26.03.2011, 14:30 | #1 |
Gelegenheitsdichter
Registriert seit: 09.11.2009
Ort: Im Wilden Süden
Beiträge: 3.210
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Ein Dichter
Ein Dichter
Am Himmel prall prahlt Mondes Lampe. Darunter blubbert Menschenpampe, Die schießend sich im Blutrausch wälzt. Ob rhythmisch frei, ob reimgestelzt: Ein Dichter klickert die Beschwerde, Damit das endlich besser werde. Es ficken sich Gehirne müde, Der Wortschwall wichst sich gar nicht prüde In Pixeln durch das Weltweitweb. Wer Hoffnung hat, der stirbt als Depp. Der Mob schmeißt Spreng- und Brandgranaten, Raketen werfen Potentaten. Dazu lässt man es fröhlich strahlen, Wo gern am Strand sich Menschen aalen. Die Fische schwimmen sich dort warm. Ein Geigerzähler tickt Alarm, Und überall herrscht Bombenstimmung. Das Flugzeug trudelt ohne Trimmung. Die Erde dreht sich um die Sonne. Die Menschen kommen in die Tonne, Ein Dichter reimt sich weh und wund. Er tut die letzte Wahrheit kund Und will den Zeitpunkt nicht versäumen, Mit solchen Träumen aufzuräumen.
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Dichtung zu vielen Gelegenheiten -
mit einem leichtem Anflug von melancholischer Ironie gewürzt Alle Beiträge (c) Walther Abdruck von Werken ist erwünscht, bedarf jedoch der vorherigen Zustimmung und der Nennung von Autor und Urheberrechtsvorbehalt Geändert von Walther (26.03.2011 um 16:02 Uhr) |
26.03.2011, 19:08 | #2 |
Lyrische Emotion
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 9.912
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Hallo Walther,
schonungslos und gerade heraus sind diese Zeilen, die zudem die Machtlosigkeit der schreibenden Zunft vor Augen führen. Da kannst du dir wirklich die Finger wund schreiben, es wird sich nichts ändern und wohin der Flug der Menschheit geht, deutet sich gerade an, das Flugzeug scheint tatsächlich jede Trimmung verloren zu haben, so daß es eines enormen Kraftaktes des Willens bedürfte, um die Stabilität wieder einigermaßen auszugleichen. Doch davon kann momentan wohl keine Rede sein. Jede Zeit war für sich die Schlimmste, doch nie standen dem Menschen so subtile Möglichkeiten zur Verfügung, dieses wunderbare, für uns einzigartige Biotop im Weltraum nachhaltig so zu verändern, wie wir es heute vorfinden. Ich denke, der Lebenswille der Natur wird sich an die veränderten Bedingungen auf lange Sicht schon anpassen, es sei denn, es gelingt eine totale Zerstörung dieses Systems, was jegliches Leben, wie wir es kennen, unmöglich macht, doch für unsere Spezies wird diese Veränderung zu schnell kommen. Da grenzt es schon fast an Zynismus, wenn man bedenkt, daß wir im Zeitalter der schnellen Medien gerade den absoluten Höhepunkt im menschlichen Dasein erleben, weil wir nämlich hautnah und ohne Zeitverlust unserem eigenen Untergang beiwohnen dürfen. Daran kann man jedenfalls erkennen, daß, wenn es ein höchstes notwendiges Wesen geben sollte, Gott eine gehörige Portion Humor besitzen muss. Auf jeden Fall ist das ein grandioses Schauspiel, eine göttliche Komödie sozusagen. Dein Text hat mich auch zu einer gereimten Antwort inspiriert: Die Dichter sprachen alle Zeiten von den perfiden Wirklichkeiten; ein jeder schrieb auf eigne Art von seines Lebens Höllenfahrt, denn Sein, das lässt sich nicht vermeiden, besteht zum größten Teil aus Leiden. Es bleiben viele Musenküsse wohl schließlich reine Wortergüsse, weil jeder das, was hier geschieht, auch nur von seiner Warte sieht. So kommt zu jeder Zeiterscheinung die individuelle Meinung. Die Menschen glauben nur den Blendern, darum wird sich auch nie was ändern. Ob Politik, ob Religion, das funktioniert mit Präzision, der Krieg dient ihren Idealen, den Rest besorgen dann die Strahlen. Ein Dichter wird zusammenfassen, der liebe Gott hat uns verlassen und auch die guten Geister sind den Menschen gegenüber blind, so werden sich bald die Verbrechen der Menschheit auf das Schlimmste rächen. Dein Gedicht findet meine lächelnde Zustimmung, es ist alles richtig, doch habe ich eine Bitte: Siegfried Lenz hat letztens auf der Ehrung zu seinem 85. Geburtstag gesagt, ein Dichter müsse politisch sein. Und darum sollten wir es zu keinem Zeitpunkt versäumen, mit diesen Träumen aufzuräumen... Gerne gelesen und kommentiert... Liebe Grüße Bis bald Falderwald
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Oh, dass ich große Laster säh', Verbrechen, blutig kolossal, nur diese satte Tugend nicht und zahlungsfähige Moral. (Heinrich Heine) Für alle meine Texte gilt: © Falderwald --> --> --> --> --> Wichtig: Tipps zur Software |
02.04.2011, 12:34 | #3 |
Gelegenheitsdichter
Registriert seit: 09.11.2009
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Beiträge: 3.210
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Lb. Falderwald,
lieben Dank für Deinen Eintrag und Dein darin enthaltenes Gedicht, das besser ist als meins. Ob das Schauspiel eine Kommödie ist, weiß ich nicht, eher wohl eine Tragikommödie in unendlichen Aufzügen mit geringer Lernfähigkeit von Handlungsträgern und Zuschauern. LG W.
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