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Finstere Nacht Trauer und Düsteres

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Alt 21.02.2014, 18:50   #1
Dana
Slawische Seele
 
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Standard Innenwelten

.
.

Was ich noch gestern wollte und denkend unterschrieb
hat als bedeutungslos, fast ohne jeden Trieb,
sich gänzlich aufgelöst, war einfach nicht vorhanden;
dann stehen Ich und Ich sich wieder unverstanden

wie Gegner gegenüber, zu einem Krieg bereit.
Durch außen unsichtbares, innen tiefstes Leid,
kommt es zu einem Kampf, der eigentlich wie immer
nicht stattgefunden hat, die Dinge aber schlimmer

erwachsen und erscheinen. Ein bitterböses Spiel,
das in Verlängerung vom eigentlichen Ziel
beständig sich entfernt, um Unrast nur zu schüren;
als ginge es darum, sich selbst zu überführen.
.
.
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
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Alt 21.02.2014, 19:20   #2
Erich Kykal
TENEBRAE
 
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Hi, Dana!

Ein interessanter Gedankengang, in würdige Worte gekleidet. Das Gedicht hat vornehmlich sechshebige Zeilen.
Ein paar leichte Unstimmigkeiten erlaube ich mir zu monieren:


Zitat:
Zitat von Dana Beitrag anzeigen
.
.

Was ich noch gestern wollte und denkend unterschrieb Bei "denkend" fällt man aus dem Rhythmus - ein metrischer Bruch. Alternative: "Was ich noch gestern wollte und auch unterschrieb"
hat als bedeutungslos, fast ohne jeden Trieb,
sich gänzlich aufgelöst, war einfach nicht vorhanden;
dann stehen Ich und Ich sich wieder unverstanden

wie Gegner gegenüber, zu einem Krieg bereit. Auch hier holpert es. Lösung: "wie Gegner gegenüber, längst zum Krieg bereit."
Nach außen unsichtbar und innen tiefstem Leid, Falsch konstruiert. Verständlich: "Durch außen unsichtbares, innen tiefstes Leid"
kommt es zu einem Kampf, der eigentlich wie immer
nicht stattgefunden hat, die Dinge aber schlimmer

erwachsen und erscheinen. Ein bitterböses Spiel, Nach "erscheinen" müsste "lässt" stehen, um den Satz korrekt zu schließen. Lösung: "erwachsen und erscheinen lässt. Ein böses Spiel,"
das in Verlängerung vom eigentlichen Ziel
beständig sich entfernt, um Unrast nur zu schüren;
als ginge es darum, sich selbst zu überführen.
.
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"Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust..." Wer kennte nicht dies innerliche Mit-sich-selber-Ringen, als hätte die Persönlichkeit sich gespalten, und verschiedene Teile kämpfen nun um ihre Positionen - ein Gewissenskonflikt. Am schmerzlichsten dann, wenn beide "Seiten" annähernd gleich gute "Argumente" zu haben scheinen...

Sehr gern gelesen!

LG, eKy
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Weis heiter zieht diese Elend Erle Ute - aber Liebe allein lässt sie wachsen.
Wer Gebete spricht, glaubt an Götter - wer aber Gedichte schreibt, glaubt an Menschen!
Ein HAIKU ist ein Medium für alle, die mit langen Sätzen überfordert sind.
Dummheit und Demut befreunden sich selten.

Die Verbrennung von Vordenkern findet auf dem Gescheiterhaufen statt.
Hybris ist ein Symptom der eigenen Begrenztheit.
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Alt 21.02.2014, 20:01   #3
Dana
Slawische Seele
 
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Lieber eKy,

danke.
Ja, um genau die "zwei Seelen" geht es. Man kann sie auch fehlendes Selbsvertrauen nennen oder den Unentschlossenen zum "Sicherheitsfanatiker" stempeln.
Wie immer es benannt wird, es hilft nicht viel. Die Innenwelten lebt man allein.

Ich hätte nicht gedacht, dass die "Unstimmigkeiten" sofort durchschaubar sind, denn mir selbst ist die Metrik schon in der 1. Strophe aufgefallen.
Ich kam da nicht mehr heraus und passte die folgenden an:

Was ich noch gestern wollte und denkend unterschrieb
xXxXxXxxXxXxX

wie Gegner gegenüber, zu einem Krieg bereit.
xXxXxXxxXxXxX

Alle anderen Verse sind so:

xXxXxXxXxXxX

Ich will nur zu meiner "Verteidigung" sagen, dass deine Kritik berechtigt ist, der Aufbau aber durchaus bedacht ist.

Die Dinge erscheinen und erwachsen von sich aus. Ein "lässt" habe ich absichtlich ausgelassen. Ich könnte auch sagen: "nur werden und erscheinen. Ein bitterböses Spiel,

"Durch außen unsichtbares, innen tiefstes Leid" - übernehme ich gern. Ist einfach besser und schöner.

Nochmals, danke und liebe Grüße
Dana
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Alt 21.02.2014, 21:51   #4
Erich Kykal
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Hi, Dana!

Schon klar, bloß - nur als Beispiel - so
wie Gegner gegenüber, zu einem Krieg bereit.
xXxXxXxxXxXxX

liest das keiner, das klingt wie ein Schüler, der stur auswendig Gelerntes aufsagt!
Im dynamischen Sinnzusammenhang und dramatisch gelesen wird erst "Krieg" betont:
wie Gegner gegenüber, zu einem Krieg bereit.
xXxXxXxxxxXxX

Bestenfalls das unterstrichene "x" wird ganz leicht akzentuiert.


Wie immer du es auch angedacht haben magst, und wie recht du mit der puren X-erei auch haben magst - wirklich "klingend" und im Fluss sind die betreffenden Zeilen nur, wenn du meinen Vorschlägen folgst oder entsprechende Änderungen suchst (Sorry, klingt arrogant, ist aber nicht so gemeint). Deine Entscheidung...

LG, eKy
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Alt 22.02.2014, 12:27   #5
juli
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Standard Hallo Dana

Manchmal weiß man einfach nicht ein noch aus, Wenn im Inneren fast gleich starke Positionen um die Herrschaft ringen. Vielleicht gibt es auch einen dritten Weg.

Dein Gedicht regt auf jeden Fall zum Nachdenken an und liest sich flüssig.

wie Gegner gegenüber, zu einem Krieg bereit.Ich würde es so betonen: xXxXxXxxXxXxX

wie Feinde gegenüber, stets zu einem Kriege bereit. hmm das wäre eine Hebung mehr
Ich wollte nur mit meinem Norddeutschen Slang sprechen.

Leider weiß ich keine Lösung, denn dann würde sich das Reimende verändern und es würde nicht mehr passen.
Liebe Grüße sy

Ps, ich habs versucht

Geändert von juli (22.02.2014 um 15:22 Uhr)
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Alt 23.02.2014, 18:45   #6
Dana
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Lieber eKy,

ich weiß, dass du Kommentare "kurz, bündig und konstruktiv" verfasst.
Arroganz unterstelle ich dir nie, höchstens einen "leichten Druck", mit dem ich aber umgehen kann.
Ich denke darüber nach. In meiner "Kladde" habe ich diesen Vers hinzugefügt.

Liebe Syranie,

ja, fiele einem ein dritter Weg ein, gäbe es "jenen Krieg" nicht.
Ein guter und schöner Gedanke. Ein Entfernen vom "Entweder / Oder".
Dabei kommt es aber auf die Sache, das Problem an. Ein dritter Weg könnte auch ein "ewiges" Nachhangeln bedeuten. Das ganze hat sicher auch mit eigner Kraft und mit dem Umgang eigner Entscheidungen zu tun - auf jeden Fall nicht leicht.

Zur Betonung des Verses sind wir uns einig. So wollte ich mich bei eKy "herausreden".
Wie gesagt, ich denke noch nach.

Euch beiden liebe Grüße
Dana
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Alt 26.02.2014, 16:47   #7
Chavali
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Liebe Dana,

ich hab dein Gedicht schon vor Tagen gelesen und es hat inzwischen einige Kommentare bekommen,
die mir ebenso wie das Gedicht gefallen habe.
Neues kann ich kaum hinzufügen.

Zwar gibt es immer einen dritten Weg - der ist aber oft nicht gangbar, weil er zur Tatenlosigkeit verführt.

Die kleinen Holperigkeiten im Lesefluss haben mich nicht gestört, weil ich mehr auf den interessanten
und tief emotionalen Inhalt konzentriert habe.

Liebe Grüße,
Chavali
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© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

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Geändert von Chavali (28.02.2014 um 20:49 Uhr)
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Alt 28.02.2014, 20:08   #8
Falderwald
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Liebe Dana,

der altbekannte Kampf der Innenwelten wird in deinem Text sehr gut dargestellt.

Zum einen sind es die eigenen Hoffnungen und Erwartungen, die man an das Leben stellt, zum anderen steht das Gewissen, mit dem man ständig in Konflikt gerät und manchem als (Selbst)Ankläger zu schaffen macht.

Man könnte sagen, dass der Mensch sich in diesem Sinne oft selbst behindere.

Doch wird dieses schlechte Gewissen dem Betroffenen auch sehr oft durch andere suggeriert, vor allem, wenn sie seine Schwächen kennen und ihn zu einem bestimmten Verhalten steuern wollen.
Und das führt ebenso oft zu einer Ausnutzung der betreffenden Person durch eine andere.

Ich weiß, so weit geht das Gedicht nicht, doch gehört das m. E. durchaus in den Kontext.

Jetzt möchte ich aber meinen Senf zu den hier angestellten Überlegungen zur Metrik gerne auch noch hinterlassen.

Wir hatten ja schon darüber gesprochen und ich finde es ein legtimes Stilmittel, regelmäßige Brüche in der Metrik zu verwenden, so wie sie durchweg alle ersten Zeilen an derselben Stelle aufweisen.

Alle drei Strophen besitzen durchgängig die folgende Metrik:

xXxXxXx-xXxXxX
xXxXxXxXxXxX
xXxXxXxXxXxXx
xXxXxXxXxXxXx

Wie du siehst, habe ich einen Bindestrich zwischen die beiden unbetonten Silben gesetzt.
Dort befindet sich eine sogenannte Zäsur, die in Strophe zwei und drei sogar durch ein Satzzeichen verstärkend angezeigt wird.
Ich würde das auf jeden Fall so lassen, denn das hat m. E. einen ganz eigenen Charme

Die Leser kommen nur deshalb mit der ersten Zeile nicht zurecht, weil hier kein Satzzeichen steht. Das "und" steht quasi als (trennende) Zäsur dort.

Ich hätte einen Vorschlag, um diese Irritation zu vermeiden:

Was ich noch gestern wollte, ja denkend unterschrieb,
Wenn du den zweiten Teil zwischen zwei Kommas setzt, dann hast du ihn isoliert:

Was ich noch gestern wollte - ja denkend unterschrieb -

Genau wie:

wie Gegner gegenüber, (-) zu einem Krieg bereit.

Und:

erwachsen und erscheinen. (-) Ein bitterböses Spiel,

Ich würde sagen, lass die Zäsur auf jeden Fall bestehen, sie hat ihren eigenen Charme und kann nicht als Metrikfehler ausgelegt werden, weil du sie regelmäßig und an der gleichen Stelle verwendest.


Gerne gelesen und kommentiert. .. .


Liebe Grüße

Bis bald

Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine)



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Alt 13.03.2014, 12:49   #9
poetix
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Hallo Dana,
die inneren Konflikte, die du beschreibst, werden manchmal recht schmerzhaft erlebt. Und trotzdem: Durch sie reifen wir, werden zu den Persönlichkeiten, die wir sind. Ist das nicht Dialektik?
Viele Grüße
poetix
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Alt 28.03.2014, 19:18   #10
Dana
Slawische Seele
 
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Oh, - ich war unabsichtlich nachlässig - verzeiht.

Liebe Chavali,

Zitat:
Zitat von Chavali
Die kleinen Holperigkeiten im Lesefluss haben mich nicht gestört, weil ich mehr auf den interessanten
und tief emotionalen Inhalt konzentriert habe.
herzlichen Dank. Vielleicht hindert mich meine "Emotionalität" an guter Dichtug.
Interessant ist deine Sicht auf einen dritten Weg. Er wird meist eingeschlagen, gewählt, um dem Dilemma aus dem Weg zu gehen.
Darüber denke ich jetzt nach...
"Das Leben ist gar nicht so. Es ist ganz anders." (K. Tucholsky)

Liebe Grüße
Dana

Lieber Faldi,

Zitat:
Zitat von Falderwald
Wie du siehst, habe ich einen Bindestrich zwischen die beiden unbetonten Silben gesetzt.
Dort befindet sich eine sogenannte Zäsur, die in Strophe zwei und drei sogar durch ein Satzzeichen verstärkend angezeigt wird.
Ich würde das auf jeden Fall so lassen, denn das hat m. E. einen ganz eigenen Charme


Ja! Einverstanden - so war es (un)bewusst gemeint.

Danke für deine Analyse, die immer wieder stimmig ist. (s. Tucholsky)

Liebe Grüße
Dana

Hallo poetix,
[QUOTE=petix
die inneren Konflikte, die du beschreibst, werden manchmal recht schmerzhaft erlebt. Und trotzdem: Durch sie reifen wir, werden zu den Persönlichkeiten, die wir sind. Ist das nicht Dialektik?
[/QUOTE]

dem ist nichts hinzu zu fügen. Dialektik pur, ich weiß. Ist man gereift, tut es auch weniger oder gar nicht mehr weh.

Herzlichen Dank dir,
liebe Grüße
Dana
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