Gedichte-Eiland  

Zurück   Gedichte-Eiland > Gedichte > Denkerklause

Denkerklause Philosophisches und Nachdenkliches

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
Alt 27.10.2011, 22:35   #1
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard unverstanden (HaikuArt)




blätter rauschen im wind

das ist die sprache der Bäume

gut dass wir sie nicht verstehen


***

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*

Geändert von Chavali (28.10.2011 um 21:33 Uhr)
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 29.10.2011, 14:54   #2
Stimme der Zeit
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von Stimme der Zeit
 
Registriert seit: 15.03.2011
Ort: Stuttgart
Beiträge: 1.836
Standard

Hallo, liebe Chavi,

klein, aber fein. Es ist die dritte Zeile, die mich das Werk auf diese Weise einschätzen lässt. Sie brachte mich beim Lesen ordentlich ins Grübeln. Die Denkerklause passt ausgezeichnet!

Zitat:
gut dass wir sie nicht verstehen
bewirkt bei mir die Frage: Warum ist es gut, dass wir die "Sprache der Bäume" nicht verstehen? Das wiederum bringt mich auf den Gedanken an den fortwährenden Raubbau, den wir Menschen betreiben, vor allem durch das permanente Abholzen der Regenwälder, die die "grüne Lunge" unseres Planeten sind. Allerdings gehen wir z. B. auch hier in Europa ganz ähnlich verantwortungslos vor. Wie viele "alte (Misch)Wälder sind "verschwunden"? Oh ja, wir sind vorbildlich: Eichen, Ulmen und andere, alte und bedrohte Arten von Bäumen werden selbstverständlich (und auch nur teilweise) ersetzt - durch "schnellwachsende" Fichten in Monokultur. Ja, wie gut, dass wir die Bäume nicht schreien hören, nicht wahr? Wer könnte dann noch Holzfäller sein, außer den "besonders Hartgesottenen"? (Andererseits - ich fürchte, deren Zahl würde dennoch genügen.)

Vergessen wir nicht Alleen, die Schnellstraßen weichen und Parkanlagen, die Parkplätzen zum "Opfer fallen". Wir werden ständig mehr - was nicht flüchten kann ...
Und ergänzend: Wenn wir so weiter machen, wohin denn?

So betrachtet, können wir froh sein, dass Bäume nicht wirklich eine "echte" Sprache haben. Wenn sie über uns reden könnten, kämen wir sicher nicht sonderlich "gut weg".

Ich (als Nicht-Experte für Haiku und Co.) würde es trotzdem eher als ein modernes Senryū ansehen. Obwohl es eigentlich keinen Naturbezug aufweisen darf, sondern einen persönlichen, emotionalen (soweit ich weiß). Daher denke ich, das hier liegt dazwischen, es ist "beides".

Ich halte aber fest, dass ich es für sehr gut gelungen halte. Und ebenso, dass es eine sehr wichtige Thematik anspricht.

Sehr gerne gelesen und kommentiert.

Liebe Grüße

Stimme
__________________
.

Im Forum findet sich in unserer "Eiland-Bibliothek" jetzt ein "Virtueller Schiller-Salon" mit einer Einladung zur "Offenen Tafel".

Dieser Salon entstammt einer Idee von unserem Forenmitglied Thomas, der sich über jeden Beitrag sehr freuen würde.


Stimme der Zeit ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.10.2011, 15:07   #3
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Liebe Stimme,
Zitat:
Warum ist es gut, dass wir die "Sprache der Bäume" nicht verstehen?
Diese Frage, die die dritte Zeile des Textes aufwirft, hast du schon selbst beantwortet:
Zitat:
Das wiederum bringt mich auf den Gedanken an den fortwährenden Raubbau, den wir Menschen betreiben, vor allem durch das permanente Abholzen der Regenwälder, die die "grüne Lunge" unseres Planeten sind. Allerdings gehen wir z. B. auch hier in Europa ganz ähnlich verantwortungslos vor. Wie viele "alte (Misch)Wälder sind "verschwunden"?
Das genau war meine Absicht. Wenn Bäume reden könnten oder Gefühle zeigen, würden sie oft weinen.
Denk doch bloß mal an die schönen großen Parkbäume, die in Stuttgart fallen mussten für dieses irrsinnige Bahnprojekt.
Zitat:
[...] würde es trotzdem eher als ein modernes Senryū ansehen.
das ist auch gut möglich, deswegen habe ich den Titel auch in der Klammer HaikuArt genannt

Vielen Dank für deine ausführlichen Gedanken zu dem Thema.

Bäumewinkenden Gruß,
Chavali

__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 30.10.2011, 18:02   #4
ginTon
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Benutzerbild von ginTon
 
Registriert seit: 14.02.2009
Ort: Mainz
Beiträge: 12.434
ginTon eine Nachricht über ICQ schicken ginTon eine Nachricht über Skype™ schicken
Standard

hi chavilein

Vorab finde ich es gut, dass du es haikuartig genannt hast, da von der Silben-
anzahl ausgehend dieses Werk doch ein wenig zu lang wäre. Jedoch gibt es
zwei Arten von Haiku, die, welche abbilden und jene welche fast wie ein Sinn-
spruch erkenntnisreich (fast aphorismenartig) geschrieben sind. Zu letzteren
zähle ich deines, erstens ist es in Präsens gehalten und zweitens eine Gedanken-
kette, die gegenwartsbezogen bei der Betrachtung von den Blättern
auftrat und durchaus nachvollziehbar ist...

Konkret ist das "Blätterrauschen" und diesem zu lauschen, was ja eigentlich
eher für eine Entspannung beim Menschen sorgt, hier wird es ein Sinnbild für
eine Negation, die unerwartet ist und somit den Leser fordert. Dadurch, dass
die zweite Zeile nicht aufschlüsselt was die Bäume sprechen, bleibt die dritte
Zeile natürlich zunächst ein Rätsel. Würde dort als Beispiel "das ist die
Sprache der Bäume - sie ächzen"
stehen, käme man schneller zur
Lösung, da ächzen an sich immer Assoziationen in eine bestimmte Richtung
hervorruft. Vielleicht, und das wäre nur eine weitere Vermutung, hast du auch
deswegen, sprich dem nicht direkt konkreten?, dem Werk ausschließlich etwas
haikuartiges zugesprochen...

mir gefällt es definitiv sehr gut ...liebe Grüße ginnie
__________________
© Bilder by ginton

High Times on Wall Street, are Hard Times on Main Street! (Bruce Springsteen)

Alles, was einmal war, ist immer noch, nur in einer anderen Form. (Hopi)


nichts bleibt, nichts ist abgeschlossen und nichts ist perfekt... (Wabi-Sabi)
ginTon ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 31.10.2011, 08:54   #5
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

hi ginnie,

Blätterrauschen ist etwas wunderbares, es kann beruhigend wirken, wenn man ihm lauscht.
Es darf allerdings nicht zu stürmisch sein

Nun, hier verwende ich eine Negation, man soll sich vorstellen, dass man die Sprache der Bäume verstehen kann,
dann würden wir (vielleicht) begreifen, was wir unserer Umwelt antun.
Beispiele muss ich sicher keine nennen, denn jeder weiß, welcher Raubbau an der Natur begtrieben wird.

Es gefällt mir, wie du den Text kommentiert hast.
Zitat:
mir gefällt es definitiv sehr gut
Danke, das freut mich sehr!

Blätterrauschende Grüße,
chavi
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 05.11.2011, 21:51   #6
wüstenvogel
Erfahrener Eiland-Dichter
 
Registriert seit: 30.08.2011
Ort: Wetzlar/Hessen
Beiträge: 446
Standard unverstanden

Hallo Chavali, gefällt mir gut, wie du mit wenigen Worten die "Sprache" der Bäume beschreibst und unser Unvermögen, sie zu "verstehen". Höchstens können wir dem Blätterrauschen / von Zeit zu Zeit mal lauschen.
Man könnte aber auch des Rauschen der Blätter als eine Art Zwiegespräch des Baumes mit dem Wind betrachten, denn erst durch das "Zusammenwirken" der beiden entsteht ja dieses Geräusch.
Wenn der Baum und der Wind sich "unterhalten", dann säuseln sie manchmal nur leise, ein anderes Mal rascheln sie oder sie rauschen, wenn der Wind mal wieder zu "stürmisch" geworden ist.

Vielen Dank für deine anregenden Zeilen,

wüstenvogel
wüstenvogel ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2011, 18:31   #7
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Hallo wüstenvogel,

hab vielen Dank für deinen schönen, lobenden Kommentar.
Ich hab mich sehr gefreut!
Zitat:
Man könnte aber auch des Rauschen der Blätter als eine Art Zwiegespräch des Baumes mit dem Wind betrachten,
denn erst durch das "Zusammenwirken" der beiden entsteht ja dieses Geräusch.
Stimmt, und eine ganz bestimmte Windstärke lässt die Blätter wie eine wunderbare Melodie klingen....

Blätterrauschende Grüße,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 06.11.2011, 18:55   #8
Dana
Slawische Seele
 
Benutzerbild von Dana
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Inselstadt Ratzeburg
Beiträge: 5.637
Standard

Liebe Chavali,
nur drei Zeilen und große Wirkung.
Ich kommentiere nur selten Haikus oder Senryus () - aber ich lese sie, weil mich "Ausnahmen" manchmal überzeugen - wie zum Beispiel dein "unverstanden".

Ich persönlich glaube nicht, dass uns das Bäumerauschen etwas mitteilen will.
Dafür ist die Melodie zu schön. Sie sind und geben - etwas, was uns Menschen nicht immer gegeben ist.
Der letzte Baum wird uns sein Lied wie immer singen - wenn wir Menschen noch da sein sollten.

(Ich habe in der Feldmark meine eigene Eiche. Ich erzähle ihr manchmal etwas und sie reagiert auch bei Windstille.)

Rauschende Grüße
Dana
__________________
Ich kann meine Träume nicht fristlos entlassen,
ich schulde ihnen noch mein Leben.
(Frederike Frei)
Dana ist offline   Mit Zitat antworten
Alt 07.11.2011, 16:43   #9
Chavali
ADäquat
 
Benutzerbild von Chavali
 
Registriert seit: 07.02.2009
Ort: Mitteldeutschland
Beiträge: 13.001
Standard

Liebe Dana,

Zitat:
Ich kommentiere nur selten Haikus oder Senryus
Ich weiß. Darum fühle ich mich auch sehr geehrt
Dieser Text handelt von einem Baum, das sind doch deine Lieblingsgewächse, hast sogar einen eigenen:
Zitat:
Ich habe in der Feldmark meine eigene Eiche.
Wenn man will, erzählen einem die Bäume immer etwas, nämlich das, was in einem selbst ist.
Dazu muss man aber ganz ganz tief in sich hineinlauschen

Danke für dein Feedback.
Rauschende Grüße zurück,
Chavali
__________________
.
© auf alle meine Texte
Die Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt sich nur an den Schmerz

*
Chavali ist offline   Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 12:10 Uhr.


Powered by vBulletin® (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, Jelsoft Enterprises Ltd.

http://www.gedichte-eiland.de

Dana und Falderwald

Impressum: Ralf Dewald, Möllner Str. 14, 23909 Ratzeburg