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Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

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Alt 19.11.2011, 16:35   #1
Cebrail
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Standard Dieser Tag

Dieser Tag, er weiß kein Echo,
hüllt mich ein in schweren Samt,
lässt ein Staubkorn träge tanzen,
gibt der Stille ein Gewand.

Dieser Tag hat keinen Namen,
ich hab ihn nach dir benannt,
leg sein Bild in einen Rahmen
und häng es an meine Wand.

Dieser Tag wird immer bleiben,
fest verankert in dem Blut,
um mein Boot dran zu zerreiben,
wenn es sinkt, erlischt die Glut.

Dieser Tag findet sein Ende,
wenn das Licht dem Dunkel weicht.
Schwester Nacht kratzt an die Wände,
als ob der Tag allein nicht reicht.
__________________
© auf alle meine Texte

„Mir gefiel der Geschmack von Bier, sein lebendiger, weißer Schaum, seine kupferhellen Tiefen, die plötzlichen Welten, die sich durch die nassen braunen Glaswände hindurch auftaten, das schräge Anfluten an die Lippen und das langsame Schlucken hinunter zum verlangenden Bauch, das Salz auf der Zunge, der Schaum im Mundwinkel.“
Dylan Thomas

Geändert von Cebrail (22.11.2011 um 16:19 Uhr)
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Alt 20.11.2011, 12:37   #2
ginTon
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Standard

hallo cebrail,,

Also von deinem Text war ich sofort begeistert, allein der Gedichtanfang, sprich
die erste Strophe ist sehr gut.

Zitat:
Dieser Tag er weiß kein Echo,
hüllt mich ein in schweren Samt,
lässt ein Staubkorn träge tanzen,
gibt der Stille ein Gewand.
Du hast als durchgängiges Strophenmetrum de Trochäus gewählt, was ich sehr
gut finde, einzig in der zweiten Strophe könnte ich mir, auch durch den Inhalt
vorgegeben, vorstellen, zum Jambus zu wechseln. Diese Möglichkeit besteht, da der Gedanke an ein Ldu doch immer auflebender Natur ist...

Zitat:
Dieser Tag hat keinen Namen,
ich habe ihn, nach dir benannt,
leg sein Bild in einen Rahmen
und hänge es an meine Wand.
Die letzten beiden Strophen, auch wieder super...

Zitat:
Dieser Tag wird immer bleiben,
fest verankert in dem Blut,
um mein Boot dran zu zerreiben,
wenn es sinkt, erlischt die Glut.

Dieser Tag findet sein Ende,
wenn das Licht dem Dunkel weicht.
Schwester Nacht kratzt an die Wände,
als ob der Tag allein nicht reicht.
insgesamt gefällt mir der Text super Gut und die Krittelei in der zweiten Strophe sollte nur als Gedankenaustausch verstanden werden. Um das Metrum zu halten, kann man es auch so lassen, je nach Geschmack..

gerne mit beschäftigt...LG gin
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Alt 20.11.2011, 12:53   #3
Chavali
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hi Cebrail,

mir ging und geht es wie ginnie - auch ich war sofort von deinem Text begeistert.
Nun liegt es ja im Auge des Betrachters, aber ich finde, er ist am besten von allen Texten gleichen Titels
und gleicher Rubrik gelungen.

Das sind Gedichtzeilen und eine poetische Sprache, wie ich sie liebe!
Was die zweite S angeht, so würde ich außer den von ginnie benannten Stellen - was ich unterstütze -
noch das Komma in Zeile 2 rausnehmen, das gehört da nämlich nicht hin

Zum Inhalt:
Ich sehe hier einen tief melancholischen Menschen, der mit seinen Gedanken allein ist, der diesen Tag zwar
nicht missen möchte, weil er von den Gedanken an das LyrD geprägt sit, aber dennoch froh ist,
wenn er vorbeigeht, in der Hoffnung auf einen besseren positiveren Tag ...(Schachtelsatz )

Sehr gern gelesen und sich eingefühlt hat
mit lieben Grüßen,
Chavali
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Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
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Alt 20.11.2011, 15:21   #4
Stimme der Zeit
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Hallo, Cebrail,

ich stimme hier Chavis inhaltlicher Interpretation zu, für mich ist es nur ein wenig unklar, ob das LI wirklich "abwesend" ist (also körperlich) oder ob es "da und nicht da" ist, denn auch in diesem Fall könnte "Stille" herrschen ...

Dann könnte der Rahmen mit dem Bild auch den Charakter einer "Selbstermahnung" besitzen. (Das ist aber nur eine "Denkvariante" aus einer inhaltlichen Nuance heraus.)

Ich finde, die letzten beiden Verse deuten darauf hin:

Zitat:
Schwester Nacht kratzt an die Wände,
als ob der Tag allein nicht reicht.
Die "Stille" herrscht auch nachts noch vor ...

Mir gefällt die Bezeichnung "Schwester Nacht", eine schöne Metapher; denn es heißt ja "Der Tag (Bruder?)" und "Die Nacht".

Formal, da gibt es schon ein paar Stellen, an denen es etwas "hakt", ginTon und Chavi haben das ja bereits angesprochen. Das Komma kann weg, ja, aber dafür fehlt woanders eins. Ich zeige es mal auf:

Zitat:
Dieser Tag, er weiß kein Echo, - eingefügter Nebensatz, also ein "Komma-Paar"
hüllt mich ein in schweren Samt,
lässt ein Staubkorn träge tanzen,
gibt der Stille ein Gewand.

Dieser Tag hat keinen Namen,
ich hab ihn nach dir benannt, - wie Chavi und ginTon richtig anmerkten, hier war ein Komma zu viel
leg sein Bild in einen Rahmen
und häng es an meine Wand. - eigentlich liegt von der "Silbenwucht" her die Betonung auf "häng", nicht auf der Konjunktion "und", aber es geht (mit ein wenig "gutem Willen" ), nur als Anmerkung "für die Zukunft" sozusagen

Dieser Tag wird immer bleiben,
fest verankert in dem Blut,
um mein Boot dran zu zerreiben,
wenn es sinkt, erlischt die Glut.

Hier wird es ein wenig "holperig":

Dieser Tag findet sein Ende, - XxXXxxXx (findet kann nicht findet betont werden)
wenn das Licht dem Dunkel weicht.
Schwester Nacht kratzt an die Wände,
als ob der Tag allein nicht reicht. - hier ist das Problem, dass Tag betont werden muss, daher ist dieser Vers "automatisch" ein Jambus. Kann aber so stehen bleiben, denn als letzter Vers kann dieser "Wechsel" auch gut "wirken".

Mein Vorschlag wäre: Dieser Tag erreicht sein Ende,
Ich habe gestern durchaus die Wahrheit gesagt, ich finde das Gedicht sehr schön, der Inhalt ist gut geschrieben; besonders die Metaphern sind - das kannst du wirklich - ausgezeichnet gewählt; ebenso wie die strophenübergreifende Anapher "Dieser Tag". Es gibt nur ein paar kleinere "Formfehlerchen", die aber leicht zu beheben sind und dem Gedicht noch den "letzten Schliff" geben würden.

Gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 24.11.2011, 13:56   #5
Cebrail
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Hi Ginni, hallo Katzi, grüß dich Stimme
Nun ja, ich denke es wird Zeit dass ich hier mal ne Antwort schreibe ;-).
Zuerst einmal, danke für eure Mühe, ich weiß das zu schätzen.
Mit euren Interpretationen liegt ihr weitgehend richtig, dieser Text ist ja, im großen und ganzen gesehen, auch ziemlich einfach verfasst.
Das hier das Metrum nicht immer wirklich astrein ist, war mir bekannt und manchmal gehe ich
einfach Kompromisse ein.
Ich wäge dann ab, ob mir nun die Aussage wichtiger ist oder ich ein bestimmtes Wort in den Zeilen wiederfinden möchte und so kommt es dann schon mal vor, dass die Verse nicht konform mit dem angestrebten Metrum gehen. Manchmal fällt mir auch einfach nichts anderes ein ;-).
Aber deshalb stelle ich meine Zeilen ja auch hier ein, eine andere Perspektive zeigt auch oft andere Lösungswege auf.
Die zweite Strophe nun in einen Jambus umzuwandeln gefällt mir jetzt persönlich nicht, aber mal sehen, wenn ich nach einiger Zeit noch mal drüber schaue, denke ich vielleicht anders.
Die Sache mit den Kommas habe ich dann mal behoben, ich denke derartige Fehler werden sich immer bei mir einschleichen.
Ist wohl die Rache dafür, dass ich mir in der Schule des öfteren mal außer der Reihe frei genommen habe, aber im Wald war es auch schön ;-).
In der zweiten Strophe haben wir dann einen Fall für so einen Kompromiss, wie Stimme es ja schon erwähnt hat, liegt die Silbenwucht (übrigens ein schönes Wort) nicht auf dem „und“ sondern eigentlich auf den „hängt“, ich habe an dieser Stelle lange hin und her überlegt und es bei dem „und“ belassen, weil alle Lösungen die mir in den Sinn kamen einfach gestelzt wirkten.
Wenn dann irgendwelche Inversionen oder andere abenteuerliche Wortdrehungen dabei herauskommen die dann nur noch dem Metrum oder dem Reim geschuldet sind, dann verzichte ich lieber darauf, aber vielleicht hat ja jemand eine Idee. ;-)

Dann der Hebungsprall in der letzten Strophe/erste Zeile;
der ist mir gar nicht aufgefallen, wenn ich ehrlich bin.
Stimme deine Lösung leuchtet mir ein, aber das Wort erreicht mag mir noch nicht so recht gefallen.
Mir schwebt da gerade so was „verschwimmt am Ende“ oder „ zerfällt am Ende“ vor, aber ich weiß es gerade noch nicht so wirklich.
Die letzte Zeile als Jambus finde ich hingegen eine guten Abschluss.
Puh, so wenig Worte und so viele Möglichkeiten ;-).
Wenn jemand noch Vorschläge hat, her damit.
Ich danke euch wirklich, nun komme ich endlich mal dazu mich mit dem Mist den ich manchmal verzapfe zu befassen ;-).
Einen lieben Gruß
C.
__________________
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„Mir gefiel der Geschmack von Bier, sein lebendiger, weißer Schaum, seine kupferhellen Tiefen, die plötzlichen Welten, die sich durch die nassen braunen Glaswände hindurch auftaten, das schräge Anfluten an die Lippen und das langsame Schlucken hinunter zum verlangenden Bauch, das Salz auf der Zunge, der Schaum im Mundwinkel.“
Dylan Thomas
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