein Garant für das Bestehen unserer freiheitlichen Gesellschaft darstellt, die ja der Grund eures Kommens ist. Im Gegenzug verpflichtet sich der Staat dazu, alle gegen euch verübten Verstöße gegen dieses Grundgesetz nach seinen Möglichkeiten zu ahnden und euch so weit wie möglich davor zu schützen. Ihr müsst euch darüber im Klaren sein, dass viele von euch für einen noch unbestimmten Zeitraum am untersten Rande der Gesellschaft leben werden, weil wir auf euch eigentlich noch gar nicht vorbereitet waren und noch eine Menge Zeit und Finanzen investieren müssen. Des Weiteren braucht auch unsere Gesellschaft noch eine unbestimmte Zeit, euch kennen- und verstehen zu lernen, denn die kulturellen Unterschiede sind nun einmal nicht zu leugnen. Auch ihr müsst diesen Schritt vollziehen. Da braucht es gegenseitige Toleranz. Wenn der Winter in unseren Breiten Einzug hält und die Zuwanderung ungebremst anhält, dann werden wir alle ein großes Problem bekommen und noch enger zusammenrücken müssen. Auch gibt es Gegner in unserem Land, die euch nicht wohlgesonnen sind und wir sind nicht in der Lage, euch alle rund um die Uhr zu beschützen, denn Deutschland ist kein Polizeistaat und erwartet von seinen Bürgern eigentlich einen verantwortungsvollen Umgang mit ihren Rechten und Freiheiten. Es wird kein Zuckerschlecken für euch, denn ein Paradies auf Erden gibt es nicht, auch wenn wir guten Willens sind. Es wird immer wieder Rückschläge geben und nur wenn wir das gemeinsam anpacken, kann das gelingen. ---------------------------- Es reicht also nicht aus, diese Menschen mit offenen Armen zu empfangen, das nützt ihnen recht wenig, ihnen gehören auch die Grundregeln unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens vermittelt. Solche Aufrufe sind nicht mehr als Mainstream-Parolen und besitzen höchstens einen theoretisch-moralischen Wert, sind aber praktisch gleich Null. Und sie zeigen mit den Fingern auf all jene, welche die derzeitige Situation kritisch hinterfragen. Das ist schnöder Kitsch und hat mit der Realität nicht das Geringste zu tun. Und ganz besonders hervorheben möchte ich solche Leute wie Til Schweiger. Solche zahnlosen Keinohrhasen und Möchtegerntatortkommissare, die in irgendwelchen Hinterzimmern dubiose Pläne mit zwielichtigen Geschäftspartnern schmieden und dann die Klappe weit aufreißen. Ein solcher sollte seinem Namen lieber Ehre machen, die Fresse halten und effektive Sofortmaßnahmen einleiten. Warum spendet dieser nicht die Hälfte seines Vermögens seiner Kommune, um damit den Flüchtlingen vor Ort zu helfen? Nein, nein, die wahren Helden sind diejenigen, die nichts sagen und einfach anpacken, sich den Problemen vor Ort stellen und damit wirklich Hilfe leisten. Deshalb wird es von mir auch diesbezüglich keinen Text geben, denn wie schon gesagt, gut reden können viele. Und zum Abschluss möchte ich noch anmerken, dass ich sehr enttäuscht bin von unseren guten amerikanischen und britischen Freunden, die durch ihren völkerrechtswidrigen Einsatz ihrer Streitkräfte im Irak aufgrund der Lügenpropaganda des damaligen amerikanischen Präsidenten die Situation im Nahen Osten erst zum Eskalieren gebracht haben und sich somit für die Destabilisierung einiger Regionen dort und in Afrika verantwortlich zeichen, und sich nun einen Teufel um die Konsequenzen scheren, indem sie meinen, dies sei ein Problem (Rest)Europas, mit dem dieses selbst zurechtkommen müsse. Ebenso bin ich enttäuscht über unser gemeinsames Europa, dem viele Staaten gerne angehören möchten, die aber nicht alle bereit sind, auch die gemeinsamen Probleme gleichmäßig verteilt zu tragen und sich somit ihrer menschenrechtlichen Verantwortung entziehen. Des Weiteren bin ich enttäuscht von unserer Bundesregierung und von anderen Schönwetterpolitikern, die ohne irgendeinen Plan mit dieser Situation umgehen und Bundesländer und Kommunen immer weiter vor nicht mehr zu lösende Probleme stellt und jene, sowie die restlichen Bürger in diesem Land mit dieser Problematik im Regen stehen lassen und bestehende Gesetze nicht konsequent anwenden. Ein eindeutiges JA zur Hilfe, aber bitte mit Aufklärung und Ehrlichkeit für alle. Das vermisse ich in diesen Debatten über unsere Willkommenskultur eindeutig. Deshalb konnte mich der Text auch in seiner kurzsichtigen Ausführung überhaupt nicht überzeugen. Trotzdem gern gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
__________________
Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
06.09.2015, 20:50 | #4 |
Erfahrener Eiland-Dichter
Registriert seit: 30.08.2011
Ort: Wetzlar/Hessen
Beiträge: 446
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Auf der Flucht
Hallo, ihr beiden,
recht herzlichen Dank für eure Kommentare. Natürlich wird in meinem Text nichts Neues gesagt - ich habe ihn spontan geschrieben als Reaktion auf die vielen ausländerfeindlichen Brandanschläge - irgendwie musste ich mir das von der Seele schreiben. Falderwald, natürlich hast du mit fast allem Recht, was du schreibst - da auch ich für eine echte Willkommenskultur bin, arbeite ich seit einigen Wochen bei unseren "Willkommenscafes" mit - wir gehen zum Camp, laden etwa 30 bis 60 Flüchtlinge ein, gehen mit ihnen zu einer Begegnungsstätte - dort sind Dolmetscher, wir unterhalten uns mit ihnen, bieten konkrete Hilfen (Behördengänge, Deutschunterricht...) an, spielen mit den Kindern usw. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass zur Zeit weltweit über 30 Kriege herrschen - wenn man dan noch an unser brutales weltweites Wirtschaftssystem denkt, dann sollte einen die Zahl der Flüchtlinge nicht verwundern. Natürlich müssen sie Perspektiven in ihren Heimatländern erhalten - doch gerade im Nahen Osten dürfte das noch eine ganze Weile dauern, während auf dem Balkan mit Geld einiges zu bewegen wäre. Viele liebe Grüße an euch! wüstenvogel |
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